Protocol of the Session on June 20, 2012

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine überwiegend strukturgleiche Übernahme des Abschlusses für die Angestellten auf die saarländischen Beamten in diesem Jahr vor, mit Ausnahme des von Ihnen genannten Sockelbetrages und verschoben um ein halbes Jahr, das ist richtig. Diese Verschiebung halten wir allerdings in der Abwägung von Haushaltsnotlage und Sparnotwendigkeiten gegenüber den berechtigten Interessen der Beamten in diesem Jahr für tragbar, weil die 1,9 Prozent auf das Gehalt strukturell und dauerhaft draufkommen. Würden wir das Ganze schon rückwirkend zum 01. Januar umsetzen - und das ist auch eine Wahrheit würde das den saarländischen Landeshaushalt erneut um 9,5 Millionen belasten. Würden wir die 17 Euro Sockelbetrag draufschlagen, hätten wir wieder einen Millionenbetrag zusätzlich, den wir bezahlen müssten. Das sind Belastungen, die der saarländische Landeshaushalt tragen müsste.

So müssen wir alljährlich und immer wieder die Interessen der Beschäftigten und die Interessen der Haushaltskonsolidierung miteinander in Einklang bringen, so bitter dies auch manchmal für die Betroffenen sein mag. Es handelt sich immer gleich um hohe Summen, die den Landeshaushalt betreffen. Bei einer Personalquote von 40 Prozent ist es un

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

möglich, im saarländischen Landeshaushalt zu sparen, ohne dass es die Personalausgaben betrifft, zumal, wie wir wissen, die zweithöchste Quote die Zinslasten sind, über die wir keine Kontrolle haben.

Selbstverständlich können wir nicht dauerhaft die Beamten von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppeln. Das ist richtig. Selbstverständlich wollen wir nicht dauerhaft Nullrunden und dauerhaft Einkommenserhöhungen verschieben. Deshalb gilt nach wie vor unser Angebot an die saarländischen Gewerkschaften, insbesondere den Beamtenbund, in Gespräche einzusteigen und ein dauerhaftes Personalkonzept für das Saarland zu entwickeln, das einerseits einen Abbau des Personalkörpers vorsieht, andererseits aber auch Lösungen findet, wie künftig mit Besoldungserhöhungen, mit zusätzlichen Leistungen, mit Beförderungsbudgets und anderen Bereichen umgegangen wird. Dazu und in diesem Rahmen muss die Frage geklärt werden, wie wir mit der Absenkung der Eingangsbesoldung umgehen.

Dazu muss man schlichtweg wissen - da kann sich die GRÜNEN-Fraktion nicht aus der Verantwortung ziehen -, dass diese Maßnahme beim Stabilitätsrat hinterlegt ist, und zwar summengenau. Dazu sind wir alljährlich verpflichtet. Es wird kontrolliert, ob wir diese Maßnahmen und unsere Haushaltziele einhalten. Denn davon sind die Zahlungen von Konsolidierungshilfen abhängig. Wenn wir eine solche Maßnahme in toto aufheben, was fast ein zweistelliger Millionenbetrag wäre, dann müssen wir an anderer Stelle andere Dinge einsparen und müssen konkret sagen, wo und an welcher Stelle. Das ist die Grundproblematik. Deshalb müssen wir in den Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern auch klären, welches die vordringlichen Wünsche der Arbeitnehmer und welches die vorrangigen Ziele sind. Wir müssen klären, ob dazu auch die komplette Rücknahme der Absenkung der Eingangsbesoldung gehört.

Eines stört mich in diesem Zusammenhang: Es wird immer so darüber gesprochen, als würden wir nur die Eingangsbesoldung der Lehrer absenken, was aber überhaupt nicht der Fall ist. Es mag in der öffentlichen Wahrnehmung wegen der Proteste so sein, aber wenn wir schon über Gerechtigkeit sprechen, so kann man nicht nur die Absenkung der Eingangsbesoldung der Lehrer ansprechen, denn im selben Maße gilt sie für Polizisten, Finanz- oder Verwaltungsbeamte oder auch Richter, nämlich für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes, wo die Eingangsbesoldung abgesenkt ist. Für diese Beamten würden wir, wenn wir Ihren Antrag annehmen würden - wo wir schon von einer Gerechtigkeitslücke sprechen -, eine weitere Gerechtigkeitslücke aufmachen. Es gibt eben nicht zwei Sorten Beamte. Ebenso wenig, wie wir im Moment einen strukturellen Bedarf an Grundschul- oder Gymnasiallehrern in be

stimmten Fächern haben, da wir abdecken können, haben wir ihn bei den Polizisten oder Finanzbeamten. Dort haben wir im Moment genügend Bewerber.

