Der Schuljahresbeginn ist zumindest für die Eltern von Erstklässlern mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Natürlich ist der Schulbeginn ein besonderes Erlebnis im Leben eines Kindes, stürzt aber die Familien mit finanzschwächerem Hintergrund in große Schwierigkeiten.
Rechtzeitig vor dem Sommer brachte die DIE LINKE deshalb hier im Landtag einen Antrag für Schulanfänger aus Familien mit niedrigem Einkommen bzw. für Familien, die in Abhängigkeit von Hartz IV leben, ein. Dieser Entwurf für einen Landesfonds Landeseinschulungsbeihilfe wurde von Ihnen auch fürs nächste Schuljahr nicht angenommen. 12 000 Kinder sind in Sachsen davon betroffen, vor einem solchen finanzschwachen Hintergrund zu leben. In den Regelsätzen sind 6,13 Euro für die Ausstattung für den Unterricht vorgesehen, während die Erstanschaffungen zum Unterrichtsbeginn um die 250 Euro kosten, sodass 12 000 Kindern wieder kein guter Start in das Schuljahr gewährt werden konnte.
Ich möchte zu Beginn dieses Schuljahres und in dieser Aktuellen Debatte auf einen weiteren Punkt hinweisen. Für eine erfolgreiche Veränderung der Schul- und Lernkultur ist ein demokratisches Schulwesen nötig. Mit diesem Schuljahr wirkt die Verwaltungs- und Funktionalreform, und es wird für die Mitwirkungsgremien auf Kreisebene, die Kreiselternräte und die Kreisschülerräte, wesentlich schwerer sein, sich in diesen großen Kreisstrukturen zu organisieren. Wir werden mit Aufmerksamkeit verfolgen, dass die Demokratie im Schulwesen auch in diesem Schuljahr weiterhin gewahrt, ermöglicht und gelebt werden kann.
Um darauf hinzuweisen, dass die organisatorischen oder ausstattungstechnischen Mängel auch an die Grundsätze des Schulwesens heranreichen, möchte ich ein Beispiel benennen. Im Bereich der sorbischen Schulen sind krasse Fehlentscheidungen getroffen worden. Durch die Schließung der sorbischen Mittelschulen in Crostwitz und Panschwitz-Kuckau wurde das sorbische Schulnetz ohnehin schon sehr ausgedünnt. Während durchaus Schülertransport organisiert wird, um zu den nächstgelegenen einsprachigen weiterführenden Schulen zu fahren, ist es nicht möglich gewesen, einen Schülertransport zu organisieren, der es den Kindern sorbischer Grundschulen ermöglicht, auf sorbische weiterführende Schulen zu gehen. Das ist eine Fehlentscheidung, die mit Unterversorgung und organisatorischen Mängeln zu tun hat, die den grundsätzlichen Minderheitenschutz in Sachsen und für die Sorben infrage stellt. „Minderheitenschulpolitische Chaostage“ kann ich zu Beginn dieses Schuljahres in Sachsen nur sagen!
Meine Damen und Herren! Es gibt also keinen Grund zur Freude, zum Loben und zum Ausruhen. Es gibt die Notwendigkeit, an der Versorgung und am Grundsatz des sächsischen Schulwesens einiges zu ändern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine kleine Vorbemerkung. Der 25. August dieses Jahres war in der Tat ein wichtiger Tag für unsere Schulen. Es war der Tag des Schulanfangs. Es war auch der Tag, an dem regionale und überregionale Zeitungen mit Überschriften titelten wie „Sachsen hat das beste Schulsystem“, „Sachsen wieder Klassenprimus“ oder „Sachsen bietet beste Bildung“.
Solche und ähnliche Berichte bezogen sich auf die jüngste Analyse des Institutes der sächsischen Wirtschaft zur Schulentwicklung in Deutschland, bei der Sachsen zum wiederholten Male einen führenden Platz erlangte. Eine hervorragende Leistung, eine würdige Anerkennung der Leistungen derer, die dieses System auf verschiedenen Verantwortungs- und Gestaltungsebenen so vorangebracht haben, meine Damen und Herren.
