Protocol of the Session on March 6, 2008

(Beifall bei der Linksfraktion)

Danke schön. – Das war das Schlusswort. Wir kommen zur Abstimmung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stimmen jetzt über den Antrag der Linksfraktion mit der Drucksachennummer 4/11066 ab. Wer stimmt zu? – Danke schön. Wer stimmt nicht zu? – Wer enthält sich? – Bei einer Enthaltung und einer großen Anzahl von Zustimmungen ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden und dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Nachhaltige Finanzierung sächsischer Förderprogramme

Drucksache 4/9448, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Herr Dr. Rößler beginnt die Aussprache für die CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns wieder in einem Haushaltsaufstellungsjahr und werden damit gegen Ende des Jahres die Weichen für die Jahre 2009 und 2010 stellen. Hierbei wollen wir versuchen, die sächsischen Haushalte strukturell auf die Anforderungen der nächsten Jahres aus- und einzurichten. Derzeit geht es uns in Sachsen nicht nur aufgrund der relativ guten Konjunktur gut.

Aber, meine Damen und Herren, es werden sicherlich nicht sieben biblische fette Jahre werden. Schon im nächsten Jahr rechnet das Finanzministerium mit einem Rückgang der Steuermehreinnahmen auf etwa 644 Millionen Euro. Dabei wird von einigen Wirtschaftsforschungsinstituten das Wirtschaftswachstum für dieses

Jahr seit dem Jahre 2002 zunehmend korrigiert. Wir gehen inzwischen nicht mehr von 2,2 %, sondern von 1,5 % Wirtschaftswachstum aus. Inwieweit sich die einsetzende Rezession in den USA weiter auswirkt, ist noch nicht klar. Man kann aber die mittelfristige Finanzplanung des Freistaates Sachsen hinzuziehen. Dort wird festgestellt, dass man sich die prognostizierte Entwicklung der Finanzen des Freistaates so vorstellen muss, dass bis zum Jahre 2011 und darüber hinaus die Spielräume für landespolitische Maßnahmen enger werden.

So sinken die disponiblen Landesmittel, insbesondere für Baumaßnahmen und für Landesprogramme, von derzeit etwa 1,1 Milliarden Euro um 38 % auf etwa 700 Millionen Euro, meine Damen und Herren. Das bedeutet für uns einen Mittelrückgang in diesem disponiblen Bereich von über 400 Millionen Euro, auf den wir uns einstellen müssen. Das ist ungefähr so viel, wie wir für die einzelbetriebliche Investitionsförderung im kompletten Förderzeit

raum von 2007 bis 2013 an EU-Mitteln zur Verfügung hatten.

Das hat seine Ursache darin, dass ab dem Haushaltsjahr 2009 die Mittel des Solidarpaktes entsprechend der vereinbarten Degression jährlich um circa 200 Millionen Euro absinken, also ab dem Jahre 2009 um 200 Millionen Euro, im Jahre 2010 um 400 Millionen Euro, im Jahre 2011 um 600 Millionen Euro und danach immer so weiter.

Auch werden in der nächsten Förderperiode die Mittelzuweisungen aus der EU nicht mehr so reichlich ausfallen wie in der Förderperiode 2007 bis 2013. Auch bei der EUFörderung waren es im Vergleich zur letzten Förderperiode schon jetzt circa 400 Millionen Euro weniger an Fördermitteln.

Wir müssen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Mittel und Wege finden, um diese starken Einschnitte, die sich zum Beispiel in einem Absinken der Investitionsquote von 26,1 % im Jahre 2007 auf 21,5 % im Jahre 2011 widerspiegeln, abzufedern. Wir hoffen, dass wir wenigstens diese Marke erreichen. Wir müssen in den verbleibenden guten Jahren die Gelegenheit dazu nutzen, auf die oben genannten Ereignisse zu reagieren und rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

Dem dient unser Antrag. Er soll die Tür aufstoßen, über alternative Finanzierungsmodelle nachzudenken. Unserer Ansicht nach bieten sich für solche alternativen Finanzierungsmodelle Förderfonds an. Diese können mehrere Dimensionen haben. Zum einen den intertemporären, also einen zeitentfernten, und zum anderen einen revolvierenden. Mit den intertemporären Modellen meine ich eine Entkopplung der Mittelherkunft vom Mittelabfluss. Mit den revolvierenden Modellen beziehe ich mich auf einen wiederholten Mitteleinsatz durch Rückfluss.

