Protocol of the Session on April 24, 2024

(Beifall von der AfD.)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schaufert. Ich eröffne die Aussprache. Es sind Wortmeldungen eingegangen. - Für die SPD-Landtagsfraktion erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Damhat Sisamci.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Beim Besprechen der Polizeilichen Kriminalstatistik gilt es, nichts zu beschönigen, über nichts hinwegzutäuschen. Wir müssen über die Entwicklung von Kriminalität sprechen, gleichgültig, von wem sie ausgeht, gleichgültig, ob sie von Menschen mit deutschem Pass oder ohne deutschen Pass ausgeht, ob sie von Erwachsenen oder von Jugendlichen ausgeht. So weit, so klar.

Doch es ist auch klar, welchen Plan - wir haben es ja gerade wieder gehört - die AfD mit diesem Antrag verfolgt: Es geht um die Darstellung, die Ausländer und deren Kinder seien über Generationen hinweg immer Kriminelle. Sie wollen ein Bild zeichnen, wonach alle, die zu uns geflüchtet sind, Straftaten begangen haben. Dabei verpassen Sie es, die Fragen zu stellen, die uns wirklich voranbringen würden, deren Beantwortung uns ernsthaft aufzeigen könnte, wie wir Prävention betreiben könnten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, welche Rahmenbedingungen sorgen denn dafür, dass Men

(Abg. Schaufert (AfD) )

schen kriminell werden? Gibt es etwa einen Zusammenhang zwischen Kriminalität, sozialem Umfeld, Bildungsgrad und räumlicher Wohnsituation? Und nein, mir geht es nicht darum, das Bild zu zeichnen vom armen Ausländer, der eigentlich das Opfer ist. Nein, mir geht es auch nicht darum, irgendetwas zu beschönigen oder über irgendetwas hinwegzutäuschen. Wer hier in unserem Land gegen Gesetze verstößt, der gehört bestraft, egal welchen Pass er hat, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

An die Herren der AfD gerichtet - es sind ja nur noch zwei von Ihnen anwesend, Herr Becker ist teilweise anscheinend Hobbyabgeordneter; zu spät gekommen, zu früh gegangen - die Frage:

(Zurufe.)

Interessieren Sie sich wirklich dafür, dass unsere blonde Fraktionsgeschäftsführerin mit dem deutschen Namen ein Kaugummi klaut und ihre Mutter einen Migrationshintergrund hat? Oder interessieren Sie sich viel eher dafür, wenn mein Bruder einen Kaugummi klaut? Wenn unser Fraktionsbeschäftigter mit dem deutschen Namen eine Schlägerei beginnt, interessieren Sie sich wirklich dafür, dass er als Kind aus dem Ausland adoptiert wurde? Ich glaube nicht. Aber wenn unser wissenschaftlicher Mitarbeiter, der schwarz ist, eine Schlägerei beginnt, dann wollen Sie das sicher in der Kriminalstatistik erfasst haben. Wissen Sie, wie man das nennt? Rassismus. Punkt.

(Beifall von der SPD.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die AfD verhält sich scheinheilig. Denn es sind doch gerade AfDler, die durch heftige Straftaten auffallen. Unter den Verurteilten ‑ ‑

(Abg. Schaufert (AfD) : Und alle mit Migrati onshintergrund.)

Herr Schaufert, das ist ja unglaublich: Die Straftäter der AfD haben einen Migrationshintergrund! - War das jetzt eine ernsthafte Aussage von Ihnen?

(Abg. Schaufert (AfD) : Nein, aber das ist ge nauso ernsthaft wie Ihre Rede!)

Gegen 28 Politiker und Mitarbeiter der AfD liegen erstinstanzliche Urteile vor. Die Vorwürfe: gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Verletzung von Dienstgeheimnissen, Waffendelikte, Beleidigung und Volksverhetzung. Und Sie wollen über Sicherheitspolitik und Rechtsstaatlichkeit reden? Kehren Sie lieber mal vor Ihrer eigenen Haustür!

