allen Dingen Frauen trifft. Wenn es Fehlzeiten in der beruflichen Karriere gibt, dann ist das nicht dazu geeignet, Rentenansprüche zu generieren. Insofern ist das kein Anreiz für Frauen. Es ist ganz klar, Frauen werden weiterhin in ihrer beruflichen Entwicklung gestoppt.
Dieses Instrument läuft den Bemühungen zur Stärkung frühkindlicher Bildung der letzten Jahre komplett zuwider. Die circa 1,2 Milliarden Euro, die das Betreuungsgeld jährlich kosten wird, werden in den Ländern dringend für den Ausbau von Krippenplätzen benötigt. Elf Landesminister haben angekündigt, im Bundesrat einen Entschließungsantrag gegen das Betreuungsgeld zu stellen, wenn es irgendwann einmal im Bundesrat aufschlagen wird. Darunter befinden sich auch die Länder Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, wo eine Große Koalition regiert. Damit ist das Saarland das einzige großkoalitionär regierte Bundesland, das sich diesem Antrag nicht angeschlossen hat. Das ist vor allen Dingen vor dem Hintergrund beschämend, dass sich die Ministerpräsidentin selber in der Vergangenheit kritisch gegenüber dem Betreuungsgeld geäußert hat. Ich habe allerdings die Bundesratsabstimmung letzte Woche mitbekommen, als Frau Kramp-Karrenbauer bei den Rentenversicherungsbeiträgen eingeknickt ist. Deswegen scheint das Engagement im Vorfeld von solchen Abstimmungen nicht ganz ernst gemeint zu sein. Trotzdem ist die Regierung aufgefordert - und da geht mein Appell besonders an die SPD -, ihre in der Öffentlichkeit immer wieder hervorgebrachten familienpolitischen Ansichten in die Tat umzusetzen und sich zusammen mit dem Koalitionspartner, der sich teilweise ebenfalls für das Betreuungsgeld ausgesprochen hat und teilweise nicht, für den Entschließungsantrag auszusprechen und im Bundesrat ein klares Signal gegen die Herdprämie zu geben, um dieser klar ideologisch begründeten Bedienung von Klientel in dem bayerischen Südstaat etwas entgegenzusetzen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Ruth Meyer von der CDULandtagsfraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Betreuungsgeld“ ist, wie wir in den zurückliegenden Monaten feststellen konnten, durchaus ein Thema, das polarisiert und das sich auch medial gut vermarkten lässt. Dass sich Mitglieder dieses Hauses nun dazu verleiten lassen, dieses bundespolitische Thema zur Unzeit zu bespielen,
Manche Dinge erledigen sich ja nun bekanntlich dadurch, dass Zeit vergeht oder die Dinge vertagt werden - Ihr Antrag wohl leider nicht.
Immerhin ist in der dritten Version Ihres Antrages zumindest die unsinnigste Forderung, nämlich das Ansinnen, die Zustimmungspflicht für das Gesetz zu fordern, entfallen.
Ich will aber die Gelegenheit nutzen, die Position meiner Fraktion und auch meine persönliche Ansicht zu diesem Thema kurz auszuführen. Dazu zwei Vorbemerkungen: Ja, die Einführung des Betreuungsgeldes ist im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart; ich erspare mir das einschlägige Zitat. Nein, das Betreuungsgeld ist keine Erfindung der CDU und auch nicht der bayerischen Schwesterpartei. Es wurde vielmehr bereits 2007, zu Zeiten der Großen Koalition, auf der Bundesebene mit Zustimmung der SPD eingebracht und parallel zum Krippenausbau im Sozialgesetzbuch verankert. Beides macht nun das Betreuungsgeld weder besser noch schlechter, weder der Umstand, dass man sich nun einmal darauf verständigt hat, noch die Tatsache, dass seine Einführung von der SPD begrüßt wird. Aber ich meine, bindende Vereinbarungen sollten, wie auch historische Wahrheiten, für die Beteiligten von einem gewissen Wert und einem gewissen Bestand sein und nicht bei erster Gelegenheit über Bord geworfen oder negiert werden.
Beschäftigen wir uns nun mit einem der Kritikpunkte, die dem Betreuungsgeld entgegengehalten werden, konkreter. Natürlich kann und muss man sich bei jeder Investition trefflich fragen, ob sie sinnvoll beziehungsweise notwendig ist und ob das Geld nicht anderweitig besser investiert gewesen wäre. Und kaum jemand, der für die 300 Millionen im ersten Jahr und für die ab 2014 1,2 Milliarden Euro im Jahr nicht auch ein paar alternative Ideen beizusteuern gehabt hätte. Die konkreten Vorschläge reichen von einer alternativen Investition in den Verkehrssektor über eine stärkere Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rente bis hin zur Beschleunigung des Krippenausbaus.
