Protocol of the Session on April 16, 2008

Wir können uns gut vorstellen, dass das, was im Bereich der Postdienstleistungen vollzogen worden ist, als erster Schritt ein positives Signal sein sollte. Weitere Berufsgruppen können dort gern folgen. Ich denke, dass wir gerade in vielen Branchen eine tarifliche Absicherung brauchen, damit die Beschäftigten auch von ihrer Arbeit leben können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Als Nächstes spricht die Vertreterin der Linksfraktion; Frau Lay, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe meinen beiden Vorrednern zu dem vorliegenden Antrag, den ich bislang eher als ein Sammelsurium von Allgemeinplätzen bezeichnen würde, sehr aufmerksam zugehört. Aus diesem Antrag war mir nämlich nicht ersichtlich, worauf es bei der Arbeitsmarktpolitik der Koalition hinauslaufen sollte. Entweder, so dachte ich mir, ist der Antrag aus der Feder eines arbeitsmarktpolitischen Laien geflossen, oder aber am Koalitionstisch wurden so viele inkompatible Forderungen vorgebracht, dass die Formulierungen so abgeschliffen waren, dass am Ende nichts Konkretes übrig geblieben ist. Wenn ich mir die Reden meiner beiden Vorredner noch einmal vergegenwärtige, dann denke ich, dass Letzteres wohl der Fall war. Ich habe zumindest in den Dingen, die Sie als Inhalt Ihres Antrages vorangestellt haben, wenige Überschneidungen zwischen beiden Rednern feststellen können. Weder der Kommunalkombi- noch der Mindestlohn, den Herr Brangs hier vorangestellt hat, tauchen in diesem Antrag auf. Auch nicht die

Stärkung der Optionskommunen als Ergebnis des Bundesverfassungsgerichtsurteils.

So viel einfach noch mal zur Richtigstellung.

(Stefan Brangs, SPD: Dazu habe ich doch gesprochen!)

Herr Kollege Brangs, ich möchte Ihnen ein Beispiel für die Allgemeinheit und Vagheit der Forderungen geben, die Sie hier heute schriftlich zur Abstimmung stellen. Die Koalition fordert zum Beispiel, „dass stärkere Anreize der Aufnahme einer Vollbeschäftigung aufgenommen werden“. Das ist sehr vage formuliert. Worin soll denn ein solcher Anreiz bestehen? Etwa darin, die Regelleistungen so weit unter das Existenzminimum zu drücken, dass jeder Arbeitslose gezwungen wird, jeden noch so schlechten Job anzunehmen? Dieses Konzept hat Georg Milbradt vor einigen Jahren vorgestellt. Aber das kann nun wirklich nicht der Wille der SPD sein. Doch ausgeschlossen ist solch eine Interpretation auf der Grundlage des vorliegenden Antrages nicht.

Jedenfalls, meine Damen und Herren, freue ich mich, dass DIE LINKE wirkt, denn der Anlass des Antrages – Sie haben es gesagt – war der Vorstoß der Linken, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I deutlich zu verlängern. Unseren Antrag haben Sie damals abgelehnt. Ihre Begründung: DIE LINKE würde sich nur für ältere Arbeitslose einsetzen, die jungen würden nicht erwähnt und blieben auf der Strecke. Es bleibt das Geheimnis der Koalition, warum auch in diesem Antrag jüngere Erwerbslose noch nicht einmal erwähnt werden.

Inzwischen ist die Verlängerung des ALG I längst beschlossene Sache, wenn auch nicht so weitreichend, wie es DIE LINKE und im Übrigen auch die SPD seinerzeit gefordert haben. Warum also jetzt noch dieser Antrag? Zumindest hätten Sie aus meiner Sicht eine Aktualisierung vorlegen müssen.

(Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Zum Beispiel wurde mit der Verlängerung des ALG-IBezuges auch die Zwangsverrentung von erwerbslosen Menschen ab 63 Jahre beschlossen. Dabei hatten doch DGB, Volkssolidarität und viele Sozialverbände einvernehmlich gefordert, „Arbeitslose dürfen nicht in die Altersrente mit Abschlägen gezwungen werden“. Das ist aber passiert, das ist eine faktische Rentenkürzung, und diese lehnen wir als Linke ab.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Auch ansonsten geht der Koalitionsantrag leider an aktuellen Erfordernissen völlig vorbei. Sie wollen die ARGEn stärken. Schön und gut. Aber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist es doch das Gebot der Stunde, jetzt für eine gesetzliche Regelung und vor allem für die Rechtssicherheit vor Ort bei ARGEn und Optionskommunen zu sorgen. Aus meiner Sicht sollte bei dieser Gelegenheit auch die bisherige Doppelstruktur in der Tat überdacht werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum

ein Arbeitsloser, der, sagen wir, acht Monate arbeitslos ist, eine andere Struktur vorfindet als jemand, der 15 Monate arbeitslos ist. Diese unterschiedlichen Regelkreise kann kein Mensch nachvollziehen. Bei einer dringend notwendigen Gesetzesänderung müssen wir auch für dieses Problem Lösungen finden.

Des Weiteren wollen Sie eine stärkere leistungsbezogene Bezahlung der Angestellten in den ARGEn. Woran, meine Damen und Herren, wollen Sie an dieser Stelle Leistung bemessen? Statt den Druck auf die Beschäftigten weiter zu erhöhen, wäre es doch angezeigt, die nach wie vor schwierige Personalsituation in den ARGEn zur Kenntnis zu nehmen und anzugehen.

Noch immer ist das Verhältnis zwischen Fallmanagern und Langzeitarbeitslosen zu hoch. Eine bessere Personalausstattung und die Entfristung der noch befristeten Stellen wäre das Gebot der Stunde gewesen. In Ihrem Antrag findet sich dazu kein Wort.

Das eigentliche Thema Ihres Antrages ist dabei im Grunde die Nachbesserung von Hartz IV. Auch hieran zeigt sich: DIE LINKE wirkt. Jede Partei – selbst die CDU – ist gezwungen, sich zu Nachbesserungen zu bekennen.

(Beifall bei der Linksfraktion – Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Wir als Linke bleiben allerdings dabei: Es geht nicht um Korrekturen im Detail – Hartz IV ist grundsätzlich das Problem.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Deshalb haben wir auch einen Änderungsantrag vorgelegt – zu dem ich gleich noch sprechen werde –,

(Stefan Brangs, SPD: Das überrascht aber jetzt!)

in dem wir klarmachen, dass sich unsere Vorstellungen in vielen Fragen von denen der Koalition grundsätzlich unterscheiden. Wir wollen kein Herumdoktern im KleinKlein, sondern eine repressionsfreie Grundsicherung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Erstens: Der Regelsatz für Langzeitarbeitslose muss in einem ersten Schritt auf 435 Euro angehoben werden.

Zweitens: Der Bund muss sich endlich wieder an den Kosten für die Unterkunft beteiligen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Drittens: Das Thema Kinderarmut – was ja viele zur Sonntagsrede ermutigt – muss auch endlich konsequent und abrechenbar angegangen werden. Statt unbestimmter Formulierungen wie im Koalitionsantrag will DIE LINKE eine Anhebung, die den Kindern eine Grundsicherung von 420 Euro im Monat zubilligt.

Meine Damen und Herren, es kann nicht der richtige Weg sein – wie im Koalitionsantrag gefordert –, öffentliche Zuschüsse zu den Sozialversicherungsleistungen anzuheben. Das wäre faktisch ein Kombilohn und würde die Arbeitgeberseite noch weiter entlasten.

Was wir stattdessen brauchen, ist ein gesetzlicher Mindestlohn. Ich freue mich, dass wir hierin Übereinstimmung mit dem Kollegen Brangs von der SPD haben. Leider findet sich auch diese Forderung nicht in Ihrem Antrag. Wir wollen den Niedriglohnbereich nicht aufstocken – wir wollen gar keinen Niedriglohnsektor, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Schließlich – wenn wir über die Arbeitsmarktinstrumente sprechen –: DIE LINKE will den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Ja, wir wollen Arbeitsplätze öffentlich finanzieren.

Das – und natürlich auch die Vorstellungen der Koalition, wie sie das Programm Kommunalkombi in Sachsen umsetzen will – hätte in diesen Antrag gehört; es findet sich dazu aber kein Wort.

