Protocol of the Session on October 5, 2016

(Beifall von der LINKEN.)

Es ist doch völlig klar, dass Flüchtlinge, die zu uns kommen und die unserer Hilfe bedürfen, natürlich mehr an Ressourcen erfordern - in finanzieller und materieller Hinsicht - wie Schulen, Bildung, Unterkünfte und dergleichen mehr. Das heißt, dadurch wird ein bestehendes Problem, das wir in der Infrastruktur sehen, verstärkt. Mehr steht hier nicht drin. Sie bringen das in einen politischen Zusammenhang, der hier nicht gegeben ist. Das lässt Sie die

(Abg. Strobel (CDU) )

sen Text nicht mehr vorurteilsfrei lesen, sondern sie interpretieren ihn sozusagen einseitig und damit falsch, indem Sie hier etwas unterstellen, was nicht drinsteht und was andere übrigens so nicht gesagt haben.

(Beifall bei der LINKEN.)

Deswegen in aller Deutlichkeit: Es wäre völlig verkehrt, dies zu interpretieren, als ob wir meinten, die Probleme seien durch Flüchtlinge verursacht. Das ist überhaupt nicht der Fall. Wir sagen, es bedarf mehr Ressourcen. Das steht wohl zweifelsfrei fest. Vielen Dank.

(Beifall von den LINKEN.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Hubert Ulrich.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bierbaum, wo ist denn das Problem? Nehmen Sie doch bitte einfach diesen Halbsatz aus Ihrem Antrag raus. Dann haben wir kein Problem, Ihrem Antrag zuzustimmen. Wenn das alles so missverständlich ist, dann kann das Problem ja auch nicht darin bestehen, diesen Halbsatz herauszuholen, der jenseits jeder Interpretation in diesem Zusammenhang in diesen Antrag einfach so nicht hineingehört.

Uns geht es insgesamt darum, einen Blick für die Probleme zu kriegen, die wir bei der Infrastruktur haben, und auch darum, der Landesregierung Möglichkeiten zu eröffnen, ihre Prioritäten besser zu setzen. Jetzt komme ich zu dem, was eben von den Herren der Regierungsfraktionen gesagt wurde. Herr Strobel, Sie haben es gemacht; Herr Roth, Sie haben es auch gemacht. Sie haben versucht, unseren Antrag in Richtung Wahlkampf zu schieben. Einen Wahlkampfantrag stelle ich mir allerdings anders vor. Wir haben in diesem Land - das wissen wir alle - ein profundes Infrastrukturproblem. Das ist so. Das bestreiten Sie nicht; das bestreitet keiner. Wir haben die Schuldenbremse an der Backe. Also muss man sich, wenn man noch ein bisschen Politik gestalten will, einmal Gedanken darüber machen -

(Abg. Roth (SPD) : Wir wissen aber alles.)

Ja, wir wissen vieles eben nicht, Herr Roth. Das ist genau das Problem. Auch die Landesregierung weiß vieles nicht, weil die Daten an dieser Stelle gar nicht vorliegen. Ein grundsätzlicher Kritikpunkt, den wir als GRÜNE an der Großen Koalition und an der Landesregierung haben, die ja von der Großen Koalition getragen wird, ist der, dass diese Landesregierung keine erkennbaren Schwerpunkte setzt. Sie

sparen nach der Rasenmäher-Methode. Sie verteilen mit der Gießkanne. Schwerpunkte werden nicht gesetzt.

Aber jeder, der einmal in einem Unternehmen gearbeitet hat, weiß, wenn es einem Unternehmen schlecht geht, wenn ein Unternehmen Schwierigkeiten hat, dann ist es ganz wichtig zu eruieren, wo eigentlich die Probleme liegen. Deshalb gibt es zum Beispiel so etwas wie Kostenrechnung; das sage ich Ihnen aus meiner beruflichen Erfahrung und aus meinem Studium. Die Kostenrechnung - das ist ein guter Vergleich - in einem Unternehmen ist dazu da, dem Unternehmer zu sagen, pass mal auf, das kostet so viel, da ist es teurer, wir sollten das machen, bevor wir das andere machen. Dafür muss es aber eine Kostenrechnung geben.

(Anhaltendes Sprechen.)

Jetzt will ich einen Infrastruktur-Bericht nicht direkt mit der Kostenrechnung vergleichen, aber irgendwo gibt es Bilder, die ein bisschen zusammenpassen. Das wäre eine Grundlage, wenn die Landesregierung einen solchen Bericht hätte. Deshalb hat ja auch Schleswig-Holstein einen solchen Bericht auf den Weg gebracht. Damit geht man neue Wege. Deshalb wäre es hilfreich, einen solchen Bericht zu haben.

