Zum Schluss der absolute Knaller: Ich darf nichts hochhalten; ich werde das auch nicht tun. Die Personalräte haben im August einen Brief bekommen, in dem ihnen vom Freistaat Sachsen mitgeteilt wurde, dass ab sofort keine Gelder mehr zur Verfügung stehen, weil die Haushaltsstelle im Haushalt ausgeschöpft ist. Die Gelder, die sie für Fahrtkosten noch brauchen, sollen sie bitte selbst auslegen, und zwar von September bis Dezember, weil diese dann im Januar vom neuen Haushalt erstattet werden können. Das ist de facto ein Lahmlegen aller Personalräte hier im Freistaat Sachsen an den öffentlichen Schulen.
Ich erwarte, Herr Wöller, denn ich habe Ihnen das bereits in der Schulausschusssitzung gesagt, dass Sie mich informieren, wie der Stand ist bzw. dass Sie das zurückgenommen haben. Ich erwarte heute in Ihrer Rede, dass Sie erklären, dass Sie das zurückgenommen haben.
Ich frage, ob von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall. Dann bitte Herr Staatsminister Prof. Wöller.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Pressemitteilung meines Hauses zum Schuljahr 2008/2009 habe ich wesentliche Eckpunkte für das neue Schuljahr benannt. Wir sind insgesamt gut aufgestellt und für die im Schuljahr vor uns liegenden Aufgaben gerüstet. Die wiederum erreichte Spitzenposition beim Bildungsmonitor bescheinigt uns, dass die sächsischen Schulen auf dem richtigen Weg sind und unsere Lehrerinnen und Lehrer Hervorragendes leisten, auch wenn der demografischen Entwicklung geschuldete Maßnahmen bezüglich des Beschäftigungsumfanges für viele mit besonderen Belastungen verbunden sind. Mit hohem persönlichen Einsatz und Engagement erfüllen die Lehrkräfte die Anforderungen an eine
erfolgreiche pädagogische Arbeit zum Wohle der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Dafür möchte ich allen Lehrerinnen und Lehrern auch vor diesem Hohen Haus danken.
Wir freuen uns, dass es gelungen ist, die Teilzeitvereinbarungen für die Grundschulen aus dem Jahre 1997 mit Beginn des Schuljahres durch eine Vereinbarung zur schrittweisen Rückkehr in die Vollzeitbeschäftigung zu ersetzen. Damit ist für Lehrerinnen und Lehrer in diesem Bereich der Weg in die Vollzeitbeschäftigung klar bestimmt.
Bei der Umsetzung der Vereinbarung hat die sächsische Bildungsagentur durch großes Engagement gewährleistet, dass mit allen betroffenen Beschäftigten ein Änderungsvertrag entsprechend ihrem tatsächlichen Beschäftigungsumfang und so weit möglich auch ihrem Beschäftigungswunsch beschlossen wurde. Das waren jedoch nicht die einzigen von der Bildungsagentur zu bewältigenden Personalmaßnahmen, die in Vorbereitung des Schuljahres zu vollziehen waren. Ich denke auch an Abordnungen und Versetzungen, die mit den konkreten Planungen notwendig wurden. Erfreulich ist, dass wir auch in Vorbereitung dieses Schuljahres Neueinstellungen und Entfristungen vornehmen konnten – das habe ich bereits gesagt –: 330 Neueinstellungen an öffentlichen Schulen und davon allein 119 an unseren Grundschulen. Dies ist mit Blick auf die Beschäftigten, deren Beschäftigungsumfang noch abgesenkt ist, nicht selbstverständlich. Hier bewährt sich die enge Zusammenarbeit zwischen meinem Haus und den Arbeitnehmervertretungen, wie sie beispielsweise in den Arbeitsgruppen realisiert wird, die die Umsetzung der Grundschulvereinbarung und des Bezirkstarifvertrages für Gymnasien und Mittelschulen begleitet. Die Unterrichtsversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Hier sage ich noch einmal zu der Zahl, die ich gestern in diesem Hohen Haus erläutert habe: Der Unterrichtsausfall ist gegenüber dem vorigen Schuljahr gesunken, nämlich von 3,2 auf 2,9 Stunden. Das ist die Gesamtzahl – da beißt die Maus keinen Faden ab –, die auch Sie zur Kenntnis nehmen müssen.
