Protocol of the Session on February 13, 2019

(Ministerpräsident Hans)

als selbstverständlich. Weil das für einen zentralistisch geprägten Staat so wenig selbstverständlich ist, ist das ein riesiger Erfolg, dass es gelungen ist, die Rolle der Grenzregion im Aachener Vertrag zu beleuchten. Das ist etwas, worauf wir stolz sind, dass uns das gelungen ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

So kommt es, dass neben dem Bekenntnis zur herausgehobenen Bedeutung der Grenzregionen die Zweisprachigkeit in den Grenzregionen ebenso zum gemeinsamen Ziel erhoben wird genauso wie die Stärkung der digitalen wie auch physischen Mobilität. Bedeutender sind aber aus meiner Sicht zwei weitere Punkte. Zum einen soll ein Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingerichtet werden, dem Vertreter der lokalen, regionalen und nationalen Gebietskörperschaften wie auch der Parlamente angehören. Dies ist eine Art Zentralstelle, die sich mit allen Aspekten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit befasst, besondere Schwerpunktvorhaben identifiziert und helfen soll, Schwierigkeiten und Hemmnisse abzubauen. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wird damit zur beiderseitigen nationalen Chefsache gemacht.

Zum andern wird festgehalten, dass zur Überwindung von Hindernissen, sofern kein anderes Instrument dies ermöglicht, „auch angepasste Rechtsund Verwaltungsvorschriften einschließlich Ausnahmeregelungen vorgesehen werden“. Das bedeutet nichts anderes, als dass Deutschland und Frankreich den Weg für den luxemburgischen Vorschlag eines Grenzraumrechts, eines sogenannten European Cross Border Mechanism, freimachen. Damit werden neue Möglichkeiten echter Ko-Administration beispielsweise bei Kitas, Bus- und Bahnverkehren oder anderen öffentlichen Diensten geschaffen. Das ist doch gerade für unsere Großregion ein riesiger Erfolg, weil wir doch alle wissen, welche Hemmnisse wir Tag für Tag haben. Die zu beseitigen muss unser gemeinsames Ziel sein.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Der besondere Stellenwert der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Aachener Vertrag ist für uns Ansporn zu noch intensiveren Bemühungen, denn hier entfaltet in besonderem Maße das Faktische seine normative Kraft. Dazu gehört nämlich, dass innerhalb der Großregion nun schon über 230.000 Menschen tagtäglich auf dem Weg zur Arbeit eine Grenze überschreiten. Dazu gehört die Tatsache, dass in Lothringen eine Jugendarbeitslosigkeit von über 20 Prozent herrscht, während wir hier händeringend Fachkräfte und Auszubildende suchen. Dazu gehört, dass zahlreiche mittelständische Unternehmen zur Generierung von nachhaltigem Wachstum auf einen barrierefreien Zutritt zu den grenzüberschreitenden Märkten angewiesen sind.

Es ist keine Frage: Vieles spricht für eine weitere Vertiefung unserer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Ich wüsste überhaupt nicht, was dagegen spricht.

Dabei haben wir ganz ohne Zweifel in den vergangenen Jahren viel erreicht: Schulpartnerschaften, Schülerbegegnungen und Sprachprogramme, grenzüberschreitende duale Ausbildung, Kulturfestivals von nationaler Bedeutung, die Krankenhauskooperationen, die Rettungsdiensteinsätze, die Polizeikooperation, der gemeinsame Kulturpark BliesbruckReinheim und viele weitere Projekte zeigen: Wir sind weit vorangekommen. Dass diese erfolgreichen Bemühungen nun durch den Aachener Vertrag gewürdigt werden, dürfen wir erfreut zur Kenntnis nehmen. Das zeigt: Wir sind damit auf dem richtigen Weg.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dies gilt zunächst für unsere Frankreichstrategie. Diese wurde ja nicht nur von der EU-Kommission als Modelllösung für eine Mehrsprachigkeitsstrategie gewürdigt. Auch das Bekenntnis im Aachener Vertrag zur Zweisprachigkeit bestätigt unseren Weg, den wir 2013 eingeschlagen haben. Dabei ist nach den ersten fünf Jahren seit der Vorstellung der Eckpunkte zur Frankreichstrategie viel geschehen. Das neue, von der Universität des Saarlandes und dem Ministerium für Bildung vorgelegte Sprachenkonzept bestätigt den Weg zur funktionalen Mehrsprachigkeit in Schule und Bildung als Chance für jeden Einzelnen.