Das Hauptaugenmerk des Antrages liegt auf dem Einsatz revolvierender Instrumente. Die revolvierende Konstruktion solcher Fonds könnte es ermöglichen, dass ausgereichte Mittel in den Fonds zurückfließen, wenn die Investition erfolgreich war und gegriffen hat. Dadurch würden die Fonds dauerhaft gespeist und die Förderung kann unabhängig von der aktuellen Haushaltslage aufrechterhalten werden.

Sicherlich wird es kein Fördermittel-Perpetuum mobile geben. Rückflüsse bis zu 100 % wären zwar wünschenswert, sind aber nicht realistisch. Jedoch kann durch einen teilweisen Rückfluss der Mittelverbrauch in den Fonds verlangsamt und damit die Förderperiode für investive Zwecke über einen längeren Zeitraum gestreckt werden.

Sicherlich wird der eine oder andere von uns aus eigener Erfahrung fragen: Wieso revolvierend, wenn ich einen verlorenen Zuschuss aus einem Förderprogramm bekommen kann? Diese Bedenken sind natürlich gerechtfertigt und müssen bei der Konstruktion dieser Fonds diskutiert werden.

Revolvierende Fonds und Finanzierungsmodelle aus verlorenen Zuschüssen können nicht parallel angeboten

werden. Hierbei geht es erst einmal darum, die grundlegende Idee von revolvierenden Fonds und die strukturelle Veränderung im Haushalt an Modellen auszuprobieren. Wie ein solches Modell aussehen soll und kann, werden wir diskutieren, wenn der Bericht der Staatsregierung dazu vorliegt. Das darf aber nicht allzu lange dauern, denn das Modell müssen wir im Haushaltsbegleitgesetz zum nächsten Doppelhaushalt verankern.

Zu diesem Punkt nur so viel: Die Wirtschaft in Sachsen ist sich wohl bewusst, wie die Situation bei den Fördermitteln in Zukunft aussieht. Sie ist gegenüber solchen alternativen Förderinstrumenten, die erprobt sein müssen, selbstverständlich aufgeschlossen.

Zurück zu den verschiedenen Aspekten eines Fonds. Der Einsatz von EFRE-Mitteln wäre vielleicht eine Variante, die man erproben könnte. Durch den Einsatz der EFREMittel in einen Fonds gelten diese gegenüber der EU als verausgabt. Somit sind auch eine flexiblere und fristenunabhängige Verwendung sowie der unabhängige Einsatz solcher Mittel möglich. Vorstellbar wäre aus unserer Sicht auch eine sinnvolle Ergänzung der nach wie vor unbedingt notwendigen GA-Zuschussförderung durch eine Darlehenskomponente mit dem Ziel einer weiteren Stärkung der Eigenkapitalausstattung des Mittelstandes. Geeignet dafür wäre die Ausgabe von GA-Nachrangdarlehen in Kombination mit einer Zuschussförderung bis zu den beihilferechtlich vorgegebenen Förderhöchstgrenzen.

Die neuen Bundesländer, zum Beispiel Berlin und Brandenburg, bedienen sich eines Fonds zur KMU-Förderung. Im operationellen Programm in Brandenburg ist ein GA- Nachrangdarlehen vorgesehen. Die entsprechenden Richtlinien des Wirtschaftsministeriums liegen dort vor. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sieht man für die EFRE-Förderperiode 2007 bis 2013 eine GA-Darlehensförderung vor. Sachsen-Anhalt plant ähnliche Modelle.

Wenn wir ein derartiges Modell fahren würden, stünde Sachsen bei dem Versuch einer strukturellen Anpassung von Teilen der Fördermittelvergabe nicht allein. Dabei ist jedoch klar, dass immer die Aspekte des Standortwettbewerbs berücksichtigt werden und dass sich ein revolvierendes Instrument, ein revolvierender Fonds nicht in allen Bereichen sinnvoll umsetzen lässt. Deshalb die vorsichtige Erprobung und die Nutzung der Erfahrung, die andere neue Bundesländer dort gesammelt haben. Damit bin ich wieder bei meinem berühmten Spruch von Bismarck: „Natürlich lernt man am liebsten aus den Fehlern anderer, aber man muss natürlich auch eigene Erfahrungen sammeln, nach Möglichkeit keine schmerzhaften.“

Mit dem Antrag wird überhaupt keine komplette Umstellung der Förderung auf revolvierende Instrumente beabsichtigt. Man muss einfach nach neuen Lösungen suchen, Fördermittel mehrmals zu verwenden, um eine langfristige Förderung in Sachsen zu sichern – und auch die damit verbundenen Wohltaten für den Wirtschaftsstandort Sachsen.

