Daher hätten wir gedacht, dass wenigstens die SPD in der Koalition dafür sorgt, dass das beim Stabilitätsrat debattiert wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich Ihre Planungen über die Höhe der Neuverschuldung im Vergleich zur Obergrenze für die nächsten Jahre anschaut, muss man sagen, es ist fahrlässig, noch nicht mit dem Stabilitätsrat über die Flüchtlingssituation geredet zu haben. Denn es ist ja keine Scheindebatte, dass die Gefahr besteht, die Einhaltung der Schuldenbremse in den kommenden Jahren nicht zu schaffen. Für 2016 planen Sie mit einem Abstand zur Obergrenze von 63 Millionen Euro. Für 2017 sind es gerade einmal 6 Millionen Euro - und das bei vollkommen unsicheren Rahmenbedingungen wie Steuereinnahmen, Zinsausgaben und vor allem der Entwicklung der Ausgaben für Flüchtlinge.
Kollege Pauluhn, Sie geben in diesem Zusammenhang zu, dass das, was die Landesregierung hier vorlegt, auf Kante genäht ist - so heute Morgen in der Saarbrücker Zeitung. Deshalb sagen wir ganz klar, dass wir die Gespräche mit dem Stabilitätsrat über die Herausrechnung der Flüchtlingsausgaben aus dem strukturellen Defizit schon längst gebraucht hätten. Herr Schmitt, ich gebe Ihnen an dieser Stelle recht: zur falschen Zeit, nur anders als Sie es meinen. Und weil das noch nicht geschehen ist, brauchen wir das jetzt schnellstmöglich. Deshalb werden wir diesem Antrag auch zustimmen.
Auch wenn Sie diesen Antrag jetzt ablehnen, weil er von der Opposition und nicht von Ihnen selbst kommt, bitten wir doch darum, die Gespräche schnellstmöglich zu führen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE PIRATEN, Michael Hilberer.
Die Geschichte der Schuldenbremse ist eine Geschichte voller Missverständnisse und sie wird in der Bevölkerung auch schwer verstanden. Es ist auch ein sehr komplexes Ding, um es einmal so flapsig auszudrücken. Es ist sehr schwierig zu unterscheiden zwischen konsumtiven Ausgaben, Investitionen, Investitionsleistungen, wie wir sie absichtlich bezeichnet haben, Haushaltskonsolidierung, Schulden, Einnahmeseite und Ausgabeseite. Es gibt den sehr
durchschaubaren Versuch der Regierungskoalitionen, in dieses komplexe Thema Nebelkerzen zu werfen und zu sagen, die PIRATEN wissen nicht, ob sie das eine wollen oder das andere. Es wird argumentiert, sie wollen den Ausstieg aus der Schuldenbremse, dann wird argumentiert, wir würden uns an der Stelle zu systemkonform verhalten, das wird so nicht funktionieren.
Ich möchte nun noch auf ein paar Argumente eingehen. Der Kollege Schmitt hat gesagt, es sei die falsche Zeit. Das mit der Zeit ist für eine Oppositionsfraktion immer etwas problematisch. Als Oppositionsfraktionen kennen wir, was Oppositionsanträge angeht, nur die drei Zeiten der Großen Koalition: zu früh, zu spät oder zur Unzeit.
Eine richtige Zeit zu finden, das ist relativ schwierig. - Sie sagen aber auch, der Antrag käme, wenn wir, der Landtag des Saarlandes, ihn stellten, von den Falschen.
Ja, von wem denn sonst? Es muss selbstverständlich ein Bundesland sein, das die Konsolidierungshilfen bekommt. Andernfalls geht es ja gar nicht.
(Abg. Schmitt (CDU) : Aber nicht die, die gerade Sonderhilfen haben wollen! Und davon gibt es nur zwei!)
Stichwort „Ausstieg aus der Schuldenbremse“. Sie haben gesagt, das wäre das Zeichen, dass wir den Ausstieg aus der Schuldenbremse wollten. Wir haben aber doch gerade das explizit nicht in diesen Antrag aufgenommen. Das ist ja heute auch schon hinsichtlich anderer Anträge diskutiert worden: Natürlich haben wir unsere Probleme mit der Umsetzung der Schuldenbremse. Wir als PIRATEN-Fraktion finden, dass die Schuldenbremse so, wie sie hier umgesetzt ist, eben nicht richtig umgesetzt ist. Das ist keine Frage, aber das ist hier auch gar nicht das Thema.
Hier haben wir uns doch tatsächlich systemkonform verhalten. Es geht nicht um einen Ausstieg aus der Schuldenbremse, sondern es geht darum, den Rahmen zu nutzen, den die Konsolidierungsvereinbarungen mit der Bundesrepublik Deutschland vorsehen. Das ist hier der Punkt! Wir stellen das System realpolitisch an dieser Stelle nicht infrage. Das hat auch die Kollegin Kugler richtig erkannt und folgerichtig aus ihrer Warte Kritik daran geäußert. Unsere Position zu diesem Punkt ist also durchaus verständlich.
Ich möchte nun nicht noch einmal auf die Investitionsleistungen eingehen; es geht uns tatsächlich um
Leistungen. Die Frage ist, ob man nun an gewissen Stellen Geld in die Hand nehmen muss, dies auch nicht dauerhaft, sondern einmalig, um etwas zu erreichen. Es geht dabei um Dinge, die wir aus dem Landeshaushalt heraus nicht schultern können. Das sind Leistungen, die man dann machen muss. Natürlich sind das Schulden, die verbleiben; das ist, so glaube ich, jedem hier im Hause bewusst. Die große Chance besteht eben darin, dass wir diese Schulden dann künftig wieder auf mehr Schultern verlagern können, wenn es uns gelingt, den irgendwann einsetzenden Wettbewerb um die Menschen, die zu uns gekommen sind, zu gewinnen. Das heißt natürlich, dass wir ein attraktiver Standort bleiben müssen. Das aber setzt Investitionen voraus. Gelingt die Integration, wird es künftig mehr Schultern geben, um eben auch einige neue Schulden zu schultern.
Ein Punkt ist mir in der Debatte noch zu kurz gekommen: Es geht auch um die Frage der Flexibilität. Wir haben jetzt schon des Öfteren gehört, der Haushalt sei „auf Kante genäht“. Ja, das sieht man auch relativ klar. „Auf Kante genäht“ bedeutet eben auch, dass wir Probleme haben hinsichtlich der Flexibilität. Wir alle wissen eben nicht, was in den nächsten Monaten noch genau auf uns zukommen wird. Auch vor diesem Hintergrund halten wir es absolut für angebracht, hier für etwas mehr Flexibilität zu sorgen. Auch in diesem Lichte ist unser Antrag zu sehen. Ich bitte weiterhin um Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1531 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1531 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die PIRATENFraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD, enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE.
Kolleginnen und Kollegen, ich habe aus den Fraktionen die Rückmeldung, dass wir jetzt die Sitzung unterbrechen. Damit sind wir am Ende des heutigen Sitzungstages angelangt. Morgen früh um 09.00 Uhr geht es weiter. Bis dahin unterbreche ich die Sitzung.
Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort und kommen zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung:
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2016/2017 (Haushaltsgesetz - HG - 2016/2017) (Drucksache 15/1550)
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Haushaltsbegleitgesetzes 2016/2017 (HBeglG 2016/2017) (Drucksache 15/1551)
Bevor ich die Aussprache zu den Punkten eröffne, weise ich nochmals darauf hin, dass die Gesetzentwürfe wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs in der Aussprache gemeinsam behandelt werden. Das Erweiterte Präsidium ist übereingekommen, als Redezeit für die Aussprache das zweifache Grundredezeitmodul vorzusehen. Ich gehe davon aus, dass das Haus mit dieser Verfahrensweise einverstanden ist. - Ich sehe keine Gegenstimmen, dann wird so verfahren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen alle, dass es derzeit nicht einfach ist, Regierungsverantwortung zu tragen. Die Flüchtlingszahlen steigen, die Herausforderungen wachsen, und wie es weitergeht, ist ungewiss. Haushaltsansätze sind in dieser Situation morgen schon überholt, alle Verantwortlichen wissen das. Darum können wir nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir wollen an dieser Stelle ausdrücklich nochmals den Innenminister loben, der in der Flüchtlingsunterbringung einen guten Job macht. Herr Bouillon, Sie haben Applaus verdient!
Wenn nun auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Klaus Meiser, sich dafür einsetzt, dass auch bei der Polizei reagiert und der Stellenabbau gestoppt wird, weil die Situation einfach unhaltbar ist, dann hat auch er unsere Unterstützung, Kolleginnen und Kollegen!
Das ist alles richtig erkannt, denn der öffentliche Dienst ist längst am Limit, das Land ist längst an seinen Grenzen angelangt.
Kolleginnen und Kollegen, wir haben ja heute so etwas wie die Abschlussbilanz der Großen Koalition vorliegen. Denn Sie legen erstmals einen Doppelhaushalt für die beiden nächsten Jahre vor, das heißt, bis zur Landtagswahl wird diese Regierung keinen regulären Haushalt mehr aufstellen. Über die Brücke, dass es keine Nachtragshaushalte gibt und alles für zwei Jahre Bestand hat, geht mit Sicherheit niemand, Sie selbst wohl auch nicht.
Kommen wir nun zu Ihrer Abschlussbilanz. Wir stellen fest, dass sie doch sehr ernüchternd ausfällt. Ich greife nur einige Punkte heraus. Eigene Akzente zur Schaffung neuer Arbeitsplätze: Fehlanzeige. Neuansiedlung größerer Betriebe und eine erkennbare Linie bei der Gestaltung des Strukturwandels: Fehlanzeige, und zwar seit Jahren!
Ein spürbarer Ausbau echter Ganztagsschulen - ein bildungspolitisches Gebot der Stunde, ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf -: Fehlanzeige. Im Saarpfalz-Kreis gibt es bis heute keine einzige echte Ganztagsschule, um nur ein krasses Beispiel zu nennen. Herr Minister, mit uns wären Sie hier schon viel weiter.
Das ist ja noch schlimmer! - Stattdessen wird unser Land immer weiter abgehängt, das sehen wir bei den Fernverkehrsverbindungen der Deutschen Bahn. Da werden wir im wahrsten Sinne des Wortes abgekoppelt. Ihr Einfluss auf Bundesebene ist eben bescheiden, hier geht sehr wenig. Reaktivierung von Bahnstrecken ist für Sie ein Fremdwort, im Gegensatz zu Ihren Kolleginnen und Kollegen in Rheinland-Pfalz. Bei Ihnen herrscht offenbar eher Kirchturmdenken vor statt Mut zum Lückenschluss.