Die Zahl der Kitas und Grundschulen, die nach dem Prinzip des frühkindlichen Spracherwerbs wissenschaftlich fundierte Lernarbeit leisten, steigt ebenso an wie die Zahl der deutsch-französischen Ausbildungsverhältnisse. Von 480 Kindertagesstätten sind heute 220 bilingual. 68 saarländische Kitas wurden als zweisprachige Kindertageseinrichtungen des „Deutsch-Französischen Netzwerkes Ecoles Maternelles bilingues - Elysee 2020“ zertifiziert. Bundesweit und frankreichweit ist dies bislang bei 158 Einrichtungen der Fall. 47 der 162 Grundschulen im Saarland unterrichten Französisch ab der Klassenstufe 1, für alle anderen ist der Französischunterricht ab Klasse 3 verbindlich. Zudem bieten vier bilinguale Grundschulen sowie eine weitere Grundschule mit gebundenem bilingualem Ganztagszweig Französisch ab Klassenstufe 1 an.

Ich könnte viele weitere Zahlen nennen, etwa die bundesweit einzigartigen Erfolge bei den SprachZertifikatsprüfungen des französischen Staates oder die wachsende Zahl derjenigen Schülerinnen und Schüler, die die Kompetenzbescheinigungen der IHK und des Bildungsministeriums erwerben, die vier AbiBac-Schulen, das DFG und das SchengenLyzeum. Das alles sind Zahlen und Fakten, die belegen, dass unsere Anstrengungen zum verstärkten

(Ministerpräsident Hans)

Erwerb der französischen Sprache von den Menschen angenommen werden. Wir sind damit auf einem richtigen Weg. Dieses Vorzeigeprojekt wird die saarländische Landesregierung weiter vorantreiben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dass es von den Menschen angenommen wird, beweist doch erstens: Das Saarland hat tatsächlich eine besondere Frankreichaffinität. Das ist nicht nur eine hohle Phrase. Das beweist zweitens: Unsere Strategie, das Englische dabei nicht zu vernachlässigen, ist richtig. Deswegen werden wir daran auch festhalten.

Aber, unsere Frankreichstrategie beschränkt sich nicht auf die kulturelle Dimension des verstärkten Spracherwerbs. Vielmehr wollen wir damit auch erreichen, dass unsere Grenzregion noch mehr als bisher zu einem Verdichtungsraum für deutsche und französische Unternehmen wird. Genau zu diesem Zweck haben wir nun die Möglichkeit geschaffen, dass im Bereich des Privatrechts und an den Wirtschaftskammern des Saarlandes in Französisch verhandelt werden kann. Und dass jetzt in der Tat im Saarland an Wirtschaftskammern auf Französisch verhandelt wird, das ist etwas, was national von besonderer Aufmerksamkeit begleitet wird. Aber auch international schauen die Menschen darauf und das ist ein starkes Bekenntnis des Saarlandes zu seiner Orientierung an Frankreich, und es ist ein gutes Signal, das wir damit aussenden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

In den Zusammenhang der Ausprägung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes gehört natürlich auch, dass wir weiter auf den Ausbau des Nordastes der ICE-TGV-Verbindung nach Paris drängen. Diese Verbindung ist von essenzieller Bedeutung für die Zentralität unserer Großregion im Herzen Europas. Angesichts steigender Nutzerzahlen auf dieser Strecke haben wir auch ein gutes Argument zur Hand, uns weiter für diesen Nordast der ICE-TGVVerbindung starkzumachen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle auch zusagen, die Landesregierung wird hier nicht lockerlassen, wir treten weiterhin für diese für uns wichtige Lebensader, diese Verbindung nach Frankreich, ein.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Einen Mehrwert versprechen wir uns auch von der verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die 1948 als Université de la Sarre gegründete Universität ist die einzige Hochschule in Deutschland, die im Rahmen ihres Centre juridique franco-allemand die Möglichkeit hat, den französischen Abschluss Licence zu verleihen. Darüber hinaus gibt es an allen Fakultäten Kooperationen in Forschung und Lehre mit Hochschulen im Nachbarland, die durch das Frank

reich-Zentrum fächerübergreifend zusammengefasst werden. Die HTW verfügt mit dem durch Regierungsabkommen mit der französischen Republik 1978 gegründeten Deutsch-Französischen Hochschulinstitut für Technik und Wirtschaft nicht nur die älteste, sondern wegen steter Weiterentwicklung auch die bislang erfolgreichste Einrichtung in Deutschland. An unseren Hochschulen ist also die intensive Kooperation mit Frankreich und Europa ein Markenzeichen, deren Ausdruck eine im Vergleich aller Bundesländer sehr hohe Zahl von gemeinsamen Studiengängen ist.

