Protocol of the Session on June 15, 2016

(Heiterkeit. - Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Die SPD in Beckingen ist dagegen. - Beifall von der LINKEN.)

Aber trotzdem bin ich gespannt, wie Sie jetzt auf die Diskussionen im Land reagieren werden. Aber dieser von mir gelobte Umweltminister war nicht so anmaßend zu sagen, was stört mich das ganze Geschwätz der Bürgerinnen und Bürger, sondern er sagte, nein, wir reagieren, ich schiebe die Ausbauplanungen einmal zehn Jahre hinaus. Das ist immerhin eine Antwort. Dann hat man eben eine gewisse Zeit gewonnen, um neu nachzudenken und zu überlegen, ob dieser Weg wirklich der richtige ist.

Es gibt einen weiteren Grund. Das sage ich als jemand, der sich nun wirklich dem Land über Jahrzehnte verbunden fühlt und auch Verantwortung in diesem Land getragen hat. Wir haben doch, verehrte Kolleginnen und Kollegen, über den Bergbau für die gesamte Bundesrepublik erhebliche Vorleistungen erbracht, über viele Jahrzehnte. Das Land hat dadurch auch ökologisch, wenn man so will, Schaden genommen. Wir haben das hier ja manchmal diskutiert.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das ist gar keine Frage. Können wir nicht eben genauso gut sagen, dass wir jetzt bei dem Ausbau der Windenergie wie Bayern oder Baden-Württemberg darauf warten, dass entsprechende Leitungen eingerichtet werden und wir von den großen Kapazitäten anderer Länder profitieren?

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Beckingen!)

Wäre das nicht zumindest ein Ansatz, einmal darüber nachzudenken? Ich gebe das hier nur einmal weiter und fordere Sie auf, darüber nachzudenken.

Die Diskussion ist ja weitergegangen. Auch auf Bundesebene wiederholt jetzt die Bundeskanzlerin ein Argument, das wir hier immer wieder vorgetragen haben. Ich will es deshalb noch einmal aufgreifen. Die Bundeskanzlerin sagt vollkommen richtig, es hat überhaupt keinen Sinn, zusätzliche Kapazitäten für den Windstrom aufzubauen, wenn wir nicht die ent

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

sprechenden Leitungen haben, um den Strom in den Süden zu transportieren und dort die Abnehmer zu finden. Das ist doch ein richtiger Standpunkt! Deshalb begrüße ich es, dass sich diese - wenn man so will - Einsicht jetzt durchgesetzt hat, dass das überhaupt keinen Sinn ergibt. Man kann doch nicht immer wieder gegen technische Grundgesetze argumentieren. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, immer weitere Kapazitäten zu schaffen, ohne dass die entsprechenden Leitungen vorhanden sind, ganz zu schweigen von entsprechenden Speicherkapazitäten. Das ist technologisch schlicht und einfach Unsinn, um es noch einmal zu sagen.

(Beifall von der LINKEN.)

Herr Fraktionsvorsitzender, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich! Ich fiebere dieser Frage entgegen. - Bitte schön, Herr Kollege Ulrich!

(Heiterkeit.)

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Fraktionsvorsitzender Lafontaine! Sie sind doch von Beruf Physiker und haben deshalb ein gutes technisches Verständnis. Das unterstelle ich Ihnen. Deshalb dürfte Ihnen bewusst sein, dass das Leitungsproblem von Nord nach Süd deshalb so groß ist, weil im Süden so wenige Windkraftanlagen stehen, weil sie von den bisherigen Landesregierungen - sei es in Bayern oder Baden-Württemberg - nicht sehr vorangetrieben wurden. Darin liegt doch das Problem! Wären dort sehr viel mehr Windkraftanlagen, dann bräuchte man weniger Leitungen von Nord nach Süd. Bei der Energiewende geht es gerade darum, bundesweit eine Dezentralität herzustellen, um auf die enormen Leitungskapazitäten verzichten zu können, wie sie jetzt geplant sind. Die brauchen wir eben, weil es nur im Norden etwas gibt und im Süden nicht. Negieren Sie das einfach?

Nein. - Ich freue mich zunächst einmal, dass Sie die Politik Ihres grünen Ministerpräsidenten kritisch gewürdigt haben.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Den meinte ich nicht.)

Aha, den meinten Sie nicht. Na gut, dann reden wir nur über Bayern. Wir klammern Baden-Württemberg aus. - Sie haben dabei etwas übersehen. Anlagen werden nicht nur errichtet, wenn bestimmte politische Mehrheiten da sind und das wollen. Anlagen werden auch nach technologischen Kriterien errich

tet. Es ist nun einmal so: Die Windhöffigkeit und die Windstärke im Norden sind weitaus größer als im Süden. Deshalb ist es sinnvoll, im Norden größere Kapazitäten zu schaffen. Das ist einfach so. Das hat auch etwas mit Physik zu tun, Herr Kollege Ulrich. Weil Sie das angesprochen haben, wollte ich insoweit antworten.

(Beifall von der LINKEN.)

Die Bundeskanzlerin hat klar gesagt, es wäre richtiger, zunächst einmal die Leitungen zu schaffen. Der Nächste, den ich hier erwähnen muss - ich tue das mit gewissem Vergnügen -, ist Herr Kollege Kauder, dem ich im Deutschen Bundestag auch nicht häufig zugestimmt habe. Aber wenn er ein richtiges Argument vorbringt, dann ist es eben so. Er hat gesagt, es ergibt keinen Sinn, neue Kapazitäten zu schaffen, wenn wir schlicht und ergreifend keine Abnehmer für diesen Strom haben, weil die notwendige Infrastruktur gar nicht da ist. Da kann sich die Windlobby noch so auf die Hinterbeine stellen, hat er gesagt. Wir verteuern nur unsinnigerweise den Strom. Das hat er richtig ausgeführt. Wir sind dann alle in irgendeiner Form damit verhaftet. Die Leute müssen das bezahlen. Es ist alleine im letzten Jahr eine halbe Milliarde Euro verbrannt worden, indem einfach so getan worden ist, als sei Strom produziert worden, der aber gar nicht produziert wurde. Die Anlagen wurden abgeklemmt, damit das Gesetz erfüllt worden ist. Es ist also wunderbar: Man produziert noch nicht einmal Strom - und kriegt einfach Steuergelder! Wir halten eine solche Politik schlicht und einfach für unsinnig. Ich will das hier in aller Klarheit sagen.

(Beifall von der LINKEN.)

Meine Damen und Herren, unser Vorschlag war zunächst einmal ein Bürgerentscheid, um hier an der Saar zumindest eine kompromissfähige Entscheidung zu bekommen. Wir würden es immer noch begrüßen, wenn man sich darauf verständigen könnte. Wenn die Bürger in einer Gemeinde sagen, sie wollen eine solche Anlage haben, dann ist das in Ordnung. Dann gibt es immer noch das Problem der Nachbargemeinde. Ich habe versucht, das am Beispiel des Zerfer Waldes deutlich zu machen. Da sind auch viele Saarländer beim Pilze sammeln - nicht dass Sie meinen, das sei nur eine Sache für Rheinland-Pfalz! Wenn Sie sich auskennen würden, dann wüssten Sie das. Wir haben also das Problem beim Zerfer Wald. Aber bei anderen Anlagen wäre der Bürgerentscheid doch die richtige Antwort. Wir plädieren nach wie vor dafür, den Bürgerentscheid einzuführen.

Die 10H-Regel, die beispielsweise in Bayern nach meiner Auffassung zu guten Ergebnissen geführt hat, können wir aus rechtlichen Gründen auf die Schnelle nicht mehr umsetzen; die Zeit ist vorbei. Sie hätte aber dazu geführt, dass etwa Räder im

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Primsbogen in dieser Form nicht aufgestellt worden wären, weil die Wohnbebauung zu nahe ist. Ich rufe das in Erinnerung.

Aber das, was Rheinland-Pfalz auf eine andere Art und Weise macht, könnten auch wir hier machen. Ich appelliere an Sie: Überlegen Sie, ob es nicht sinnvoll wäre, etwa wie in Schleswig-Holstein oder in Rheinland-Pfalz den Zubau etwas zu bremsen, eine Atempause einzulegen und zunächst einmal bei Schwerpunktgebieten beziehungsweise Vorranggebieten zu bleiben und nicht immer neue Anlagen zu planen und zu errichten, bis letztendlich das ganze Land zugebaut ist. Es ist auf eine Formel gebracht kein sinnvoller Naturschutz, den Landschaftsschutz völlig zu ignorieren und dafür nur Anlagen zu bauen, die noch nicht einmal Abnahme finden.

(Beifall von der LINKEN.)

Im Übrigen haben wir eine völlige Schieflage in der Diskussion. Es wird immer nur von Energiewende geredet. Das ist in diesem Zusammenhang ein völlig falsches Wort. Man kann allenfalls von Stromwende reden. Das große Ziel der Klimakonferenz in Paris war die Dekarbonisierung. Das betraf aber nicht nur den Strom, der 20 Prozent unseres Energiebedarfs umfasst. Es betraf vielmehr die gesamte Energieumwandlung. Selbst dann, wenn wir den ganzen Strom auf erneuerbare Energien umgestellt hätten - davon sind wir weit weg -, bleiben immer noch 80 Prozent zu lösen: Heizung, Verkehr, Industriewärme, Landwirtschaft und so weiter. Da ist in den letzten Jahren viel zu wenig geleistet worden.

Wenn man überhaupt über die CO2-Problematik diskutiert, dann kann man sagen, dass es eine klare Alternative gibt. Entweder verbrenne ich 25 Milliarden, indem ich den Strom produziere, den ich nicht verbrauche, aber bezahle, oder ich leite ihn, um die Netze nicht zu überlasten, kostenlos in die Netze anderer Nationalstaaten. Die Alternative wäre, hier in Wärmedämmung zu investieren und sie zu betreiben. Wir haben auch das Landesprogramm nicht zu Ende geführt. Sie können - naturwissenschaftlich und technisch überprüfbar - genau dieselbe CO2Reduktion erreichen wie mit diesen immer neuen Anlagen. Es ist doch unsinnig, dass wir die Landschaft zerstören! Lasst uns doch Wege gehen, die das CO2 reduzieren, ohne dass wir die Landschaft in diesem Umfang zerstören!

Meine Damen und Herren, es ist interessant, dass in diesem ganzen Kontext in der letzten Zeit das Wort Stromsparen gar nicht mehr so oft auftritt. Es wird immer davon geredet, Strom zu produzieren. Warum? Weil jetzt die Renditeerwirtschaftung im Vordergrund steht und weil es natürlich wunderbar ist, wenn man sagt, ich habe ein Grundstück und kriege eine hohe Pacht oder ich habe eine Anlage, die bezahlt wird, ob Strom produziert wird oder nicht.

Das hat doch mit Natur- und Umweltschutz nach unserer Auffassung überhaupt nichts mehr zu tun!

(Beifall von der LINKEN.)

Ich will einmal die wirklichen Zahlen nennen, damit man weiß, worüber man redet; ich habe es hier schon einmal gesagt: Diese Landschaftszerstörung hat, wie wir es sehen, nach den jüngeren Zahlen dazu geführt, dass wir 2,4 Prozent unseres ganzen Energieverbrauchs über die Windkraft erzeugen. 2,4 Prozent! Da stellt sich doch die Frage, ob es sinnvoll ist, diesen Weg weiter zu gehen. Selbst wenn sich der Wert verdoppelt und wenn wir doppelt so viele Räder haben, dann hätten wir 5 Prozent des gesamten Energieverbrauchs. Wir halten das für den völlig falschen Weg.

Es gibt nämlich Alternativen, die ökologisch dasselbe Ziel erreichen. Das kann man nicht ausblenden. Das ist technisch überhaupt nicht widerlegbar. Diese Alternativen sollte man ergreifen. Wir sind leider in einer Situation, dass der Ausbau der Windkraft nicht mehr nach Naturschutzgründen oder Umweltschutzgründen erfolgt. Mittlerweile ist eine starke Windkraftlobby dabei, diesen Ausbau voranzutreiben. Sie sponsort auch Parteien. Herr Kollege Ulrich, Sie nicken so heftig. Mittlerweile ist selbst die Versicherungsbranche dabei.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Die hat ja mit der Politik nichts am Hut.)

Auch die Allianz spendet kräftig an bestimmte Parteien. Sie ist auch dabei, in die Windenergie zu investieren. Das ist doch alles irre! Wer Umweltschutz betreiben will, darf die Landschaft nicht zerstören!

(Beifall von der LINKEN.)

Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. - Zur Begründung des Antrages der B 90/GRÜNE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Michael Neyses das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten 135 Jahren ist die Temperatur um durchschnittlich 1,4 Grad gestiegen. - Die Redezeitanzeige blinkt, das ist ein bisschen früh.

1 Grad Erwärmung bedeutet, dass die Luft 7 Prozent mehr Wasser aufnehmen kann. Das ist latente Energie, die sich in einem Gewitter entladen kann. Wir hatten in den letzten zwei Wochen 3.000 Unwetterwarnungen, nach Informationen des Deutschen Wetterdienstes ein bisher nicht gekanntes Ausmaß. Die jüngste Serie von Unwettern in Deutschland ist beispiellos. Wo viele Gewitter sind, da sind auch viele Tornados. In den letzten zwei Wochen haben sich

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

in Deutschland mindestens vier Tornados gebildet. Weiterhin gab es mehrmals Tornadoverdacht. Schlamm- und Wasserfluten trafen Städte und Dörfer, elf Menschen starben, viele Menschen wurden verletzt. Tiefs wie derzeit in Mitteleuropa gibt es häufiger, aber dass sich die Wetterlage so lange hält, gab es in der Vergangenheit extrem selten. Die Jahrhundertflut von 2002 ist Vielen noch in Erinnerung, mit 37 Todesopfern und 15 Milliarden Euro ökonomischen Verlusten. 2013 kam die nächste Jahrhundertflut und jetzt, 2016, erleben wir erneut überschwemmte Keller, zerstörte Wohnungen, Erdrutsche, kaputte Straßen, Tote und Verletzte.

Sicher, auch ohne Klimawandel gibt es solche Ereignisse. Sicher kann man sich darüber streiten, in welchem Ausmaß der Klimawandel genau für diese Katastrophen der letzten Jahre verantwortlich ist. Mit Klimawandel jedoch, und das gilt unter allen seriösen Klimaforschern als unstrittig, nimmt die Häufigkeit immer mehr zu. Das ist die Quittung für unseren Umgang mit der Umwelt.

(Beifall von den GRÜNEN.)

Man sollte sich darüber unterhalten, wie wir als Politiker darauf reagieren sollen. Zunächst einmal müssen wir den Menschen helfen, auch bei uns im Saarland. Gestern hat sich ja das Kabinett mit einem Nothilfefonds befasst und ihn verabschiedet. Wäre ein Antrag von der LINKEN gekommen, um den Menschen zu helfen, hätten wir das selbstverständlich unterstützt. Eines ist aber sicher der absolut falsche Weg: der vorliegende Windkraft-Verhinderungsantrag der LINKEN. Beim letzten Mal kurz vor der Klimakonferenz in Paris, diesmal unmittelbar nach den Überschwemmungen. Das ist entweder Dummheit oder Absicht.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Jetzt mach mal langsam, Junge, mach mal langsam. - Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE): Wenn man keine Ahnung hat, sollte man sich nicht da vorne hinstellen. Das ist ja wohl eine Frechheit.)

Kollege Lafontaine, ich unterstelle Ihnen keine Dummheit, ich unterstelle Ihnen hier, dass Sie den Zeitpunkt sehr wohl gewählt haben. Sie argumentieren ja auch immer, Sie wären nicht generell gegen Windkraft.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Sind wir auch nicht. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE): Nein, wer denken kann, ist klar im Vorteil. - Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE): Ja, kannst du aber nicht.)

Sie sagen aber, nicht in der Nähe von Siedlungen, nicht in der Nähe der Natur, was bleibt denn da noch? Wir können hier zum wiederholten Male feststellen, dass DIE LINKE im Landtag des Saarlandes definitiv gegen Windkraft im Saarland ist.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)