Protocol of the Session on March 6, 2008

Ich denke, die Debatte hat zumindest bewiesen, dass es hier um ein Augenmaß geht, das man bei solchen Debatten nicht aus den Augen verlieren sollte. Ich wiederhole das, was ich am Anfang gesagt habe: Wir reden heute nicht über die Tarifverhandlungen zwischen den Ländern und den Arbeitnehmern. Sie versuchen uns hier eine Debatte aufzuzwingen, die Sie in den Kreistagen oder vielleicht im Deutschen Bundestag führen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und wir beenden den Tagesordnungspunkt 1.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Anpassung der kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen für eine gerechte und nachhaltige Begrenzung der Belastungen der Bürger in Sachsen mit kommunalen Abgaben (Sächsisches KommunalabgabenBegrenzungsGesetz – SächsKABegrenzG)

Drucksache 4/11383, Gesetzentwurf der Linksfraktion

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die einreichende Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Roth, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Kommunalabgabenbegrenzungsgesetz legt die Linksfraktion ihren dritten Gesetzentwurf zur Novellierung des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vor. Der Ruf des KAG als eines gesetzlich sanktionierten Freibriefes zum Griff in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger hat sich auch nach 15 Jahren nicht gewandelt. Die Belastungen durch Steuern und Kommunalabgaben haben sich drastisch erhöht. Deshalb nehmen auch die Stimmen nicht ab, die eine Änderung des Gesetzes im Interesse der Bürgerinnen und Bürger fordern. Unzählige Petitionen mit diesem Verlangen gingen im Landtag ein. In Bürgerbriefen wurden die Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt aufgefordert, das Gesetz im Interesse der Menschen zu ändern. Bürgerinitiativen protestierten, prozessierten, diskutierten und legten selbst einen Entwurf für die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vor. Auch die PDS brachte 1995 und 2000 Kommunalabgabenentlastungsgesetze ein. Diese wurden von der regierungstragenden CDU weggestimmt.

Meine Damen und Herren Gesetzgeber, in Thüringen beschloss der Landtag bis heute wenigstens sieben Änderungsnovellen zum Nachwendegesetz. Sieben! Das Sächsische KAG wurde seit seiner Geburtsstunde 1993 erst einmal materiell geändert – zum Schlechteren für die Menschen, die die Abgaben zu zahlen haben. Klammheimlich wurde ihnen 2004 im Zuge des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes der Rechtsschutz in Streitverfahren zu Gebühren- und Beitragsbescheiden beschnitten.

Mit dem Kommunalabgabenbegrenzungsgesetz stellt die Linksfraktion den verfassungsmäßig garantierten Rechtsschutz wieder her.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Sie greift die Vorschläge von Bürgerinitiativen, Kommunalpolitikerinnen und -politikern, Vereinen und Verbänden zu einem zeitgemäßen, demokratisch verfassten Gesetz auf.

Was sind nun die wesentlichen Änderungen im Artikelgesetz der Linksfraktion? Wir ändern die Gemeindeordnung, die Landkreisordnung, das KAG und das Gesetz über Kommunale Zusammenarbeit.

Erstens. Um dem Grundsatz der Gleichrangigkeit von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf der Seite der Aufgabenträger und der Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Kräfte der Abgabenpflichtigen nach § 73 Abs. 3 der Gemeindeordnung zu genügen, werden sowohl in der Gemeindeordnung als auch in der Landkreisordnung die Kommunen verpflichtet, ein Belastungsverzeichnis zu führen und regelmäßig zu aktualisieren. Und: Die Bürgerinnen und Bürger erhalten einen unbürokratischen Anspruch auf zinslose Stundung, wenn wirtschaftliche Härtefälle vorliegen.

Zweitens. Um Transparenz und Wirtschaftlichkeit zu fördern, wird konsequente Öffentlichkeitsbeteiligung gesetzlich festgeschrieben. So soll

a) bei Erlass oder Änderung einer Satzung wie bei kommunalen Haushaltssatzungen verfahren werden. Das heißt, die Satzungsentwürfe müssen sieben Tage ausliegen und die Abgabenpflichtigen haben sieben Tage die Möglichkeit, Vorschläge zu unterbreiten und Einwendungen zu erheben. Diese müssen dann in öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen werden.

b) Alle Unterlagen, die den Abgabenkalkulationen zugrunde liegen, sind zu jederzeitiger Einsicht bereitzuhalten.

Wir meinen, den wenigsten Aufwand erfordert eine Veröffentlichung im Internet.

Diese Verpflichtung zur Schaffung von Möglichkeiten der Einsichtnahme besteht auch dort, wo die Aufgabenerfüllung an einen privaten Dritten übertragen wurde.

c) Die Entscheidungshoheit über Entgeltstruktur und -höhe bei Aufgaben, die auf Stadtwerke übertragen wurden, wird in die Stadt- und Gemeinderäte zurückgegeben.

d) Die Kommunen werden aufgefordert, Beiräte „Kommunalabgaben“ als Beteiligungs- und Beratungsgremien zu bilden.

e) Mit dem Gesetz führen wir die verpflichtende und verbindliche Beteiligung der Beitragspflichtigen ein. Wird dem nicht entsprochen, führt das zur Unzulässigkeit der Erhebung von Beiträgen.