Schon heute arbeiten an unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen viele französische Wissenschaftler. Das gilt auch für das DFKI, das in vielen Projekten schon mit Partnern in Frankreich kooperiert. Von daher fahren wir hart am Wind um eine herausgehobene Position, wenn Deutschland und Frankreich den Aufbau einer deutsch-französischen KI-Strategie, eines Netzwerks vorantreiben. Das ist etwas, was wir natürlich dankenswert aufnehmen und wo wir die saarländische Position verstärkt einbringen, damit klar ist: Wenn wir über künstliche Intelligenz im deutsch-französischen Kontext reden, dann muss Saarbrücken, dann muss das Saarland die entscheidende Rolle spielen, meine Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Diese Anstrengungen sind umso vielversprechender, als zurzeit in Paris mit der Station F das europaweit größte Starterzentrum entsteht. Ich weiß, einige Kollegen waren ebenfalls schon dort und konnten sich überzeugen. Ich habe dieses Zentrum auch besucht und hochinteressante Gespräche geführt. Wir wollen dort als Saarland einen Fuß in die Tür bekommen, um unsere Wissenschaftsexzellenz an vielversprechender Stelle einzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist es auch sinnvoll, dass wir in Paris wieder eine Vertretung eröffnet haben, dass wir mit Delegationsreisen in ganz Frankreich unterwegs sind, dass wir Gespräche mit den Spitzen aus Politik und Wirtschaft führen, wie zuletzt im November mit Premierminister Edouard Philippe.

Die verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich von KI hat überdies das Ziel, Kern einer europäischen Gemeinschaftsanstrengung zu werden, denn ohne Zweifel stehen wir als Europa bei den KI-basierten Zukunftstechnologien in einem ganz harten Konkurrenzkampf mit den USA und China, die uns beide derzeit um Längen voraus sind, da braucht man keinen Hehl daraus zu machen. Aus diesem Grund brauchen wir in Europa, für Europa einen neuen Schuman-Plan, einen Schuman-Plan für eine europäische KI-Gemeinschaft. Ich glaube, dass es das wert ist, daran als europäisches Kernprojekt zu arbeiten, meine Damen und Herren!

(Ministerpräsident Hans)

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Diese Notwendigkeit wird mittlerweile auch bei der Kommission in Brüssel anerkannt und findet ihren Niederschlag im Aachener Vertrag. Wir setzen alles daran, dass das Saarland mit seiner Forschungsexzellenz im Bereich von KI, aber ganz besonders auch Cyber-Sicherheit Ausgangspunkt und Zentrum dieser KI-Union sein wird.

Aber, meine Damen und Herrn, bei allem Drang nach Paris und Brüssel wird unser Fokus natürlich immer auf unsere unmittelbaren Nachbarn jenseits der Grenze gerichtet bleiben. Vor genau fünf Wochen hatten wir in diesem Hohen Haus eine viel beachtete Premiere, als der Präsident des Conseil Départemental de la Moselle, Patrick Weiten, hier eine eindrucksvolle Rede gehalten hat. Die vom saarländischen Landtag an diesem Tag verabschiedete gemeinsame Resolution wird am 09. Mai dieses Jahres in identischer Weise vom Conseil Départemental beschlossen werden. Sie fordert die nationalen Ebenen auf, das, was sie im Aachener Vertrag erklären, auch mit zusätzlichen finanziellen Mitteln für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu unterlegen. Eine Forderung, die ich an dieser Stelle, sicherlich auch in Ihrer aller Sinne, noch einmal vehement unterstreichen möchte.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Saarländerinnen und Saarländer, mit unserer Frankreichstrategie setzen wir auf die enge Zusammenarbeit mit unserem Nachbarn. Das mindert keineswegs unser Bemühen, die Großregion als Ganzes weiter voranzubringen. Hierbei kommt uns mit der Übernahme des Gipfelvorsitzes am 30. Januar im luxemburgischen Remerschen eine ganz besondere Verantwortung zu.

