Protocol of the Session on July 9, 2008

Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Demzufolge stimmen wir über den Artikel 1 in der Ursprungsfassung ab. Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist Artikel 1 einstimmig beschlossen.

Ich rufe Artikel 2 auf. Wer stimmt zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist auch Artikel 2 einstimmig beschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind keine Änderungsanträge beschlossen worden. Damit können wir in die 3. Lesung eintreten. Es liegt kein Wunsch zu einer allgemeinen Aussprache vor.

Ich rufe in der 3. Lesung das Zweite Gesetz zur Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes auf. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Die Enthaltungen? – Ich kann keine entdecken. Damit ist dieses Gesetz einstimmig beschlossen und der Tagesordnungspunkt 8 beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Anpassung landesrechtlicher Verjährungsvorschriften

Drucksache 4/12649, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin, die Staatsregierung. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 1. Januar 2002 ist das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts in Kraft getreten und hat das über 100 Jahre weitgehend unveränderte Verjährungssystem des BGB, unseres Bürgerlichen Gesetzbuches, grundlegend verändert.

So wurde die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren auf drei Jahre verkürzt und gleichzeitig beginnt die Verjährung nicht mehr mit der Entstehung des Anspruchs, sondern mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Tatbestände, die bisher zu einer Unterbrechung der Verjährung führten, hemmen nunmehr die Verjährung, und neu im BGB eingeführt wurden die Institute der Ablaufhemmung und des Neubeginns der Verjährung.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich die neuen Vorschriften im Bundesrecht bewährt haben und dass sie gesellschaftlich akzeptiert sind. Daher wollen wir nun die sächsischen Landesvorschriften an die Änderungen im Verjährungsrecht des BGB anpassen. Soweit unser sächsisches Landesrecht Verjährungsregeln enthält, werden sie, wenn nicht besondere Umstände Sonderregelungen verlangen, im vorliegenden Entwurf der geänderten Rechtslage im BGB angepasst. Das betrifft das Verjährungsrecht im Gesetz über die Presse, im Nachbarrechtsgesetz, im Polizeigesetz, im Gesetz über die Hilfen und

die Unterbringung bei psychischen Krankheiten, im Datenschutzgesetz, im Justiz- und im Wassergesetz. Diese Überarbeitung unseres sächsischen Verjährungsrechts befördert nicht zuletzt auch den Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung.

In Bereichen, in denen es bisher keine landesrechtlichen Verjährungsregelungen gibt, wenden unsere sächsischen Gerichte bisher die Verjährungsvorschriften des BGB entsprechend an. Diese Praxis wollen wir jetzt in den Rang eines Gesetzes heben. Der Vorteil daran ist, dass der Gesetzgeber künftig bei der Schaffung öffentlichrechtlicher Vorschriften die Verjährung nur noch dann eigenständig regeln muss, wenn er von den grundsätzlichen Regelungen des BGB abweichen will.

Insgesamt erscheint mir der Gesetzentwurf als eine sinnvolle Anpassung an das neue Bundesrecht und ich bitte um Unterstützung in den Ausschüssen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Rita Henke, CDU)

Danke schön. – Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend –, an den Innenausschuss, an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend und an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu überweisen. Wer diesem Vorschlag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Die Enthaltungen? – Ich stelle Einstimmigkeit fest. Damit ist diese Überweisung beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Förderung der Resozialisierung junger Gefangener beim Vollzug von Jugendstrafen in Sachsen (Sächsisches Resozialisierungsförderungsgesetz)

Drucksache 4/12661, Gesetzentwurf der Linksfraktion

Die einreichende Fraktion hat das Wort; Herr Bart, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sächsische Landtag hat sich im vergangenen Jahr über mehrere Monate in durchaus intensiver Weise unter Beratung von vier verschiedenen Gesetzentwürfen damit befasst, der in Konsequenz der Föderalismusreform dem Freistaat Sachsen zufallen

den Aufgabe gerecht zu werden, ein auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 31. Mai 2006 entsprechendes eigenes Jugendstrafvollzugsgesetz zu schaffen.

