Protocol of the Session on April 16, 2008

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Danke. – Das war die Runde der Fraktionen. Gibt es weiteren Aussprachebedarf? – Das kann ich nicht erkennen. Herr Staatsminister des Innern, Herr Dr. Buttolo, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anzahl der registrierten Straftaten in Sachsen ist in den letzten Jahren um 16 %, die Zahl der Verkehrsunfälle um 12 % zurückgegangen. Die Kriminalitätsbelastung befindet sich auf dem Niveau des Jahres 1992. Im Vergleich zu anderen Bundesländern gehört der Freistaat Sachsen zu den Ländern mit der niedrigsten Kriminalitätsquote und den wenigsten Verkehrsunfällen und einer deutlich höheren Aufklärungsquote als der Bundesdurchschnitt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Das sind die Fakten – statistisch belegt und von jedermann nachzulesen. Wo die Linksfraktion hier ein organisatorisches, strukturelles, personelles und sächliches Defizit sieht, bleibt mir ein Geheimnis. Das einzige Defizit, das ich feststelle, ist ein latentes Wahrnehmungsdefizit bei Ihnen.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Doch diese Masche ist nicht neu. Da werden durch nichts belegte Behauptungen zum Fundament für gedankliche Kartenhäuser. Desinformationen, Spekulationen zählen

für mich nicht zur Aufgabe einer demokratischen Opposition.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Genau!)

Die Bevölkerung hat ein Recht auf objektive Informationen, und deswegen lasse ich es nicht zu, dass der Ruf der sächsischen Polizei beschädigt wird.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Tatsache ist, dass die Polizei das meiste Vertrauen aller Institutionen in der Bevölkerung genießt.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Der Innenminister nicht!)

Dies hat eine aktuelle Umfrage der Firma Approxima gezeigt.

Diese Bilanz, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht das Ergebnis einer defizitären Polizei mit organisatorischen, strukturellen, personellen und sächlichen Defiziten, sondern Ausdruck einer funktionierenden, modernen, hoch motivierten Polizei.

(Beifall bei der CDU)

Die Sächsische Staatsregierung wird zu keinem Zeitpunkt eine Schwächung der Polizei zulassen, die zur Gefährdung der inneren Sicherheit führen kann. Es gibt nur ein ausschlaggebendes Kriterium für die Entscheidung darüber, wie die sächsische Polizei personell auszustatten ist: Die innere Sicherheit im Freistaat muss jederzeit und an jedem Ort gewährleistet sein. Das ist das alleinige Kriterium.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Zurufe von der Linksfraktion)

Allein die Zahl der Köpfe kann nicht entscheidend sein. Es kommt vielmehr darauf an, zu analysieren, welche Anforderungen an die Polizei gestellt werden und welche Schlussfolgerungen sich aus dieser Analyse ergeben.

Die Alterspyramide der sächsischen Polizei zeigt, dass unserer Polizei in Zukunft eine erhebliche Überalterung droht. Betrachten wir die Einsatzschwerpunkte zum Beispiel der Bereitschaftspolizei oder auch von SEKs und MEKs – diese Einsätze können unmöglich von über 40-jährigen Beamten durchgeführt werden. Zur Gewährleistung der inneren Sicherheit brauchen wir junge Polizeibeamte.

Die Antwort auf diese Anforderungen ist ein breiter Einstellungskorridor. Deshalb werden wir junge Polizeibeamte ausbilden und einstellen, die die Zukunft einer einsatzfähigen Polizei sichern. Dies – die zukünftige Einsatzfähigkeit der sächsischen Polizei und damit die innere Sicherheit im Freistaat Sachsen – ist der entscheidende Maßstab, an dem wir die personellen Anforderungen messen müssen. Deshalb ist der Einstellungskorridor von bisher 100 Stellen spürbar zu erhöhen, und zwar so weit, wie dies die innere Sicherheit erfordert.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Konkrete Zahlen sind aber das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen. Wer stattdessen nur die Frage des Stellenabbaus betrachtet, springt zu kurz, nimmt die wirklichen Probleme nicht wahr und gefährdet damit die innere Sicherheit im Freistaat.

Es geht der Staatsregierung darum, die sächsische Polizei für die Anforderungen der Zukunft fit zu machen. Das ist im Übrigen eine Frage nicht nur der personellen, sondern auch der materiellen Ausstattung. Auch hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, war die Staatsregierung schon mehr als aktiv. Deshalb wurden Hunderte neuer Fahrzeuge und neue Beweistechnik angeschafft. Gegenwärtig erhalten die Einsatzbeamten eine neue Schutzausstattung. Das sind die Beamten, die Woche für Woche, Wochenende für Wochenende ihren Kopf für uns hinhalten im Kampf gegen Gewalttäter bei Fußballspielen, bei Demonstrationen und Gegendemonstrationen. Darüber hinaus wird ein weiteres mobiles Einsatzkommando gegründet. Es soll sich in erster Linie mit Staatsschutzfragen, also Extremismus- und Terrorismusbekämpfung, befassen.