Auch in Bezug auf die Großregion ist es nicht notwendig, dass wir das Rad neu erfinden. In vielen Bereichen schreitet die Vertiefung Stück für Stück voran. Ich muss Ihnen das nicht im Einzelnen aufzählen. Sie kennen die zahlreichen Initiativen und Projekte, denen wir uns als Regierung ebenso widmen wie Sie tagtäglich als Abgeordnete. Dabei - und auch das ist für den saarländischen Landtag nicht unbedeutend - hat der Gipfel ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit dem Interregionalen Parlamentarierrat gewürdigt. Ich bin sicher, dass dies auch unter dem neuen Vorsitz unseres Landtagspräsidenten Stephan Toscani genauso bleiben wird.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Sie kennen aber auch die Stellen, bei denen noch Handlungsbedarfe bestehen in unserer gemeinsamen Großregion, etwa im Bereich des ÖPNV, im Bereich der Daseinsvorsorge oder bei den Versor

gungsinfrastrukturen. Überall dort hindern uns die unterschiedlichen gesetzlichen, administrativen und technischen Standards und Vorgaben, wirkungsvolle Formen der Kooperation zu finden.

Hier setzen wir auf die im Aachener Vertrag in Aussicht gestellte Option der Rechtsangleichung beziehungsweise Rechtsübertragung. Daher werden wir darauf drängen, dass dieses Versprechen nun zügig in geltendes Recht umgesetzt wird. Das ist das Erste. Unmittelbar im Anschluss werden wir die Bereiche identifizieren, wo es am dringlichsten ist, dass wir von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen. Der dritte Schritt wird dann schließlich die Umsetzung sein. Damit, meine Damen und Herren, winkt uns nach dem Karlsruher Übereinkommen aus dem Jahr 1996 ein weiterer Quantensprung zur Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Dies werden wir nun als vordringliche Aufgabe energisch in Angriff nehmen.

Ansonsten werden wir aber auch an einzelnen der zahlreichen Baustellen neue Akzente setzen. Dies etwa, indem wir uns mit der Universität der Großregion bei der EU-Ausschreibung „Europäische Hochschule" bewerben. Die Universität der Großregion mit sechs Universitäten aus vier Ländern und über 135.000 Studierenden, 7.500 Promovierenden und über 10.000 Lehrkräften hat das Potenzial, europaweit, ja wenn nicht sogar weltweit als Modell zu gelten. Deswegen bin ich beim Gipfel in Remerschen eindringlich dafür eingetreten, dass alle Partner diese Bewerbung unterstützen, was mir auch von allen Partnern zugesagt wurde. Ich werde auch persönlich der EU-Kommission die besonderen Stärken unserer Universität der Großregion nahebringen, denn ich bin der festen Überzeugung, das, was sich an Chancen über die Universität der Großregion als neue europäische Universität für die jungen Menschen in unserem Land bietet, ja in der gesamten Großregion bietet, müssen wir nutzen. Das bringt uns um Quantensprünge voran und deswegen trete ich dafür auch so vehement ein und würde mich freuen, wenn ich dabei auch die Unterstützung des Hohen Hauses hätte.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

In diesem Zuge werden wir auch grenzüberschreitende Forschungsprojekte vorantreiben, so etwa das gemeinsame Testfeld für autonomes Fahren - bisher ein saarländisch-lothringisches Gemeinschaftsprojekt, das wir in Richtung Luxemburg ausweiten werden - und einen autonom verkehrenden Pendelbus, der grenzüberschreitend auf den Weg gebracht werden soll. Ein weiterer wichtiger Baustein zur Vernetzung der Hochschulen und Wissenschaft ist daher die Einführung eines neuen Förderinstruments zur Unterstützung der grenzüberschreitenden Forschung und Förderung der wissenschaftlichen Exzellenz und Synergiebildung, das alle Wissen

(Ministerpräsident Hans)

schaftsminister der Großregion im Januar gemeinsam beschlossen haben.

Wir werden auch neue Impulse für die Entwicklung der Großregion zu einer interregionalen Metropolregion setzen. So wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern die Möglichkeit prüfen, ob sich hierfür das Instrument einer „interregionalen Bauausstellung“ eignen könnte. Das „Jahrzehnt der Investitionen“, das wir hier ab 2020 ausrufen und die in Vorbereitung befindliche neue EU-Förderperiode ab 2021 könnten hierfür eine passende Rahmenbedingung sein. Wir werden dies mit unseren Partnern in den kommenden zwei Jahren beraten, um am Ende des Gipfelvorsitzes des Saarlandes zu einer Grundsatzentscheidung über die Sinnhaftigkeit eines solchen Projektes zu kommen.