Das Fazit, meine Damen und Herren: Die arbeitsmarktpolitischen Gemeinsamkeiten zwischen CDU und SPD sind offensichtlich so gering, dass wir im Ergebnis heute einen Wischiwaschi-Schaufensterantrag beschließen sollen, der Arbeitslosen nicht wirklich hilft. DIE LINKE hat Alternativen, die ich gleich noch einbringen möchte. Diesem Antrag können wir so unsere Zustimmung nicht geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Jetzt ist die NPDFraktion an der Reihe, vertreten durch Herrn Apfel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Koalition rief bei mir die Plenarsitzung vom 6. Juli 2007 in Erinnerung, als der NPDAntrag „Dem sozialen Kahlschlag wehren – Jetzt Maßnahmen gegen Kinder- und Jugendarmut“ auf der Tagesordnung stand, oder auch der Antrag „Leistung achten – Bestandssicherheit gewähren“ vom 5. März 2007. Zu beiden Anträgen sprach für die Koalition der Abg. Johannes Gerlach von der SPD. Nachdem er an dieser Stelle die Unwahrheit verbreitete, dass unsere Forderung nach einer Entschärfung bei der Anrechnung von Vermögen für Arbeitslose von Ihnen schon mehrfach behandelt worden sei, bringen Sie heute just diese Forderung selbst auf die Tagesordnung.

Der Gerechtigkeit halber soll an dieser Stelle natürlich nicht unerwähnt bleiben, warum unter anderem CDU und SPD nicht schon im letzten Jahr die soziale Schieflage beseitigen wollten. Herr Gerlach sagte zu unserem Antrag am 15. März 2007: „Die Segnungen, die Sie angeblich ausgießen wollen, sollen natürlich nur auf das deutsche Volk beschränkt bleiben.“ Ja, meine Damen und Herren, wo kämen wir auch hin, wenn wir in einem angeblich deutschen Parlament Forderungen aufstellten, die sich zuallererst einmal deutschen Interessen verpflichtet fühlten?! So weit kommt es noch!

Aber wenn Sie nun unsere Forderung aus dem Jahre 2007 aufgreifen, sollten Sie auch das Rückgrat haben, uns zu

erklären, für wen Sie Ihren heutigen Antrag einbringen; denn das Grundgesetz, die Sächsische Verfassung, in der der Amtseid verankert ist und der auf das eigene, das deutsche Volk lautet, scheint Sie als regierungstragende Partei kaum zu interessieren.

Meine Damen und Herren, in Ihrem Antrag ist keine einzige konkrete Zielsetzung auszumachen; allerdings ist das geradezu eine Parabel auf den Zustand der Koalition: Nichtstun, Stillstand, Rückschritt.

Interessanter wird es erst, wenn man sich Ihre beweihräuchernde Begründung anschaut. So geben Sie an, dass 2007 die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, die auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind, bundesweit um 240 000 gesunken sei. Sie verschweigen aber, dass allein in Sachsen 260 000 Bürger einer marginalen Beschäftigung nachgehen, meist den sogenannten Ein-EuroJobs. Hier handelt es sich um keine fiktive Schätzung der NPD, sondern um die offizielle Angabe des Statistischen Landesamtes. Dies als erfreuliche Trendwende zu bezeichnen, wie Sie es tun, ist schlicht und ergreifend weltfremd.

Der Antrag der Koalition bietet nicht wirklich Neues, er schadet aber auch nicht. Wir werden uns ihm daher nicht verschließen, denn im Gegensatz zu Ihnen geht es uns um Sachpolitik und nicht um ideologische Grabenkämpfe. Dennoch muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass leichte Veränderungen an den Stellschrauben nicht der Lösung letzter Schluss sind. Hartz IV, meine Damen und Herren, hat sich erwartungsgemäß als Armutsfaktor erwiesen. Es gehört deshalb nicht reformiert, sondern schlicht und ergreifend weg!

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Die FDP-Fraktion; Herr Kollege Morlok.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Lay, das mit dem Sammelsurium von Allgemeinplätzen steht auch auf meinem Stichwortzettel ganz oben.

(Stefan Brangs, SPD: Welche Gemeinsamkeit!)