Protocol of the Session on May 13, 2020

Produktion ebenfalls auf Wasserstoff umstellt, wird diese Produktion nicht dort stattfinden können, wo die Industriestromkosten die höchsten der Welt sind. Deshalb noch mal die Forderung: Lassen Sie den Unfug Green Deal, wehren Sie sich dagegen! Es bringt unserem Saarland nichts, es kostet nur und bringt unserer Automobil- und Stahlindustrie erst recht nichts. Setzen Sie sich für eine Aussetzung des Zertifikatehandels ein und setzen Sie sich schließlich für eine Aussetzung des Kohleausstiegs ein. Kein Land auf dieser Welt ist so naiv, dass es zunächst auf die sichere und kostengünstige Energieversorgung aus Kernkraft verzichtet und parallel dazu beginnt, auf den letzten einheimischen Energieträger zu verzichten. Mit dieser Politik nehmen Sie vielen Industrieunternehmen, aber auch allen daran hängenden Zulieferern und Dienstleistern die Chance, halbwegs unbeschadet aus dieser jetzt schon schlimmsten Rezession der Nachkriegszeit zu kommen.

Abschließend noch ein Wort zur Automobilindustrie. Jeder von Ihnen weiß um die schwierige Lage von Ford in Saarlouis, und jeder von Ihnen weiß um die schwierige Lage der Automobilzulieferer, ob sie nun ihre Werke in Homburg, Wellesweiler, Sulzbach oder im Supplierpark in Saarlouis oder sonst wo im Land haben. Am Beispiel Ford sind exemplarisch und im wahrsten Sinne des Wortes alle Probleme des Automotive-Sektors fokussiert, und das auch schon seit Jahren. Wenn also die Corona-Krise hoffentlich irgendwann vorbei ist und man sich vielleicht langsam an das Vorkrisen-Niveau der Produktion heranarbeitet, schwebt ab 2021 über dem gesamten Sektor das Damoklesschwert des CO2-Flottengrenzwerts. Ob Ford Saarlouis oder der gesamte Automobilsektor diese enorme zusätzliche Belastung überleben kann, vermag heute keiner von uns zu sagen.

Was wir aber tun können, und insbesondere die Kollegen aus den Fraktionen von CDU und SPD und natürlich die Landesregierung: Setzen Sie sich in Berlin bei der Bundesregierung, im Bundesrat, bei Ursula von der Leyen und bei Ihren Parteifreunden im EU-Parlament dafür ein, dass die hochgefährliche und potenziell disruptive Begrenzung des Flottengrenzwerts für den CO2-Ausstoß ab 2021 mindestens bis 2030 ausgesetzt wird. Die Beschäftigten im Automobilsektor, nicht nur im Saarland, werden es Ihnen danken. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

Zum Antrag von CDU und SPD-Fraktion: Ich hätte inhaltlich einiges zu Ihrem Antrag zu sagen, allein mir fehlt die Redezeit dazu.

(Zuruf.)

Ich halte es für einen Witz, dass wir als Opposition für eine Regierungserklärung, einen Gesetzentwurf und zwei Beschlussanträge lediglich 16 Minuten plus Bonusredezeit bekommen. Vielleicht könnte

(Abg. Hecker (AfD) )

das Erweiterte Präsidium künftig hier eine andere Regelung finden.

(Weiterer Zuruf.)

Im Übrigen sind wir der Meinung, dass der Antrag nicht behandelt werden kann, da er nicht die Formvorschriften von § 30 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages erfüllt.

Zum Gesetzentwurf der LINKEN: Wir tragen den Entwurf mit wie auch den Großteil der Begründung, die der Kollege Lafontaine geliefert hat, soweit sie den Gesetzentwurf betrifft. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD.)

Ein Hinweis: Die AfD hatte 20 Minuten Redezeit.

(Abg. Hecker (AfD) : Das habe ich nicht bestritten.)

Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich nochmals darauf hin, dass sich die Fraktionen auf eine Redezeit im Umfang des doppelten Grundredezeitmoduls verständigt haben. - Ich eröffne nun die Aussprache. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Ulrich Commerçon.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum letzten Redebeitrag zitiere ich nur kurz meinen Kollegen Eugen Roth, der dazwischengerufen hatte: „Das war Kappes!“ Vielleicht wird er das in der weiteren Aussprache wiederholen. Es macht deutlich, wie offenkundig die Schwerpunkte in dieser Debatte bei der einen Fraktion in diesem Haus sind. Sowohl in der Aussprache zur Regierungserklärung als auch in der Corona-Debatte leugnen Sie mal wieder zwischen den Zeilen den Klimawandel.

