Protocol of the Session on November 14, 2018

verändern bleibt unsere Daueraufgabe. Wir haben heute Morgen, als der Ministerpräsident die Regierungserklärung abgegeben hatte, auch darüber gesprochen. Frau Rehlinger hat als Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin deutlich gemacht, dass wir Frauen in Arbeit bringen müssen. Warum und weshalb, darauf werde ich noch zurückkommen.

Wenn wir uns vor diesem Hintergrund fragen, was wir tun müssen und wo wir ansetzen müssen, dann geht es nach wie vor um die altbekannten Themen: Zum einen sind es wir Frauen selbst, die mutiger werden müssen, die sich genauso selbstverständlich, wie Männer dies in der Regel tun, Führungsverantwortung zutrauen sollten. Das habe ich auch am Sonntag sehr deutlich gesagt. Zum anderen müssen aber auch die Rahmenbedingungen dafür stimmen, und davon sind wir leider immer noch in vielen Bereichen weit entfernt.

Deshalb steht beispielsweise die weitere Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter für die Landesregierung nach wie vor ganz oben auf der Agenda. Ich darf dazu den Ministerpräsidenten zitieren, er hat gesagt: Nicht nur Kindererziehung betrifft die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das geht auch über in den Bereich der Pflege. Auch dort müssen wir in unseren Verwaltungen dafür sorgen, dass wir den betroffenen Männern und Frauen Luft schaffen, damit sie diese Aufgabe bewältigen können. Oft geht es von den Kindererziehungszeiten übergangslos weiter in die Pflege der Eltern oder anderer Angehöriger.

Der weitere Ausbau ganztägiger Betreuungsmöglichkeiten im Krippen-, Vorschul- und Schulbereich, für den wir, lieber Kollege Commerçon, im Saarland in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen haben, ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Ist es aber auch selbstverständlich, dass man, wenn man älter wird, auch einen Pflegeplatz bekommt? Ich stelle diese Frage einmal in den Raum. Auch die Bewohner in den Pflegeeinrichtungen sind überwiegend weiblich.

Nachholbedarf gibt es insbesondere noch bei der Notfall- und Randzeitenbetreuung der Kinder und bei der Flexibilisierung all dieser Angebote. Flexibler müssen auch die Unternehmen im Wettbewerb um die besten Köpfe werden. Es gilt, Bedingungen für ein Unternehmensklima zu schaffen, bei dem es auch Vätern möglich ist, ihre Erziehungsverantwortung wahrzunehmen. Dafür werben wir, gemeinsam mit der Handwerkskammer, Herr Wegner, mit der IHK, mit vielen anderen. Wir zeichnen auch die Firmen aus, die familienfreundlich sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen hierbei nicht nur abstrakt Verantwortung übernehmen, sondern im öffentlichen Dienst des Landes

(Ministerin Bachmann)

weiter mit gutem Beispiel vorangehen. Auf Landesebene haben wir ja bereits das Landesgleichstellungsgesetz mit Blick auf verbindliche und sanktionsbewehrte Regelungen novelliert. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die neuen Regelungen auswirken, denn bislang geht es auch im Bereich der obersten Landesverwaltung mit der Erhöhung des Frauenanteils in der obersten Leitungsebene - ich formuliere das einmal vorsichtig - ganz langsam voran.

Auch bei der angestrebten Erhöhung des Frauenanteils in Gremien, haben wir noch Nachholbedarf. Derzeit wird deshalb in meinem Haus eine rechtliche Regelung zur Gremienbesetzung erarbeitet, damit wir auch hier klare Zielvorgaben haben, die umgesetzt werden sollen, können oder müssen.

Die Verbesserung der Alterssicherung für Frauen ist ein Thema, das mir und vielen anderen hier besonders am Herzen liegt. Viele von Ihnen sprechen das ja auch in Ihren Debattenbeiträgen an. Wir müssen uns immer wieder verdeutlichen, dass sich nach wie vor im Lebensverlauf von Frauen die Armutsrisiken potenzieren. Wir sind im Moment in der vierten Beiratssitzung der Armutskonferenz, mit vielen Wohlfahrtsverbänden, mit vielen anderen, die dabei aktiv sind und sich die Situation anschauen und sich bemühen, die Zukunft besser zu gestalten. Faktoren des Armutsrisikos sind die schlechtere Bezahlung, die geringere Bezahlung „typischer Frauenberufe“, die Auszeiten für Kindererziehung, die überwiegend alleinige Verantwortungsübernahme für die Kindererziehung nach Trennung oder Scheidung, in deren Folge die Ausübung einer Berufstätigkeit in Teilzeit oder als Minijob. Aber auch die Pflege von Angehörigen ist zu nennen, auch sie wird hauptsächlich durch Frauen geleistet.

Herr Lafontaine, die Entgeltlücke zwischen den Gehältern von Frauen und Männern klafft immer noch bei mehr als 20 Prozent - und das, obwohl wir mittlerweile die bestausgebildete Frauengeneration haben, die es je gab. Mit Blick auf die dringend gebotene Herstellung von Entgeltgleichheit brauchen wir deshalb auch eine Aufwertung und bessere Bezahlung der sozialen Berufe.

Um unserem Koalitionsvertrag, nach dem wir einen Entgelt-Check in der saarländischen Landesverwaltung durchführen wollen, auch in diesem Bereich Rechnung zu tragen, sind wir derzeit damit befasst, eventuell ein Pilotprojekt zu initiieren.

Das Frauenwahlrecht ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht vom Himmel gefallen. Es musste wie so vieles, was wir in puncto Gleichstellung heute für selbstverständlich halten, von den Frauen eingefordert und erkämpft werden. Wir Frauen brauchen we

sentlich mehr Mut. Es kann gar nicht oft genug betont werden, dass zeitgleich zum Recht der Frauen auf das aktive und passive Wahlrecht auch das gleiche Wahlrecht eingeführt wurde, das war, Frau Heib sagte es, die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch mein Ministerium hat in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten der Universität des Saarlandes am vergangenen Sonntag eine wunderbare Veranstaltung durchgeführt. Das war toll. Frauen in Politik und Wirtschaft zeigen, dass es eine reale Möglichkeit für Frauen gibt, Spitzenämter zu bekleiden und so das Bild für Frauen in der deutschen Gesellschaft zu prägen. Deshalb möchte ich noch erleben, dass wir auf Ortsebene, auf Gemeindeebene, bei Listenaufstellungen durchaus auch mal diskutieren: „Jetzt haben wir auf den Positionen 1, 2 und 3 jeweils eine Frau, jetzt müssen wir endlich mal einen Mann auf die Liste setzen.“ Das habe ich noch nicht erlebt. Ich habe es nur so erlebt, dass, wenn keine zwingende andere Notwendigkeit besteht, gesagt wird: „Die Positionen 1, 2 und 3 sind besetzt, jetzt müssen wir auch mal schauen, dass auch eine Frau noch auf die Liste kommt.“ Frauen sind kompetent, Frauen haben den notwendigen Mut - deshalb bitte ich Sie ganz herzlich, die heutige Debatte nicht als etwas anzusehen, das vorbeigeht. Wir Frauen werden gemeinsam unser Recht auch in Zukunft einfordern, und zwar lautstark. Ich danke Ihnen ganz herzlich. Ich bedanke mich bei den Männern, dass Sie alle mir zugehört haben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 16/637. Wer für die Annahme der Drucksache 16/637 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/637 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, die DIE LINKE-Landtagsfraktion und die AfD-Landtagsfraktion.

Damit sind wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende der Sitzung angelangt. Ich schließe die Sitzung.

(Ministerin Bachmann)