In der besagten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die seinerzeit noch an den Bund gerichtete Aufgabenstellung, die Regelung des Vollzugs für Jugendliche und Heranwachsende in einer gesonderten Rechtsvor

schrift vorzunehmen, maßgeblich mit den Besonderheiten von Jugenddelinquenz und den daraus resultierenden spezifischen Ansprüchen an den Jugendstrafvollzug begründet.

Ziel des Jugendstrafvollzugs muss sein, so das Bundesverfassungsgericht, den Gefangenen zu seinem straffreien Leben zu befähigen, wobei das Urteil feststellt – Zitat –: „Auf den Jugendlichen wirkt die Freiheitsstrafe in einer Lebensphase ein, die auch bei nicht delinquentem Verlauf noch der Entwicklung zu einer Persönlichkeit dient, die in der Lage ist, ein rechtschaffenes Leben in voller Selbstständigkeit zu führen. Indem der Staat in diese Lebensphase durch Entzug der Freiheit eingreift, übernimmt er für die weitere Entwicklung des Betroffenen eine besondere Verantwortung. Dieser gesteigerten Verantwortung kann er nur durch eine Vollzugsgestaltung gerecht werden, die in besonderer Weise auf Förderung, vor allem auf soziales Lernen, sowie die Ausbildung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die einer künftigen beruflichen Integration dienen, gerichtet ist.“

Damit wurde höchstrichterlich nochmals klargestellt: Jugendstrafvollzug ist vordergründig Erziehungsvollzug – einfach Erziehungsvollzug! –, letzten Endes auch mit einer maßgeblichen Bildungskomponente. Das wiederum bedeutet, dass der Jugendstrafvollzug in direkter Beziehung zu den Lebensverhältnissen außerhalb des Vollzugs stehen muss bzw. dass der Tagesablauf für junge Gefangene so zu gestalten ist, dass er – mit den entsprechenden Einschränkungen aus der Vollziehung der Strafe logischerweise – dem eines Gleichaltrigen in Freiheit nahekommt.

Diesem von Forschung, Kommentierung und ständiger Rechtsprechung gleichsam betonten Grundsatz wird das am 12. Dezember 2007 mit den Stimmen der Koalition beschlossene und am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Sächsische Jugendstrafvollzugsgesetz eben nicht gerecht. Es verfolgt vielmehr ein Modell, das auf vordergründiges Wegsperren des Jugendstrafgefangenen im geschlossenen Vollzug ausgerichtet ist und den offenen Vollzug quasi als besondere Gunst vorhält, deren Gewährung sich der Gefangene erst verdienen muss. Ein Gefangener soll nur bzw. erst dann im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn er, wie es in § 13 Abs. 2 heißt, „dessen besonderen Anforderungen“ genügt.

Jugendstrafpolitisch oder strafvollzugspolitisch ist dieser Ansatz Steinzeit. Andere Länder dieser Republik haben längst zumindest den offenen Vollzug als gleichgestellten bzw. Regelvollzug anerkannt und normiert und sie gehen, wie etwa Baden-Württemberg, noch ein Stück weiter. Sie erproben den Vollzug in sogenannten freien Formen. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass es vor allem die nach dem Jugendgerichtsgesetz verurteilten jungen Straftäter, die 14- bis 17-Jährigen, sind – sie machen nur 20 % der Strafgefangenen aus –, die der Subkultur des Jugendstrafvollzugs generell nicht gewachsen sind und die in dieser Subkultur eben kaum in der Lage sind, einen sozialen Verhaltensstil zu finden. Die Lebenswelten von 14-Jähri

gen auf der einen und von 21-Jährigen auf der anderen Seite, die im Jugendstrafvollzug regelmäßig aufeinanderprallen, sind derart differenziert, dass hier Konflikte vorprogrammiert sind, die Jüngeren regelmäßig unterliegen und in diesen Subkulturen nicht in der Lage sind, sich in der Persönlichkeit maßgeblich zu entwickeln.

