Aber sei der Titel Ihres Antrages, wie er sei – Sie, meine Damen und Herren von der FDP, machen eine Reihe wohlfeiler Vorschläge, die jeder im Antrag nachlesen kann und auf den ersten Blick ganz vernünftig finden wird, aber eben nur auf den ersten Blick. Populismus baut darauf, dass es keinen zweiten Blick gibt – eine clevere Taktik. Aber riskieren wir ruhig einen zweiten oder dritten Blick, analysieren wir einmal Ihr Papier.
Sie wollen also eine Bedarfsanalyse bis Ende des Jahres. Ich kann nur sagen, Sie haben entweder keinen Schimmer, welchen Aufwand, auch Zeitaufwand eine solche Analyse macht, oder Sie meinen es gar nicht ernst. Einen solchen Antrag kann ernst gemeint nur jemand stellen, der weiß, dass eine solche Prognose längst auf dem Weg ist. Natürlich brauchen wir eine solche Analyse. Ich gehe davon aus, dass im Ministerium fleißig daran gearbeitet wird, aber ich weiß natürlich nicht, ob sie bis zum Jahresende wird vorliegen können.
Ja, selbstverständlich. Und wie wollen Sie, bitte schön, das Image der Lehrer durch eine Kampagne verbessern? Nachhaltig verbessert man ein Image – auch sein Image – durch eine Veränderung der Fakten oder von Verhaltensweisen, zum Beispiel der Bedingungen, unter denen an Schulen gelernt wird, oder der Art und Weise, wie Lehrer diesen Lernprozess unterstützen. Dann können wir das Geld für eine Kampagne getrost sparen. Dann haben Lehrer von allein ein ganz anderes Image. Sie sind dann zum Beispiel Helfer statt Bewerter, sie sind Experten für Lernen und Entwicklung statt Stundenhalter.
Danke schön. – Herr Kollege Weiss, wenn Sie es so einschätzen, dass bis zum Jahresende eine verlässliche Bedarfsprognose nicht möglich ist, können Sie mir dann bitte erklären, auf welcher Basis denn der Stellenplan zum Haushalt für die Lehrerstellen beschlossen werden soll?
(Heiterkeit bei der FDP) Wir können natürlich auch gar nichts an der Situation der Lehrer ändern; dann wäre eine Werbe- oder Imagekampagne erst recht hilflos zum Fenster hinausgeworfenes Geld. Zu öffentlich ist die Arbeit der Lehrer, als dass man Potemkinsche Dörfer zur Anwerbung neuer Rekruten einrichten könnte. Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der FDP, wären dann sicher wieder die Ersten, die diese Verschwendung öffentlich geißeln würden.
Das ist kein Haushaltsplan für die Ewigkeit, das ist der für die nächsten zwei Haushaltsjahre. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Dafür liegen natürlich Abschätzungen vor. Stellen Sie sich doch bitte nicht dümmer, pardon, als Sie sind. Ich schätze Sie sehr.
Eine Prognose ist eine Projektion in die Zukunft. Sie setzt voraus, dass wir wissen, wie Schule in der Zukunft arbeitet. Wird der Unterricht so stattfinden wie heute oder setzt sich der Trend fort, stärker auf den Lernprozess der einzelnen Schüler zu orientieren, dem Lehrer eine neue Rolle zuzuschreiben? Ein Trend, der nicht mehr die Einszu-eins-Zuordnung von Fachlehrer und Unterricht braucht.
Ja, und schließlich wird Ihr Antrag leider skurril. „Fahrplan zur Rückkehr in die Vollzeit“ – das klingt gut, allemal in den Ohren der Lehrer, die noch gar nicht ganz in der Teilzeit angekommen sind. Aber diesen Fahrplan gibt es doch längst. Er wird geschrieben durch die Schülerzahlen im Verhältnis auch zu den Altersabgängen. Welchen anderen Fahrplan kann es jetzt geben, als hier am Beispiel der Grundschullehrer gefahren wird?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend nicht nur fortsetzt, sondern dass er dramatische Veränderungen in den Schulalltag bringen wird. Mangelfächer wird es so gar nicht mehr geben, dafür mehr Flexibilität der Schulen und der Lehrer. Das müssten doch eigentlich auch Sie wollen, sehr verehrte Abgeordnete der FDP.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, Ihr Antrag wird das Problem nicht lösen; wir lehnen ihn ab. Sie werden nun der Koalition vermutlich vorwerfen, dass sie sich nicht um den Lehrernachwuchs kümmert – und das ist absurd.
Wir werden uns auch weiter mit allen Mitteln dafür einsetzen, das Problem an der Wurzel zu packen. Es geht eben nicht um Image oder Werbung; es geht um die Bildung unserer Kinder und damit um unsere Zukunft.
