Protocol of the Session on March 9, 2005

(Zurufe von der CDU)

Hier sind wir im politischen Raum und deshalb ist diese Rede so nicht angebracht gewesen.

(Beifall bei der PDS)

„Die sächsische Verbundlösung – Neuordnung der Sparkassen, der Landesbank Sachsen Girozentrale und der Sächsischen Aufbaubank“ so ist der Titel eines Buches. Verfasser: Dr. Bernd Thode, den ich hier auch begrüßen darf, und Prof. Georg Milbradt, und veröffentlicht im Jahre 2001, zu einer Zeit, als Sie, Herr Ministerpräsident, nicht mehr Finanzminister waren.

Ich habe das Buch noch einmal gelesen. Dabei wurde mir erneut klar: Die sächsische Verbundlösung ist Ihr Kind, Herr Prof. Milbradt, ein Kind, das Sie mit allen Mitteln verteidigen. Doch mittlerweile stehen Sie weitgehend allein.

(Heinz Lehmann, CDU: Das stimmt nicht!)

Dies allerdings nicht bei dem Ziel, die Landesbank zu erhalten. Sie stehen weitestgehend allein in der Frage, ob Sie Manager bis zum Letzten verteidigen, die durch ihr

Verhalten und ihre Politik der Bank und damit dem Freistaat Sachsen Schaden zufügen.

(Beifall bei der PDS – Zurufe von der CDU)

Das Interesse des Freistaates Sachsen muss über persönlichen Beziehungen stehen. Doch gestatten Sie erst einmal einen Blick zurück.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass Sie allein stehen. Schon 1992 waren Sie allein unter den ostdeutschen Finanzministern. Keiner wollte Sie auf Ihrem Weg begleiten, der da hieß: eine ostdeutsche Landesbank. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Dieser Weg wäre der richtige gewesen.

(Staatsminister Dr. Thomas de Maizière: Aha!)

Denn die ostdeutschen Landesregierungen haben in den Landesbanken, an die sie sich angeschlossen haben, nichts zu sagen. Sie haben das bereits ausgeführt.

(Heinz Lehmann, CDU: Eben!)

Sie können nur Wünsche äußern. Sachsen steht da besser. Genauer: Sachsen stand da besser.

Sachsen hatte eine eigene Landesbank, die Bestandteil einer wettbewerbsfähigen ertragsstarken und zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Finanzdienstleistungsgruppe sein sollte. Ja, 1992 gingen Sie – und wir mit – einen riskanten und mutigen Schritt. Sie gingen diesen Schritt nicht aus Spaß an der Freude. Sie wollten ein Instrument, das die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig unterstützen sollte. Sie brauchten dieses Instrument, um Sachsen zu gestalten. Gerade weil Sie der Vater waren, gerade weil Sie so darum gekämpft haben, können wir nicht verstehen, warum Sie so lange geschwiegen, so lange dem Treiben tatenlos zugesehen haben.

(Beifall bei der PDS)

Gerade Sie als Fachmann hätten doch erkennen können, dass sich die Geschäftspolitik der Bank zu einem undurchsichtigen Geflecht entwickelt. Gerade Sie als Spezialist hätten doch beim ersten Anschein von „Günstlings- und Mätressenwirtschaft“, wie es ein Mitglied Ihrer Fraktion nannte, reagieren müssen. Diese Frage ist nicht hier und heute zu beantworten.

Doch zurück zur Sachsen LB als Instrument der Landespolitik. Diese existiert ja nicht im luftleeren Raum. Die Privatisierungs- und Liberalisierungspolitik der Europäischen Union stellt auch die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute vor neue Herausforderungen. Klar war, dass nicht mehr die Sachsen LB allein betroffen war. Es ging auch um die Zukunft der Sparkassen, die ebenfalls ein Instrument wirtschaftlicher Regionalförderung waren und sind. Es war klar, dass weder die Sparkassen noch die Landesbank allein dem Wettbewerbsdruck lange standhalten würden. Nur das Privileg über die staatliche Gewährträgerhaftung und die öffentliche Anstaltslast sicherte günstige Kreditrefinanzierungsbedingungen. Gerade dies würde wegfallen. Es wurde deutlich, dass eine Lösung darin bestand, Sachsen LB und Sparkassen zusammenzuführen.

Da gab es unterschiedliche Konzepte. Das Vorgehen war nicht unproblematisch. Der Prozess, der vom Finanzverband über den -verbund hin zu der heute bestehenden Finanzgruppe führte, war nicht frei von scharfen Auseinandersetzungen. Ich möchte Sie hier nur an den Volksantrag „Pro kommunale Sparkassen“ erinnern. Da zeigten Sie, Herr Ministerpräsident, auch, wie unwichtig Volkes Wille für Sie ist.