Die zweite angesprochene Dimension von Fonds ist die intertemporäre, also die zeitentzerrende. Durch die Einrichtung von Fonds ist es auch möglich, die Mittelherkunft vom Mittelabfluss zu entkoppeln. Dadurch ist eine vereinfachte, konstante und vor allem kostenoptimierte Förderung vorstellbar. Mit einem solchen Fonds wäre eine Förderung auch mit geringerer Bürokratie, mit einer Optimierung des Subventionsmitteleinsatzes und einer – ich nenne es ganz einfach so – Kundenfreundlichkeit verbunden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen mit diesem Antrag neue Wege suchen. Wir wollen das, was wir an Erfahrungen gewonnen haben, einsetzen, uns aber auch der Herausforderung nicht verschließen, dass die Fördermittel in Zukunft vom Bund über den Solidarpakt II, auch über die EU zurückgehen. Wir wollen den Fördermitteleinsatz zeitlich möglichst lange strecken und verstetigen.

Deshalb stimmen Sie unserem Antrag bitte zu. Es ist kein totales Neuland, auch andere gehen diese Wege. Wir wollen mit vorsichtigen Schritten, aber sehr zielbewusst mit Modellen in diese Richtung gehen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die zweite einreichende Fraktion, die SPD, vertreten durch Herrn Pecher, erhält das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir große Zustimmung zu diesem Antrag bekommen werden.

Gestatten Sie mir, eingangs auf die Ausführungen meines geschätzten Kollegen Dr. Rößler einzugehen. Ich denke, unser gemeinsames Ziel, Förderung auf hohem Niveau in Zukunft zu erhalten, ist unstrittig. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass das Thema Investitionsquote nicht zwingend etwas mit dem Rückgang der Fördermittel zu tun hat, und ich denke, wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Förderung damit verbunden war, dass sich eine Infrastrukturlücke schließt. Das heißt, dass wir natürlich in Zukunft Investitionen zurückfahren müssen. Wenn wir das negieren würden, würden wir einräumen, dass wir diese Mittel nicht zur Schließung einer Infrastrukturlücke verwandt haben. Daher hat die Höhe der Investitionsquote nicht immer zwingend etwas mit der Höhe der verfügbaren Fördermittel zu tun.

Es gibt Fördermittel für die unterschiedlichsten Bereiche, in der Landwirtschaft, Umwelt, Infrastruktur, im Verkehr, im Stadtumbau, in den Kommunen bzw. in der Wirtschaft, und dort besonders in der Wirtschaftsförderung. Aber auch im sozialen Bereich gibt es Förderung. Ein typischer und im Übrigen revolvierender Fonds ist das BAföG. Sie werden bekanntermaßen auch unterschiedlich gespeist.

Generell unterscheidet man zwischen Zuschuss und Darlehen. Instrumente wie Bürgschaften und Beteiligungskapital möchte ich einmal bewusst außen vor lassen.

Zuschussprogramme haben ihren Sinn in Förderbereichen, die nicht unmittelbar einen refinanzierbaren Nutzen haben, wie Straßenbau, Kommunen, Stadtumbau, Sportstätten etc. Allerdings sind hier die Ansprüche an die Bearbeitung für Antragsteller und Bearbeiter hoch und bürokratisch, insbesondere die Verwendungsnachweisführung aufgrund der Anforderungen der EU ist extrem aufwendig. Für jeden ausgereichten Euro haben wir einen enorm hohen Verwaltungsaufwand. Allerdings entfalten sie ihre Förderwirkung relativ kurzfristig und unmittelbar.

Darlehensprogramme – revolvierende Fonds sind letztlich nichts anderes – dagegen haben hierbei geringere Anforderungen, besonders, wenn sie vernünftig gesichert werden, weil sie eben kein Zuschuss sind, weil sie refinanziert sind und wir dort nur den Zinsvorteil absichern müssen. Sie könnten in den Bereichen Sinn machen, in denen eine direkte Vermarktung stattfindet und ein direkter Gewinn erfolgt bzw. zu erwarten ist: Marktimplementierung, Patententwicklung, Betriebsansiedlung, Produktionsstättenbau, aber auch anwendungsnahe Forschung, oder auch dort, wo Eigenkapital am Markt, insbesondere für KMU, nicht zu organisieren ist. Letztlich entscheidet darüber, welche Förderung vorgenommen wird, wer die Mittel gibt und welches Bestimmungsrecht, welches Ziel man verfolgt.