Frau Bonk, es geht nicht um politische Selbstverherrlichung oder Selbstdarstellung. Aber angesichts einer solch hervorragenden Leistung und einer solch objektiven Wertung
hatte ich tatsächlich für einen kurzen Moment angenommen, dass die Opposition oder wenigstens unser Koalitionspartner die Größe besitzen, dieses Ergebnis anzuerkennen.
Weit gefehlt, meine Damen und Herren! Was musste nicht alles an Interpretationen herhalten, um das dargestellte hervorragende Ergebnis wieder einmal kleinzureden? Natürlich, denn es passt eben nicht in die gebetsmühlenartig vorgetragene ideologische Position gegen unser Schulsystem.
Meine Damen und Herren von der Opposition, man kann Ihnen das wohl nicht richtig übel nehmen. Sie müssen eben Ihre Rolle spielen, auch wenn sie nicht gerade überzeugt. Nur, vergessen Sie in Ihrer Haltung eines nicht, nämlich dass Sie mit einseitigen negativen und überzogenen Aussagen letztlich nicht nur gegen Ihren politischen Kontrahenten hier im Haus argumentieren, sondern dass Sie damit auch Leistungen diskreditieren, die außerhalb dieser heiligen Hallen von vielen engagierten Lehrerinnen und Lehrern, Eltern, Schülerinnen und Schülern vorangebracht werden.
Auch das Thema Ihrer Aktuellen Debatte hat doch bei genauem Hinsehen keinen anderen Zweck, als den Negativanstrich, den Sie unserer Schule immer wieder verpassen, neu aufzutragen. Meine Damen und Herren, das ist plump offensichtlich.
Zum Thema dieser Debatte. Das Schuljahr 2008/2009 ist mittlerweile angelaufen ohne großes Tamtam, mit Kontinuität und Verlässlichkeit für Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Eltern. Dieser reibungslose Schuljahresbeginn ist wie alljährlich das Verdienst einer funktionierenden, effektiv arbeitenden Schulverwaltung ebenso wie des Engagements von Lehrerkollegien und Schulleitungen vor Ort. Anstatt also wieder alles pauschal infrage zu stellen und mieszureden, wie es die Absicht der Antragsteller dieser Debatte offensichtlich ist,
will ich an dieser Stelle den Dank unserer Fraktion all jenen aussprechen, die das neue Schuljahr engagiert vorbereitet und geplant haben.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang will ich nicht weiter auf die Unterrichtsversorgung eingehen. Wir hatten gestern Abend durch den Antrag der FDP dazu ausreichend Gelegenheit. Ich will nur noch einmal kurz ansprechen, dass sowohl im Grund-, Mittelschul- als auch im Gymnasialbereich die Unterrichtsversorgung gewährleistet ist und der Ergänzungsbereich ausgereicht werden kann. Im zweiten Teil werde ich noch einmal auf die Situation in Förderschulen und Berufsschulen eingehen.
Allerdings ist zum Schuljahresbeginn auch hervorzuheben, dass die Quote der Mittelschüler ohne Abschluss in den letzten Jahren gesenkt werden konnte. Lag sie im Jahr 2001 noch bei 7 %, so sind es mittlerweile nur noch rund 5 %, die dieses Problem haben. Wir werden auch im aktuellen Schuljahr – darauf hat der Minister bereits zu Beginn des Schuljahres hingewiesen – Sorge dafür tragen, dass Maßnahmen ergriffen werden, um der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern noch besser gerecht zu werden, insbesondere für die Schüler, die bislang über keinen Schulabschluss verfügen.
Meine Damen und Herren! Wenn man der „Freien Presse“ glauben kann – das will ich an dieser Stelle tun –, besuchen im neuen Schuljahr 89 % der Grundschüler ein- bzw. zweizügige Grundschulen.