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur einmal ein kleiner Überblick über die Überschriften der Presse der vergangenen zehn Tage zur AfD: Deutschlandfunk: „Prozess gegen AfD-Politiker Höcke wegen Verwendung von NS Parole“. MDR: „FBI befragt AfD-Politiker Krah wegen Verdacht auf mögliche russische Zahlungen“. Berliner Morgenpost: „Razzia bei der AfD Niedersachsen - Illegale Parteispenden?“. Badische Neueste Nachrichten: „Angebliche Randale im Drogenrausch: AfD-Politiker in Thailand im Polizeigewahrsam“. DER WESTEN: „AfD: Diebstahl und Körperverletzung - irre Vorwürfe gegen EU-Politiker“. DER SPIEGEL: „Spionage für China - Mitarbeiter von AfD-Mann Maximilian Krah suspendiert (…) Zuvor hatte ihn der Generalbundesanwalt festnehmen lassen.“ Sie sind keine glaubwürdige Stimme für Sicherheitspolitik in Deutschland. Sie sind ein Sicherheitsrisiko für unser Land. Wer will denn ernsthaft den Bock zum Gärtner machen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD.)

Abschließend will ich sagen: Wir reden heute über einen Antrag über die Polizeiliche Kriminalstatistik, und ich finde es echt bezeichnend, dass die AfD es schafft, diesen Antrag vorzubringen, ohne auch nur mit einem Wort denjenigen, die früh, mittags, nachts, am Wochenende oder an Feiertagen bei der Polizei arbeiten, ihren Dank auszusprechen. Ich denke, ich spreche da für alle Demokratinnen und Demokraten hier im Haus: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Polizei, vielen Dank für eure Arbeit!

(Beifall von der SPD.)

Wir lehnen den Antrag selbstverständlich ab.

(Beifall von der SPD.)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Sisamci. - Herr Fraktionsvorsitzender Dörr hat eine Kurzintervention angezeigt,

(Stöhnen bei der SPD)

die ich zulasse. Ich bitte um das Saalmikro.

Ich habe schon gehört, meine Kurzintervention stößt auf Freude bei der SPD. - Herr Sisamci, Sie haben hier einen sehr unsachlichen Vortrag gehalten und Sie haben innerhalb dieses unsachlichen Vortrags viel dummes Zeug geredet.

(Zurufe. - Sprechen.)

(Abg. Sisamci (SPD) )

Herr Fraktionsvorsitzender Dörr, ich bitte Sie doch, sich bei Ihrer Wortwahl an die Tradition des Hohen Hauses zu halten und keine Beleidigungen gegenüber Abgeordnetenkollegen vorzutragen.

Ich bin aber auch eigentlich angegriffen worden, indem man Leute aufgezählt hat, die zu meiner Partei gehören und das praktisch mit mir verbunden und uns so hingestellt hat, als seien wir Kriminelle. Ich werde Ihnen mal Folgendes sagen.

Herr Dörr, auch hier bitte ich, zur Sachlichkeit zurückzukehren. Es war eine sachliche Rede von Herrn Kollege Sisamci, der Sie in seiner Rede nicht persönlich angegriffen hat. Und deshalb bitte ich darum, dass wir uns hier nicht gegenseitig angreifen und die Würde des Hohen Hauses in aller Sachlichkeit auch weiterhin tragen.

Abg. Dörr (AfD) mit einer Zwischenfrage:

Ich versuche das eigentlich immer. - Ich komme zum Punkt. Der Punkt war der: Herr Schaufert hat im Namen unserer Fraktion beantragt, dass bei den kriminellen Handlungen festgestellt wird, wer das ist. Daran kann ja nichts verkehrt sein. Sie haben selbst ja Punkte aufgeführt, soziale Herkunft, Schwierigkeiten in der Familie. Viele Dinge werden ja auch erfasst, und warum nicht auch die Nationalität? Das ist eine ganz sachliche Sache.

Was Ihre Kritik dieser AfD-Politiker betrifft, kann ich Ihnen eine Liste vorlegen, auf der mehrere Hundert Leute von der SPD in Deutschland drauf sind, die straffällig geworden und verurteilt worden sind. Wenn Sie wollen, bringe ich das in der nächsten Sitzung mit. - Herzlichen Dank.

Herr Abgeordneter Sisamci, Sie möchten erwidern. Dann bitte ich auch hier um das Saalmikrofon.

Die Liste würde ich wirklich sehr gerne mal sehen. - Es ist aber so, dass einer der zwei Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl anscheinend mit 20.000 Euro bezahlt wurde, um andere Interessen zu verfolgen.

(Zuruf des Abgeordneten Dörr (AfD).)

Anscheinend reichen für die AfD 20.000 Euro, um das Vaterland zu verraten. Ihr seid ein Haufen vaterlandsloser Gesellen, und nichts mehr!

(Beifall von der SPD.)

Herr Sisamci, auch an Sie die Rüge: Bleiben Sie bitte sachlich und beleidigen Sie keine Abgeordneten des Hohen Hauses. - Vielen Dank.

Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Wir fahren nun fort in der Aussprache, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich erteile nun für die CDULandtagsfraktion das Wort Frau Abgeordneter Anja Wagner-Scheid.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Ich mache es zu Beginn kurz und stelle fest: Der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion und die Ausführungen des Kollegen Schaufert sind schlichtweg populistisch. Es geht aber hier um ernste Themen, mit denen wir uns ernsthaft und gewissenhaft im Parlament befassen müssen und befassen werden. Dem wird der vorliegende Antrag eben nicht gerecht, deshalb werden wir, die CDU-Fraktion, diesen Antrag ablehnen.

(Beifall von der CDU.)

Ich empfehle uns bei dem Thema weniger Emotionalität und mehr Sachlichkeit. Die Polizeiliche Kriminalstatistik, die uns vor einigen Tagen im Bund, aber auch hier im Saarland vorgelegt wurde, ist eine Wissenschaft für sich, hoch spannend und sehr komplex. Es geht um die Zusammenstellung aller der Polizei bekannt gewordenen strafrechtlichen Sachverhalte unter Beschränkung auf ihre fassbaren wesentlichen Inhalte. Sie soll damit im Interesse einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung zu einem überschaubaren und möglichst verzerrungsfreien Bild der angezeigten Kriminalität führen. Die am 09.04. vorgestellte bundesweite PKS und auch die am gleichen Tag vorgestellten saarländischen Zahlen geben uns im saarländischen Parlament wichtige Hinweise.

Der vorliegende Antrag der AfD ist aber nicht nur populistisch, sondern inhaltlich und sachlich falsch. Die PKS spricht ausschließlich von Tatverdächtigen. Tatverdächtig ist danach jeder, der nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte verdächtig ist, eine rechtswidrige Tat begangen zu haben. Ob ein Tatverdächtiger ein Straftäter ist, das entscheiden die Gerichte. Von der PKS ist nämlich die Strafverfolgungsstatistik der Justiz ganz klar zu unterscheiden. An der Stelle schadet ein bisschen Aufklärungsarbeit

im Parlament nicht, wenn man als Abgeordneter zugange ist. Diese Begrifflichkeit der Tatverdächtigen und der Straftäter werden im Antrag munter durcheinandergeworfen.

Zweiter Punkt: Der Antrag fordert, die saarländische PKS zu erweitern um die Staatsangehörigkeiten der Tatverdächtigen. Das ist aber schlichtweg gar nicht möglich. Es gibt nämlich bundesweit einheitliche und bundesweit vereinbarte Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik. Das sind die zwischen Bund und Ländern getroffenen verbindlichen Vereinbarungen der Erfassung der Daten in der PKS, und ein Alleingang ist für das Saarland gar nicht möglich.

Eigentlich könnte ich jetzt mit dem Blick auf diesen bescheidenen Antrag meine Ausführungen schließen, aber ich glaube, es ist notwendig, bei dem Thema auch einige grundsätzliche und grundlegende Anmerkungen zu machen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da die Kriminalitätsentwicklung ein wichtiges Thema ist und uns auch Rückschlüsse für unsere Arbeit gibt, möchte ich einige wenige Zahlen nennen, die uns in den letzten Tagen bekannt geworden sind.

Vom Jahr 2022 zum Jahr 2023 sind die Fallzahlen bundesweit um 5,5 Prozent gestiegen und im Saarland sogar um 5,9 Prozent. Ich kann deshalb feststellen: Mit der roten Ampel ist Deutschland unsicherer geworden, aber auch das Saarland ist unsicherer geworden.