Protocol of the Session on July 15, 2015

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE der Kollege Ralf Georgi.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Koalition hat das Ziel, bereits bestehende Instrumente weiter zu fördern, weiter zu unterstützen oder weiter zu entwickeln. Das sind im Wesentlichen die aufgelisteten Forderungen. Ob dafür ein eigener Antrag notwendig ist, weiß ich nicht. Kollege Roth hat versucht, es zu erklären. Es handelt sich bei den genannten Programmen und Modellversuchen um sinnvolle Projekte. Ich denke hier an das Pilotprojekt der lückenlosen Betreuung im Kreis Neunkirchen. Man sollte es tatsächlich landesweit ausweiten, um den Übergang von der Berufsschule ins Berufsleben reibungsloser zu gestalten.

Ich möchte für DIE LINKE aber noch auf einige Aspekte hinweisen, die zuletzt auch von der Arbeitskammer in ihrem Bericht an die Landesregierung thematisiert wurden und die teilweise auch im Antrag der GRÜNEN erwähnt sind. Wenn etwa im letzten Jahr fast 500 Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben sind, so liegen die Ursachen nicht nur in rückläufigen Schülerzahlen oder darin, dass mehr junge Leute studieren. Ich möchte hier auch einmal die Frage der Qualitätssteigerung erwähnen. Wenn Sie in Ihrem Antrag zu Recht darauf hinweisen, dass

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

die angebotenen Ausbildungsplätze oft nicht den Wünschen der Jugendlichen entsprechen, dann darf man die Situation in einigen Betrieben nicht außer Acht lassen. Fachkräfte gewinnt man, wenn die Ausbildungsqualität und die beruflichen Perspektiven nach der Ausbildung stimmen. Unternehmen mit schlechten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, mit miserabler Entlohnung oder mit schlechten Arbeitsbedingungen hingegen sind für Jugendliche nicht sonderlich attraktiv.

(Beifall bei der LINKEN.)

Eine erhöhte Zahl von Abbrüchen entsteht eben auch, wenn ein Unternehmen keine Zukunftsperspektive für die Auszubildenden bietet, sei es durch schlechte Löhne oder die Aussicht auf prekäre Beschäftigung. Hier stehen natürlich auch die Unternehmen in der Verantwortung.

Ein weiterer Bereich sind die beruflichen Schulen. Auch hier könnte die Situation besser sein. So weist die Arbeitskammer darauf hin, dass unser Land im bundesweiten Vergleich sehr wenig Geld für Schülerinnen und Schüler an den beruflichen Schulen aufbringt. Hier sind wir mit Mecklenburg-Vorpommern das Schlusslicht. Eine ordentliche finanzielle Ausstattung des beruflichen Bildungswesens ist aber eine wichtige Voraussetzung, wenn man wirklich etwas für die Sicherung des Fachkräftebedarfs tun will. Dabei kommt es auch auf eine ausreichende Personalisierung an.

Natürlich können wir heute nicht alle Aspekte aus dem Bereich der Ausbildung abarbeiten, und ich will auch nicht alles auflisten, was im Bericht der Arbeitskammer steht. Ich finde dennoch, solche Themen hätten im vorliegenden Antrag durchaus angesprochen werden können, wenn die Qualität der dualen Ausbildung gesteigert werden soll.

Meine Damen und Herren von der Koalition, Ihr Antrag ist ein Schönwetterantrag. Eigentlich steht da drin „Weiter so!“ trotz der Kritik von Arbeitgebern und Arbeitskammer. Das ist ein bisschen wenig, hier fehlen neue Ideen. Unsere Forderungen sind viel weitgehender. Im Antrag der GRÜNEN wird beispielsweise die Ausbildungsplatzgarantie angestrebt, die auch auf unserer Agenda steht. Dafür brauchen wir ein entsprechendes Angebot an außerbeziehungsweise überbetrieblichen Ausbildungsplätzen, mit dem verhindert wird, dass fast ein Drittel der Jugendlichen im Übergangssystem hängen bleibt. Kollege Kessler hat es vorhin schon erwähnt.