Einfach einen Antrag abzulehnen, der nur als Hintergrund hat, der Landesregierung eine bessere Entscheidungsgrundlage an die Hand zu geben, finde ich schon ein bisschen sehr eingeschränkt in der Denke und im politischen Agieren. Man könnte zumindest einen solchen Antrag in den Ausschuss verweisen, könnte sich einen Experten bestellen und ihm zuhören. Dann könnte man sich Gedanken darüber machen, ob es sinnvoll ist oder nicht. Das tun Sie aber nicht! Sie lehnen das sofort pauschal ab und sagen, weg, kommt von den GRÜNEN, machen wir nicht, obwohl es der Landesregierung vielleicht die eine oder andere Hilfe geben könnte, wie man Entscheidungen in einem Land, das wirklich ganz wenig Geld hat, besser treffen könnte, als man sie heute trifft. Die Ergebnisse der Entscheidungen, die von dieser Landesregierung getroffen werden, kriegen wir täglich mit. Das sind die Riesenprobleme in der Infrastruktur, an der Universität und auch in anderen Bereichen. Da wollen wir eine Hilfestellung geben. Das ist alles. - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Stefan Thielen von der CDU-Landtagsfraktion.

Kollege Ulrich, Herr Kollege Bierbaum, Herr Kollege Hilberer! Nach allem, was ich hier gehört habe,

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

muss ich mich doch noch als finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion zu Wort melden, weil hier viele Sachen vermischt werden, die überhaupt nicht zusammengehören und die man in dieser Form so nicht stehen lassen kann.

(Beifall bei der CDU-Landtagsfraktion.)

Ich möchte zunächst einmal auf Ihren Antrag eingehen, Herr Ulrich. Es ist durchaus nicht so, dass wir uns nicht damit beschäftigt haben und nicht darauf eingehen. Aber man muss sich doch den Wortlaut dieses Antrages anschauen. Was Sie von uns fordern, ist keine Förderung der Investition. Das ist einfach nur ein weiteres Bürokratiemonster, das Sie aufbauen wollen.

(Sprechen bei der LINKEN.)

Dem können wir einfach nicht zustimmen. Das hilft uns überhaupt nicht weiter. Noch ein Bericht; noch einmal überall abfragen, was an Informationen verfügbar ist - das hilft doch wirklich nicht weiter.

(Beifall bei der CDU-Landtagsfraktion. - Fortdau- erndes Sprechen.)

Wenn Sie in Ihre Unterlagen geschaut hätten und sich im Finanzausschuss dieser Sache gewidmet hätten, dann hätten Sie genau gesehen, was alles an Investitionen in diesem Land passiert. Wir haben das am 27.09. zum großen Thema gemacht. Von Herrn Vorsitzenden Bierbaum wurde gefordert, dass es eine genaue Auflistung gibt. Da sieht man doch ganz genau, in welcher Form hier die Schwerpunkte gelegt werden. Sie haben es wahrscheinlich im Fach gehabt. Schauen Sie einfach einmal drauf.

Wir sehen hier eine Summe von Investitionen von 1,7 Milliarden Euro in den nächsten Jahren - trotz Schuldenbremse. Wir sehen Investitionen in höchster Form im Hochbau, im Straßenbau, bei den Krankenhäusern - um nur die ersten drei zu nennen. Sie stehen mit den genauen Zahlen hier und behaupten, es würde keine Investitionen geben und wir wüssten nicht, wo wir investieren. Dazu muss ich sagen, dass ich dem so nicht zustimmen kann. Ich glaube, ich spreche für fast das gesamte Haus.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Genau aus dem Grund lehnen wir Ihren Antrag ab, weil es in der Form einfach nicht weiterhilft und wir uns strikt an die Vorgaben der Schuldenbremse halten, wie es für das Land in den nächsten Jahren vorgesehen ist. Wir versuchen, die neue Lösung voranzubringen, wie es schon mehrfach gesagt worden ist.

Jetzt noch zum Antrag der LINKEN-Landtagsfraktion. Herr Prof. Bierbaum, Sie widersprechen sich in der Form, weil Sie zum einen fordern, dass wir uns stärker dafür einsetzen, dass Investitionen vorgenommen werden und dass die Schuldenbremse

quasi aufgeweicht wird. Auf der anderen Seite gehen Sie darauf ein, dass die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft werden, die mit 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts durchaus da sind. Das widerspricht sich in dieser Darstellung, muss ich sagen.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Nein, das widerspricht sich nicht.)

Doch, die Mittel werden nämlich vom Bund in der Form bereitgestellt, dass man sie durchaus ausnutzen könnte. Sie werden nur zum Beispiel im Straßenbau von den Ländern nicht abgerufen. Daher können wir diesem Antrag nicht zustimmen, weil wir uns natürlich dafür einsetzen, dass Investitionen vorgenommen werden, aber es muss mit Sinn und Verstand funktionieren. Das sehen wir hier in der Form nicht. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. Danke schön.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Weil in der Debatte weit über das Thema Infrastruktur hinaus vieles zum Thema Finanzen und Schuldenbremse gesagt worden ist, will ich mich noch einmal zu Wort melden, bevor die zuständige Wirtschaftsministerin etwas zum Thema Investitionstätigkeit in diesem Land sagt.