Dass das eine zu tun noch lange nicht heißt, das andere zu vernachlässigen, hat das Saarland vorgemacht. Dass wir 2013 die angestrebten 35 Prozent
beim Krippenausbau im Mittel erreichen werden, gilt wohl als sicher. Und einzelne Regionen werden diesen Richtwert weit übertreffen. Zudem hat der Bund inzwischen auch nachgelegt und 580 Millionen Euro zusätzlich für den Kindertagesstättenausbau und 75 Millionen Euro für die Betriebskosten bereitgestellt. Damit rücken wir der angestrebten Wahlfreiheit auf der Angebotsseite ein gutes Stück näher.
Auf der anderen Seite hat die Wahl, bei einem einbis zweijährigen Kind - davon reden wir hier! - zu Hause zu bleiben, ohnehin nur der, dessen Existenz in einem gewissen Maße abgesichert ist. Maximal 150 Euro mehr, das dürfte jedenfalls in den allerwenigsten Fällen eine solche Absicherung bieten, auch unter Berücksichtigung eingesparter Kita-Gebühren. Das sind doch wohl eher nur bedingte Anreize in Richtung eines eventuell verzögerten beruflichen Widereinstiegs oder gar Ersteinstiegs. Die vielfach propagierten Fehlsteuerungseffekte des Betreuungsgeldes werden daher meines Erachtens maßlos überschätzt.
Am frappierendsten in der ganzen Diskussion ist für mich aber, wie sich die Protagonisten in der medial immer wieder glamourös inszenierten Soap „Gute Eltern, schlechte Eltern“ im Laufe der zurückliegenden 15 Jahre gewandelt haben.
Damals, vor 15 Jahren, war ich kommunale Frauenbeauftragte im Landkreis St. Wendel. Die Familien beziehungsweise die Alleinerziehenden, die die einzige Krippe im Kreis mit ihren damals 15 Plätzen, so meine ich, nachgefragt haben, waren allerschlimmsten Anfeindungen ausgesetzt. Ebenso wie ich, da ich natürlich den zügigen Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten voranzutreiben versucht habe. 15 Jahre später nun reden wir im Landkreis St. Wendel von einem Versorgungsgrad in dieser Altersgruppe von zurzeit an die 40 Prozent. Und wir erleben nun, dass diejenigen, die diese Einrichtungen nicht nutzen, mit ungeheuren Verdächtigungen belegt werden.
Teilweise wurde sogar suggeriert, dass Eltern einbis zweijähriger Kinder, die die Krippe nicht besuchen, ganztägig Alkohol und Zigaretten konsumierend vor dem Fernseher sitzen und darüber vergessen, die vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Aber auch diesbezüglich sind wir im Saarland ein gutes Stück weiter: Seit einigen Jahren schon werden bei uns alle Kinder darauf kontrolliert, ob sie fristgerecht beim Kinderarzt vorgestellt werden, dies völlig unabhängig von der Betreuungssituation.
jedes Kind im Alter von einem Jahr und ab 2014 auch im Alter von zwei Jahren, das zu Hause betreut wird. Nebenbei bemerkt: Ein Krippenplatz kostet das Acht- bis Zehnfache. Dieses Betreuungsgeld ist nicht mehr und nicht weniger als eine neue Sozialleistung für Familien mit kleinen Kindern. Genau dort kommt das Geld an, und bei ihnen ist es auch gut angelegt. Die Politik schafft damit eine weitere Rahmenbedingung, die Eltern dabei unterstützt, ihre Vorstellung von Familie und Erziehung und Kinderbetreuung möglichst zu verwirklichen, ohne die Eltern dabei zu bevormunden.
Und mit Verlaub, Frau Dr. Peter: Ihre Unterstellung, dass Kindern in diesem Alter, wenn sie die Krippe nicht besuchen, frühkindliche Bildung vorenthalten würde, greift ebenso zu kurz wie der alte Vorwurf an die Eltern von Krippenkindern, sie würden ihren Kindern die Möglichkeit entziehen, stabile emotionale Bindungen aufzubauen. Diese Schwarz-Weiß-Malerei verkennt die Realitäten
und den überwiegend sehr verantwortungsvollen und ausgesprochen liebevollen Umgang mit Kindern, und zwar sowohl zu Hause als auch in den Einrichtungen.