Drittens. Mit dem Gesetzentwurf begrenzen wir die Möglichkeiten, Abgaben und Entgelte auf die Abgabenpflichtigen abzuwälzen.

Bei der Abwasserbeseitigung – ich zähle jetzt nur Stichpunkte auf –:

Die Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen, mit denen wir am 1. März eine Anhörung zu unserem Kommunalabgabenbegrenzungsgesetz durchführten, begrüßen das Gesetz. Sie sind erfreut und dankbar über das erneute Engagement der Linksfraktion für eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes und darüber, dass ihre Forderungen in unserer Novelle aufgegriffen wurden. Sie werden das parlamentarische Verfahren zum Gesetzentwurf sowohl im Plenum als auch in der Anhörung im Innenausschuss begleiten, in ihren Regionen das Gesetz bekannt machen, darüber beraten und Änderungsvorschläge einreichen.

Berechnungsgrundlage ist nicht die theoretische Nutzungsmöglichkeit, sondern die tatsächliche Nutzung und Bebauung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Beitragskalkulationen werden auf der Basis des kommunalen Investitionsaufwands durchgeführt, von dem die Gemeinden und Landkreise mindestens 5 % selbst zu tragen haben.

Kürzung des Anlagevermögens, das der Gebührenkalkulation und ihrer Erhebung zugrunde liegt, um die eingenommenen Beiträge.

Verzicht auf die Wiederbeschaffungszeitwerte als Basis für die Gebühren- und Beitragskalkulation zugunsten der Anschaffungs- und Herstellungskosten.

Deckelung der Höhe der Beiträge, also eine Beitragsobergrenze, durch das Gebot, dass die Beiträge nicht die Kosten für eine der Grundstücksgröße und dem Stand der Technik entsprechende Abwasserbeseitigungsanlage übersteigen, und

Begrenzung der anzusetzenden kalkulatorischen Zinsen.

Bei der Wasserversorgung: Verzicht auf Beiträge.

Beim Straßenbau: Abschaffung der Möglichkeit, Straßenausbaubeiträge zu erheben.

Viertens. Wir schaffen, wie schon gesagt, wieder Rechtsschutzmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger gegen fehlerhafte Gebühren- und Beitragsbescheide. Sie haben wieder Anspruch auf eine umfängliche verwaltungsgerichtliche Prüfung der den Bescheiden zugrunde liegenden Satzungen, wie es bis 2004 im KAG festgeschrieben war.

Fünftens. Mit unserem Kommunalabgabenbegrenzungsgesetz entsprechen wir einer jahrelangen Forderung der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer nach einer Lockerung des Anschluss- und Benutzungszwangs.

Sechstens. Die Linksfraktion führt mit ihrem Gesetz den Grundsatz ein, dass keine Abgaben und Entgelte erhoben werden dürfen, wenn der Verwaltungsaufwand mehr als die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen verschlingt, und den Grundsatz, dass Satzungen nach zehn Jahren ihre Gültigkeit verlieren. Sie müssen nach diesem Zeitraum neu beraten und beschlossen werden.

Natürlich haben wir auch – wie in den Entwürfen der Gesetze 1995 und 2000 – an die Kleingärtner gedacht.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Die Beiträge für ihre Gärten sollen zinslos gestundet werden, solange diese im Sinne des Kleingartengesetzes genutzt werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Die Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen erwarten von den Landtagsabgeordneten der anderen Fraktionen in ihrer Region eine Unterstützung des Gesetzentwurfs. Die Linksfraktion erwartet eine offene, interessante Beratung in den Ausschüssen und eine anregende und zu weiteren Verbesserungen führende Anhörung. Und die Bürgerinnen und Bürger Sachsens erwarten eine schnelle Beratung und Beschlussfassung über dieses demokratisch erarbeitete bürgerfreundliche Gesetz.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Anpassung der kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen für eine gerechte und nachhaltige Begrenzung der Belastungen der Bürger in Sachsen mit kommunalen Abgaben (Sächsisches Kommunalabgaben- BegrenzungsGesetz) an den Innenausschuss – federführend – und an den Haushalts- und Finanzausschuss – mitberatend – zu überweisen. Wer dem Vorschlag zur Überweisung seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist die Überweisung beschlossen und wir können den Tagesordnungspunkt 2 beenden.

Ich schlage vor, dass wir an dieser Stelle in die Mittagspause eintreten. Wir treffen uns zur Beratung wieder um 13:15 Uhr.

(Unterbrechung von 12:16 bis 13:15 Uhr)

Wir setzen die Beratung fort. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3