Wir stimmen dem Antrag der GRÜNEN daher zu. Beim Antrag der Koalition werden wir uns jedoch enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion der Kollege Bernd Wegner.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist ein guter Tag, wenn wir heute über berufliche Bildung reden. Sie haben, Herr Kessler, in Ihrem Statement ja schon deutlich gemacht, dass wir den Fokus der beruflichen Bildung gerade in den Bildungsdebatten viel zu wenig auf den praktischen Teil legen. Von daher bin ich meiner Fraktion und der Koalition sehr dankbar, dass wir das Thema heute so aufgerufen haben.

In den Redebeiträgen ist sicher das eine oder andere richtig dargestellt worden. Natürlich haben wir Passungsprobleme, natürlich gibt es Bereiche, wo es uns nicht gelingt, junge Menschen schnell genug in die berufliche Ausbildung zu bekommen. Aber zu sagen, ich mache eine Ausbildungsgarantie, hilft diesen jungen Leuten in der Regel auch nicht, denn warum gehen sie denn in die Warteschleifen? Um sich ein Stück weit weiterzuentwickeln oder weil sie noch nicht wissen, was sie wollen. Auch das ist ein großes Problem.

Lassen Sie mich aber eines ganz deutlich sagen. Die berufliche Bildung und die duale Ausbildung, für die Deutschland weltweit gelobt wird, sind Themen, die wir nicht oft genug aufrufen. Ich glaube, dass wir - das ist hier ja auch deutlich geworden - in der dualen Ausbildung seit einigen Jahren eine immer größer werdende Schieflage haben. Woran liegt das? 2003 hatten wir in einem Jahrgang 33 Prozent, die das Abitur gemacht und dann eine akademische Ausbildung gewählt haben. 2014 hatten wir 58 Prozent, die diesen Weg gegangen sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden hier nicht nur über eine demografische Veränderung. Klar: Wir haben weniger Schülerinnen und Schüler, wir haben weniger junge Leute, die ins Berufsleben beziehungsweise in die Ausbildung hineingehen. Aber wir haben auch das Problem, dass sich in den Familien, bei den Kindern, bei den jungen Leuten die Sicht der Werte verändert hat, und das müssen wir bei diesem Thema auch besprechen.

Wir haben trotz der 58 Prozent, die diese akademische Ausbildung anfangen, in manchen Bereichen 25/30 Prozent Abbrecher, die vor dem Bachelor noch einmal ganz neu anfangen und nicht wissen, wie sie sich orientieren sollen. Es gibt Untersuchungen, die deutlich machen, dass wir in unserer Wirtschaft zurzeit 18 Prozent akademisch ausgebildete junge Menschen brauchen. Ganz positive Rechnungen sagen: Bis 2030 werden wir etwa 2 bis 2,5 Prozent mehr brauchen. Es sind also 20 bis 20,5 Prozent mit einer akademischen Ausbildung, die wir bis

(Abg. Georgi (DIE LINKE) )

2030 in unserer Wirtschaft benötigen. In dem Bereich der beruflichen Ausbildung sind es 52 Prozent, die wir brauchen. Auch das wird sich laut einer Studie des BIBB bis 2030 nicht verändern.

Das heißt, wir werden 2020 circa 20 Millionen Facharbeiterinnen und Facharbeiter, Meister, Ingenieure haben, auch Hochschulabsolventen, aber wir werden 21 Millionen brauchen, es bleibt also ein Delta von 1 Million. Ich glaube, wenn wir über die berufliche Bildung reden, dürfen wir die Augen vor dieser Situation nicht verschließen.

Natürlich ist es richtig - das will ich gar nicht negieren -, dass wir mit der Maßnahme „Ausbildung jetzt“ versuchen müssen, so schnell wie möglich den Jungen klarzumachen: Jetzt habt ihr euren Hauptschulabschluss, die mittlere Reife, das Abitur, jetzt müsst ihr in die Ausbildung hineingehen. Das ist ein ganz wichtiger Faktor. Die Assistierte Ausbildung ist vom Kollegen Roth schon erwähnt worden. Auch da ist es ganz klar.

Ich habe vorige Woche als Kammerpräsident die Zahlen der bisherigen Ausbildungsverträge für dieses Jahr bekommen. Die liegen um circa 10,5 bis 11 Prozent hinter den Vorjahreszahlen. Jetzt kann ich noch versuchen, positiv zu rechnen, denn wir haben in diesem Jahr sehr lange Schule. Das heißt, dass erst Ende Juli der eine oder andere Jugendliche merken wird, dass es im September in der Schule nicht mehr weitergeht und er sich um eine Ausbildung kümmern muss. Aber wir sind mit den Zahlen deutlich hintendran. Ich habe mit den Kollegen von der IHK gesprochen. Da haben wir von den Prozentzahlen her zwar nicht so hohe Zahlen, aber wir haben auch dort ganz viele offene Stellen, die wir besetzen wollen.

