Protocol of the Session on July 10, 2008

Wir fördern klimafreundliche Technologien und energiesparende Ideen, erweitern unser Informationsangebot und unsere Beratungsprogramme und akzentuieren unsere Bildungsangebote an Schulen, um auch die kommende Generation für diese Zukunftsaufgaben vorzubereiten.

Meine Damen und Herren! Wollten wir alle Maßnahmen im Einzelnen vorstellen, könnten wir die gesamten drei Plenartage füllen. Herr Staatsminister Jurk und ich werden uns daher auf einige Beispiele konzentrieren, um Ihnen einen Eindruck vom Spektrum und von der Art der Maßnahmen zu vermitteln.

Wer das Klima schützen will, muss wissen, wie es sich entwickelt. Sachsen hat dazu ein eigenes regionales Klimamodell entwickeln lassen, mit dem wir bundesweit Vorreiter waren.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Aber regelmäßig werden neue Einflussparameter der hochkomplexen „Klimamaschine“ entdeckt. Wir werden daher dieses Modell weiterentwickeln, um Unsicherheiten auszuräumen und vor allem die räumliche Auflösung des Modells zu verbessern.

Wer das Klima schützen will, muss auch Energie effizienter nutzen und sparsamer mit ihr umgehen. Deshalb werden wir die erfolgreiche Umweltallianz mit der Wirtschaft fortsetzen, die Einführung von Energie- und Umweltmanagementsystemen in Unternehmen fördern und den bundesweit bislang einmaligen sächsischen Gewerbeenergiepass landesweit einführen.

Große Einsparpotenziale gibt es bei Gebäuden. Wir widmen uns besonders der energetischen Sanierung von denkmalgeschützten Häusern, da Sachsen einen sehr hohen Altbauanteil hat. Besondere Hilfe bekommt derjenige, der sein Haus als Passivhaus neu baut oder saniert. Das ist die Zukunft, meine Damen und Herren. Die Passivhäuser brauchen nur noch 10 % der Heizenergie bisheriger Gebäude.

Die Staatsregierung wird dabei mit gutem Vorbild vorangehen. Sie können sich schon heute beim Erweiterungsbau des Hauptstaatsarchivs im Regierungsviertel und bald auch im neuen Gebäude des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Nossen von den Vorteilen selbst überzeugen.

Der Passivhausstandard, meine Damen und Herren, soll künftig für Landesimmobilien der Maßstab sein – natür

lich, darf ich auch sagen, um Energie zu sparen und nicht, wie neulich kolportiert wurde, um die Arbeitsweise unserer Beamten zu ändern. Unsere Beamten sind natürlich aktiv.

Weitere Kapitel werden wir der Erfolgsgeschichte zur Nutzung der erneuerbaren Energien hinzufügen.

Die Umsetzung des Konzepts „Energie für die Zukunft Sachsens, Potenziale an nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse“, aber auch innovative Vorhaben zur Grubenwassernutzung und zur Tiefengeothermie sowie unsere geplante Dächerbörse zur Förderung zur Fotovoltaik werden dafür sorgen, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix weiter steigt.

Ab 2009 werden wir die Kohlendioxidemissionen, die bei Flugreisen entstehen, durch zusätzliche Klimaschutzprojekte, die hier in Sachsen umgesetzt werden, ausgleichen. In einem zweiten Schritt werden wir dies auch für die Dienstwagenflotte der Staatsregierung – das sind immerhin fast 1 000 Fahrzeuge – tun. Die Berechnung der verursachten Treibhausgasemission soll in Anlehnung an internationale anerkannte Verfahren erfolgen. Die konkrete Entwicklung und Umsetzung entsprechender Projekte wird derzeit von der sächsischen Energieagentur vorbereitet.

Meine Damen und Herren! Trotz aller Anstrengungen, das Klima zu schützen, sind Klimaänderungen nicht aufzuhalten. Das Kohlendioxid, das heute in die Atmosphäre geblasen wird, bleibt dort durchschnittlich über 120 Jahre. Wir entwickeln daher auch Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, um künftig Kosten und Risiken zu begrenzen. So wird Dresden über ein Forschungsprojekt Modellregion zur Entwicklung und Erprobung eines integrierten und regionalen Klimaanpassungsprogramms.

Das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft wird im nächsten Jahr eine Strategie zur Anpassung der landwirtschaftlichen Flächennutzung an den Klimawandel vorlegen. Darüber hinaus fassen wir bestehende Konzepte und Programme, wie das Naturschutzhandeln, an. Beim Waldumbau setzen wir den begonnenen Weg fort. Das in den Neunzigerjahren begonnene Waldumbauprogramm hat sich bewährt. Es dient dem Klimaschutz, auch dem Hochwasserschutz und verbessert die Stabilität des Waldökosystems. Am Ball bleiben wir auch bei der Wasserwirtschaft. Unsere Talsperren sind bereits jetzt, angepasst an die meteorologische Situation, flexibel bewirtschaftet. Um die Talsperren im Verbund zu nutzen, wurden und werden auch weiterhin Rohrwasserüberleitungen saniert sowie neu gebaut.

Meine Damen und Herren! An der Umsetzung des Aktionsplanes wirken alle Ressorts der Staatsregierung mit. Eine interministerielle Arbeitsgruppe „Klima und Energie“ unter der gemeinsamen Leitung unserer beiden Häuser wird den Prozess begleiten, kontrollieren und steuern, Wirkungen bewerten und neue quantitative Ziele für die Klima- und Energiepolitik des Freistaates Sachsen erarbeiten.

Die sächsische Energieagentur wird vor allem durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnetätigkeiten, wie zum Beispiel der gerade begonnenen STROMSPARtakiade, weitere wichtige Impulse geben.

Inwiefern wir natürlich mit den Maßnahmen beim Klimaschutz und einer umweltfreundlichen Energieversorgung vorankommen, wird davon abhängen, wen wir mitnehmen können.

Klimaschutz, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sind nicht im Alleingang umzusetzen. Der Freistaat Sachsen setzt Anreize. Zur Umsetzung brauchen wir die Unternehmen, den einzelnen Bürger und die Kommunen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir brauchen aber auch Ihre Hilfe, Ihren Sachverstand, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten. Sie sind täglich unterwegs in unserem Land. Sie reden mit den Menschen. Sie besuchen Firmen und können dabei viele zum Mitmachen bewegen. Ich bitte auch Sie, dies zu tun – für eine lebenswerte Umwelt im Interesse unserer Kinder und Enkel.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Finanziert werden die Maßnahmen mit über 60 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, der uns bis 2013 Planungssicherheit geben kann. Hinzu kommen anteilig weitere Haushaltsmittel aus den zahlreichen einschlägigen Förderrichtlinien der Staatsregierung, deren Vergabe wir stärker als bisher an Kriterien der Energieeffizienz und der Klimaanpassung ausrichten werden.

Voraussetzung ist: Wir haben für den EFRE die entsprechenden Kofinanzierungsmittel und eine gute Ausstattung der Landesprogramme. Ich bitte Sie auch dafür bei den anstehenden Haushaltsdiskussionen um Ihre Unterstützung.

Denn ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Strategie richtig liegen, um in Sachsen die Chance des Klimawandels zu nutzen, den Risiken entgegenzuwirken und damit am besten für die Zukunft der Menschen hier im Lande zu sorgen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam diese Arbeit fortsetzen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Ich bitte jetzt den Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Herrn Thomas Jurk, um seine Regierungserklärung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Energiewirtschaft nicht nur hier bei uns, sondern weltweit nachhaltig zu gestalten ist

wohl eine der größten Aufgabenstellungen, die wir in diesem Jahrhundert zu bewältigen haben.

Der notwendige Klimaschutz, über den der Umweltminister, mein neuer Kollege Frank Kupfer, im ersten Teil ausführlich gesprochen hat, ist eine Ursache dafür. Der andere, nicht minder gravierende Hintergrund ist die Endlichkeit der fossilen Ressourcen und der gleichzeitig rasant steigende Energiebedarf in den Schwellen- und Entwicklungsländern.

Diese grundsätzlichen Tendenzen sind seit Langem bekannt. Sie sind aber in den vergangenen Monaten mit einer Schärfe zutage getreten, die von vielen – auch von vielen tatsächlichen oder vermeintlichen Fachleuten – so nicht erwartet wurde. Die Auswirkungen erleben wir alle tagtäglich, wenn wir unser Auto betanken oder die Rechnungen für Strom und Wärme bezahlen.

Ich warne davor, sich darauf zu verlassen, dass die Situation, wie wir sie gegenwärtig auf dem internationalen Ölmarkt erleben, nur von kurzer Dauer sei oder lediglich auf Spekulationen beruhe.

Selbst die IEA, die Internationale Energieagentur, die in der Vergangenheit mit ihren Prognosen wahrlich nicht durch großen Pessimismus aufgefallen ist, warnt jetzt deutlich vor der absehbaren Knappheit des Welttreibstoffes Erdöl.

Sie haben die aktuellen Pressemeldungen dazu in der vergangenen Woche verfolgen können. Dabei ist es unerheblich, ob das Öl nun noch 30 oder 40 oder 50 Jahre reicht. Wir alle haben uns darauf einzustellen, dass das Zeitalter der billig und im Überfluss zur Verfügung stehenden fossilen Energie endgültig zu Ende geht. Je eher wir das tun, umso besser wird uns der Übergang in eine „Nachölgesellschaft“ gelingen.

Notwendig ist ein grundlegendes Umdenken innerhalb der Energiewirtschaft. Das betrifft alle Bereiche der Energienutzung von der Erzeugung über die Verteilung bis hin zur Anwendung. Dabei liegt die Verantwortung vor allem bei uns, den Industriestaaten. Denn wir haben erstens unseren Wohlstand zu großen Teilen zulasten und auf Kosten der Umwelt erzeugt, und wir haben zweitens das Know-how dafür, wie künftig Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch noch weiter entkoppelt werden können.

Das gilt insbesondere auch für ein so traditionsreiches Industrie- und Energieland wie den Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Die Herausforderung einer nachhaltigen Energiewirtschaft sehe ich dabei nicht als Bedrohung, sondern als Chance für unseren Wirtschaftsstandort, für zukunftssichere Arbeitsplätze und für wettbewerbsfähige sächsische Unternehmen.

Unser Aktionsplan Klima und Energie ist diesem Anspruch verpflichtet. An drei Beispielen will ich das gern deutlich machen.

Erstens: Technologieentwicklung. Forschung und Entwicklung sind ein zentrales und vor allem auch ein strategisches Element für eine nachhaltige Energiepolitik. Sie sind die Voraussetzungen dafür, um im sich rasant entwickelnden Energietechnologiemarkt weltweit ganz vorn mit dabei sein zu können. Das ist unsere Messlatte.

Sachsen verfügt gerade auch auf diesem Gebiet über ganz besondere Stärken. Die Palette der Forschungsgebiete, in denen unsere Wissenschaftler und Ingenieure Erfolge weit über die Landesgrenzen hinaus vorweisen können, ist breit gefächert. Sie reicht von der konventionellen Kraftwerkstechnik über innovative Konzepte zur Stromerzeugung bis hin zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen.

Außerordentlich erfolgreich sind wir auch bei Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien. Beispiele dafür sind die Solarenergie und die preiswerte Windenergie, aber auch die Biomasse. Die Entscheidung für ein Deutsches Biomasseforschungszentrum am Standort Leipzig, die zwischen zahlreichen guten und anerkannten Mitbewerbern gefallen ist, stellt nicht zuletzt auch eine Anerkennung und Würdigung der herausragenden wissenschaftlichen Profilierung, die in den vergangenen Jahren gelungen ist, dar. Wir wollen diese Stärken weiter ausbauen und nutzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wir werden deshalb im Rahmen unserer allgemeinen Technologieförderung jährlich 20 Millionen Euro speziell für den Bereich der Energietechnologien bereitstellen.

Technologieentwicklung ist auch die entscheidende Voraussetzung für die weiterhin notwendige Braunkohlennutzung. Die Situation auf dem internationalen Ölmarkt ist bekannt. Die gleichen Tendenzen finden wir auch beim Erdgas. Wenn wir unsere Energieversorgung zukünftig sicher und wirtschaftlich gestalten wollen, wäre es also nicht zielführend, in größerem Umfang auf diese Importenergien zu setzen. Im Gegenteil. Wir müssen unsere Abhängigkeit davon deutlich verringern. Deshalb brauchen wir die heimische Braunkohle noch auf längere Sicht hinaus als Brücke hin zur nichtfossilen Energieerzeugung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Notwendig sind dafür aber neue, effiziente umwelt-, vor allem aber klimaschonende Technologien. Wir unterstützen deshalb die Forschungsansätze, die in Richtung CO2Abspaltung und -Speicherung gehen. Die weltweit erste Pilotanlage für ein CO2-armes Braunkohlenkraftwerk, das in diesen Wochen am Standort Schwarze Pumpe in Betrieb gehen wird, fußt ganz wesentlich auf den Arbeiten von sächsischen Forschern und Entwicklern.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Enrico Bräunig, SPD)

Wenn es gelingt, diese Technologie zur Marktreife zu führen, dann wären wir einen wichtigen Schritt hin zu einem nachhaltigen Energiesystem vorangekommen.

Das zweite Beispiel: die erneuerbare Energieindustrie. Ja, hier handelt es sich um einen hochmodernen Industriezweig und schon längst nicht mehr um eine softe alternative Nischenproduktion. Braunkohle hat eine wichtige Brückenfunktion, nicht nur für ein paar Jahre, sondern sicher für mehrere Jahrzehnte. Sie kann aber nur der jetzt noch notwendige Rahmen sein, um unsere Energiesysteme auf eine grundlegend andere Basis zu stellen. Letztlich sind auch unsere Braunkohlenvorräte endlich. Vielleicht werden es uns unsere Kinder und Enkelkinder noch einmal danken, wenn wir nicht alle Schätze, die wir in der Erde haben, im wahrsten Sinne des Wortes verheizen.