Protocol of the Session on December 7, 2022

Durch die Debatte rund um Stahl und Automobil wurde uns eines doch oft klar, und Herr Thielen, da bin ich bei Ihnen: Alles hängt mit allem zusammen - die Branchen miteinander, der öffentliche Dienst, der dafür sorgt, dass wir am Ende auch all jenes, was wir hier diskutieren, ordentlich umsetzen können, aber auch die Kommunen, das Gesundheitswesen, die Bildung; alle profitieren voneinander, und wir müssen dafür sorgen, dass das Grundfundament, der Kern eben bestehen bleibt.

22.000 Menschen waren im Jahr 2016 auf der Straße. 22.000! Sie waren auf der Straße, um dafür zu kämpfen, dass Stahl im Saarland eine Zukunft hat. Bundesweit waren es ungefähr 45.000. Das zeigt, wie das Saarland und die Menschen hier an der Stahlindustrie hängen. Ich durfte damals selbst vor 10.000 Menschen sprechen - Anke war auch dabei - und habe gespürt, wie das die Menschen im Kern erschüttert, wenn sie nicht mehr wissen, ob bei jener Industrie, die dafür sorgt, dass Wohlstand in unserem Lande ist, in Zukunft das Licht ausgeht.

Die Probleme waren damals schon herausfordernd, aber die Probleme heute, das, was Finanzminister Jakob von Weizsäcker eben angesprochen hat vor dem Hintergrund des Krieges, des Energiepreisschocks und vielem anderen, sind noch größer. Hier kommen gewaltige Herausforderungen auf uns zu. Ziel muss sein,

dass die Politik - das war die klare Aufforderung damals von allen - sich um jedes Problem kümmert, dass sie nicht wegschaut. Es ist die Aufgabe von Politik, diese Dinge anzupacken. Viele Jahre lang wurden Verantwortlichkeiten hin und her geschoben, vom Land zum Bund zur EU und wieder zurück. Die Menschen wussten nicht mehr, wem sie glauben konnten. Wer packt dieses Problem an, wer löst es? - Durch Projekte der EU, zum Beispiel IPCEI und andere, ist es jetzt möglich, dass Unternehmen Gelder beantragen, damit am Ende dieser Change gelingt. Doch das reicht nicht, denn es bleibt immer ein Eigenanteil des Landes, wie wir im Wirtschaftsausschuss, als die Kolleginnen und Kollegen der Stahlindustrie und vom INFO-Institut da waren, gehört haben. Nur mit diesem Eigenanteil können am Ende die Zuschüsse fließen.

In der letzten Woche wurde eines klar, das können wir - das gilt für die demokratischen Parteien hier im Land - hier selbstbewusst sagen: Nachdem wir seit 2015 dafür gekämpft haben - 22.000 Menschen waren auf der Straße -, wurde letzte Woche nun verkündet, dass grüner Stahl im Saarland Zukunft hat. Und das kommt nicht irgendwo her, sondern das kommt daher, dass diese Landesregierung jetzt eben das gemacht hat, was wir seit Jahren einfordern, nämlich handeln und nicht nur über Probleme reden, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Es ist ja hier so eine Art Running Gag: „Was bringt Frau Rehlinger aus Berlin mit? Wo ist der Scheck?“ Da frage ich: Was hat Tobias Hans, was hat AKK aus Berlin mitgebracht? Was haben sie aus Brüssel mitgebracht?

(Längerer Zuruf des Abgeordneten Schä fer (CDU).)

Sie haben genauso wenig mitgebracht! Der Unterschied ist nur, dass wir nicht eine andere Ebene beschuldigen - jetzt schreie ich doch wieder. Nein, wir machen den Transformationsfonds und packen es selbst an. Das ist Politik im Land, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

(Beifall von der SPD.)