Daher ist die Jugendstrafanstalt bei allem Engagement der dort Tätigen, das ausdrücklich anerkannt werden soll, nach modernen jugendstrafpolitischen Erkenntnissen keineswegs der geeignete Ort für Resozialisierung. Eine moderne Alternative ist der sogenannte Vollzug in freien Formen in sozialtherapeutischen Gemeinschaften nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“. Versuche, derartige Strukturen zu etablieren, gab es in der alten Bundesrepublik schon in den Siebziger- und in den Neuzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, also 1970 und 1990. Sie führten jedoch aus ideologischen oder finanziellen Gründen nicht zum Ziel.

Auf selbige frühere Überlegungen aufbauend, wird jedoch mit zunehmender Verbreitung ein Konzept für einen Jugendstrafvollzug in freien Formen praktiziert und § 19 des Jugendgerichtsgesetzes, alte Fassung, das bis Dezember 2007 galt, bot sich dabei bisher als passender Gesetzesanknüpfungspunkten. Danach konnte der Jugendstrafvollzug auch bisher schon aufgelockert und in geeigneten Fällen weitgehend in freien Formen durchgeführt werden.

Obwohl diese Norm seit 1953 im Jugendgerichtsgesetz steht, wurde sie bis zum Beginn dieses Jahrhunderts in der Bundesrepublik Deutschland fast nie praktisch umgesetzt. Inzwischen aber gibt es vielversprechende Pilotprojekte, die bei der Erziehung jugendlicher Straftäter zu einem künftig achtungsvollen, straffreien Leben bemerkenswerte Ergebnisse erreicht haben.

Als Beispiel sei der Verein „Projekt Chance“ genannt, der am 30. Juli 2001 in Stuttgart von natürlichen und juristischen Personen aus der Jugendhilfe, der Justiz und der Wirtschaft gegründet wurde. Um einmal darauf aufmerksam zu machen, wie hoch man das gehängt hat: Vorsitzender ist beispielsweise der baden-württembergische Justizminister a. D. Prof. Dr. Ulrich Goll. Stellvertreter ist der Unternehmer Joachim Rohwedder. Weitere Vorstandsmitglieder in diesem Verein sind Klaus Pflieger, Generalstaatsanwalt in Stuttgart, der Sozialwissenschaftler und Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg Dr. Werner Bruns und andere Persönlichkeiten, auch mit dieser politischen und kompetenten Gewichtung.

Der Verein gewann für das Projekt kompetente Dienstleister als Projektbetreiber. Die Ausschreibung erzielte über die baden-württembergischen Verbände der Jugend- und Straffälligenhilfe eine weite Verbreitung, und die Landesstiftung Baden-Württemberg, Projekt Zukunftsinitiative III, bezuschusst das Projekt in Millionenhöhe.

Dass ein Bedarf an alternativen freien Formen des Jugendvollzugs besteht, hat auch unser eigener sächsischer Staatsminister Geert Mackenroth wiederholt – beginnend im Januar 2008 – verkündet und dabei erklärt, dass „nach

der nun vorhandenen Rechtsgrundlage im Strafvollzugsgesetz inhaftierte jugendliche Straftäter mit Hilfe einer neuen Form des Vollzugs der Jugendstrafe in sogenannter freier Form wieder auf den richtigen Weg gebracht werden sollen“. – So war die Formulierung. Auch Staatsminister Geert Mackenroth hat auf Baden-Württemberg verwiesen.

