Protocol of the Session on July 9, 2008

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Sächsische Personalvertretungsgesetz hat sich nach Auffassung der NPD-Fraktion nach den Änderungen, die durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 2001 notwendig wurden, in der Praxis bewährt. Deshalb ist nach Meinung der NPDFraktion der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE nicht notwendig, auch wenn es in einigen Teilbereichen geringfügigen Änderungsbedarf geben mag, wie uns die Anhörung am 8. Mai gezeigt hat.

Grundsätzlich lehnt die NPD-Fraktion jedoch das zentrale Vorhaben dieses Entwurfs ab, die bereits bestehende umfangreiche Mitwirkung der Personalräte in eine allumfassende Mitbestimmung auszuweiten. Die Folge davon wäre eine weitere Lähmung des sächsischen Verwaltungsapparates, der ohnehin von vielen Bürgern des Freistaates als träge empfunden wird. Wie der Vertreter des Sächsischen Landkreistages, Herr Groneberg, bei der Anhörung ausgeführt hat, wäre in allen Fällen, in denen es nicht zu einer Einigung zwischen Dienststelle und Personalvertretung kommt, die Einschaltung der Einigungsstelle erforderlich, was allein in diesem Fall zu einer Verzögerung der vorgesehenen Personalmaßnahme von acht Wochen führen würde.

Angesichts der Verwaltungsreform, welche die NPDFraktion zwar abgelehnt hat, die nun aber einmal in der Welt ist, würde eine Verabschiedung des Gesetzentwurfes der Linken aufgrund der durch die Reform notwendig gewordenen personellen Veränderungen dazu führen, dass die sächsische Verwaltung in Zukunft weitgehend mit sich selbst beschäftigt ist. Das kann nicht Sinn und Zweck eines Personalvertretungsgesetzes sein, und das würden die sächsischen Bürger auch nicht verstehen.

Die NPD-Fraktion bekennt sich grundsätzlich zum Vertretungsrecht von Arbeitnehmern, sei es in Betriebs- oder Personalräten. Aber wir lehnen ein Ausufern des Mitbestimmungsrechtes ab, das eindeutig zulasten derjenigen geht, die mit ihren Steuern die öffentliche Verwaltung finanzieren müssen, nämlich zulasten der Bürgerinnen und Bürger.

In der bereits erwähnten Anhörung konnte keiner der Sachverständigen, die dem Arbeitnehmerlager angehören, schlüssig erklären, weshalb die Ausweitung des Mitbestimmungsrechtes notwendig sein soll. Es drängt sich eher der Verdacht auf, dass insbesondere die Gewerkschaftsvertreterin einen Ausbau der Macht ihrer Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft durchsetzen will.

Wie bereits eingangs erwähnt, sieht die NPD-Fraktion in Details des sächsischen Personalvertretungsrechtes Verbesserungsbedarf. So spricht nichts gegen eine Verlängerung der Wahlperiode der Personalräte von vier auf fünf Jahre. Hier könnten Kosten eingespart werden, was von der NPD-Fraktion ausdrücklich begrüßt würde.

Ein weiterer Punkt ist die klare Regelung der Zugehörigkeit der Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaften, der sogenannten ARGEn, nach SGB II. In letzter Zeit gab es sehr widersprüchliche Entwicklungen durch eine unterschiedliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Selbstverständlich müssen auch diese Mitarbeiter über Personalvertretungen verfügen. Da das Bundesverfassungsgericht die ARGEn aber im Dezember 2007 insgesamt für verfassungswidrig erklärt hat und dem Bundesgesetzgeber eine Frist für eine organisatorische Neuregelung bis Ende 2010 setzte, erscheint der NPD-Fraktion eine Befassung des Landtages mit dem Problem der Personalvertretung der ARGE-Mitarbeiter noch zu früh, da zurzeit noch niemand weiß, wie sich diese Organisationsform künftig entwickeln wird.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Linken mag vielleicht gut gemeint sein; er geht jedoch an der Realität vorbei und würde im Falle seiner Verabschiedung zu einer Behinderung der öffentlichen Verwaltung in Sachsen führen. Deshalb wird sich die NPD-Fraktion der Stimme enthalten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort; Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der öffentliche Dienst braucht informierte und motivierte Mitarbeiter, das ist keine Frage. Er braucht auch Mitbestimmung, und in der Tat kann man sich die Frage stellen, ob das seit 1993 bestehende Personalvertretungsgesetz in Sachsen den Entwicklungen, die sich seither eingestellt haben, in allen Bereichen gerecht wird, beispielsweise bei den Fragen: Welche Mitarbeiterdefinition wenden wir im Personalver

tretungsrecht an und welchen Dienststellenbegriff legen wir bei der Personalvertretung zugrunde?

Die Interessenvertretung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist also eine notwendige und zweifelsfrei wichtige Aufgabe. Das Recht der Personalvertretung ist garantiert durch die Sächsische Landesverfassung, und sie unterstellt die Ausgestaltung einem Gesetz. Das bedeutet für die Neuordnung des sächsischen Personalvertretungsrechtes, dass hier die Interessen der Beschäftigten mit denen der Dienststellen in Einklang gebracht werden müssen. Aber diese Abwägung gilt es überhaupt erst einmal vorzunehmen, ohne sich per se auf den Weg einer pauschalen Ausweitung der Mitbestimmung zu begeben. Damit macht es sich der Gesetzentwurf unserer Auffassung nach etwas zu einfach.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Das sind Erfahrungswerte!)

Die Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes hierzu ist, dass das Recht der Personalvertretung nicht schrankenlos gewährt ist. Vielmehr muss es sich beispielsweise für die Kommunen an dem aus Artikel 28 und Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz abgeleiteten Demokratieprinzip messen lassen. Dieses besagt, dass die Akte der Staatsgewalt auf die Willensbildung des Volkes zurückzuführen sein müssen, sprich: dass staatliches Handeln demokratisch legitimiert sein muss.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das bedeutet aber auch für die personelle Zusammensetzung von Behörden und die wesentlichen Entscheidungen – Herr Kollege Lichdi, jetzt müssen Sie noch einmal zuhören –, dass diese nur dann demokratisch legitimiert sind, wenn sie im Auftrag und nach Weisung der Regierung und ohne Bindung an die Entscheidungen anderer Stellen handeln können, meine Damen und Herren.

Natürlich ist es mit dem Demokratieprinzip vereinbar, wenn der Staat Beschäftigten die Beteiligung an der Wahrung ihrer Belange ermöglicht, wie es Artikel 26 der Landesverfassung regelt. Aber diese Interessenwahrnehmung darf nur so weit gehen, wie sie den spezifischen Interessen der Beschäftigten gerecht wird. Der Gesetzentwurf der Linken geht weit über diese spezifische Wahrnehmung von Beschäftigteninteressen hinaus. Die Allzuständigkeit – ich weiß, sie wird politisch gern gewünscht – wird von der Verfassung hier wohl nicht gedeckt, auch wenn die Antragsteller hierzu heftig anderer Auffassung sind.

In der Anhörung wurde die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte in den §§ 76 bis 80 des Gesetzentwurfes von den Sachverständigen als „zu weit“ gerügt. Auch im Vergleich mit den Regelungen im Bund und in anderen Bundesländern ist die hier vorgesehene unbegrenzte sogenannte Allzuständigkeit nicht interessengerecht und daher aus unserer Sicht auch nicht durchsetzbar.

Meine Damen und Herren! Die Ausweitung der Freistellung von Personalratsmitgliedern wird von uns ebenfalls

als kritisch angesehen. Im Vordergrund muss auch bei Personalratsmitgliedern die Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben stehen und nicht nur das Dasein als Personalvertretungsmitglied.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz und Torsten Herbst, FDP)

Ziel einer Personalvertretung sollte die Herausarbeitung und Stärkung der wesentlichen Aufgaben von Personalräten sein. Die pauschale, uferlose Ausweitung von Zuständigkeiten „in den blauen Himmel hinein“, für alles Mögliche, für alle Fragen, die die Beschäftigten irgendwie interessieren oder berühren könnten, erscheint uns zu weitgehend. Sie ist auch rechtlich bedenklich.

Deshalb wird es Sie nicht weiter enttäuschen, dass die FDP-Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmt.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz und Torsten Herbst, FDP)

Ich rufe die Fraktion GRÜNE auf; Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sachsen hat im bundesweiten Vergleich ein veraltetes Personalvertretungsrecht. Dies führt in der Praxis dazu, dass Personalräte an der langen Leine gehalten werden. Es findet keine konstruktive Zusammenarbeit statt, sondern die Personalräte werden oft von oben herab behandelt.

Für die CDU in Sachsen ist eine Gängelung durch Führungskräfte wohl nicht änderungsbedürftig. Sie ist offensichtlich nicht gewillt und kann es sich wahrscheinlich auch gar nicht vorstellen, dass mehr Rechte der Beschäftigten zu besserer Arbeit führen könnten. Herr Lehmann, Sie und die CDU-Fraktion stehen für autokratische Führungsstrukturen.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Recht hat er! – Zuruf von der CDU: Oh!)

Wir erleben hier Tag für Tag, wie sich die Staatsregierung mit ihrer Informationspolitik geriert, und diese ist für ihr autoritäres Gebaren ein gutes Beispiel. Unseres Erachtens stellt der Gesetzentwurf eine gute Grundlage dafür dar, Strukturen zu verändern und die Möglichkeiten der Personalräte zu erweitern.