Wir machen Hotlines, wir bewerben diese Stellen. Und es sind keine Stellen, die - wie hat es Herr Georgi eben formuliert? - nicht interessant sind, die nicht attraktiv sind, bei denen es sich um schlechte Ausbildungsverhältnisse handeln würde, sodass man da nicht hin will. Nein, es geht über die gesamte Breite von 120 von - wenn ich die IHK miteinrechne - 300 bis 400 Berufen, in denen wir junge Leute suchen und in denen wir gute Ausbildungsbedingungen haben, aber nicht die Bewerberinnen und Bewerber, die das wollen und ausfüllen können.

Deshalb glaube ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir in diesem Bereich in der Zukunft noch mehr investieren müssen. Das haben wir in unserem Antrag auch deutlich gesagt. Angesichts der Schieflage, von der ich gesprochen habe, müssen wir vor allem dafür werben und den jungen Menschen klarmachen, dass es neben der akademischen Ausbildung auch Alternativen gibt. Ich kann nur sagen, dass wir ein hervorragendes Bildungssystem haben, das durchlässig ist. Man kann eine

Ausbildung machen, man kann mit „Ausbildung plus“ die Fachhochschulreife erlangen und anschließend noch ein Studium absolvieren. Wir haben auch eine hervorragende Berufsschule, die in Zusammenarbeit mit den Betrieben die jungen Menschen auf das Berufsleben vorbereitet. Wir werden es mit einiger Sicherheit schaffen, dass die jungen Menschen einen Beruf ergreifen, von dem sie leben können.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es gibt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung, also nicht von irgendeiner Arbeitgeberorganisation, sondern von der Agentur für Arbeit, die deutlich macht, dass der Unterschied zwischen dem Lebensverdienst mit einer akademischen Ausbildung und dem Verdienst als Meister, Techniker oder Facharbeiter nur noch ganz marginal ist. Wir reden von 2,1 Millionen Euro Lebensverdienst bei Akademikern, beim Facharbeiter sind es 2 Millionen Euro und beim Meister sind es ebenfalls 2,1 Millionen Euro Lebensverdienst. Und was die gesellschaftliche Stellung angeht: Wenn man glaubt, dass man es wirtschaftlich nicht so weit bringen kann wie mit einer akademischen Ausbildung, so ist das falsch. Das IAB hat auch festgestellt, dass schon in diesem Jahr Meister und Techniker bei einer Arbeitslosenquote von 2 Prozent liegen und akademisch ausgebildete Menschen bei 2,5 Prozent. Wenn wir uns weiter in diese Richtung eines Überangebots an akademischer Ausbildung bewegen, dann wird es für die jungen Leute sehr viel schwerer, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, der ihrer Ausbildung gerecht wird. Das müssen wir den jungen Menschen deutlich machen. Wir müssen ihnen aufzeigen, dass es eben zwei Wege gibt, die man wählen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist gut, dass wir uns im Plenum mit der Thematik beschäftigen. Ich glaube, dass unser Antrag mit all den Punkten, die wir angerissen haben, den richtigen Weg weist. Ich glaube nicht, dass wir die betriebliche Ausbildung jetzt so organisieren müssen, dass man neben der betrieblichen Ausbildung auch noch irgendwelche überbetrieblichen Einrichtungen besuchen muss. Ich halte das nicht für realistisch. Das ist nicht finanzierbar. Außerdem hat die Wirtschaft diese Stellen, denn Industrie, Handwerk und Handel bieten sie an. Deshalb ist es der richtige Weg, wenn wir mit diesen Förderprogrammen, die vom Wirtschaftsministerium hervorragend organisiert werden, auf die jungen Menschen zugehen. Diesen Weg müssen wir weiter verfolgen und dafür bitte ich um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Wegner (CDU) )

Vielen Dank! - Das Wort hat für die PIRATEN-Fraktion die Kollegin Jasmin Maurer.

