Vor wenigen Monaten erschien ein Buch, das das bundesrepublikanische Gutmenschentum ins Visier seiner Kritik nahm. In diesem Buch heißt es, auch mit Blick auf die GRÜNEN: „Sie sind die Gutmenschen und sie glauben, die Welt wäre schlechter dran ohne sie. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sie quälen und sie nerven uns und es ist höchste Zeit, sie loszuwerden.“
Dem hat die NPD-Fraktion nichts hinzuzufügen. Sie quälen und Sie nerven uns, Frau Hermenau, und es ist höchste Zeit, Sie loszuwerden!
(Karl Nolle, SPD: Gansel, wegtreten! – Jürgen Gansel, NPD: Nolle, Sie können körperlich gar nicht wegtreten!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren – oder für den Kollegen Lichdi, der gerade nicht da ist, korrekterweise: Liebe Grüninnen und Grüne!
Die vorliegende Große Anfrage und die darauf gegebenen Antworten der Staatsregierung sind schwer: Sie wiegen 1 478 Gramm und wir haben es ausgerechnet: Damit werden in diesem Parlament 300 Kilogramm Papier zum Verteilen gebracht.
Aber weder die Anfrage noch die Schlussfolgerungen, die Sie hier gezogen wissen wollen, sind von Gewicht.
Diese Große Anfrage kann wahrscheinlich einer Teerunde eines Workshops für gewaltfreies Töpfern entsprungen sein, als man sich zusammensetzte und meinte: Schreibt einfach mal auf, was euch zum Thema Mann so alles einfällt.
Die Lebenswirklichkeit ist da unterschiedlich. Das verwundert mich aber nicht weiter – das habe ich auch vorher schon gewusst, ohne Große Anfrage.
Was die Debatte hier bewirken kann, ist, dass wieder die üblichen Klischees ausgetauscht werden. Eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung mit auch nur einem einzigen der angesprochenen Probleme ist in dieser Form und in dieser Zeit überhaupt nicht möglich.
Die Fragen, die Sie stellen, Frau Hermenau, sagen allerdings mehr aus über den Fragesteller und die Welt, in der er lebt, als die Antworten über die Welt, die erkundet werden soll. Beispielsweise heißt es auf Seite 5: „Inwiefern stimmt die Staatsregierung der Aussage zu, dass Männer weniger flexibel als Frauen bei der Arbeitssuche sind? Sieht die Staatsregierung hier einen Nachholbedarf besonders bei jungen Männern?“ Was soll hier nachgeholt werden – Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt? Oder was ist das spezifisch Sächsische an einer solchen Frage?
Auf Seite 7 wird angefragt: „Inwiefern hält die Staatsregierung eine geschlechterparitätische Besetzung von Aufsichtsräten für sinnvoll?“ – Allein schon diese Frage!
Wer diese stellt, beweist, dass er entgegen sonstigen Bekundungen von wirtschaftlichen Dingen keinen blassen Schimmer hat.
Aufsichtsräte, meine Damen und Herren, kann ich zwar geschlechtsspezifisch und politisch korrekt besetzen; wir als Liberale setzen uns aber dafür ein, dass sie mit kompetenten Leuten besetzt werden.
Was nützt Ihnen der schönste korrekte Aufsichtsrat, wenn er hinterher den Laden an die Wand fährt? Wohin das führen kann, haben Sie hier in Sachsen bei der Sachsen LB gesehen.
Oder die Frage zur Mobilität: „Ist der Staatsregierung bekannt, ob der öffentliche Personennahverkehr den Bedürfnissen von Männern gerecht wird?“ – Ob der öffentliche Personennahverkehr den Bedürfnissen von Männern gerecht wird?! Wissen Sie, ich war bisher eigentlich ganz zufrieden mit der sogenannten UnisexTrambahn.
Wie soll das enden? Die rosa Straßenbahn für die Mädels – erkennbar am Schminkspiegel in der Rückenlehne – und die blaue Straßenbahn, mit der die Jungs zum Fußballstadion fahren – diese dann aber auch bitte mit Getränkeautomat und Urinal?!
Dieser Entschließungsantrag ist die Fortsetzung der Offenbarung einer ziemlich fragwürdigen Weltsicht. Bisher galt bei den GRÜNEN „Als Gott den Mann erschuf, übte sie noch.“
Jetzt machen Sie sich offenbar daran, die damals begangenen Fehler nachzubessern, Frau Hermenau. Der Entschließungsantrag ist wirklich nicht anders zu verstehen. Da heißt es zum Beispiel im Eingang: „Die Lage der Männer ist nicht zufriedenstellend, weil sie 80 % der
Alkoholabhängigen und 85 % der Drogenabhängigen im Land stellen und wesentlich häufiger als Frauen Täter von schweren Körperverletzungen sind.“
Wenn 50 % der Alkoholiker Männer und 50 % Frauen sind und das Gleiche bei den Drogenabhängigen eingetreten ist?
Oder wenn ab und zu auch mal Männer einen Giftmord begehen – das ist nämlich bisher die klassische Domäne von Frauen?
Dann sagen Sie im Entschließungsantrag auch noch: „Der Ansatz der Staatsregierung“ – ich habe bisher einen solchen Ansatz noch nicht einmal vermutet, aber bitte – „hat dies eher verstärkt.“ Woher, um Himmels willen, wollen Sie denn das jetzt wieder wissen? Das ist Ihnen doch bisher auch bei Frauen noch nicht gelungen – trotz eines Frauenfördergesetzes –, obwohl wir eine Statistikpflicht haben und obwohl wir zur Frauenförderstatistik sogar noch eine Frauenförderstatistik-Durchführungsverordnung haben und auch noch Anträge gemacht werden und Hearings in diesem Haus durchgeführt werden, wie am 20. Februar. Die Ergebnisse der Anhörung können Sie sich zu Gemüte führen – das tun Sie nur nicht, das wird hinterher wieder irgendwo verstaut nach dem Kolloquium. Es kommt höchstens heraus, dass es getürkte Berichte gibt, über die sich die Frauenwissenschaftler untereinander einmal austauschen.
Ein Männerförderungsgesetz wäre die logische Konsequenz aus dem Ganzen, was Sie hier wollen, aber Sie werden verstehen, dass wir als Liberale dem aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen können.
Damit bin ich bei dem Ernst der Geschichte. Die Große Anfrage wie auch der Entschließungsantrag sind gekennzeichnet von einer völligen Selbstüberschätzung der Gesellschaftsfantasien, die Sie gern befördert wissen wollen. Es geht Ihnen darum, dass Sie ein staatlich machbares Rollenverständnis und Rollenverhalten überhaupt als möglich voraussetzen.