Kommen wir zu einem aktuellen Beispiel: der Verwaltungsreform. Hier werden 4 100 staatliche Beschäftigte umgesetzt. Nun haben wir in der Anhörung vom Vertreter des Landkreistages gehört, die Personalvertreter könnten nun nicht reformiert werden, da ansonsten die Verwaltungsreform – ich zitiere –: „... in wichtigen Bereichen blockiert werden könnte“. Meine Damen und Herren, dieser Satz spricht Bände, wie die Verwaltungsreform durchgezogen wird, nämlich von oben herab, ohne dass Beschäftigte und ihre Vertretungen ausreichend Einfluss bekommen haben; und es spricht auch Bände, welches Verständnis beim Umgang mit den Beschäftigten und den Behörden des Freistaates vorherrscht. Wir haben aus

vielen Verwaltungsbereichen gehört, dass sich die Mitarbeiter nicht motiviert fühlen, da sie schlicht nicht einbezogen werden.

Wie kann man nun diesen Zustand ändern? Wie motiviere ich Beschäftigte zu besserer Arbeit? Etwa, indem ich sie von mehr Mitarbeit ausschließe? Oder indem ich wirksame Interessenvertretung, die zu nachvollziehbaren und transparenten Entscheidungen führt, gesetzlich vorsehe?

Letztlich stellt die Auseinandersetzung innerhalb der Dienststellen auch ein Erlernen von Aushandlungsprozessen im Sinne von Demokratie dar, und Sie, die Staatsministerinnen und Staatsminister der Staatsregierung, verzichten so auch auf ein Stück Sachverstand. Die Beschäftigten sind unserer Auffassung nach sehr wohl in der Lage, Mitbestimmung wahrzunehmen, und zwar nicht nur im eigenen Interesse, sondern gerade auch im Interesse des Allgemeinwohls. Es ist nur die Frage, ob Sie sie mit ins Boot holen wollen, oder eben nicht. Im Falle der Verwaltungsreform behandeln Sie sie jedenfalls wie unmündige Kinder, die durch selbstverständliche Gratifikationen, wie etwa einen dreijährigen Kündigungsschutz, zum Funktionieren gebracht werden sollen.

Moderne Unternehmenskultur – und so etwas könnte auch in der sächsischen Verwaltung herrschen – sieht aber anders aus.

Sie haben es als Staatsregierung verpasst, die Beschäftigten zu Ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern zu machen. Dazu gehört, dass Sie das Personalvertretungsrecht bisher ganz bewusst nicht angefasst haben und heute aus politischen Gründen ablehnen werden.

Meine Damen und Herren! Die SPD steht wieder einmal beim Thema Personalvertretungsrecht wie so oft im Regen ihres Koalitionspartners. So wurde zwar im Koalitionsvertrag angekündigt, dass das Personalvertretungsgesetz im Vergleich zur bundesrechtlichen Regelung und zum Mitbestimmungsniveau in den anderen Bundesländern überprüft wird. Es war für mich schon sehr interessant, wie ich jetzt diese Neudeutung des Wortes „Überprüfen“ von Herrn Bandmann hören musste.

(Lachen des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Ich habe immer gedacht, überprüfen heißt tatsächlich verbessern, verändern. Aber offensichtlich heißt überprüfen nur: Wir labern einmal darüber und dann ändert sich nichts. Offensichtlich ist das Ihre Vorstellung von Überprüfen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Inhaltlich kann die SPD nicht viel gegen das heute zur Abstimmung stehende Gesetz sagen. Schließlich hat sie in der 3. Legislatur ein Gesetz gemeinsam mit der Linken – damals tatsächlich noch PDS – vorgelegt. Auch dieses sah einen nicht abschließenden Katalog der Mitbestimmungsrechte vor. Was uns als GRÜNE aber auffällt, ist, dass Sie als SPD-Fraktion Mitbestimmung gegen Freiheitseinschränkung verdealen.

Wie der gestrigen „Sächsischen Zeitung“ zu entnehmen ist – ich weiß nicht, ob das völlig erfunden war, was da drinstand –, sind Sie erst bereit, dem freiheitseinschränkenden Versammlungsgesetz in dem Polizeigesetz – Stichwort: automatische Kennzeichenerfassung – zuzustimmen, wenn das Personalvertretungsgesetz mit der CDU durch ist.

(Marko Schiemann, CDU: Wie?!)

Dieser Vorgang zeigt, welch geringen Stellenwert Fragen der Grundrechte und der Freiheit des Bürgers für Sie im Verhältnis zu Ihren gewerkschaftlichen Vorstellungen haben.

(Stefan Brangs, SPD: Verantwortung!)

Aber, sehr geehrter Herr Kollege Dulig, sehr geehrter Herr Kollege Brangs, von Ihnen habe ich auch nichts anderes erwartet.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Wir jedenfalls halten den Gesetzentwurf der Linksfraktion für eine gute Grundlage.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Es handelt sich hier nicht, wie die CDU und die FDP uns weismachen wollen, um sozialistisches oder gar kommunistisches Teufelszeug. DIE LINKE hat einfach die Gesetze der anderen Bundesländer zusammengeschrieben. An der einen oder anderen Stelle sehen wir jedoch Änderungsbedarf, den ich noch vorstellen werde und für den ich dann in einem Änderungsantrag werben möchte.