(Beifall bei der PDS)

Wir haben Sie in den letzten Jahren stets konstruktiv und kritisch begleitet. Doch wir mussten immer wieder feststellen, dass es für Sie schwierig ist, einen konsensualen Weg zu gehen.

Im Jahre 2002 verabschiedete der Landtag das Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe. Auf zwei Probleme sollte damit reagiert werden.

Erstens ging es um eine tragfähige Lösung für die europäischen Regelungen.

Zweitens schuf man eine Haftungs- und Schicksalsgemeinschaft von kommunalen Sparkassen und der Sächsischen Landesbank, um so die Ratingwerte der SLB zu verbessern; so ließ sich zumindest Staatsminister Metz zitieren.

Leider ist das mit dem Rating deutlich fehlgeschlagen. Die Frage ist nun auch, an wem das lag. War denn damals schon beabsichtigt, dass sich die kommunalen Sparkassen an einer Eigenkapitalaufstockung der SLB zwischen 400 und 500 Millionen Euro beteiligen sollen? Wohl kaum, sonst hätten diese sich doch nicht beteiligt. Von denen hat sicher keiner im Traum daran gedacht.

(Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt: Stimmt doch nicht!)

Denn das ist schlimmer als ein Sparkassenraub. Den könnte man ja noch verkraften. So wollen wir wissen, was die Staatsregierung unternommen hat, um diesen Sparkassenraub zu vermeiden. Ich sage es ganz deutlich: Über zwei Jahre lang war Funkstille.

(Beifall bei der PDS)

Seit der Verabschiedung des Gesetzes ist doch klar, wann die Gewährträgerhaftung fällt: laut Gesetz am 19. Juli 2005. Bis heute liegen keine Konzepte dafür auf dem Tisch, auf unserem Tisch. In der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses wurde uns mitgeteilt, dass darüber erst noch beschlossen werden muss. Aber das kann ja auch Absicht sein. Das Kind wird allein gelassen, vielmehr dem Banker Weiss überlassen, und dann kurz vor Schluss werden die anderen Mitgesellschafter mit ihren Ideen für die Perspektive überrumpelt. Doch da hat Ihnen Herr Weiss einen Strich durch die Rechnung gemacht, allerdings unbeabsichtigt. Nun sieht man nur noch Hektik.

Da hilft es auch nicht weiter, auf das historisch beste Ergebnis der Geschäftstätigkeit zu verweisen, so wie Sie es heute wieder getan haben. Dadurch verschwinden ja die Risiken nicht, auch wenn man sie so überdecken möchte. Oder versucht die Staatsregierung gar, die Kritiker mit

Zahlenspielereien zu blenden? Sieht sie etwa selbst nicht die Probleme? So scheint es, wie ich Ihren Ausführungen entnommen habe.

Herr Ministerpräsident, in Ihrem Buch schreiben Sie zur Landesbank: „Ihre geschäftspolitische Ausrichtung heißt Förderung der regionalen Wirtschaft, nicht Gewinnmaximierung.“ Zur regionalen Wirtschaft gehören nicht nur die Großunternehmen, sondern auch der Mittelstand. Und wieder Zitat: „Hauptziel der sächsischen Verbundlösung ist die Unterstützung mittelständischer Unternehmen in Sachsen. Sie haben eine besondere Bedeutung für die ostdeutschen Länder. Leider ziehen sich die Privatbanken in immer stärkerem Maße aus der Finanzierung des Mittelstandes zurück.“ Doch wie fördert diese Bank die mittelständischen Unternehmen? Welche Leistungen hat sie für diese erbracht? Welches ausländische Engagement hat der regionalen Wirtschaft gedient? Wenn Sie hier sozusagen damit kommen, dass das nur eine Art von Risikomanagement wäre, ist das mir zu billig, Herr Ministerpräsident.

Welche Geschäftsfelder hat die Bank für die regionale Wirtschaft erschlossen? Wir meinen, die regionale Wirtschaft spielt für die Bank nur allzu oft eine Nebenrolle. Sehr häufig wurde versucht, Geschäftsfelder zu erschließen, die schon abgegrast waren. Man kam einfach zu spät. Man glaubte dies durch westdeutsche Beziehungen ausgleichen zu können; doch wenn es ums Geld geht, helfen diese nicht immer weiter. Wer zu spät kommt, kann keinen Gewinn mehr machen, der zahlt drauf. Das Beispiel haben Sie genannt, und ich will es wiederholen: Wozu brauchte man eine eigene Leasing-Tochter? Es mag ja sein, dass sich die Geschäftsbeziehungen mit Herrn Hausbacher durch das BMW-Engagement für Sachsen gerechnet haben; für die MDL und die Sachsen LB allerdings nicht.

(Beifall bei der PDS)

Weiter heißt es in dem Buch: „Der persönliche Kontakt, die Sachkenntnis vor Ort und die schnellen Entscheidungen über die Bankgeschäfte werden von dem Unternehmen als ausgesprochen wichtig angesehen.“ Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident: Gehört der überteuerte Immobilienkauf der REAL in die Kategorie des persönlichen Kontaktes und der schnellen Entscheidungen, die Sie in Ihrem Buch beschreiben, und welchem anderen Mittelständler wurden solche Angebote gemacht?