Deshalb werden wir bis 2030 durch diese Investitionen von rund 3,5 Milliarden Euro die Dekar bonisierung der Stahlindustrie hinbekommen. Dadurch werden rund 55 Prozent CO2-Ausstoß eingespart. Wer dann noch fragt: „Ist das ein tolles Klimaschutzprojekt?“, dem sagen wir: Es geht noch weiter. Die mittelfristige Planung sieht eine Einsparung bis zu 80 Prozent vor. Das ist die Verbindung von Ökonomie und Ökologie, und darauf können wir stolz sein, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

(Abg. Ahr (SPD) )

Zum Thema Verschuldung. Ich weiß nicht, wie das bei der CDU ist, vielleicht gibt es da einen reichen Onkel, der sein Haus direkt cash bezahlt. Aber wenn wir für die Generationen nach uns ein Haus, ein Fundament aufbauen, dann geht das eben nur,

(Zuruf des Abgeordneten Wagner (CDU) )

wenn wir Geld in die Hand nehmen, um es abzubezahlen. Das werden wir dann am Ende auch sehen. Die größte Verschuldung entsteht, wenn man nichts oder zu wenig macht. Das sollte man sich noch einmal überlegen!

(Beifall von der SPD.)

An dieser Stelle will ich nur kurz auf das politische Geschäft in Berlin verweisen, wo beispielsweise Betriebsräte-Stärkungsgesetze von der Union verhindert wurden. - Wir müssen uns noch mal überlegen, warum diese Investitionen im Saarland überhaupt möglich waren. Das liegt an der Eigentümerstruktur, die damals bei der SHS mit der Montanstiftung umgesetzt wurde. Es liegt an der Montanmitbestimmung, die in Aufsichtsräten Arbeitnehmervertreter hat, die dann am Ende auch einen heißen Draht zur Politik haben und dort die Probleme anbringen können. Wir können diskutieren, um uns gemeinsam auf den Weg zu machen, damit das alles gelingen kann.

Deshalb möchte ich mich an der Stelle für einen - ich will nicht „Kampf“ sagen - Einsatz bedanken, übrigens auch bei der CDU, aber ganz besonders natürlich bei meiner Fraktion und auch bei dir, lieber Jürgen Barke und dir, liebe Anke Rehlinger, für den Kampf seit 2015. Jetzt haben wir zumindest ein Teilziel erreicht. Wir müssen da weitermachen. Aber euch für diese Ausdauer ein herzliches Dankeschön!

(Beifall von der SPD.)

Die Frage nach der Stahlindustrie und den Branchen hängt natürlich auch maßgeblich an der Infrastruktur, das wird immer mehr einer der wesentlichen Standortfaktoren, die es zu betrachten gilt. Gerade deshalb - Jakob, du hast es gesagt - geht es um drei I. Es geht auch um Infrastruktur und es geht darum, dass wir mit diesem Land Wasserstoffregion werden. Auch deshalb ist der Transformationsfonds notwendig, genauso natürlich für die notwendigen Investitionen in Innovation in diesem Land.

Von daher ist der Expertenrat mit all seinen Mitgliedern auch ein Mechanismus, der dafür sorgt, dass auch mal kritisch über Dinge diskutiert werden kann. Es ist ein weiterer Mechanismus zusätzlich zu den parlamentarischen Kontrollfunktionen. Ich möchte sagen, dass dieser Fonds etwas schafft: Er schafft Zusammenhalt. Wir werden es mit diesem Fonds schaffen, das, was uns jahrelang gefehlt hat, jetzt hier zu organisieren, im Saarland, vor Ort. Deshalb kann

ich diese Verschieberei der Zuständigkeiten hin zur Bundesebene nicht mehr hören. Wir haben jetzt in einem halben Jahr gezeigt, dass das auch mit der Bundesebene funktioniert, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall von der SPD. - Mehrere Zurufe der Abgeordneten Schäfer (CDU) und Commerçon (SPD). - Unruhe.)

Zum Kollegen Schäfer komme ich gleich noch. - Dabei geht es mir aber nicht nur um rein wirtschaftliche Aspekte. Nein, es geht mir auch um Fragen von Arbeit und Ausbildung, sie sind integraler Bestandteil dieses Strukturwandels und auch Voraussetzung für dessen Gelingen. Sie sind wichtig für die Zukunft, für all das, was wir in Zukunft bezüglich des Fachkräftemangels diskutieren. Und genau die Branchen, um die es jetzt geht, die durch den Transformationsfonds profitieren sollen, die bilden aus! Die haben eine Gewerkschaft im Haus, die Tarifverträge aushandelt, die haben einen Betriebsrat, der sich für die Arbeitsbedingungen einsetzt, und das auf einem hohen Niveau. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir erhalten!

(Beifall von der SPD.)