(Abg. Hecker (AfD) : So ein dummes Zeug!)

Ich finde, das sagt an dieser Stelle schon alles. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir hatten ansonsten bisher von allen Seiten des Hauses eine sehr gute Debatte. Ich möchte nicht die ganzen Danksagungen wiederholen - an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, natürlich auch an die Landesverwaltung. Ich möchte all denjenigen nochmals Danke sagen, die bereits genannt worden sind und vielleicht etwas scherzhaft auch noch die erwähnen, die dem Lagerkoller im Homeoffice einigermaßen glücklichen entkommen sind - und ich weiß, wovon ich rede.

Ich will auch feststellen: Gesellschaftlich insgesamt hat diese Ausnahmesituation weitestgehend unseren Zusammenhalt gestärkt. Das ist nicht zuletzt auch den vielen Ehrenamtlichen in unserem Land zu

verdanken, die ein wichtiges Rückgrat unseres Gemeinwesens sind, Kollege Funk hat das eben auch erwähnt. Lieber Alex, es ist uns besonders wichtig, dass wir auch für die Vereine einen Schutzschirm aufspannen. Das ist auch an vielen Stellen gesagt worden, insbesondere sehr viele im Breitensport und in der Breitenkultur sind nicht vom ersten Rettungsschirm erfasst worden. Wir wissen, wie wichtig Kultur, aber auch der Sport nicht zuletzt für die Gesundheit der Menschen in unserem Land sind. Deswegen werden wir uns auch darum bemühen müssen, dort die Folgen der Krise zu bewältigen.

Ich schließe mich auch dem an, was hier über das Parlament gesagt worden ist. Das Parlament war in dieser Zeit herausgefordert, es hat seine Kontrollfunktion aber vor allem in Form des Corona-Ausschusses weiterhin erfüllt. An dieser Stelle auch mal ein herzliches Dankeschön an den Vorsitzenden des „Corona-Ausschusses“, wie er im Lauf der letzten Wochen genannt worden ist, Magnus Jung. Er hat, glaube ich, die vielen Fragen, die aufgetaucht sind, in hervorragender Weise im Ausschuss gemeinsam mit den anderen Ausschussmitgliedern vorgetragen. Er hat die Regierung nicht nur um Rede und Antwort gebeten, sondern er hat sie auch hartnäckig dazu gebracht. Deswegen ein herzliches Dankeschön an Magnus Jung als Ausschussvorsitzenden an dieser Stelle.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dass wir aus demokratischer Sicht voraussichtlich keine Langzeitschäden aus dieser Krise mitnehmen werden, haben wir aber auch der Tatsache zu verdanken, dass unsere Regierung diese Situation eben nicht ausgenutzt hat. Eigentlich ist es ja zu wenig, wenn man zu dieser Feststellung kommt, dass es nur, weil die Regierung es nicht ausgenutzt hat, nicht zu Langzeitschäden gekommen ist. Wir haben es mit einer Koalitionsregierung mit einer sehr breiten Basis zu tun, einer Großen Koalition, die ihre eigenen Checks and Balances hat. Es ist in der Tat richtig, was Kollege Lafontaine gesagt hat, das war nicht immer ganz konfliktfrei - im Übrigen nicht nur zwischen den Koalitionsfraktionen, sondern, wie ich weiß, auch innerhalb der Koalitionsfraktionen. Das erblickt ja nicht immer das Licht der Öffentlichkeit, aber Sie können sicher sein, und Frau Rehlinger wird jetzt an dieser Stelle vielleicht auch nicken, dass wir auch unsere Kämpfe ausgefochten haben.

(Ministerin Rehlinger nickt und lacht.)

Das gehört eben auch zu einer Regierung und zu den sie tragenden Einheiten im Parlament, nämlich den Koalitionsfraktionen.