Stark ist die Sachsen LB, wenn sie Großunternehmen im Land ansiedeln hilft. Riskant agiert sie zumeist auf ausländischen Märkten und bei Immobilien. Nur die Hälfte dieses Risikos wünschten wir uns – auch für den Mittelstand.

Bei allen positiven Bilanzen: Dies ist ein schlechtes Fazit – und dies so kurz vor dem 19. Juli dieses Jahres. An diesem Tag fällt die Gewährträgerhaftung für die Sparkassen und die SLB unwiderruflich weg. Das – und hier wiederhole ich mich – wussten Sie schon seit langem. Ja, Sie haben es sogar im „Gesetz über die sächsische Verbundlösung“ festgeschrieben. Gerade in einer solchen Zeit bedarf es eines kompetent geführten Finanzverbundes.

Es mag ja sein, dass an der Spitze die Fachkompetenz versammelt ist. Was nützt dies aber, wenn diese nicht mit sozialer Intelligenz einhergeht?

(Beifall bei der PDS)

Herr Ministerpräsident, Sie haben lange gewartet, fast schon zu lange. Wieso bedarf es eines Antrages der Opposition, damit Sie vor dem Landtag Stellung nehmen? Dies zeigt nur: Sie sind nicht mehr Treibender, Sie sind Getriebener. Sie agieren nicht mehr,

(Beifall bei der PDS)

Sie reagieren nur noch. Der Schaden, der wegen Ihrer Unentschlossenheit der Bank und dem Freistaat entstanden ist, wird nur schwer zu reparieren sein. Wir haben Ihnen immer wieder Angebote gemacht, um dem drohenden Ansehensverlust der Bank in der Öffentlichkeit entgegenzuwirken. Doch es waren die Kollegen Ihrer Fraktion, die sich dem legitimen Aufklärungsinteresse in den Weg gestellt haben.

Ich helfe Ihnen gern mit einigen Beispielen auf die Sprünge. Es war die CDU/SPD-Koalition im Haushaltsausschuss, die die Redezeit auf eine Stunde begrenzte. Dies war einmalig in der Geschichte des Haushaltsausschusses. Anscheinend wollte man so schwierigen Fragen entgehen. Es war Ihr Finanzminister Dr. Metz, der es nicht als nötig erachtete, die Opposition über seine krankheitsbedingte Abwesenheit zu informieren – und dies, obwohl er uns die Antwort auf Fragen zugesichert hatte. SPD und CDU waren darüber seit Tagen informiert. Es war die Koalitionsmehrheit im Haushaltsausschuss, die die Wiederbefassung mit diesem Thema auf der folgenden Sitzung ablehnte. Es war der CDU-Obmann Herr Albrecht, der uns aufforderte, unserem Aufklärungsbedarf mithilfe parlamentarischer Anfragen und Anträge nachzugehen. War dies Absicht oder Unvermögen und Borniertheit?

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Ein ganz schlimmer Finger! – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Quod erat demonstrandum!)

Es scheint, dass sich die Mitglieder Ihrer Fraktion der Tragweite der Anschuldigung wie auch der Wirkung über die SLB hinaus nicht bewusst waren. Manchmal konnte man glauben, dass die CDU das Ziel verfolgte, uns alle in einen Untersuchungsausschuss zu treiben. Dabei ist doch klar: In einem Untersuchungsausschuss werden die Fehler und das Versagen der Vergangenheit debattiert. Retten und für die Zukunft sichern kann man damit die Sachsen LB nicht.

(Heinz Lehmann, CDU: Schreiben Sie sich das hinter die Ohren!)

Jede Sitzung des Untersuchungsausschusses würde das Ranking nur noch weiter drücken. Ich will es deutlich sagen: Es sind nicht die sensationsheischenden Anträge wild gewordener Nazis, die den Scherbenhaufen, vor dem wir stehen, verursacht haben, sondern Ignoranz

und Kurzsichtigkeit Ihrer Fraktionskollegen sowie der Manager an der Spitze der Landesbank.

(Beifall bei der PDS und den GRÜNEN)

Manchmal frage ich mich, Herr Ministerpräsident, ob Sie es nicht besser wussten. Kann es sein, dass Staatsminister Metz Ihnen nicht alles erzählt, Herr Dr. Thode Ihnen nicht alles berichtet hat? Herr Staatsminister Metz, Sie sitzen in einer Vielzahl von Gremien: Vorsitzender des Verwaltungsrates der SLB, Vorsitzender des Kreditausschusses, Vorsitzender des Präsidialausschusses und Vorsitzender der Anteilseignerversammlung. Da hätten Sie handeln müssen.