Ein Punkt, der mir wichtig ist: Wir stärken auch die duale Berufsausbildung. Wir geben nicht nur Studenten, die es natürlich auch unbedingt brauchen, sondern mit dem Meisterbonus auch den Menschen, die eine Meisterausbildung machen, eine Chance oder ein Goodie obendrauf, damit sie auch in der beruflichen Bildung noch eine Schippe drauflegen können. Es gilt weiter das Versprechen von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit, egal ob für Meister oder Master. Dafür stehen wir weiterhin, und das ist gut so.

Deshalb ist es auch richtig, dass wir über arbeitsmarktpolitische Instrumente für diesen Strukturwandel sprechen, lieber Magnus. Das macht ihr, und das macht ihr gut, und es ist auch notwendig, dass das passiert.

Ich will zum Ende noch einen Punkt ansprechen, gerade im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit Berlin. Jetzt wird sich das Arbeitsministerium um die saarländischen Themen kümmern. Wir haben in Berlin über das Thema Bürgergeld diskutiert, das wird uns helfen. Von daher packen wir den Strukturwandel auf Landes- und Bundesebene an und sorgen für gute Arbeit, für Arbeit in Würde. Darauf können wir stolz sein, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Lieber Raphael Schäfer, im Plenum reinrufen und Gas geben, das finde ich okay, das mache ich auch. Ein- oder zweimal habe ich das schon gemacht, ich weiß. Ich mache es auch nur für Sie.

(Abg. Ahr (SPD) )

(Heiterkeit.)

Ich sage aber auch: Wenn ich eine Rhetorik höre wie: „Wir treiben euch“, „Wir werden euch treiben“, dann kommt mir das sehr ähnlich vor wie Aussprüche einer anderen Partei auf Bundesebene, nämlich: „Wir jagen euch“!

(Lautstarker Widerspruch von der CDU.)

Und davon, lieber Raphael, würde ich Abstand nehmen, denn das ist keine gute Politik, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

(Beifall von der SPD. - Zurufe der Abgeordne- ten Wagner (CDU) und Schmitt-Lang (CDU).)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Strukturwandel ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir haben die richtige Ausrüstung, wir haben die richtigen Laufschuhe und wir kennen den Weg ins Ziel. Lasst uns gemeinsam starten. In diesem Sinne: Glück auf!

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Herr Kollege. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Das Wort hat nun die Ministerpräsidentin des Saarlandes Frau Anke Rehlinger.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Wir leben sicherlich in ganz besonderen Zeiten.

(Sprechen.)

Vieles ist schneller, vieles ist krisenbehafteter, vieles geschieht gleichzeitiger als jemals zuvor.

(Sprechen und Unruhe.)

Bitte entschuldigen Sie, Frau Ministerpräsidentin. - Ich möchte Ruhe im Saal, sodass wir der Rednerin folgen können. Danke.

(Sprechen.)

Das gilt auch für Sie, Herr Fraktionsvorsitzender Commerçon, bitte.

Schneller, krisenhafter, gleichzeitiger, das sind nur einige Merkmale, die die Zeiten kennzeichnen, in denen wir leben. Man kann sicherlich unzweifelhaft sagen, dass es angesichts dessen, was Politik, Gesellschaft und dort jeder Einzelne zu leisten hat, ganz große Aufgaben und ganz große Herausforderungen sind, vor denen wir stehen. Ich sage aber auch, große Aufgaben

erfordern große Antworten. Dieser Haushalt ist zusammen mit dem Transformationsfonds exakt eine große Antwort auf die großen Aufgaben dieser Zeit.

(Beifall von der SPD.)

Noch nie hat der saarländische Landtag in einer Sitzung im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen für ein Jahr und die darauffolgenden Jahre, für das Jahrzehnt, eine so große Summe beschlossen. Insofern ist es natürlich und selbstverständlich, dass es dazu eine spannende, gegebenenfalls gerne auch kontroverse Debatte gibt, aber am Ende muss man sich entscheiden: Will man lieber auf Nummer sicher gehen oder will man aktiv die Aufgaben angehen, nach vorne marschieren und die Zukunft gestalten? Ich sage, mit diesem Haushalt sind wir auf allen drei Feldern am Ball, bei denen es darauf ankommt, dass ein gut aufgestellter Staat das tut, was man von ihm erwartet: Wir managen die Krise, wir erledigen das Kerngeschäft und gehen die Zukunftsgestaltung beherzt an. Alle drei Felder spiegeln sich im Haushalt und im Transformationsfonds wider.