Sehr geehrter Herr Kollege Hilberer, zunächst einmal einen herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Nachwuchs. Wir freuen uns für Sie persönlich. Wir freuen uns im Übrigen über jedes Kind, das im Saarland geboren ist, auch wenn das für Eltern mit Schlafmangel verbunden ist. Aber unabhängig von der Tatsache, ob jetzt Schlafmangel dazu geführt hat, dass Sie die Rede so gehalten haben, wie Sie sie gehalten haben, steht die Rede für sich.

(Vereinzelt Lachen.)

Ich glaube, das sollten wir unkommentiert so wirken lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zum Zweiten. Ich will mit Blick auf die eben geführte Debatte etwas ganz deutlich sagen. Ich glaube, wir haben in diesem Haus ein gemeinsames Ziel, und zwar alle, ob wir in der Regierung oder in der Opposition sind. Wir wollen, dass das Saarland auch für diejenigen, die nach uns kommen, ein lebens- und liebenswertes Land bleibt. Ein lebens- und liebenswertes Land bedeutet, dass es hier natürlich Lebensumstände gibt, unter denen sich die Menschen

(Abg. Thielen (CDU) )

wohlfühlen, und eine funktionierende Infrastruktur. Ich sage ausdrücklich, dass es nicht nur eine funktionierende Infrastruktur in Stein und Beton gegossen sein soll, sondern auch eine funktionierende soziale Infrastruktur.

Wir wollen aber eben auch, dass diejenigen, die nach uns Verantwortung tragen, Möglichkeiten haben zu gestalten und dass sie nicht durch Schulden so begrenzt sind, dass sie ihrerseits keinerlei Möglichkeit haben, wirklich Politik zu gestalten. Und deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, schließen sich Schuldenbremse und Einhaltung der Schuldenbremse auf der einen Seite und Zukunftsgestaltung und Infrastruktur auf der anderen Seite eben nicht aus. Jetzt kann man über die Große Koalition in Berlin vieles sagen, auch viel Negatives, ich hätte da meinen ganz eigenen Beitrag dazu zu machen.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Aber eins ist auch klar: Gerade in den jetzt zurückliegenden Jahren, in denen die Schuldenbremse in Berlin eingehalten worden ist, in denen die schwarze Null, zum Teil auch ein Haushaltsüberschuss produziert worden ist, ist - wenn man sich die Programme genau anschaut - in den letzten Jahren so viel über den Bundeshaushalt investiert worden wie selten zuvor. Ob das im Bereich Straßenbau ist, ob das im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ist, ob das im Bereich der Breitbandmittel ist, ob das im Bereich der Sonderprogramme für kommunale Infrastruktur ist, ob es Investitionen in den sozialen Bereich, etwa auch in das Rentensystem, sind, alles das ist gelaufen, ohne dass es zu einer zusätzlichen Neuverschuldung gekommen ist. Ich glaube, das beweist, dass es möglich ist und dass wir auf diesem Weg auch weitermachen sollten.

Wir sind im Saarland in einer besonderen Situation, weil wir ein anerkanntes Haushaltsnotlageland sind und weil wir gemeinsam mit anderen Ländern eine Konsolidierungsvereinbarung haben. An der Einhaltung dieser Konsolidierungsvereinbarung hängen eben die entsprechenden Haushaltshilfen für unser Land. Deswegen müssen wir unseren Haushalt zum Beispiel auch dem Stabilitätsrat vorlegen, damit er untersucht und genehmigt wird etwa mit Blick auf die Frage, ob wir eine Verschuldungsobergrenze einhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten gerade in der letzten Woche noch einmal den entsprechenden Evaluierungsausschuss, und da ist noch mal bestätigt worden, dass das Saarland diese Hausaufgaben bisher wirklich gut gemacht hat. Ich will hier an dieser Stelle eines sagen, sehr geehrter Herr Kollege Bierbaum, weil ja in Ihrem Antrag mit Blick auf Fragen der Gestaltung der Schuldenbremse Vorschläge gekommen sind: Das Erste, was man

festhalten muss, ist, dass die Möglichkeit, sich um null Komma noch was Prozent zu verschulden, eine Möglichkeit ist, die nach der Ausgestaltung der Schuldenbremse einzig und allein und ausschließlich dem Bund zur Verfügung steht. Das war der Preis dafür, dass der Bund sehr viel früher mit der Schuldenbremse begonnen hat. Bei den Ländern ich nehme die Konsolidierungsländer außen vor greift die Schuldenbremse so, wie es im Grundgesetz vereinbart ist, ab dem Jahr 2020. In der Arbeitsgruppe, auch mit den Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich gestern in Berlin zusammensaß, gibt es keinerlei Bewegung und Wunsch der Länderseite, an dieser Konstruktion etwas zu ändern.