Vielen Dank! - Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Jahr 2007 haben wir im Saarland eine rückläufige Zahl von Auszubildenden. Das liegt zum einen sicher am demografischen Wandel, zum anderen aber auch an der gestiegenen Studierneigung von Jugendlichen. Wenn wir früher zehn Maurer und einen Ingenieur hatten, die ein Haus gebaut haben, so haben wir heute einen Maurer und zehn Ingenieure, aber leider keine zehn Häuser. Natürlich ist es auch unserer Fraktion ein Herzensanliegen, den in Ausbildung befindlichen Jugendlichen eine qualifizierte Ausbildung und vor allem einen qualifizierten Abschluss zu ermöglichen. Doch leider lässt der Antrag der Koalition die Frage offen, wie dies geschehen soll.

Was uns in diesem Antrag fehlt, ist die konkrete Aufforderung an die Landesregierung, eine Untersuchung anzustreben, um die wahren Ursachen des Bedeutungsverlustes der dualen Ausbildung zu erkunden. Es ist ein schwacher Satz, wenn in dem Antrag steht - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -, „gemeinsam mit den Kammern geeignete Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Attraktivität und Qualität der dualen Ausbildung zu ergreifen“. - Geeignete Maßnahmen, das ist ein schwammiger Begriff, in den jeder etwas anderes hineininterpretieren kann. Auch wird hier nicht klar, welche Kammern eigentlich gemeint sind. Sind es die IHK und die HWK, welche im Saarland die Ausbildung größtenteils managen, oder ist es die Arbeitskammer, die in Ausbildungsfragen ebenfalls kompetent ist. Sollte Letztere nicht gemeint sein, so sollte dies doch bitte in Ihre Überlegungen mit einbezogen werden. Ich glaube, dass auch die Arbeitskammer sehr viel zu den Themen Jugendliche und Ausbildung beitragen könnte.

Es ist festzustellen, dass in Deutschland teilweise das Ansehen der dualen Ausbildung zurückgeht, wobei es im Ausland stetig steigt. Hier möchte ich einmal einen Blick in die Großregion werfen, nämlich zu unseren Freunden im deutschsprachigen Teil Belgiens. Auch dort wird Fachkräftemangel erwartet, aber anders als in Deutschland ist die Zahl der Auszubildenden seit dem letzten Jahr dort um 9 Prozent gestiegen. Man hat kleinere Klassen als in Deutschland, Förderunterricht mit acht Schülern pro Gruppe und modernere Bildungsstätten. Für Abiturienten wird die Ausbildung attraktiv gestaltet, weil es dort die Möglichkeit gibt, während der Ausbildung auf freiwilliger Basis Kurse in angewandter Betriebsführung zu belegen. Das heißt, dass die Absolventen nach der Ausbildung recht schnell in eine Führungs

position aufsteigen können. Wenn sich ein Abiturient überlegt, ob er studieren will oder eine Ausbildung absolvieren will, entscheiden sich in Deutschland sehr viel mehr für ein Studium. In anderen Ländern gibt es die Möglichkeit, ähnliche Qualifikationen wie im Studium direkt parallel zur Ausbildung zu erwerben. Diese Möglichkeit sollten wir auch im Saarland bzw. in Deutschland zumindest in unsere Überlegungen einfließen lassen. Das könnte, ähnlich wie das Projekt „Ausbildung plus Fachhochschulreife“, welches wir letztes Jahr gemeinsam eingeführt haben, die duale Berufsausbildung attraktiver gestalten.

Meine Damen und Herren, es geht aber nicht nur um starke Schulabgänger, die zwischen dualer Berufsausbildung und Studium wählen, es geht auch darum, dass sehr viele schwächere Schüler hier im Saarland keine Ausbildung finden. Wie es bereits im Antragstext heißt, können die Bedarfe des Arbeitsmarktes nicht immer von den Qualifikationen der jungen Menschen gedeckt werden. An dieser Stelle ist es unsere Aufgabe, die Bildung und die Weiterqualifizierung der jungen Menschen so anzupassen, dass diese besser auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Wer keinen Ausbildungsplatz erhält, landet oft in einer der zahllosen berufsbegleitenden Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems. Jedoch wird das gut gemeinte Ziel, die Jugendlichen gezielt zu fördern, oft verfehlt und stellt für viele Jugendliche eine unnötige Warteschleife dar. Nicht zuletzt muss sich der Arbeitsmarkt auch für schwächere Bewerber öffnen, die im ersten Moment nicht passend erscheinen. Dies ist ein notwendiger Schritt, um freie Ausbildungsplätze zu besetzen. Es ist auch dringend geboten, verstärkt um Migranten oder auch Flüchtlinge zu werben. Diese müssen besonders gefördert werden, denn gerade diese Gruppe benötigen wir, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und möglichst viele freie Stellen im MINT-Bereich und im handwerklichen Bereich besetzen zu können. Dies gilt vor allem in den ländlichen Gegenden.