In den Schularten Grundschule, Mittelschule und Gymnasium werden sowohl Grundbereich als auch Ergänzungsbereich weitgehend vollständig ausgereicht. Für die Mittelschulen und Gymnasien steht darüber hinaus ein erhebliches pädagogisches Plus, der sogenannte Pool in Verantwortung des Schulleiters, zusätzlich für pädagogische Maßnahmen zur Verfügung.
Hier noch einmal ein Wort zu den Grundschulen. Sie haben ja eine Sonderausschusssitzung beantragt und auch durchgesetzt, in der wir uns ausführlich mit der Situation an den Grundschulen befasst haben. Wir haben in Sachsen mit die kleinsten Grundschulen. Wir haben in Sachsen bundesweit mit die kleinsten Grundschulklassen und wir haben in Sachsen beispielsweise nach der internationalen
Grundschul- und Lesekompetenzstudie (IGLU) in Deutschland die besten Grundschulen. Von Katastrophen kann hier, meine Damen und Herren, keine Rede sein.
Das heißt nicht, dass wir in begründeten Einzelfällen einzeln prüfen und auch auseinandersetzen. Aber wenn wir beispielsweise Klassenrichtwerte von 25 Schülern an Grundschulen haben und wir mit durchschnittlich 21 Grundschülern in Klassen weit darunter liegen, dann kann von einer Überversorgung wirklich keine Rede sein.
Schwieriger – das will ich gern einräumen – stellt sich die Situation an den Förderschulen dar, in denen der Grundbereich zwar nahezu abgesichert werden kann, der Ergänzungsbereich aber nur mit großen regionalen Unterschieden ausgereicht wird.
Besondere Sorge bereitet die Entwicklung an den berufsbildenden Schulen. Nach der neuesten Schülerprognose des Sächsischen Statistischen Landesamtes wird die Schülerzahl an den berufsbildenden Schulen in den nächsten Jahren drastisch abnehmen. Dabei wird sich der Anteil von Schülerinnen und Schülern in der dualen Ausbildung erfreulicherweise wieder erhöhen.
Folge dieses Effektes ist aber ein weiterer Bedarfsrückgang, da der Personalressourceneinsatz in der dualen Ausbildung im Gegensatz zur vollzeitschulischen Ausbildung deutlich verringert ist. Ich bin froh, dass es vor diesem Hintergrund überhaupt gelungen ist, im berufsbildenden Bereich Neueinstellungen und Entfristungen bislang befristeter Arbeitsverhältnisse vorzunehmen, auch wenn ich mir dessen bewusst bin, dass hier nicht alle Wünsche erfüllt werden konnten. Insgesamt waren von den Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagentur in Vorbereitung auf das Schuljahr 2008/2009 mehr als 20 000 Personalmaßnahmen zu vollziehen. Das ist eine immense Aufgabe.
Wenn bei deren Umsetzung kurz vor Schuljahresbeginn nicht vorhersehbare Veränderungen, wie zum Beispiel die Rücknahme von Wechselwünschen, Kündigungen oder Langzeiterkrankungen, angezeigt werden, sind die bisherigen Planungen schnell umzustellen.