Selbstverständlich werden wir auch die vielfältigen Herausforderungen auf die Agenda setzen, die die Vertiefung des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes bereithält. Dazu gehören Grenzgänger-Hemmnisse im Steuer-, Arbeits-, Bildungs- und Sozialrecht. Die auf unsere Initiative vor einigen Jahren eingerichtete „Task Force Grenzgänger" hat dazu bereits zahlreiche Lösungsvorschläge erarbeitet und zahlreiche Hemmnisse aus dem Weg geräumt. Deswegen setzen wir uns mit Rückendeckung des Gipfels auch dafür ein, dass diese sehr wichtige und aus dem Saarland mit Vehemenz begleitete „Task Force Grenzgänger“ auch nach dem Auslaufen der aktuellen INTERREG-Förderung am 30. Juni 2020 fortgeführt wird. Das war im Übrigen auch den Partnern in unserer Großregion wichtig. Das ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass es seitens des saarländischen Wirtschaftsministeriums notwendig und richtig war, verstärkt auf die „Task Force Grenzgänger“ zu setzen.

Eine Besonderheit in unserer Grenzregion ist daher auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion. Einen solchen beratenden Ausschuss, der sowohl die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vertritt, gibt es in keiner anderen Grenzregion. Die Sozialpartner treffen sich regelmäßig und beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung der Großregion. Sie erarbeiten Empfehlungen für den Gipfel der Großregion. Ich bin wirklich dankbar, dass der neue Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Großregion, Oliver Groll, beim Gipfel in Remerschen die wirtschaftliche Kooperation und den Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs als wichtige Themen in der Großregion benannt hat. Dem können wir uns nur anschließen. Es ist gut, dass wir auf allen Ebenen der Zivilgesellschaft hieran weiter arbeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich sehe im Bereich Wirtschaft durchaus Chancen für die Großregion und ihre Teilregionen. Ich denke zum Beispiel an den Bereich Clusterbildung. In der Gipfelerklärung haben wir uns darauf verständigt, Vernetzungsinitiativen von Unternehmen in der Großregion zu unterstützen. Damit wollen wir die Attraktivität der Großregion erhöhen und die internationale Sichtbarkeit unserer Großregion weiter stärken. Besonders im Fokus stehen dabei die Zukunftsbereiche Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, Elektromobilität, Umwelttechnologien, Kreislaufwirtschaft, Forst- und Holzwirtschaft sowie lokale Vertriebswege für Agrarerzeugnisse.

Natürlich gibt es weitere Bereiche, in denen wir Handlungsbedarf haben. So wollen wir die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung weiter voranbringen. Ich freue mich, dass wir im Saarland bereits mit der seit fünf Jahren bestehenden Kardiologiekooperation zwischen dem SHG-Klinikum Völklingen und dem Centre Hospitalier Forbach aufwarten können. Auch die seit zehn Jahren bestehende Kooperationspartnerschaft in der Pflege-Ausbildung zwischen den SHG-Kliniken Völklingen und dem Krankenhaus Saargemünd funktioniert gut. Dabei werden verschiedene grenzüberschreitende Ausbildungsmodule entwickelt und umgesetzt sowie auch Hospitationen der Azubis im Nachbarland ermöglicht. Gerade die Gesundheitsversorgung ist doch ein Bereich, in dem die Menschen sehr konkret erleben, wo bis heute komplizierte administrative Grenzen der Mitgliedsstaaten in Europa verlaufen und welche Möglichkeiten und Lösungen eine grenzüberschreitende Kooperation schaffen kann.

Auch im Bereich Kultur und Tourismus wollen wir weiter vorangehen. Ich freue mich, dass der Gipfel die Zusammenarbeit mit den Kultur- und Tourismusexpertinnen und -experten unterstützen möchte, um das Erbe der Großregion in touristischer und kultureller Hinsicht besser zu fördern. So soll zum Beispiel die Einsetzung einer „Task Force Kulturgut und Naturerbe" in der Großregion geprüft werden.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es ist eine ehrgeizige und ambitionierte Agenda, die wir uns gesetzt haben. Ich bin aber sicher, dass das lohnenswerte Investitionen in die Zukunft unseres Landes und vor allem in unsere gemeinsame Großregion sind.