Wir hatten es also mit einer Situation zu tun, in der schon naturgemäß durch die Tatsache, dass wir eine Große Koalition haben, in der es einiges an Checks and Balances, also an Ausgleichsmechanismen, gibt, viele Diskussionen stattfinden. Mit Blick

(Abg. Hecker (AfD) )

auf den letzten Redebeitrag: Wie wäre es denn gewesen, wenn wir möglicherweise noch nicht einmal in einem föderalen Staat, sondern in einem Zentralstaat leben würden mit der absoluten Mehrheit einer Partei ohne die Möglichkeit, durch das Wohlwollen der Regierung eine gute Kontrolle zu haben? Ich muss Ihnen schon auch ganz ehrlich sagen - ich bin vielleicht der Einzige, der das heute sagt -: Für mich war das in den ersten Tagen und Wochen schon auch so etwas wie eine beunruhigende Vorstellung, dass die Mehrheitsverhältnisse hier einmal anders sein könnten und der Fall eintreten würde, dass man nicht diese Checks and Balances in einer Koalitionsregierung hat. Ich glaube, wir müssen auch darüber reflektieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir müssen uns womöglich auch für unsere Verfassung, für unser parlamentarisches System, für die Frage der Kontrolle der Regierung durch das Parlament auch über die eine oder andere Neuregelung unterhalten, gerne auch über das, was die Linksfraktion hier eingebracht hat. Ich glaube, heute ist noch nicht der Zeitpunkt dafür, aber ich bin der festen Überzeugung, wir brauchen auch eine Betrachtung dieser Krise im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des Parlaments und die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber einer Regierung. Ich finde, auch das gehört in die heutige Debatte.

(Beifall von der SPD und der LINKEN.)

Es ist vielfach gesagt worden, die Einschränkungen unserer Grundrechte waren teilweise gravierend und werden auch im Nachhinein weiter diskutiert werden müssen. Das gehört zu einer offenen Gesellschaft. Wir sollten deswegen diese Krise als Chance nutzen und entsprechende Vorbereitungen treffen, um unsere Demokratie für die Zukunft krisensicher zu machen. Ich fange damit an, ich bin ja ohnehin nicht dafür bekannt, dass ich ein Blatt vor den Mund nehme. Ich will einen Begriff aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten kritisch hinterfragen: Ich tue mich schwer mit dem Begriff der „neuen Normalität“.

(Beifall des Abgeordneten Renner (SPD).)

Ich möchte eigentlich, dass im Wesentlichen die Normen, wie sie in unserem Grundgesetz, in unserer Verfassung festgelegt sind, auch über die Krise hinaus Bestand haben. Ich glaube, über diese Dinge müssen wir uns in der Zukunft auch streiten, das können wir auch, lieber Tobias. Der Begriff der „neuen Normalität“ stößt mir auf. Wir müssen vielleicht darüber reden - das klingt auch in der Regierungserklärung an -: Wie sieht ein neuer Alltag aus? - Er soll die gesellschaftlichen Regeln und Normen haben, auf die wir uns verständigt haben.

Ja, ich finde, ein solcher Tag muss auch ein Fest für den Streit in der Demokratie sein. Das Ringen um den besten Weg, kritische Anmerkungen auch in angespannter Lage zu machen, wird schnell missinter

pretiert, ich habe das auch erfahren. Ich habe gesagt, ich nehme kein Blatt vor den Mund, aber sehr schnell wird aus einer Bemerkung eines Fraktionsvorsitzenden einer Regierungsfraktion eine Regierungskrise gemacht; davon waren wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu jedem Zeitpunkt weit entfernt! Es hat nie eine Regierungskrise gegeben, aber es hat Streit gegeben, aber ich finde, das gehört dazu. Es gehört in eine parlamentarische Demokratie, dass man streitet.

Lieber Oskar Lafontaine, wir haben einen gemeinsamen Freund, der leider vor nicht allzu langer Zeit verstorben ist, Ludwig Harig. Er hat in seinem Buch „Die saarländische Freude“ etwas ironisch aufgegriffen, was die Saarländerinnen und Saarländer auszeichnet, er hat das mal die „Lummerkeit“ genannt oder die „Harmonie der nicht ausgetragenen Widersprüche“. Ein bisschen bin auch ich Opfer dieser Harmoniesucht der nicht ausgetragenen Widersprüche. Ich glaube, das müssen wir aus dieser Krise lernen: Wenn in einer Koalition mal gestritten wird, ist das nichts Schlimmes, im Gegenteil, das ist etwas Gutes, etwas Begrüßenswertes, denn am Schluss wird das Ergebnis dadurch besser, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Demokratie erfordert transparentes Regieren. Mündige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger müssen deswegen auch wie solche behandelt werden. Die Freiheitsrechte müssen, wie alle anderen Grundrechte auch, zuvörderst geschützt werden. Und jeder Eingriff in diese Grundrechte bedarf einer umfassenden und nachvollziehbaren Begründung nicht auf der Basis von Angst, sondern auf der Basis von Information und Eigenverantwortung.