Ich will Ihnen sagen, was eine Katastrophe ist. Wir reden ja hier nicht über Stellen oder Planzahlen, sondern über Menschen. Für mich war eine Katastrophe, dass einer unserer besten Grundschulleiter, nämlich in Kleinrückerswalde, tödlich verunglückt ist, und zwar ein paar Tage vor dem Schuljahresbeginn. Das sind für mich, meine Damen und Herren, Katastrophen. Es geht um Menschen, nicht nur um Schülerinnen, Schüler und Eltern, sondern auch um Lehrer. Auch das hat unsere Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur hervorragend gemeistert und dafür Sorge getragen, dass an dieser Grundschule wie auch an anderen Grundschulen die
Versorgung abgesichert worden ist. Deswegen einen herzlichen Dank an die Sächsische Bildungsagentur.
Für viele Fragen im Vorfeld des Schuljahresstarts 2008/2009 sorgte das Thema „Integrative Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Regelschulen“, kurz Integration genannt. Hier ist wohl vieles fehlinterpretiert worden. Fakt ist, dass auch in diesem Schuljahr Personalressourcen in erheblichem Umfang, nämlich mehr als 330 Stellen, zur Begleitung des integrativen Unterrichts bereitgestellt werden. Aus dem in jeder Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur bereitgestellten Gesamtkontingent an Lehrerwochenstunden aus der Regelschule und der Förderschule werden die Integrationsmaßnahmen unter Würdigung des Einzelfalls bedient. Durch Bündelung bestimmter Integrationsmaßnahmen an der einen Stelle wird es möglich, an der anderen Stelle mehr Ressourcen zu verwenden. Damit wird gewährleistet, dass die individuellen Bedingungen der einzelnen Integrationsfälle ausreichend berücksichtigt werden. An dem Ziel, die Ressourcen für die integrative Unterrichtung so bereitzustellen, dass landesweit einheitliche Mindestgrößen gewährleistet werden, kann ich nichts Verwerfliches entdecken. Alle anderen Interpretationen dazu laufen ins Leere.
Inhaltlich gibt es zu Beginn des Schuljahres vor allem an den Gymnasien Neues. Eine neue Oberstufen- und Abiturverordnung, die grundsätzliche Neuregelungen enthält, trat in Kraft. Der Freistaat reagiert damit auf Forderungen von Hochschulen, Universitäten sowie aus der Wirtschaft. Die Reform der gymnasialen Oberstufe verfolgt vor allem drei Ziele. Die Studierfähigkeit der Abiturientinnen und Abiturienten soll erhöht, die Nachwuchsprobleme in den Ingenieur- und Naturwissenschaften durch die Stärkung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung verringert und den Bedingungen der gegenwärtigen demografischen Entwicklung Rechnung getragen werden. Die Neuregelung war Ergebnis eines breiten öffentlichen Diskussionsprozesses im Vorfeld der Umgestaltung der gymnasialen Oberstufe.
In Sachsen erfolgt der Unterricht auch zukünftig in Grund- und Leistungskursen. Ab diesem Schuljahr wurde dabei die verbindliche Belegung von Fremdsprachen und naturwissenschaftlichen Fächern deutlich erhöht. Dass der Schuljahresstart unter den gegebenen Umständen, wie Umsetzung der neuen Vereinbarung im Grundschulbereich, Fortsetzung des Bezirkstarifvertrages für die Gymnasien und Mittelschulen, absehbarer Schülerrückgang an den berufsbildenden Schulen, nicht einfach war, liegt auf der Hand. Auch dass es im Einzelfall organisatorische Probleme gibt, ist nicht auszuschließen. An deren Lösung arbeiten wir mit Nachdruck. Ich verwahre mich mit Nachdruck dagegen, dass von mancher Seite ein düsteres Szenario für das Schuljahr 2008/2009 entworfen wird.
Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen und von dieser Stelle aus nochmals allen Schulanfängern in Sachsen einen guten Start, viel Freude beim Lernen und vor allem gute Ergebnisse wünschen.
Gibt es weiteren Aussprachebedarf? – Die Linksfraktion meldet sich noch einmal zu Wort. Frau Falken, bitte.