Ein weiteres Problem ist sicherlich, dass viele Ausbildungsberufe nicht mehr attraktiv sind, sei es wegen fehlender Anerkennung in der Gesellschaft oder wegen eines geringen Einkommens in der Ausbildung und auch danach. Keiner wird gerne einen Beruf erlernen, bei dem feststeht, dass er nach seiner Ausbildung nicht genügend Geld verdienen kann, um die Familie zu ernähren, die er eventuell gründen möchte. Wir benötigen hier konkrete, wissenschaftlich fundierte Maßnahmen, die es bislang offensichtlich nicht gibt, denn sie sind im Antrag leider nicht enthalten. Da wir aber die gute Absicht hinter dem Antrag sehen, werden wir uns zu dem Antrag der Großen Koalition enthalten.

Der Antrag der GRÜNEN-Fraktion verweist auf einige Defizite, die aber nicht neu sind. Wir PIRATEN haben bereits im Juni letzten Jahres, also vor etwas mehr als einem Jahr, eine Anfrage an die Landesregierung gestellt zum Thema Jugendliche im Saarland ohne Ausbildungsplatz. Eine Antwort erhielten wir dann im September. Darin steht ein für mich maßgeblicher Satz, den ich, mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitieren möchte: „Daneben werden Modellprojekte zur Vermittlung in Ausbildung ohne Umwege, aber auch zur Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung und zur qualitativen Verbesserung der Berufsausbildung unterstützt.“ - Dies zielt in Richtung des Antrags der GRÜNEN-Fraktion. Das ist der Tenor, den wir unterstützen werden. Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von den PIRATEN und bei den Oppositi- onsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Stefan Krutten das Wort.

Unsere duale Ausbildung ist gut aufgestellt, lasst uns dieses Potenzial nutzen! - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kolleginnen! Die Ausbildungsquote im Saarland ist in den letzten Jahren immer besser als im Bund gewesen, auch das sagt der Arbeitskammerbericht, Herr Kollege Kessler.

(Zuruf des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜ- NE).)

Das ist natürlich kein Grund, sich zurückzulehnen, ganz klar. Denn wir sagen ja: Keiner darf in diesem System verlorengehen. Wichtig ist mir auch, da auch gerade Frau Peters-Klein bei uns ist, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung hervorzuheben. Denn beide Wege sind wichtig und müssen daher sinnvoll miteinander verknüpft werden. Es sollte diesbezüglich kein Gegeneinander geben. Wir haben eine sehr gute Durchlässigkeit, und auch an den beruflichen Gymnasien kann man die allgemeine Hochschulreife erwerben. Außerdem wurde in den letzten Jahren der Zugang zu den Hochschulen und zu den Masterstudiengängen auch für den betrieblichen Bereich, für beruflich Qualifizierte, deutlich verbessert. Darüber gilt es wohl noch besser zu informieren, man kann aber nun wirklich über beide Systeme ohne Weiteres einen Masterstudiengang absolvieren. Ein gutes Beispiel für die Möglichkeiten ist auch die jetzt eingeführte „Ausbildung plus Fachhochschulreife“, bei der man in drei Jahren neben der Ausbildung auch die Fachhochschulreife erwerben kann.

Wir dürfen aber natürlich nicht nur an die starken Jugendlichen in den Systemen denken, daher lautet der Antrag auch „Recht auf qualifizierte Ausbildung für alle Jugendlichen“. Dazu hat das Wirtschaftsministerium in den vergangenen Jahren viele gute Projekte auf den Weg gebracht. Außerdem hat ja nun in die Große Koalition auf Bundesebene die Wirtschaft verpflichtet, noch einmal 20.000 zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, gemessen an den Zahlen, die 2014 bei der BA gemeldet waren. Auch hierdurch bietet sich die Möglichkeit, mehr Azubis zu haben, mehr Jugendlichen eine entsprechende Ausbildungsstelle anzubieten.