Der beste Gesundheitsschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht einer des bevormundenden Staates, sondern der einer aufgeklärten Bevölkerung, die eigenverantwortlich handelt. Dafür braucht sie Informationen. Die bekommt man aber nicht unbedingt auf Facebook, Instagram und TikTok, sondern man bekommt sie an anderer Stelle. Deshalb müssen wir auch darüber reden, wie wir in Zukunft mit derartigen Krisen, auch in der Information, umgehen, wie wir stärker im Blick haben, die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen zu wahren und die Eigenverantwortlichkeit der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, statt Maßnahmen von oben vorzugeben. Damit kritisiere ich zunächst einmal keine einzige der Maßnahmen, die ergriffen wurden, im Gegenteil, sie haben fast alle meine Unterstützung gefunden. Ich glaube aber, dass wir uns im Gefolge dieser Krise Gedanken darüber machen müssen. Denn der Kollege Lafontaine hat Recht, die Demokratie ist immer in Gefahr. Man muss immer um sie kämpfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Commerçon (SPD) )

Was können wir aus dieser Krise lernen? - Grundrechtseingriffe brauchen zukünftig, wenn sie denn erforderlich sind, stärker die Zustimmung der Parlamente. Die Grundrechtseingriffe waren teilweise massiv und gravierend. Ich nenne das Versammlungsrecht. Ich habe im Vorfeld sehr gegen die Einschränkungen gestritten. Wir haben sie als erstes Bundesland wieder gelockert. Ich halte es für einen ganz wichtigen Punkt, dass uns dies gelungen ist. Die Partizipations- und Mitspracherechte der Bürgerinnen und Bürger einzuschränken, ist alleine deswegen gefährlich, weil nämlich eine Regierung, die nicht gutwillig ist - das soll es auch geben, allerdings bisher nicht hier im Land -, dies im Zweifelsfall auch sehr schnell ausnutzen könnte.

Der Urteilsspruch des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes ist ein Beleg - auch das ist angesprochen worden - für die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates, aber auch Mahnung, in Zukunft einzelne Maßnahmen besser zu begründen. Selbst wenn die getroffenen Maßnahmen aus epidemiologischer Sicht sinnvoll waren, müssen wir auch darüber sprechen, was diese Eingriffe für unsere Demokratie bedeuten. Ich glaube, ich bin weit entfernt von dem Verdacht, Verschwörungstheoretiker zu sein. Dies wird man mir schlechterdings nicht unterstellen können. Wir müssen aber als Politikerinnen und Politiker immer wieder alle unsere Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüfen. Führungsstärke besteht eben darin, einerseits natürlich entschlossen Entscheidungen zu treffen, sie aber auch regelmäßig auf ihre Konsequenzen zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Ich sage das auch im Hinblick auf die getroffenen Maßnahmen, die ich wie gesagt im Wesentlichen weitgehend für richtig halte. Es mag sein, dass sie bisher alle Bestand haben, in einer vergleichbaren Situation in Zukunft hätten sie, obwohl es vielleicht die gleichen Maßnahmen in einer gleichen Situation wären, nicht mehr Bestand, weil wir nämlich jetzt gewisse Warnungen haben und aufgefordert sind, für künftige Krisen dafür zu sorgen, dass wir womöglich an anderer Stelle etwas anders machen. Ich nenne ein Beispiel. Man mag es belächeln, aber ich halte die Kultur eben hoch. Mir ist bis heute nicht klar geworden, warum wir alle Museen geschlossen haben. Es wäre ein Leichtes gewesen, von Anfang an dafür zu sorgen, dass in dieser Zeit vielleicht sogar ein paar Besucher mehr gekommen wären. Natürlich hätte man die Besucherzahl beschränken müssen. Leider ist das nicht Realität in unseren Museen. Wir haben überall in den großen Museen Aufsichtspersonal, also ideale Voraussetzungen dafür, Abstandsregeln einzuhalten. Deswegen bin ich klar der Auffassung, dass wir über solchen Maßnahmen im Nachhinein reden müssen. Ich schelte die Landesregierung nicht dafür, dass sie das getan hat. Das war natürlich im Geleitzug, aber für die Zukunft muss man an solchen Stellen genauer hinschauen.

Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, bei den Buchhandlungen keinen kompletten Shutdown vorzunehmen, wie es auch einmal andiskutiert wurde, sondern zumindest Auslieferungen weiter zu ermöglichen. Nach wie vor finde ich es schwierig, dass wir die Kinderspielplätze ersatzlos schließen mussten. Wir müssen für die Zukunft darüber nachdenken, wie Konzepte für vergleichbare Situationen aussehen könnten, sodass wir diese Orte nicht komplett dicht machen müssen.

Eine zweite Konsequenz, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist heute Morgen schon häufig angesprochen worden. Wir müssen unser Gesundheitssystem deutlich stärken. Es ist schön zu sehen, wie der Bundesgesundheitsminister heute davon spricht, dass wir diese Schwachstellen beseitigen müssen. Der gleiche Minister hat noch wenige Monate vor der Krise eher von massiven Überkapazitäten in unserem Gesundheitssystem gesprochen. Ich will ausdrücklich sagen, dass für mich Jens Spahn in dieser Zeit der Krise durchaus gewonnen hat. Ich finde es gut, wenn Politikerinnen und Politiker angesichts bestimmter Entwicklungen ihre Meinung ändern. Auch das gehört dazu. Es sollte nicht immer gleich als Schwäche ausgelegt werden, wenn man im Laufe eines Prozesses andere Erkenntnisse hat und zu neuen Entscheidungen kommt.

Es ist häufig angesprochen worden, dass wir nationale und europäische Produktionskapazitäten wieder aufbauen müssen, um Versorgungsengpässe in Zukunft zu verhindern. Ich will das nicht alles wiederholen.

Einen Punkt, der am Anfang unter die Räder zu kommen drohte, möchte ich besonders herausgreifen. Es ist von vielen erkannt worden und wurde auch mehrfach gesagt, dass Familien und Kinder unseren besonderen Schutz brauchen. Sie drohen, in einer solchen Situation sehr schnell in Vergessenheit zu geraten. Es ist sicherlich einigen aufgefallen, dass die Berichterstattung über die Krisenherde und Notstände in unserer Gesellschaft an manchen Stellen sehr ausführlich und an anderen zu Beginn doch eher dürftig war. Das hat viel mit Lobbyismus zu tun. Es gab die eine oder andere Berichterstattung über Tennisplätze, über die ich mich gewundert habe. Denn im Vergleich dazu gab es eher wenige Berichterstattungen über die Anforderungen von Familien. Dabei habe ich natürlich nichts gegen Tennisspieler und natürlich ist es auch notwendig, dass die Tennisplätze wieder geöffnet werden. Ich glaube aber, die Politik muss besonders aufpassen, dass die Interessen der weniger Lauten, zumindest was den Lobbyismus angeht, ebenfalls gehört und umgesetzt werden. Dazu gehören Kinder, Menschen mit Behinderungen und viele andere. Manche von uns und von ihnen haben massiv unter den Ausgangsbeschränkungen gelitten, insbesondere Familien in kleinen Wohnungen ohne Garten, einsame Men

(Abg. Commerçon (SPD) )

schen, kranke, alte Menschen. Ihre Interessen sind vielleicht nicht in erster Linie wirtschaftsnotwendig. Sie wurden deswegen zu Beginn vielleicht ein wenig ausgeblendet. Neben der allgegenwärtigen Angst vor dem Virus kamen hier zusätzliche Ängste und Stresssituationen hinzu. Ich glaube, wir müssen an dieser Stelle genau hinschauen, denn diese Folgen kennen wir bis heute noch gar nicht. Diese Menschen dürfen in Zukunft nicht in Vergessenheit geraten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Vieles ist auch hervorragend gelungen. Der Pflicht des besonderen Schutzes von Kindern ist man auch deswegen gut nachgekommen, weil wir die Notbetreuung von Anfang an hatten, wir haben sie auch ausgeweitet. Andere sind schon gelobt worden, deshalb hier ein großes Lob und ein herzliches Dankeschön an unsere Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot und an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium, die in hervorragender Weise dafür gesorgt haben, dass diejenigen, die wirklich darauf angewiesen waren, auch immer in die Lage versetzt wurden, ihre Kinder in Betreuung geben zu können. Liebe Christine, herzlichen Dank und auch einen herzlichen Glückwunsch, dass dies so gut gelungen ist. Ich kann mir gut vorstellen und wenige können es sich so gut vorstellen wie ich -, wie schwierig das gewesen ist. Ein großes Kompliment und ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)