Ich spreche gleich vom Saalmikro aus. Herr Wöller, wir haben nie bestritten, dass diese 330 Stellen für Integration ausgereicht worden sind. Das ist auch in Ordnung, aber sie reichen nicht, um den notwendigen Bedarf an den Schulen zu decken. Sie haben den Schulen wirklich die vorgeschriebenen Durchschnittswerte zugewiesen! Schauen Sie sich das doch einmal an: an Grundschulen 1,5 Stunden, an Mittelschulen 2,5 Stunden, an Gymnasien 3,5 Stunden. Das reicht nicht aus, um einen Mehrfachbehinderten zu integrieren. Die Lehrer brauchen am Gymnasium mindestens sechs Stunden für das Kind. An den Grundschulen braucht der Lehrer für das Kind zum Teil mindestens drei oder vier Stunden. Ich brauche den Förderschullehrer dazu. Schauen Sie sich das bitte an!
Wir entwerfen hier kein Szenario, sondern wir möchten, dass diese Schüler ordentlich integriert werden.
Stichwort Oberstufenreform. Gehen Sie doch einmal in die Gymnasien! Ich glaube, dass nicht einmal mehr der Philologenverband dafür ist, was Sie da gemacht haben.
Das lasse ich jetzt weg. Aber bei den Personalräten kommen Sie mir nicht so einfach davon. Ich möchte von Ihnen heute wissen, was mit dem Geld der Personalräte ist. Wie wird das gehandelt? Das können Sie hier nicht so einfach unter den Tisch kehren!
Gibt es aus den anderen Fraktionen noch Redebedarf? – Dann noch einmal die Linksfraktion. Frau Bonk, bitte.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Die Debatte hat gezeigt, dass es durchaus organisatorische und Versorgungsmängel im sächsischen Schulwesen gibt. Die Unterrichtsversorgung ist eben nicht gewährleistet, besonders bei den Schularten Berufsschulen und Förderschulen. Von gesenktem Unterrichtsausfall zu sprechen ist eine Farce angesichts von steigendem planmäßigen Unterrichtsausfall, Herr Kultusminister.
Die Debatte hat aber auch gezeigt, dass Ihnen die Probleme, die die Menschen mit den Schulen im Land haben,
relativ egal sind. Dass wir so oft darüber diskutieren, liegt daran, dass so viele Menschen damit zu tun haben. Ich habe kein Wort zu den steigenden Bildungskosten gehört. Damit sagen Sie als Politiker, dass Sie sich dafür nicht interessieren, sondern die Eltern und Familien mit den steigenden Kosten allein lassen. Sie erklären das zu einem privaten Problem und benachteiligen damit diejenigen, die noch weniger haben. Wir werden auch in diesem Jahr weiterhin steigende Bildungskosten beobachten und in die politische Diskussion bringen.
Dieses Schuljahr reicht an den nächsten Sommer heran. Es ist Zeit für eine grundsätzliche Veränderung der Lernkultur und des Lernverständnisses. Es ist Zeit für ein Bildungswesen, das die Menschen nicht mehr trennt, Zeit für grundsätzliche Veränderung und ein inklusives Schulwesen. Auch in diesem Schuljahr werden wir die Diskussion darüber in entsprechender Weise hier im Haus und im ganzen Land führen.
Herr Minister, wollten Sie auf die Frage antworten? – Das ist im Moment nicht der Fall. Ich stelle fest, dass keine weiteren Redebeiträge vorliegen. Wir schließen diese Debatte und beenden den Tagesordnungspunkt 1.
Meine Damen und Herren! Nach dem Absetzen der Großen Anfrage durch die NPD-Fraktion gelten jetzt folgende veränderte Redezeiten für die Tagesordnungspunkte 2 bis 6: CDU-Fraktion 80 Minuten, Linksfraktion 60 Minuten, SPD-Fraktion 35 Minuten, NPD-Fraktion 25 Minuten, FDP-Fraktion 25 Minuten, GRÜNE 25 Minuten, die fraktionslosen Abgeordneten je 4 Minuten und die Staatsregierung 60 Minuten.