Ich möchte nun auf einige Maßnahmen noch einmal konkret eingehen. „Ausbildung jetzt“ ist auf den Weg gebracht worden. Mit dieser Maßnahme werden Jugendliche bei der Ausbildungsplatzsuche individuell und sozialpädagogisch betreut und unterstützt. Jugendliche mit sozialen und/oder schulischen Defiziten werden an die Ausbildung herangeführt. Das sind in diesem Jahr noch einmal 285 Jugendliche, die neu aufgenommen werden, sodass wir insgesamt 1.100 junge Menschen betreuen. Dafür hat das Land in den vergangenen Jahren jährlich 1,5 Millionen Euro aus Landesmitteln zur Verfügung gestellt. In der neuen ESF-Förderperiode gibt es dafür auch ESF-Fördermittel. Aber es gibt natürlich auch weiterhin zusätzlich Landesmittel.

Es gibt das Projekt „AnschlussDirekt“, um Warteschleifen bei mittlerem bis gutem Hauptschulabschluss zu vermeiden. Es gibt eine Koordinierungsstelle, die diese Jugendlichen direkt in die Ausbildung vermitteln soll. In den Betrieben werden sie von Unternehmenspaten - Personalverantwortlichen, Ausbildungsleitern - entsprechend unterstützt. Die Vermittlungsquote lag hier im vergangenen Jahr bei immerhin 56 Prozent, damit 10 Prozent höher als im Vorjahr. Eben wurde ja von einem „Sprungbrett“ gesprochen, und man kann schon sagen, dass auch diese Maßnahmen, die das Wirtschaftsministerium auf den Weg gebracht hat, in diesem Sinne jetzt schon konkret greifen. Eine Vermittlungsquote von 56 Prozent, das ist in diesem Bereich ja schon ein enormer Wert!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Daneben gibt es viele Maßnahmen in überbetrieblichen Bildungsstätten, es gibt die überbetrieblichen Ausbildungslehrgänge und die Maßnahmen zur Berufsorientierung, zum Beispiel zweiwöchige Praktika in Werkstätten und Ausbildungsbetrieben. Es gibt die abH-Maßnahmen, in denen 2014 600 Plätze zur Verfügung standen. Das war in diesem Fall ein ausreichendes Angebot. Nichtsdestotrotz wurde mit dem 5. SGB-IV-Änderungsgesetz im Jahr 2015 der Kreis der jungen Menschen erweitert, die mit ausbildungsbegleitenden Hilfen gefördert werden können.

(Abg. Maurer (PIRATEN) )

Ich möchte hier auch ein gutes Projekt der Arbeitskammer erwähnen; wenn wir von den Kammern sprechen, ist natürlich und selbstverständlich auch die Arbeitskammer gemeint, nicht nur die IHK und die Handwerkskammer. Die Arbeitskammer bietet den Projekttag „Schule und Arbeitswelt“ an. Tätig werden dabei geschulte Referenten der Arbeitskammer, in der Regel ehemalige Azubis, also Jungfacharbeiter, die auch wissen, wovon sie reden, weil sie ja selbst in der Ausbildung waren. Sie berichten über ihre eigenen Erfahrungen und referieren über die Themen Wirtschaft, duale Ausbildung und Sozialpartnerschaft. Auch das ist, so denke ich, ein wichtiger Baustein im Gesamtzusammenhang.

Auch versucht man ja mittlerweile verstärkt, FOSler und Studienabbrecher für die duale Ausbildung zu gewinnen. So gibt es „FOS plus“, weil man in den vergangenen Jahren festgestellt hat, dass viele die Fachoberschule nicht schaffen, viele in der Klassenstufe 11 schon wiederholen. Man versucht nun, diesen Schülern, indem man sie auch im Praktikum intensiver betreut, zu vermitteln, dass möglicherweise für sie die Ausbildung doch der bessere Weg wäre. Die Jugendlichen erhalten also zum einen konkrete Beratung und Hilfestellung, werden aber zum anderen auch durch zusätzlichen Förderunterricht in Mathe, Deutsch und einer Fremdsprache gefördert.