(Beifall von der CDU. - Abg. Dr. Peter (B 90/ GRÜNE) : Sie kennen anscheinend die Studienergebnisse nicht!)
Zugestanden, von einer echten Wahlfreiheit sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Insbesondere bräuchten wir dafür deutlich familiengerechtere Arbeitsbedingungen statt immer jobgerechter durchorganisierter Familien.
Und zugestanden: Das Betreuungsgeld hätte auch anders ausgestaltet, etwa als „Erziehungsgeld II“, eingeführt werden können. Aber dieser Vorschlag hat sich nun mal im Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt. Jedenfalls ist das Betreuungsgeld aber keine Geißel zulasten der Emanzipation, und schon gar nicht ist es eine „Herdprämie“. An dieser Stelle frage ich mich immer, warum wir diese unsägliche Diskussion bislang nicht im Zusammenhang etwa auch mit der Pflegeversicherung hören mussten.
Auch bei ihr gibt es doch die prinzipielle Wahlmöglichkeit zwischen einerseits einer ambulanten oder stationären Sachleistung und andererseits der Wahlleistung für die Pflege zu Hause.
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Haben Sie mal etwas von Vergleichen gehört, die hinken? - Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)
Erklären Sie es mir später; ich nehme mir Zeit. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns deshalb der Versuchung widerstehen, das Ganze aufzubauschen, ein positives familienpolitisches Signal zu missbrauchen, sei es zur Zementierung überkommener beziehungsweise neuer Rollenklischees, sei es als Wahlkampfthema zur Unzeit. Verehrte Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN und auch der PIRATEN, Sie werden unschwer nachvollziehen können, dass wir Ihren Antrag nicht mittragen können. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die öffentliche Diskussion zum Thema Betreuungsgeld vs. öffentliche Kinderbetreuung wird leider viel zu stark ideologisch geführt, mit Scheuklappen geführt. Das stört mich. Mich stört auch, dass die Diskussion geprägt ist von viel zu vielen Vorurteilen. Ich sage hier auch ganz klar: Ich lehne Begriffe wie „Rabenmuter“, „Heimchen am Herd“, „Herdprämie“ oder Ähnliches ab. Alle diese Begriffe sind diskriminierend für Frauen, und sie stecken die Frauen in ungerechter Weise in nicht mehr zeitgemäße Schubladen. Das sollten wir, auch alle Frauen in diesem Parlament, nicht länger zulassen!
Ich erwähne jetzt aber mal zur Auflockerung einen ganz interessanten Passus, der vor ein paar Wochen in der FAZ erschienen ist und mir sehr gut gefallen hat. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, darf ich das einmal zitieren. Es geht um eine Medizinerin in Augsburg. „Die Medizinerin plädiert für das Betreuungsgeld und ist zugleich lebendiger Beweis, warum der Begriff Herdprämie so irreführend ist: Regine Meiss hat ihre Berufstätigkeit nie länger als ein Jahr unterbrochen. Nach der Entbindung ging es jeweils wieder flott in die Klinik, zum Schichtdienst mit ihrem Mann, einem Urologen. Das Paar hat alle Varianten an Kinderbetreuung ausprobiert, (...)“, ausprobieren müssen. „Gegen Krippen hat Meiss keine ideologischen, wohl aber praktische Vorbehalte: ‚Ich mag mein Kind nicht um halb sechs wecken, wenn ich losmuss, um es außer Haus zu bringen.’ Und wohin in den Ferien? Oder wenn die Kinder krank sind? Mit sechs Kindern braucht sie Hilfe im Haus, ‚dazu wäre das Betreuungsgeld eine gute Unterstützung’. Würde sie deshalb an den Herd gekettet? ‚Mit Sicherheit nicht. Vom Arbeiten würde es mich nicht abhalten, im Gegenteil.’ Würde sie zum Dank wenigstens die CSU wählen? Auch das nicht. ‚Ich bin nicht
typische CSU-Klientel.’“ Kolleginnen und Kollegen, das zum Thema „Schubladen“ oder Klischees. Ich glaube, das ist heute einfach nicht mehr zeitgemäß und zutreffend.