Wenn wir also über eine solche Maßnahme sprechen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass das alle Bereiche der Landesverwaltung betrifft und entsprechende Mehrkosten zur Folge hat. Das werden wir im laufenden Haushalt so nicht lösen können.

Wir hatten schon im damaligen Gesetz festgeschrieben, dass wir für Teilbereiche, in denen es einen echten Bewerbermangel gibt, eine Ausnahme machen können. Das betrifft die Berufsschullehrer. Wir hatten nicht geregelt - deswegen der Änderungsvorschlag heute -, dass schon eingestellte Bewerber, die noch zu einem anderen Zeitpunkt eingestellt werden, dann gleich behandelt werden müssen. Das holen wir heute nach und nehmen deshalb die Berufsschullehrer komplett aus, ebenso wie es bei den Förderschullehrern schon erfolgt ist. Aber in Gänze das für alle Lehrer zu tun - und das hat dann eben zur Konsequenz, dass man es für alle Landesbeamten tun muss -, werden wir im laufenden Landeshaushalt nicht darstellen können. Außerdem würden wir uns gegenüber dem Stabilitätsrat unglaubwürdig machen. Das ist ein Problem. Dieses Problem muss dauerhaft gelöst werden, und das können wir nur im Rahmen eines Personalgesamtkonzeptes machen. Da werden auch Prioritäten gesetzt werden müssen, und das muss in Ruhe besprochen werden.

Tatsache ist: Bei einer Personalquote von 40 Prozent im Landeshaushalt kommen wir an Maßnahmen, die das Personal betreffen, nicht vorbei. Wer etwas anderes behauptet, der sagt den Menschen nicht die Wahrheit. Das ist schlichtweg unmöglich.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Von daher werden wir es künftig mit einer Art von kommunizierenden Röhren zu tun haben: Entweder wir bauen das Personal insgesamt stärker ab und können dann vielleicht anderes an Leistungen erbringen oder aber umgekehrt. Das muss einfach gemeinsam besprochen werden. Aber insgesamt kommen wir an Maßnahmen, die im Zweifelsfall auch wehtun, nicht vorbei.

Würden wir im Übrigen die Besoldungserhöhungen vom letzten Jahr nachholen, würden wir den Sockelbetrag draufsetzen und würden das erste Halbjahr auch noch nachholen, kämen wir ruckzuck auf Mehrkosten von 35 Millionen Euro im laufenden Haushalt. Dass das nicht darstellbar ist und unsere Konsolidierungsziele gefährdet, muss einfach jedem bewusst sein. So ehrlich sollte man dann auch zu sich selbst sein.

Wenn eine Fraktion, die bis vor Kurzem noch Regierungsfraktion und an der Landesregierung beteiligt

(Abg. Schmitt (CDU) )