Ich möchte den Gedanken noch zu Ende führen. – 90 % der Mittelschüler besuchen zwei- bzw. dreizügige Mittelschulen und 77 % der Gymnasiasten drei- bzw. vierzügige Einrichtungen. Die übergroße
Mehrzahl unserer Schulen erfüllt letztlich auch die pädagogisch sinnvollen Richtwerte von Schul- und Klassengrößen. Von einer Überfüllung unserer Schulen, wie das teilweise in der Diskussion zum Ausdruck gebracht worden ist, kann also keine Rede sein. – Bitte, die Zwischenfrage.
Danke schön. – Meine Zwischenfrage bezieht sich auf den vorherigen Gedanken. Ich möchte gern von Ihnen wissen, wie hoch denn die Schulabbrecherquote in den Förderschulen in Sachsen ist?
Frau Günther-Schmidt, das kann ich Ihnen aus dem Stand nicht beantworten. Ich werde gern nachschauen und wir können im Ausschuss gern darüber diskutieren.
Meine Damen und Herren! Ich denke, wir haben mit Blick auf das vor uns liegende Schuljahr optimale Voraussetzungen, um letztlich allen Kindern – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft – auf der Grundlage einer sehr individuellen Förderung in unserem System eine optimale Beschulung zuteil werden zu lassen. Dafür werden wir auch weiterhin Sorge tragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das Schuljahr hat begonnen und Sachsens Schulen werden damit etwas gerechter; denn, erstens, in diesem Schuljahr sind drei weitere Gemeinschaftsschulen gestartet.
Manch einem mag das nicht sehr viel erscheinen, anderen ist es viel zu viel. Für uns ist es zumindest eine Kontinuität im Anfang. Zweitens: Erstmals reichen die 30 Millionen Euro für die Ganztagsangebote nicht mehr aus. Beinahe 60 % der Sekundarschulen haben mittlerweile ein solches Angebot. Zu Beginn der Koalition waren es zwei Hände voll. Drittens: Der Trend zu weniger Stundenausfall hält an. Wir werden in diesem Schuljahr insgesamt weniger Stundenausfall haben.
Aber natürlich eignet sich der Schulanfang auch immer für berechtigtes Gejammer, denn wir haben 1 790 Schulen mit 22 250 Klassen, ja, über 22 000 Klassen!
Wir haben in der Sekundarstufe über 20 verschiedene Schulfächer und Lehrer mit wohl ebenso vielen Fächerkombinationen. Das alles zur Deckung zu bringen ist eine enorme Leistung. Das will ich an dieser Stelle einfach einmal würdigen. Aber das alles zur Deckung zu bringen ist wie die Quadratur des Kreises: eine Annäherung, im Grunde aber unmöglich. Also bietet der Schulanfang eben
auch immer eine wohlfeile Gelegenheit zur Kritik. Die haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, heute wieder ergriffen.
Interessant dabei ist, was Sie kritisieren: die Verwaltung, weil sie immer Fehler macht; die Koalition, weil sie immer zu wenig Lehrerstellen vorhält. Aber würden denn mehr Lehrer das Problem wirklich grundsätzlich und nachhaltig lösen? Immerhin haben wir ja in den letzten Jahren die Schüler-Lehrer-Relation an allen Schularten verbessert. Trotzdem gibt es jedes Jahr immer wieder einzelne Schulen, an denen dann doch ein Lehrer fehlt oder an denen Personalentscheidungen kurz vor der Angst gefällt werden. Wo also bleiben die Effekte, die Ihnen recht geben würden?
Nun gibt es Modellrechnungen, nach denen eine hundertprozentige Unterrichtsabsicherung unter den derzeitigen Bedingungen wenigstens 120 % Lehrerversorgung braucht. Wollen, ja, müssen wir uns das leisten? Nimmt jemand hier im Saal an, dass mit dem Einsatz unsere Bildungsergebnisse wirklich signifikant besser würden? Die empirische Schulforschung sieht dafür jedenfalls keine Gewähr. Also sind wir jetzt fein raus und stecken den Kopf in den Sand?