Nun wollen Sie den Lehrerberuf attraktiver machen und dafür leistungsbezogen entlohnen. Verraten Sie uns doch bitte, woran Sie da gedacht haben.
Vielen Dank. (Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das wird spannend!) (Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung) Woran wollen Sie welche Leistung eines Lehrers messen? An der Anzahl der heruntergeschrubbten Unterrichtsstunden? Am Ergebnis der Schüler? An der Beliebtheit – entweder beim Direktor oder bei den Schülern? Und was sind eigentlich „Spitzenleistungen“ an der Schule? Dieses Wort habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, zum letzten Mal aus dem Munde von Frau Margot Honecker gehört.
Danke schön. – Die NPD-Fraktion verzichtet aus Zeitgründen auf einen Redebeitrag. Frau Günther-Schmidt, Sie beschließen die erste Runde für die Fraktion der GRÜNEN.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Sachsen herrscht seit Jahren in einigen Bereichen, an einigen Schulen Lehrermangel, und der Kultusminister arbeitet zielgerichtet darauf hin, einen noch größeren Mangel zu produzieren. Wir beklagen das seit Jahren. Da nützt es auch wenig, wenn die Sozialdemokraten immer den philosophischen Überbau herbeibeten. Tatsache ist, dass Sie seit vier Jahren in der Regierungsverantwortung sind und wir in den BSZs und den Förderschulen nach wie vor geplanten Unterrichtsausfall in Größenordnungen haben.
Ist Ihnen wirklich klar, was Sie da fordern? Sie wollen den gut bezahlten Beruf des Lehrers durch zusätzliches Geld attraktiver machen. Wollen Sie wirklich Lehrer an den Schulen, die diesen Job nur des Geldes wegen gut machen; die sich um junge Menschen nur dann besser kümmern, wenn sie mehr Geld dafür erhalten? Zum Glück ist das Berufsethos der Lehrer viel besser, als Sie es offensichtlich annehmen.
Was wir brauchen, sind eigenständigere Schulen; eigentlich fehlt das im FDP-Antrag. Für mich heißt das unter anderem, dass die Schulen ein größeres Mitspracherecht bei der Auswahl der Kolleginnen und Kollegen haben müssen, als dies bisher der Fall ist.
Die Schulpolitik der Koalition bedeutet für die Schulen planmäßigen Unterrichtsausfall, zu große Klassen, – –
(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD) Drittens muss den Referendaren bereits zu Beginn des Jahres – zumindest viel früher als derzeit – ein Einstellungsangebot unterbreitet werden. Viele Referendare wandern ab, weil sie sich in anderen Bundesländern zeitgleich beworben haben und von dort eben sehr schnell eine Zusage erhalten – und es gehen in der Regel nicht die schlechtesten.
Die Staatsregierung hat im letzten Jahr mit der Aufhebung der Teilzeitvereinbarung im Grundschulbereich zwar auf diese Entwicklung reagiert – das begrüßen wir ausdrücklich –; aber es muss allen klar sein: Lehrerstellen, die nicht besetzt werden können, sind die Sparkassen des Finanzministers. Sie nützen den Schülern und den Schulen überhaupt nichts.
Ich kann es an dieser Stelle nicht verschweigen: Lehrermangel ist das eine, und auf der anderen Seite beklagen Sie Ingenieurmangel. Sie müssen das Problem bei der Wurzel angehen und dafür sorgen, dass natürlich auch die Quote der Studienberechtigten erhöht wird.
Die Damen und Herren insbesondere der CDU-Fraktion bestreiten ja immer leidenschaftlich, dass das ein Problem ist, und rufen statt echter Problemlösung lieber die Praxiselite aus. Aber es zeigt sich eben, dass es mit einer bloßen Umetikettierung der Mittelschulen zu Eliteschulen nicht getan ist.
In Sachsen werden junge Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet, die nach dem Referendariat in andere Bundesländer abwandern, weil sie dort einfach bessere Bedingungen angeboten bekommen. Das kann man nicht kleinreden – auch angesichts der Tatsache, dass zum Beispiel die Parteifreunde der CDU in Hessen besonders aggressiv um Lehrer werben und bereits zum Februar 2009 die nächste Kampagne angekündigt haben. Und wer erst einmal weg ist, der kommt so schnell nicht wieder. Insofern bezweifle ich, dass aus Sachsen abgewanderte Lehrer mit einer Imagekampagne zurück in den Freistaat gelockt werden können.
Wir können dem FDP-Antrag also insofern folgen, als auch wir der Ansicht sind, dass sich die Staatsregierung in der Vergangenheit zu sehr auf der demografischen Rendite ausgeruht und den Schülerrückgang nicht dazu genutzt hat, um tatsächlich eine Qualitätsoffensive zu starten, sondern, wie im Antrag zutreffend dargestellt, mit Teilzeitregelung und verringerten Neueinstellungen leider eine Situation geschaffen hat, die die jetzt beklagte Lücke beim Lehrerpersonal hervorgerufen hat. Es wird, weil die Probleme in allen Bundesländern bestehen, immer schwieriger werden, die Besten für eine Anstellung in Sachsen zu begeistern.
Wenn sich an den grundsätzlichen Rahmenbedingungen nichts ändert, wird dieser Versuch kläglich scheitern. Viele beklagen seit Jahren die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung des Lehrerberufes. Auch um dem gegenzusteuern, benötigen wir weiter gehende Schritte, um dem Aderlass im Bildungssystem und einer weiteren Überalterung in den Lehrerkollegien entgegenzutreten.
Wir werden deshalb nicht umhinkommen, uns möglicherweise in den EU-Ländern umzusehen. Das wäre aus meiner Sicht durchaus eine wünschenswerte Entwicklung: Muttersprachliche Lehrer aus Polen, Tschechien, England oder Spanien könnten den Schülern neben den sprachlichen Kompetenzen auch einen interessanten Einblick in die Kultur ihrer Heimatländer vermitteln und somit ganz nebenbei einen nachhaltigen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus leisten.
Wir brauchen, erstens, eine Reform der Lehrerausbildung, die sich nicht mehr an den Schularten orientiert. Eine Ausbildung nach Schularten ist seit Langem überholt. Junge Pädagoginnen und Pädagogen wissen, dass sie damit die anstehende Neuausrichtung im Schulsystem nicht bewältigen können.
Zweitens muss die Attraktivität des Lehrerberufes gesteigert werden. Der gesellschaftliche Stellenwert eines Lehrers ist in anderen Ländern weit höher, selbst wenn das Einkommen niedriger ist. Lehrerinnen und Lehrer wollen mehr Selbstständigkeit im Unterricht, wollen Schulmodelle entwickeln und ausprobieren und dafür nicht ständig Steine vonseiten des Kultusministeriums in den Weg gelegt bekommen.
Im Bereich der berufsbildenden Schulen könnte der Lehrermangel durch eine enge Kooperation mit Arbeitsagenturen und Wirtschaft gelindert werden. Wir schlagen vor, ernstgemeinte Qualifizierungsprogramme für Quereinsteiger einzurichten.
Meine Damen und Herren, jenseits aller geschönten und einseitigen Berichte der Initiative soziale Marktwirtschaft wirft die Problematik der Unterrichtsversorgung in Sachsen ein Schlaglicht auf die tatsächliche Situation an unseren Schulen. Wir müssen jetzt handeln, um die
Probleme der nächsten Jahre zu lösen. Dafür brauchen wir eine klare Personalentwicklungsstrategie und ein abgestimmtes Maßnahmenpaket. Der vorliegende Antrag liefert dafür einige sinnvolle Ansätze; wir werden deshalb zustimmen.
Das war die Runde der Fraktionen. Gibt es seitens der Koalition weiteren Aussprachebedarf? – Ich kann keinen sehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bildungspolitik der vergangenen Jahre hat sich großen Herausforderungen stellen müssen. Ein beispielloser Schülerrückgang musste ebenso bewältigt werden wie teilweise einschneidende Anpassungen des Schulnetzes. Dabei konnten wir gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern die anerkannt hohe Qualität in unserem Bildungssystem weiterentwickeln.
Die Unterrichtsversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Um Ihnen eine Zahl zu nennen: Der Unterrichtsausfall konnte sogar von 3,2 auf 2,9 % verringert werden. Das muss einmal zur Kenntnis genommen werden. Ich bin gern bereit, auch über Kritikpunkte zu diskutieren; aber einen flächendeckenden Unterrichtsausfall, wie ihn der Antrag suggeriert und wie ihn manche Wortmeldung im Rund des Hohen Hauses hat vermuten lassen, gibt es nicht.
Nein, jetzt nicht. – Trotz des Schülerrückgangs haben wir die Beschäftigung aller Lehrerinnen und Lehrer sichern können. Mehr noch, wir haben auch junge Lehrerinnen und Lehrer in begrenztem Umfang eingestellt und ihnen damit eine Chance gegeben. Dies ist ein großer Erfolg. Er war nur möglich durch die Solidarität der Lehrkräfte und die Bereitschaft zur Teilzeitbeschäftigung. Dafür möchte ich von dieser Stelle aus meinen herzlichen Dank aussprechen.