Ich selbst bin eine überzeugte Streiterin für die Ganztagsbetreuung. Ich habe das auch in der Familie von Anfang an so gemacht. Mein kleiner Sohn ging nach einem Jahr ganztags in die Krippe. Ich hatte das Glück und auch die Rahmenbedingungen, weil ich Beamtin im höheren Dienst war. Ich hatte alle Möglichkeiten mit Stillzeiten, mit Rückkehrrecht, da hat alles gepasst. Aber ich musste einfach auch im Laufe dieser ganzen Debatte um Betreuung lernen, dass es eben auch viele Frauen gibt - ich habe viele kennengelernt, an der Uniklinik in Homburg im Schichtdienst, solche, die bei der Firma Bosch am Fließband arbeiten, ich nenne einmal nur diese zwei großen Bereiche -, die ganz andere Probleme und an der Stelle auch ganz andere Wünsche haben. Sie sagen klar: Wir würden gerne mal eine zeitlang zu Hause bleiben und hätten dafür gern finanzielle Unterstützung. Sie möchten nicht so schnell wieder in den Beruf, den sie machen müssen. Auch das müssen wir respektieren und zur Kenntnis nehmen.
Ich denke, es muss bei all diesen Kontroversen immer darum gehen, dass das Wohl der Kinder im Mittelpunkt steht, das habe ich vorhin schon einmal gesagt. Ich möchte nicht, dass das abgedroschen klingt - es geht wirklich darum! Und es geht darum, dass die Eltern die richtigen Rahmenbedingungen haben, dass sie frei entscheiden können. Dazu gehört zum Beispiel ein gesetzlich verbrieftes Berufsrückkehr-Recht, das ist ein Punkt. Dazu gehört eine sehr gute Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit guten Kita-Plätzen in der Nähe und so weiter. Aber dazu gehört auch - die Diskussion muss erlaubt sein - die Aufwertung der Kindererziehung zu Hause. Das ist einfach der Wunsch vieler Eltern, das ist nicht wegzudiskutieren, im Gegenteil. Auch darauf brauchen wir Antworten.
Kommen wir jetzt zum Betreuungsgeld selbst mit allen handwerklichen Fehlern, die da von Anfang an gemacht worden sind. Die Kollegin hat eben die Anhörung im September im Bundestag erwähnt, die hat wirklich gezeigt, dass der Entwurf gravierende Schwächen hat. Er wurde von zahlreichen Experten als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft. Unsere Kritik wurde bestätigt, dass das Betreuungsgeld gerade jenen vorenthalten werden soll, die es sehr dringend brauchen. Die geplante Anrechnung des Betreuungsgeldes auf Hartz-4-Bezüge wurde ja selbst von den Befürwortern unter den Sachverständigen abgelehnt. Hinzu kam das Chaos um die Verwaltungskosten, die monatelang verschwiegen wurden. Auch das dient natürlich nicht dazu, dass eine Akzeptanz für ein solches Verfahren erreicht wird.
Aber generell gibt es hierzu keine einfachen Antworten. Entscheidend ist nicht, ob ein Kind in einer öffentlichen Einrichtung, von einer Tagesmutter oder von den Eltern erzogen wird. Entscheidend ist wirklich die Qualität: Was kriegt das Kind, wie sieht die Qualität der Betreuung und Erziehung aus?
Was mich immer wieder an der Debatte stört, ist, dass das Ganze von der Notwendigkeit des Geldverdienen-Müssens diktiert wird. Ich glaube, wir müssten erreichen, dass die Eltern eine echte Wahl haben, wie sie ihre Kinder betreuen. Eine solche ist gegeben, wenn wir auf der einen Seite genügend gute Kita-Plätze haben und auf der anderen Seite Möglichkeiten vorhanden sind für jene Eltern, die sich dafür entscheiden, ihre Kinder selbst zu erziehen. Dazu gehört auch eine entsprechende finanzielle Anerkennung für diese Zeit, für diese Arbeit, für diese Leistung.
Wir können auch nicht die Position der katholischen Verbände wegdiskutieren - ich nenne sie hier bewusst. Sie sind noch weiter gegangen und haben sich ganz klar dafür ausgesprochen, allen Eltern entsprechende finanzielle Leistungen zu gewähren -, was sehr schwierig umzusetzen wäre. Wir sehen, dass das insgesamt eine schwierige Frage ist. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß.
Mich stört auch, liebe Simone, ein Begriff in eurem Antrag. Da heißt es: Das arbeitsmarktpolitische Potenzial bleibt ungenutzt. Diese Terminologie stört mich, denn es sollte in diesem Bereich der Familienpolitik wirklich nicht in erster Linie darum gehen, dass junge Mütter und Väter für den Arbeitsmarkt möglichst schnell wieder verwertbar sind.