Revolvierende Fonds haben dabei den Charme, dass man die bereitgestellten Mittel strecken – Herr Rößler hat es bereits ausgeführt – und damit mehrfach verwenden kann. Man verwendet also den Euro mehrfach und streckt dazu noch die zeitliche Anwendung. Diesem Charme steht jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten gegenüber; ich will nicht unbedingt Nachteile sagen. Revolvierende Fonds sind eigentlich nichts anderes als Darlehensprogramme, ich sagte es bereits. Der Staat kann dabei Bedingungen schaffen, die neben der Eingrenzung der Gewährung, also des Förderzieles, erhebliche Risiken für den revolvierenden Charakter in sich bergen.

Hoher Mittelabfluss und damit schnelle Förderwirkungen – im Allgemeinen immer das Ziel – werden erzeugt durch ein breites Förderspektrum, geringe Prüfungsanforderungen, niedrigen Zinssatz, geringe Tilgungsraten und damit lange Laufzeiten, Tilgungsfreiheit bis hin zu Bonussystemen, zum Beispiel für den Erlass von Verbindlichkeiten bei Erreichung bestimmter Ziele, wie beispielsweise der Schaffung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen, sowie nachrangige Besicherung bis hin zur Besicherungsfreiheit. All dies kann allerdings zu Substanzverlust aufgrund von Rückzahlungsausfällen führen und es im Extremfall schließlich wieder zu einem reinen Zuschussprogramm verkommen lassen.

Die entgegengesetzten Handlungsweisen, besonders die strengere Antragsprüfung, die Besicherung und ein adäquater Zinssatz, führen dazu, dass sich revolvierende Fonds am Markt der unterschiedlichen Darlehens- und Förderprogramme behaupten müssen, also nachgefragt werden müssen, und das unter dem derzeitigen – ich behaupte, den gibt es – Förderinstrumentenüberhang. Das

heißt, die Markteinführung eines solchen Instrumentes ist, zumindest zurzeit, äußerst schwierig.

Dies führt dazu, dass diese Fonds unter Umständen langsam abfließen, ihre Förderwirkung klein ist und die Fonds insgesamt zu langsam sind. Umso spannender ist es, zu untersuchen, wie wir die vorhandenen finanziellen Ressourcen nutzen können. Dabei spielt es für mich in erster Linie keine Rolle, ob diese weniger oder mehr werden; denn es ist eine ständige Aufgabe, zu untersuchen, wie effizient und nachhaltig sie einzusetzen sind.

Diesem Ziel dient unser Antrag. Ich bitte um Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Dr. Matthias Rößler und Dr. Rolf Jähnichen, CDU)

Danke. – Herr Hilker, Sie sprechen für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Rede von Herrn Rößler könnte man annehmen, dass es um eine Weichenstellung in der Förderpolitik geht, dass die Weichen in eine andere Richtung umgelegt werden sollen und dieser Antrag dementsprechend besonders wichtig sei. Er hat hier auch verschiedene Ideen geäußert. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass dieser Antrag schon sechs Monate alt ist und von den Koalitionsfraktionen erst in den Wirtschaftsausschuss überwiesen wurde, noch ohne Antwort der Staatsregierung – die von den Koalitionsfraktionen übrigens bis heute nicht eingefordert wurde –, dass der Antrag dann Anfang Januar hier im Landtag debattiert werden sollte und jetzt wiederum auf der Tagesordnung steht, weil er damals abgesetzt wurde. Herr Rößler, es ging in diesem Antrag auch nicht darum, dass der Landtag über Ihre Ideen abstimmt, sondern Sie fordern, dass die Staatsregierung darlegt, wie sie die nachhaltige Finanzierung sieht, um zu ermitteln, welche Förderprogramme entsprechend auf revolvierende Fonds und andere Modelle umgelegt werden können.

Dies alles ist nicht neu, dies alles wird nicht erstmals im Landtag gefordert, sondern ich möchte daran erinnern, dass es unsere Fraktion war, die schon 1996 darauf aufmerksam gemacht hat, dass man überlegen muss, welche Programme man von der Zuschussförderung auf eine entsprechende Darlehensförderung umstellen kann.