war, die die Ziele beim Stabilitätsrat mitverankert hat und auch konkrete Maßnahmen mitverankert hat mag sie sie erfunden haben oder nicht; sie hat mit dafür gestimmt, dass die Gesetze eingebracht werden, und hat mit dafür geradegestanden -, jetzt behauptet, man könne das alles mir nichts dir nichts von heute auf morgen rückgängig machen, ohne an anderer Stelle für Kompensation zu sorgen, dann macht sie Politik insgesamt ein Stück weit unglaubwürdig. Damit tut sich auch die GRÜNEN-Fraktion hier keinen Gefallen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dieses stückweise Absetzen von allen Maßnahmen, die in der Vergangenheit unpopulär waren und von den GRÜNEN mitgetragen worden sind, wird Ihnen nicht helfen und macht Sie nach außen nicht glaubwürdiger. Tatsache ist, wir brauchen ein Konzept für die nächsten Jahre, wie mit dem Thema Personal umgegangen werden muss. Ich sage auch: Wir können nicht nur zusätzlich abbauen und ständig Nullrunden einführen, das wird nicht gehen. Wir müssen uns aber in Gesprächen, im Dialog mit den Arbeitnehmervertretern über Prioritäten klar werden. Das wird in nächster Zeit unsere Aufgabe sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schmitt. - Es folgt nun der Abgeordnete Andreas Augustin von der Fraktion der PIRATEN. Ich weise darauf hin, dass es seine erste Rede ist.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kollegen! Wir haben jetzt die verschiedenen Aspekte des Gesetzes gehört. Es geht um die 1,9 Prozent. Es geht um den Sockelbetrag von 17 Euro, der nicht kommen soll. Es geht um den § 46, der von dem Kollegen Linsler nur kurz angesprochen wurde. Und - wie der Kollege Schmitt schon bemerkt hat - es geht auch um Prioritäten.

Jetzt haben wir die Sache mit den 1,9 Prozent ab Juli. Eine prozentuale Steigerung ist etwas, wovon immer diejenigen am stärksten profitieren, die sowieso schon hohe Gehälter haben. Ein Sockelbetrag ist etwas, wovon diejenigen am meisten profitieren würden, die wenig haben. Betrachtet man die aktuelle Inflation, 1,9 Prozent, so ist festzustellen, dass diese 1,9 Prozent zusätzlich genau der Ausgleich wären.

Ich habe aber in der letzten Zeit mitgerechnet und etwas aufgepasst, wie sich die Inflation zusammensetzt. Grundlegende Dinge wie etwa Backwaren bei meinem Stammbäcker sind in diesem Jahr teilweise um 11,8 Prozent gestiegen. Ein Busticket für den

Großraum Saarbrücken - 7 Prozent mehr. Das sind alles Dinge des Grundbedarfs, die also um mehr als 1,9 Prozent gestiegen sind. Der Grund, weshalb die Inflation trotzdem nur bei 1,9 Prozent liegt, ist eine Deflation bei Luxusgütern. Mein Handy hat vor 16 Monaten rund 500 Euro gekostet, das Nachfolgemodell, das besser ist, kostet neu 400 Euro. Diese Deflation drückt natürlich die ansonsten höhere Inflation bei den Gütern des Grundbedarfs.

Wenn man bedenkt, dass Grundbedarf genau das ist, was alle Leute brauchen, egal wie viel Gehalt sie haben, so spricht dies deutlich für die 17 Euro Sockelbetrag und stellt den in meinen Augen sogar über die 1,9 Prozent.

(Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN.)

Trotzdem, Herr Schmitt, ist es eine Frage der Prioritäten. Die 1,9 Prozent sind drin, der Sockelbetrag nicht.

Zu § 46, der hier nur kurz angesprochen wurde, sollte man vielleicht etwas mehr sagen. Man muss sich klar machen, worum es geht. Es geht darum, dass jemand, der mehr als 18 Monate lang mehr tut als er müsste, auch entsprechend mehr Geld kriegt, und auch das nur temporär für die Zeit, für die er das höherwertige Amt ausübt.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Das soll gestrichen werden, obwohl es gerade einmal 150 Stellen betrifft. Wir reden hier nicht über große Beträge. Vor allem ist es gar nicht das Geld, das hier eine Rolle spielt, sondern die Motivation. Wie soll man jemanden noch motivieren - vor allem im Beamtenbereich, wo es ohnehin schon dieses Klischee gibt, das jeder kennt -, mehr zu tun als wirklich nötig, wenn es keine Chance gibt, dafür besser besoldet zu werden? Keinen Dank, keine Entlohnung? Das finde ich unfair.

(Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN.)

In dieser Hinsicht nenne ich es auch eine Mitarbeiter demotivierende Maßnahme. Das geht gar nicht.

(Erneuter Beifall bei den PIRATEN und der LIN- KEN.)

Noch ein Wort zu dem, was zum Abänderungsantrag der GRÜNEN-Fraktion gesagt wurde. Da geht es auch wieder um eine Prioritätensache. Gleiches Recht für alle. Es ist für diejenigen Lehrer demotivierend, die nicht von dieser Änderung profitieren. Entweder wollen wir es für alle oder gar nicht, sonst demotivieren wir wieder diejenigen Lehrer, die keine höhere Eingangsbesoldung haben. Das kann es auch nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN. - Zuruf.)

Bitte? - Wenn es eine Frage gibt, dann bitte am Mikro.

(Abg. Schmitt (CDU) )

(Heiterkeit und Beifall.)

Wir haben in unserer Fraktion sehr gerungen, wie wir mit diesem Gesetz umgehen, denn die 1,9 Prozent sind die erste Erhöhung seit 2,5 Jahren; die sind schon erforderlich. Ich hoffe, dass der Abänderungsantrag durchgeht, damit wir alles Sinnvolle drin haben. Ansonsten stellt sich die Frage, wie wir abstimmen müssen, denn die 1,9 Prozent sind nötig. Das Gesetz in Gänze abzulehnen, wäre falsch. Umgekehrt ohne diese Änderung den Frosch zu schlucken mit allem, was noch dazukommt, mit dem § 46, mit der Eingangsbesoldung für Lehrer und so weiter, das tut schon weh. Wir würden trotzdem mitstimmen und hoffen, dass wir in dem Fall nachträglich korrigieren können.

Eine Sache, auf die ich abschließend noch hinweisen möchte, ist die Frage Januar statt Juli, ob wir das rückwirkend zahlen. Da geht es auch wieder um diese Prioritätengeschichte. Wir befinden uns ja fast schon im Juli. Bis Juli ändert sich nichts mehr an der Anzahl von Leuten, die das betrifft. In diesem Sinne ist das quasi eine Einmalzahlung. Entweder man zahlt den Betrag rückwirkend an die Leute, die von Januar bis Juli beschäftigt waren, oder nicht. Das sind keine laufenden Kosten. Und da wieder: Der Haushalt wird durch laufende Kosten stärker belastet als durch Einmalzahlungen. Das sollte man sich vergegenwärtigen. Wir reden bei der Frage Januar statt Juli um eine Einmalzahlung. Die belastet den Haushalt nicht so sehr wie laufende Kosten. Von daher bin ich auch für Januar statt Juli.

(Beifall bei den PIRATEN und von B 90/GRÜNE.)

In diesem Sinne bitte ich Sie, den Änderungsantrag anzunehmen, und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Augustin. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Reinhold Jost von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man weiß sich manchmal nicht zu helfen und fragt sich, worüber man sich mehr wundern soll, über Naivität oder über die Krokodilstränen, die vergossen werden. Aber beides, denke ich, ist bei diesem Thema völlig fehl am Platz.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Der Kollege Schmitt hat darauf hingewiesen, dass wir uns in einem entsprechenden Korsett befinden. Das ist wohl war. Es gibt nicht nur das Korsett der Schuldenbremse. Ich sage das jetzt als jemand, der im Dezember letzten Jahres - im Gegensatz zum Zwischenrufer, Kollegen Ulrich - dem Haushaltsent

wurf für 2012 nicht zugestimmt hat. Wir befinden uns auch im Korsett eines Haushaltes, den wir so nicht mit beschlossen haben. Deswegen ist das für uns natürlich eine besonders problematische Situation. Ich nenne beispielsweise das Thema Besoldungssituation, bei dem wir darauf hingewiesen hatten, dass wir es zum damaligen Zeitpunkt gegebenenfalls anders gemacht hätten. Aber wenn man heute hier sagt, man macht das rückwirkend und man macht beispielsweise einen Sockelbetrag, dann erwarte ich von Ihnen, Herr Kollege -

(Zuruf.)

Unter dem Strich ist es schnurzpiepegal, ob das eine Einmalzahlung ist oder ob das eine strukturelle Zahlung mit fortlaufender Wirkung über das ganz Jahr ist, das muss bezahlt werden. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie mir sagen, wo man das Geld herholen soll. Wo kürze ich an der einen Stelle, wenn ich es an der anderen Stelle ausgeben will? Das wäre dann ehrlich. Alles andere ist Naivität, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss auch gesagt werden.