Protocol of the Session on October 13, 2015

Das ist ja noch schlimmer! - Stattdessen wird unser Land immer weiter abgehängt, das sehen wir bei den Fernverkehrsverbindungen der Deutschen Bahn. Da werden wir im wahrsten Sinne des Wortes abgekoppelt. Ihr Einfluss auf Bundesebene ist eben bescheiden, hier geht sehr wenig. Reaktivierung von Bahnstrecken ist für Sie ein Fremdwort, im Gegensatz zu Ihren Kolleginnen und Kollegen in Rheinland-Pfalz. Bei Ihnen herrscht offenbar eher Kirchturmdenken vor statt Mut zum Lückenschluss.

Hinzu kommt eine lange Liste von Schlusslichtern, die vermeidbar wären. Wir sind bundesweites Schlusslicht bei der Ingenieurausbildung, und das im Industrieland Saar! Wir sind Schlusslicht bei den Berufsperspektiven für Studierende. So bleibt der Nachwuchs ganz sicher nicht im Land. Wir sind Schlusslicht bei der beruflichen Weiterbildung. Das haben wir ausführlich erörtert, ohne Resonanz. Wir sind Schlusslicht beim Anteil berufstätiger Frauen.

Das ist eine unerträgliche Bilanz in Sachen Frauenförderung. Und in der Großregion sind wir Schlusslicht in Sachen Gleichstellung und Ehe für alle, weil die Ministerpräsidentin Bauchschmerzen hat, wenn sie an homosexuelle Partnerschaften und Familien denkt. Weltoffenheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht anders aus. Die Rahmenbedingungen für mehr Lebensqualität stimmen bei uns im Land absolut nicht. Wir liegen ganz weit hinten, wenn es um den Anteil der Ausgaben für Hochschulen geht. Sie kürzen ohne Not die wenigen Leuchttürme unseres Landes klein, will sagen unsere Saar-Uni, die einzige im Land. Sie wird durch Ihren Sparkurs zur Randsparten-Uni degradiert, das ist eigentlich unfassbar.

(Beifall von der LINKEN.)

Gleichzeitig ist das Saarland ganz vorne mit dabei, wenn es um den Anteil an Niedriglohnjobs, Leiharbeit und Werkverträgen geht. Und in keinem anderen westdeutschen Land sind so viele ältere Menschen so arm wie bei uns. Jeder fünfte Saarländer über 65 Jahre, jeder sechste Saarländer überhaupt ist von Armut bedroht. Das ist ein Skandal erster Güte! Da können wir doch nicht weiter zuschauen. Hier sind politische Konsequenzen zu ziehen, unbedingt, im Bund und im Land. Gering Qualifizierte brauchen bessere Chancen, Frauen müssen aus der Teilzeitfalle heraus; die Teilzeit ist oft ungewollt. Die Kommunen müssen gezielte Sozialplanungen durchführen können, das hat der VdK Saar betont, und er hat absolut recht. Das geht aber nur mit mehr statt mit immer weniger Personal.

(Beifall von der LINKEN. - Abg. Huonker (DIE LINKE) : Genau!)

Da sind wir schon beim nächsten Punkt: Das Saarland ist leider auch vorne mit dabei, wenn es um die Verschuldung seiner Gemeinden geht. Mit einer neuen Schuldenbremse für die Kommunen wird diese Lage nur noch schlimmer. Damit und mit dem kümmerlichen Kommunalpäckchen, das Sie geschnürt haben, kommen die saarländischen Städte und Gemeinden nicht weit. Vor Ort sitzen wir in den Räten und müssen zuschauen, wie Schwimmbäder und Friedhöfe dichtgemacht werden. Immer mehr Leistungen werden abgebaut, immer mehr Gebühren erhöht, ohne dass sich die Kassenlage der Kommunen bessert.

(Zuruf des Abgeordneten Scharf (CDU).)

Solange Sie sich nicht trauen, an die Ursachen dieser Haushaltsnot zu gehen, wird sich das auch nicht ändern, meine Damen und Herren. Das ist doch völlig klar!

(Beifall von der LINKEN. - Abg. Huonker (DIE LINKE) : Jawohl!)

130 Millionen Euro jährlich haben die saarländischen Gemeinden seit dem Jahr 2000 verloren, und

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

zwar durch Steuersenkungen für Reiche und Großkonzerne, das hat die Arbeitskammer errechnet - seriös errechnet. Der Finanzminister hat gestern viel davon gesprochen, wie aus seiner Sicht diese Regierung Zukunft gestaltet. Diese Einschätzung können wir nicht teilen. Wir erleben eher reines Verwalten, die pure Ratlosigkeit. Ob es Hilfen für das Saarland geben wird und wann, in Form von Zinsbeihilfen oder in anderer Form, das liegt alles noch im Nebel. Diese Regierung fährt ohne klaren Kurs nur auf Sicht, und die Sicht ist schlecht.

(Beifall von der LINKEN.)

Der Haushalt, der heute vorgelegt wird, ist doch jetzt schon Makulatur, Kolleginnen und Kollegen, denn niemand kann vorhersehen, wie sich die Zinsen und Steuern in den nächsten beiden Jahren entwickeln werden. Niemand kann jetzt schon wissen, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entwickeln wird. Was wir aber wissen, ist: So wie bisher kann es nicht weitergehen, das sehen ja inzwischen auch Teile der Regierung so. Bildungsminister Commerçon hat kürzlich gewarnt, dass die Schuldenbremse nicht zu einer Investitions- und Bildungsbremse werden darf. Recht hat er! Er und Ministerin Rehlinger haben ihre Einsicht mit der aktuellen Flüchtlingssituation begründet. Die spielt natürlich eine große Rolle, aber trotzdem: So neu ist diese Einsicht nicht, was Schuldenbremse wirklich bedeutet. Ich zitiere daher mit Erlaubnis der Präsidentin: „Schuldenbremse heißt weniger Bildung und weniger Sozialstaat. Die Schuldenbremse gefährdet die Handlungsfähigkeit der Länder und ist in Wahrheit eine Investitions- und Wachstumsbremse.“ Diese Sätze stammen nicht von der LINKEN, sondern sie stammen von Heiko Maas, dem Vorsitzenden der SPD im Lande. Er hat das 2011 gesagt, vor vier Jahren.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir begrüßen es, dass die SPD wieder zu ihrer Haltung zurückgefunden hat, die sie vor vier Jahren schon einmal hatte. Das lässt hoffen. Hier sagen wir ganz klar: Jawohl, wir sollten die Notbremse ziehen und die Schuldenbremse lösen. Ein Neustart ist dringend notwendig, der bisherige Kurs ist doch klar gescheitert. Wir begrüßen es auch, dass selbst in der CDU offenbar ganz langsam die Einsicht einkehrt, dass Reiche in die Pflicht genommen werden müssen. Armin König hat als Bürgermeister deutliche Worte gesprochen, dafür ist er bekannt. Auch die Ministerpräsidentin tut das ab und an, leider setzt sie nicht um, was sie sagt.

Meine Damen und Herren, um es noch einmal zu verdeutlichen, das Saarland hat durch die Steuergeschenke für Reiche und große Konzerne seit 1998 jedes Jahr 250 Millionen Euro an Einnahmen verloren. Das hat das bekannte Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung errechnet. 250 Millio

nen Euro Jahr für Jahr, und die CDU-geführten Landesregierungen haben jedes Mal zugestimmt. Kolleginnen und Kollegen, mit einem höheren Spitzensteuersatz, mit einer gerechten Besteuerung von Millionenvermögen und Erbschaften wäre unser Land besser aufgestellt, und zwar ohne Stellenkahlschlag und ohne unverantwortliches Kürzen ausgerechnet dort, wo es um die Entwicklung des Landes geht. Das ist unser Konzept, und das geht auf!

(Beifall bei der LINKEN.)

Sie wollen aber nicht umkehren, Sie nehmen das nicht wahr. Das sieht man ja im vorliegenden Doppelhaushalt. Sie werden wohl Ihren unseligen Stellenabbau fortsetzen. 301 Stellen sollen im nächsten Jahr gestrichen werden, 217 Stellen -

(Zuruf des Abgeordneten Thul (SPD).)

Ja, setzen Sie sich durch, Sie sind auf gutem Weg, Herr Kollege Thul, steuern Sie mit um.

(Abg. Thul (SPD) (lacht): Nein! - Sprechen.)

Also, 217 Stellen fallen weg, so liest es sich bis jetzt. Wenn sich etwas ändert, dann sind wir sehr froh. Dabei muss Ihnen klar sein: Der Haushalt wird so niemals saniert, das Land wird damit nicht gerettet, aber der Abbau sorgt dafür, dass wir noch weiter zurückfallen. Das wollen wir nicht zulassen, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Schon jetzt profitiert das Saarland weniger von vorausschauender Politik der Regierung als vielmehr von höheren Steuereinnahmen und niedrigen Zinsen. Darauf kann man sich aber nicht ewig verlassen, das ist auch klar.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, auch wenn Sie das nicht gerne hören, dass es nur einen einzigen saarländischen Ministerpräsidenten gab, der Schulden abgebaut hat. Der sitzt zum Glück heute noch hier in unseren Reihen, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN. - Anhaltende Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Ich habe das erwartet, dieses Geschrei freut mich, wunderbar. Ich kann nur sagen, keine Legendenbildungen, wir wissen, dass damals auch Stellen abgebaut worden sind. Das war sehr schmerzhaft.

(Weitere Zurufe.)

Ja! Es ging aber darum, den Durchschnitt der Länder zu erreichen. Es sind Milliarden an Teilentschuldung geflossen. Das haben Sie nicht auf die Reihe gekriegt, noch nicht mal ansatzweise. Hören Sie doch auf!

(Anhaltende Zurufe und Unruhe. - Vereinzelt Bei- fall und Lachen bei der LINKEN.)

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

So. Und weil Sie mich jetzt so geärgert haben, werden ich Ihnen auch den Spiegel vorhalten.

(Die Rednerin hält ein Bild hoch.)

Sehr verehrte Frau Ministerpräsidentin, was stand noch einmal auf Ihren Wahlplakaten? „Ich will Zukunft ohne Schulden. Unser Saarland von Morgen.“ - Sie werden sich in stillen Stunden selbst eingestehen müssen, dass Sie mit diesem Versprechen nicht weit gekommen sind.

(Anhaltende Zurufe von der CDU.)

Kolleginnen und Kollegen, so wird das nichts, das Saarland braucht einen ernsthaften Kurswechsel, und der muss schleunigst im Sinne der Eigenständigkeit unseres Landes eingeleitet werden. Einen Abschied auf Raten wollen wir nicht mitmachen. Den haben Sie dann zu verantworten! - Danke.

(Beifall von der LINKEN. - Zurufe und Lachen bei der SPD.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Tobias Hans von der CDU-Landtagsfraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es tut uns allen gut, wenn wir in dieser Haushaltsdebatte auf die sachliche Ebene zurückkehren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Oh-Rufe von den Oppositionsfraktionen. - Abg. Huonker (DIE LINKE) : Die Schallplatte hat einen Sprung!)

Herr Finanzminister Stephan Toscani hat gestern in seiner Einbringungsrede des Haushaltes sehr deutlich formuliert: Deutschland und damit auch das Saarland stehen im Herbst 2015 vor einer wirklich großen Herausforderung. Ich denke, diese große Herausforderung, die wir in diesem Herbst vor uns haben, gebietet es auch, uns sehr sachlich damit auseinanderzusetzen, auch mit den Antworten, die im Landeshaushalt für 2016 und 2017 gegeben werden. Wenn ich sage, große Herausforderungen, dann mag es Leute geben, die vielleicht etwas salopper oder hämischer sagen, wir stehen vor einem heißen Herbst. Wir stehen wirklich vor einem heißen Herbst, wenn wir daran denken, was die aktuelle Flüchtlingskrise bedeutet, eine Herausforderung für wirklich alle Ebenen der Verwaltung in Deutschland, was sie bedeutet für die vielen ehrenamtlich tätigen Menschen in unserer Gesellschaft hier im Saarland und was sie für die Bevölkerung tatsächlich bedeutet.

Wir erleben eine Zeit mit Tagen, die gespickt sind von ständig neuen Wasserständen und Informationen. Dabei muss aber eines klar sein, das ist

gestern in der Rede von Stefan Toscani deutlich geworden, das haben auch Sie, Frau Kollegin Spaniol, eben in Richtung des Innenministers deutlich gemacht: Das Saarland ist gewappnet, das Saarland ist aufgestellt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, und zwar haben wir sie nicht in letzter Minute sozusagen noch im Bus erledigt und sind mit schlechtem Gewissen in die Schule gefahren. Nein, wir haben grundsolide und verlässlich unsere Vorbereitung auf jede Schulstunde gemacht. Wir sind auch gewappnet für die Einheiten, die jetzt auf uns zukommen. Wir haben dies erfolgreich getan, nicht nur jetzt für den Haushalt 2016/2017, sondern wir haben das in dieser Großen Koalition von Beginn an getan, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Diese Verlässlichkeit, von der ich spreche, die erwarten die Saarländerinnen und Saarländer auch von der Großen Koalition. Sie erwarten sie aus meiner Sicht auch von diesem Hause insgesamt. Frau Spaniol, Sie haben eben das Wahlplakat hochgehalten. Dafür bin ich Ihnen dankbar, denn das war der klare Auftrag, den die Wählerinnen und Wähler dieser Großen Koalition bei der Landtagswahl 2012 erteilt haben. Sie haben die Bewältigung dieser Herausforderung im Übrigen nur der Großen Koalition zugetraut. Das zeigt das Wahlergebnis. Wir werden diesem Auftrag gerecht, der wird Jahr für Jahr von der Großen Koalition abgearbeitet. Das erfolgt eben auch mit der Vorlage dieses Haushaltes, wie gestern vom Finanzminister geschehen.

Wir haben in diesem Hohen Haus wirklich mehrfach zu den verschiedensten Punkten gesprochen, was die Konsolidierung des saarländischen Landeshaushaltes bis 2020 anbelangt. Wir haben gesagt, dass es keine leichte Aufgabe ist, dass es uns alle vor diese Herausforderung stellt, dass es eine schwierige Aufgabe ist, diese schmerzlichen Schritte für alle im Saarland durchzuführen. Das will ich nicht verhehlen. Das hat auch nie jemand getan. Die Sparbeiträge verlangen dem Land und seinen Menschen viel ab. Es macht niemandem Spaß, und es wird dafür niemand auf Facebook den bekannten Button „gefällt mir“ klicken. Es ist aber notwendig. Diese Anstrengungen sind notwendig, um das Konsolidierungsziel zu erreichen und damit den Erhalt des Saarlandes als eigenständiges, als zukunftsfähiges und auch als lebenswertes Bundesland zu sichern.

Gerade für die nachfolgenden Generationen, das ist mir an dieser Stelle besonders wichtig, ist es erforderlich, dieses Konsolidierungsziel zu verfolgen, und zwar auch dann, wenn wir schwierige Herausforderungen haben wie aktuell durch die Flüchtlingsfrage. Meine Damen und Herren, das sehen die Saarländerinnen und Saarländer auch so. Sie kommen rund als Wahlkreisabgeordnete, ich komme rund als Wahlkreisabgeordneter, die Rückmeldung aus der

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )