Frau Schütz, wenn Sie von der Gesellschaft sprechen, meinen Sie in Wirklichkeit jeden Einzelnen und wollen den Staat zurücknehmen; aber auch in Ihrem liberalen Weltbild muss der Rechtsanspruch, den Kinder auf einen Einstieg in Bildung haben, eine Rolle spielen. Es ist geradezu zynisch, wenn Sie die Befürchtung formulieren, das Geld komme nicht bei den Kindern an, deswegen sollen sie lieber gar nichts bekommen.
Im Gegensatz dazu sieht unser Antrag die Zuweisung der 250 Euro für die genannten Schulbedarfe vor, sodass ich gar nicht sehe, woher dieses offensichtlich vorgebrachte Argument aus Angst vor einer zu starken staatlichen Herstellung einer gewissen Gerechtigkeit kommt.
Herr Krauß, es freut mich ja, dass Sie sich umgesehen und mit anderen Landesparlamenten verglichen haben. Die Summe von 250 Euro, die wir in unserem Antrag im Sächsischen Landtag gewählt haben, ist ein Beispiel aus der Stadt Zwickau. So werden dort die Schulanfänger unterstützt.
Gehen Sie zum Mikrofon, wenn Sie in direkten Austausch treten wollen. Ich habe es auch einmal getan.
Insofern wäre es sinnvoller gewesen, wenn Sie sich ein wenig im Land umgeschaut und nicht einfach sofort unseren Antrag formal weggeschoben hätten, ohne sich mit dem Inhalt beschäftigt zu haben. Sie sprachen von den Einmalleistungen und welch unheimlicher Fortschritt es ist, dass sie nun in der Zusammenlegung mit dem ALG II gebündelt worden sind. Dann ist es völlig logisch, dass es durch den Wegfall der Einmalleistungen und mit den geringen Beträgen, die für die einzelnen Ausgaben im Monatssatz vorgesehen sind, unterm Strich weniger ist. Wenn Sie das negieren, ist Ihnen offensichtlich die Situation der betroffenen Kinder und Jugendlichen im Lande einfach egal. Sicherlich ist das Problem, dem wir uns gegenübersehen, umfassend durch eine Wirtschafts- und Sozialpolitik verursacht, die die niedrigen Einkommen
begründet und die öffentlichen Kassen leert. Wir stehen deshalb auch auf Bundesebene für eine höhere Besteuerung von Gewinnen, hohen Einkommen und Erbschaften, damit die politische Steuerung der Probleme möglich ist.
Die öffentlichen Kassen sind ja nicht ohne Grund leer, wie in den Debatten oftmals verschwiegen wird. Deswegen können nicht alle Kommunen frei reagieren, um bei der Benachteiligung von Kindern Abhilfe zu schaffen. Es ist eine bildungspolitische Aufgabe, den Zugang aller zur Schulbildung zu ermöglichen. Weil es eine bildungspolitische Aufgabe ist, wollen wir eine Entscheidung auf Landesebene.
Wenn die Bundesregierung versagt, dann ist es nach Eid Aufgabe der Staatsregierung, zum Wohl und zum Schutz der Bevölkerung in Sachsen tätig zu werden. Es ist nun wirklich keine zu hohe Summe im Landeshaushalt. Nein, wir stehen dazu, dass diese 3 Millionen Euro angesichts aller Bürgschaften, die hier am Parlament vorbei oder mit dem Parlament oder in andere Bereiche fließen, auch für die Bildung von Kindern und Jugendlichen zu nutzen sind. Um mit diesen 3 Millionen Euro das Starterpaket einzuführen und so vielen Menschen zu helfen, das wäre der richtige Schritt, der eigentlich von allen mitgetragen werden müsste. Rufen Sie sich noch einmal in Erinnerung: 6,13 Euro für Schuldbedarfe im Monat und 2,50 Euro an Kosten für Einschulungsmaterialien. Das ist keine Zahl von uns, das sind die Erhebungen des Landeselternrates, von Vereinen und Sozialträgern. Auch die Bezieher geringer Einkommen haben keine Rücklagen, aus denen sie das einfach so bezahlen können.
Frau Bonk, geben Sie mir recht – denn Sie haben vorhin gesagt, 3 Millionen Euro wären leicht zu schultern –, dass ich gesagt habe, wir treffen damit 40 % aller Schulanfänger? Wir könnten es für 100 % tun und kämen ungefähr auf 6 Millionen Euro. Das heißt, alle Steuerzahler wären gleichmäßig belastet und würden davon profitieren. Könnten Sie sich auch diesem Vorschlag anschließen?
Das ist ein interessanter Vorschlag. Für die Umsetzung einer umfassenden Lehrmittelfreiheit, die wir sowohl für die Bücher als auch die Arbeitshefte und das Material fordern, können wir uns das im Prinzip vorstellen. Aber unser Anliegen mit diesem Antrag – deswegen ist er so zustimmungsfähig – ist, bei den besonderen sozialen Härten abzuhelfen, die gerade bei Beziehern von ALG II entstehen.
Darf ich dazu noch eine Nachfrage stellen? Dürfen wir dann zukünftig davon ausgehen, dass es auch einen Antrag von Ihnen auf einen Landesfonds für
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie Ihre Frage ernst meinen. Natürlich muss man darüber diskutieren, welches diejenigen Aufgaben sind, für die gesellschaftliche Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Zu dem, was Sie ausgeführt haben, würde ich Ja sagen: dass gerade bei Schwierigkeiten, die für den Einzelnen bestehen, Leistungen des Staates nachhelfen müssen.
Ich würde jetzt gern meine Ausführungen fortsetzen. Ihre Vorschläge und Anmerkungen nehme ich als Hinweis festzustellen, das es noch Diskussionsbedarf gibt. Wir nehmen Sie, Herr Dulig, beim Wort. Wir gehen davon aus, dass die von Ihnen hier vorgetragenen Argumente, aber auch die anderer Fraktionen, in einer Sitzung des entsprechenden Ausschusses in geeigneter Weise vorgetragen und mit Vorschlägen untersetzt werden.
Aus der Debattenlage muss ich leider entnehmen, dass unser Vorschlag zum jetzigen Zeitpunkt für das nächste Schuljahr keinen entsprechenden Rückhalt bekommen wird, das Starterpaket einzuführen. Deshalb setzen wir die Diskussion fort. Wir möchten Ihre Anmerkungen aufnehmen. Wir wollen eine ordentliche Diskussion im nächsten Jahr und auch im darauffolgenden Schuljahr führen. Deshalb beantrage ich zum jetzigen Zeitpunkt nach § 81Geschäftsordnung die Überweisung an den entsprechenden Ausschuss. Meine Fraktion als Antragstellerin würde dem nicht widersprechen.
Wenn ich davon ausgehen kann, dass Ihre vorgetragenen Argumente ernst zu nehmen sind, dann sollten wir uns im Ausschuss damit auseinandersetzen.
Auch wenn Sie unserem Antrag nicht zustimmen werden, werden wir natürlich diese Maßnahme „Starterpaket“ und das kostenlose Mittagessen als weitere Maßnahmen zum Landeshaushalt wieder einbringen und damit deutlich machen, dass ein anderes Sachsen möglich ist.
(Beifall bei der Linksfraktion – Volker Bandmann, CDU: Das hatten wir 40 Jahre! Das brauchen wir nicht noch einmal!)
Ich frage die Staatsregierung, ob sie zu diesem Antrag das Wort ergreifen möchte. – Herr Staatsminister Kupfer.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Prof. Porsch, ich vertrete meine Kollegin Orosz. Ich stehe deswegen hier.
Die Sächsische Staatsregierung hat sich bereits mehrfach vor dem Sächsischen Landtag zu der Problematik geäußert, ob die derzeitige Bemessung der Regelsätze nach SGB XII bzw. der Regelleistung nach dem SGB II den spezifischen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen gerecht wird. Ich darf erinnern: Unser Standpunkt dazu
Gemeinsam mit der Arbeits- und Sozialministerkonferenz wird der Freistaat Sachsen den eingeschlagenen Weg daher weiter verfolgen.
war, dass es gegenwärtig keine wissenschaftlich nachprüfbare Datengrundlage zum spezifischen Bedarf von Kindern und Jugendlichen gibt. Wir haben deshalb zugesagt, uns auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die notwendige Datengrundlage bundesweit geschaffen wird. Das ist auch geschehen.
Zunächst hat es dazu einen einstimmigen Beschluss der Arbeits- und Sozialminister in ihrer 84. Konferenz im November 2007 gegeben. Mit Unterstützung der Staatsregierung hat dann im Mai dieses Jahres der Bundesrat ebenfalls einstimmig einen entsprechenden Beschluss gefasst.
An die Adresse des Antragstellers gerichtet möchte ich noch einmal betonen: In beiden Fällen war es ein einstimmiger Beschluss. Auch das Land Berlin mit der Senatsbeteiligung der Linken hat diesem Vorgehen zugestimmt. Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, die notwendigen Grundlagen zu schaffen.
Sofern mit dem Antrag der Eindruck erweckt wird, Kinder aus sozial schwachen Familien könnten sich den Schulbeginn nicht leisten, ist dem klar zu widersprechen.
Zu den durch Regelsatz bzw. Regelleistung abzudeckenden Bedarf von Kindern und Jugendlichen gehört selbstverständlich auch der besondere Schulbedarf. Es liegt in erster Linie in der Verantwortung der Eltern, bei den Planungen der Familienfinanzen den nahenden Schulbeginn mit einzuplanen. Vor diesem Hintergrund kann die Staatsregierung die Forderung nach einem Starterpaket in Form eines Landesfonds für sozial Bedürftige nicht befürworten.
Hinzu kommt, dass der Bundesgesetzgeber im Bereich des SGB XII und SGB II von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht hat, die Sachverhalte bundeseinheitlich zu regeln. Hinter der Forderung verbirgt sich deshalb im Grunde die Erweiterung einer bundesgesetzlich geregelten Leistung auf Kosten des Landeshaushaltes. Eine solche Erweiterung stellt das System der pauschalierten Regelleistung infrage und eröffnet wieder den Einstieg in die Schaffung von Sonderleistungen.
Anlässlich der Beantwortung des Antrages der Linksfraktion „Kinderarmut nicht länger akzeptieren“ haben wir dazu bereits ausführlich unsere Position dargestellt. Nach wie vor sehe ich keine Veranlassung, das bewährte Regelsatzprinzip infrage zu stellen. Im Interesse der Kinder und Jugendlichen müssen die Bestrebungen vielmehr dahin gehen, statt landesrechtlicher Sonderregelungen endlich bundeseinheitliche Lösungen zu forcieren.
Meine Damen und Herren! Es wurde von der einreichenden Fraktion beantragt, heute keine Abstimmung durchzuführen, sondern nach § 81 Abs. 6 die Überweisung in die Ausschüsse zu beschließen. Welche Ausschüsse schlagen Sie denn vor, Frau Abg. Lay?
Frau Präsidentin! Ich schlage vor, diesen Antrag federführend selbstverständlich in den Ausschuss für Schule und Sport zu überweisen, denn es ist aus unserer Sicht eine bildungspolitische Forderung. Weiterhin beantragen wir die Überweisung in den Haushalts- und Finanzausschuss sowie den Sozialausschuss.
(Heinz Lehmann, CDU: GO § 81 (6) ! – Caren Lay, Linksfraktion: Wenn Sie darauf bestehen, dann nur Schule und Sport!)
Frau Präsidentin! Um dem Einwand von Herrn Lehmann entgegenzukommen, beantrage ich ausschließlich die Überweisung in den Ausschuss für Schule und Sport.
Gut. – Dann bitte ich die Abgeordneten, diesem Überweisungsantrag zuzustimmen. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmenthaltungen ist der Überweisung mehrheitlich zugestimmt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 3 beenden.