Mindestens genauso wichtig ist die in diesem Jahr erfolgende Erneuerung der Computerausstattung. Ich darf daran erinnern: Im vergangenen Jahr haben wir bei der Polizei ein hochmodernes Netz aufgebaut, in diesem Jahr kommen die Geräte ans Netz. Diese Investitionen sind kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für eine effiziente Aufgabenwahrnehmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Linksfraktion handelt mit ihrem Antrag nicht im Interesse der sächsischen Polizei, schon gar nicht im Interesse der inneren Sicherheit.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der Linksfraktion)

Die absichtliche Fehleinschätzung spricht für sich. Das ist Demagogie.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Sie liefern eine absichtliche Fehleinschätzung! Was Sie machen, ist Demagogie! – Zuruf von der CDU: Damit kennen Sie sich ja aus!)

Für die FDP-Fraktion war die Versuchung wohl zu groß; auch sie musste auf den schon fahrenden Zug aufspringen. Es ist nicht sonderlich seriös, ein Dreivierteljahr vor einer beabsichtigten Organisationsanpassung negative Auswirkungen auf die Sicherheitslage zu unterstellen. Die Organisation der Bereitschaftspolizei soll zum

1. Januar 2009 angepasst werden und beinhaltet keineswegs, wie die FDP in ihrem Antrag glauben machen will, eine Zentralisierung der Einsatzeinheiten. Die operativen Einheiten, die Bereitschaftspolizeizüge und die Hundertschaften bleiben dezentral in Chemnitz, Dresden und Leipzig. Zentralisiert werden Führungs-, Stabs- und Verwaltungsaufgaben, um eine effizientere Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen.

Im Übrigen bleiben alle Bereitschaftspolizeizüge erhalten. Zwei bisher unter der bundesweit vorgegebenen Stärke von 38 Beamten werden personell aufgestockt.

Den Bedrohungen durch Verbrechen, Extremismus und weltweiten Terrorismus muss die sächsische Polizei etwas entgegensetzen können. Effiziente Organisationsstrukturen, modernste Technik und junge, engagierte Polizeibeamte sind die richtige Antwort auf gegenwärtige und künftige Bedrohungen. Dafür steht die Staatsregierung seit jeher und gegen alle Widerstände – schon lange, bevor Sie sich mit dem Thema beschäftigt haben.

An dieser Stelle erlaube ich mir noch einmal, ausdrücklich meinen persönlichen Dank an die Polizistinnen und Polizisten im Freistaat Sachsen zu richten. Ihre hoch motivierte Arbeit ist tatsächlich zum Wohle, zur Sicherheit unserer Bevölkerung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Gibt es nach diesen Ausführungen noch einmal Anmeldungen zur Aussprache? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zu den Schlussworten der beiden antragstellenden Fraktionen. Die Linksfraktion beginnt; Frau Dr. Ernst, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist das alte Kriegsleiden: Immer dann, wenn es konkret werden soll und man den Finger in die Wunde legt, verkommt die Debatte zu irgendwelchen ideologischen Scheinschlachten, wie es hier der Herr Staatsminister und sein Vorredner, Herr Bandmann, wieder deutlich gemacht haben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Bandmann war hier angetreten, um irgendwelches Zeug zu erzählen, wohl wissend, dass jeder Fakt, den ich hier auf den Tisch gelegt habe, belegt ist. Es ist so, wie es ist. Sie wissen das hundertprozentig, Herr Staatsminister.

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich habe von solchen Schaufensterreden die Nase voll! Da wird „vor der Front“ der Dank ausgesprochen, nur weil die Polizei hier mit auf den Zuschauerrängen sitzt.

(Zuruf von der CDU: Das ist Ihnen ja ganz fremd!)

Ich glaube, dass das niemandem nützt. Es schafft schon gar nicht Abhilfe für das Problem. Das Gerede muss aufhören!

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Dann hören Sie doch auf!)

Herr Bandmann, Sie haben hier zu allem Möglichen Ihre Sicht der Dinge dargelegt und dabei weit ausgeholt. Auch die DDR war dabei – in üblicher Manier. Wir kennen das. Das ist nichts Neues. Ich kann nur sagen: Das nützt uns nichts.

All die vorgebrachten Zahlen und Argumente sprechen doch dafür, dass grundsätzliche Änderungen herbeigeführt werden müssen. Ich verlange von Ihnen, Herr Staatsminister, dass Sie uns klaren Wein einschenken. Das müssen Sie machen. Wir sind das Parlament. Das Parlament verlangt eine klare Aussage dazu, nicht aber Formulierungen wie: Gucken wir einmal, wie viele es sein werden, wir werden die Sicherheit sichern. Das ist Ihre Argumentation. Wer sind wir denn hier? Wir sind doch keine Clownerie!

(Beifall bei der Linksfraktion – Volker Bandmann, CDU: Haben Sie schon einmal etwas von Haushaltsberatung gehört? Frau Kollegin, tun Sie doch nicht so, als ob Sie völlig neu seien!)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen einen Grundsatzbeschluss, der klarstellt, was wir in dieser Frage wollen. Da gibt es zwei Punkte – ich denke, das haben wir am deutlichsten zum Ausdruck gebracht –: Der Abbau der Personalstellen muss aufhören, und zwar jetzt. Kein Herumeiern! Der Einstellungskorridor ist deutlich zu erweitern. Seine jetzige Fassung mit den 100 Stellen – ich verweise auf den Kabinettsbeschluss und den Haushalt – muss verändert werden. Wir brauchen einen anderen Einstellungskorridor. All die Dinge, die in unserem Antrag sehr genau formuliert sind, beruhen auf exakt belegten Fakten, die wir uns auch von Ihnen nicht wegreden lassen.