Allein, das jetzt geltende Jugendstrafvollzugsgesetz liefert – anders als das Gesetz in Baden-Württemberg – für den Vollzug von Jugendstrafe in freien Formen keinerlei Rahmenregelungen, keinerlei Bedingungen, keinerlei Bestimmungen, keinerlei Ermächtigungen, um freie Träger und deren Einrichtung überhaupt für den Vollzug in freien Formen zuzulassen. Im § 13 Abs. 3 – das ist die einzige Bezugsnorm – heißt es lediglich: „Der Vollzug kann nach Anhörung des Vollstreckungsleiters in geeigneten Fällen in freien Formen durchgeführt werden.“ Weiter kommt nichts, weiter ist nichts geregelt.

Was wir nunmehr mit dem vorgelegten Gesetzentwurf beabsichtigen, ist zum einen, den Vorrang des offenen Vollzugs vor dem geschlossenen Vollzug für Jugendliche, wohlgemerkt, gesetzlich festzuschreiben. Zum anderen wollen wir die Unterbringung in freier Form als eine von den Jugendstrafgefangenen beanspruchbare Unterbringungs- und Strafvollzugsform ausregeln und konkretisieren. Dabei denken wir ausdrücklich nicht an solche Formen wie sogenannte Bootcamps, wo mit höchst fragwürdigen Methoden versucht wird, Gefangene hauptsächlich durch körperlichen Drill zu erziehen, ihren Willen zu brechen, sie gefügig zu machen. Unser Gesetz will den Rahmen für die schrittweise Einführung sozialpädagogisch und psychologisch geführter Einrichtungen schaffen, die konsequent die Übernahme von Verantwortung jedes Einzelnen für sein Tun in der Gruppe forcieren.

Es ist unbefriedigend, dass wir enorme Mittel in den Neubau von herkömmlichen Jugendstrafvollzugsanstalten stecken – Regis-Breitingen sei genannt –, ohne dass dies bislang zu gravierenden – die Betonung liegt auf gravierenden – Erfolgen geführt hat. Die zu Jugendstrafen Verurteilten werden zu 80 % rückfällig, während diejenigen, die andere Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz bekommen, die sogenannten Erziehungsmittel, Züchtigungsmittel oder Ähnliches mehr, wie es im JGG

heißt, eine Rückfallquote von 40 bis 45 % haben. Wir haben also im Jugendstrafvollzug die doppelte Rückfallquote. Wer sich mit dieser Tatsache nicht weiter abfinden will, muss auf neue Formen, neue Möglichkeiten setzen, die durchaus kostenschonend sein können, wenn das über die entsprechenden freien Träger abgewickelt wird und sich das Fachpersonal darauf konzentriert, Gefangene zu einem Leben in sozialer Verantwortung zu erziehen.

Dazu bedarf es der von uns vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen. Man braucht sie auch aus einem weiteren Grund, den ich noch kurz erwähnen will. Die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes, die am 13. Dezember 2007 durch den Bundestag erfolgt ist, nach der es nicht mehr die Zuständigkeit des Bundes für die Vollzugsformen gibt, hat eine Streichung des § 19 Abs. 3, den ich vorhin erwähnte, mit sich gebracht. Wie man das angestrebte Erziehungsziel in freien Formen erreichen kann, war vorher bereits geregelt. Jetzt heißt es in § 17 Abs. 1 JGG vom Bundesgesetzgeber, dass „Jugendstrafe in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung“ zu vollziehen ist. Demzufolge muss jetzt der Landesgesetzgeber – das ist gewissermaßen ein Gesetzesauftrag an die Länder – bestimmen, was diese Einrichtungen sind. Die jetzt bestehende Regelungslücke wollen wir mit dem Gesetzentwurf ausfüllen.

Wir bitten um Überweisung an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss als federführenden Ausschuss und an die in der Drucksache angegebenen weiteren Ausschüsse zur Mitbehandlung.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Danke schön. – Ich ergänze: Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend – und Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend sowie Haushalts- und Finanzausschuss.

Wer diesen Überweisungen zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen? – Danke schön. Damit sind die Überweisungen beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf