Protocol of the Session on February 11, 2015

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Minister für Bildung und Kultur, Ulrich Commerçon. Bevor Ulrich Commerçon spricht, möchte ich doch darum bitten, ein wenig ruhiger zu sein, Zwiegespräche bitte vor der Tür zu führen. Der Geräuschpegel hier rührt nicht nur vom Magenknurren her.

(Heiterkeit.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass es heute gelungen ist, das Thema Unterrichtsausfall differenziert und sachgerecht zu diskutieren. Wir sind offenkundig übereinstimmend hier im Hause der Auffassung, dass Unterrichtsausfall eben nicht gleich Unterrichtsausfall ist, dass man sich das viel

mehr ganz genau anschauen muss, dass man unterscheiden muss, ob es sich um strukturelle Fehlstunden handelt oder um anderweitige Sachverhalte, die durch schulinterne Angelegenheiten bedingt sind.

Ich will drei Komplexe benennen, bei denen entsprechende Problematiken eintreten können. Das sind erstens der strukturelle Unterrichtsausfall, zweitens der Unterrichtsausfall aufgrund schulinterner Sachverhalte. Dritter Komplex, in diesem Zusammenhang sicherlich, was die Umsetzung von Lösungsansätzen angeht, das schwierigste Thema: die krankheitsbedingten Unterrichtsausfälle.

Zum strukturellen Unterrichtsausfall ist schon allgemein gesagt und von niemandem bestritten worden, dass wir im Saarland an unseren allgemeinbildenden Schulen keinen strukturellen Unterrichtsausfall haben. Es herrscht hier auch kein Lehrkräftemangel, die allgemeinbildenden Schulen sind im Saarland ausreichend personalisiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das stellt schon einen erheblichen Unterschied zur Situation in einigen anderen Bundesländern dar. Ich denke, wir können froh sein, dass uns das so gelungen ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Und ja: Wir haben immer noch strukturellen Unterrichtsausfall an den beruflichen Schulen. Aber, da Sie so großen Wert auf Vergleiche legen, auf den Vergleich zwischen dem, was die Jamaika-Koalition gemacht hat, und dem, was die Große Koalition gemacht hat: Ich nehme einmal das letzte Referenzjahr der Jamaika-Koalition, das war wohl unbestrittenermaßen das Schuljahr 2011/2012. Damals hatten wir 834 Stunden strukturellen Unterrichtsausfall im beruflichen Bereich. Im Schuljahr 2013/2014 hatten wir nur noch 474 Stunden strukturellen Unterrichtsausfall. Auch hier zeigt sich also, dass die Große Koalition erhebliche Fortschritte gegenüber dem Zustand in der Verantwortung von Herrn Kessler und der Jamaika-Koalition gemacht hat.

(Zuruf des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜ- NE).)

Das hat, meine Damen und Herren, diese Landesregierung erreicht und das war auch ein gutes Signal an unsere Schulen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Sie wissen doch auch genau, Herr Kollege Kessler, dass unser Problem eben nicht die Planstellen sind.

(Zuruf des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜ- NE).)

Unser Problem an dieser Stelle war in den vergangenen Jahren, dass es nicht in genügender Zahl ausgebildete, qualifizierte Lehrkräfte für den berufli

(Abg. Rink (CDU) )

chen Bereich gegeben hat. Deswegen mussten wir uns mit Seiteneinsteigerprogrammen behelfen. Wir haben nun erreicht, den strukturellen Unterrichtsausfall an unseren beruflichen Schulen zu reduzieren, und es ist das erklärte Ziel dieser Großen Koalition, ihn auf null zu bringen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Kollege Kessler, wir machen aber noch etwas anderes: Zu Ihrer Zeit und auch zu Beginn meiner Amtszeit wurden nicht einmal die KMK-Vorgaben erfüllt, ab dem kommenden Schuljahr werden wir aber die zwölf Unterrichtsstunden vorsehen. Auch das ist ein gewaltiger Fortschritt, den wir im beruflichen Bereich erzielen. Ich bin sehr froh, dass uns das gelungen ist.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Und das alles mit weniger Lehrern! Das ist ja die Quadratur des Kreises!)

Darauf können wir alle hier im Lande gemeinsam stolz sein. Völlig klar ist somit: Im allgemeinbildenden Bereich haben wir gar keinen strukturellen Unterrichtsausfall, im beruflichen Bereich haben wir den strukturellen Unterrichtsausfall deutlich reduziert und wollen ihn auf null bringen - und das trotz all der anderen Maßnahmen, die wir durchführen müssen, weil wir durch die Haushaltsnotlage dazu gezwungen sind. Ich glaube, das ist ein gutes Ergebnis der Arbeit dieser Großen Koalition in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Und die Erde ist eine Scheibe!)

Ich komme zum zweiten Punkt, zum Unterrichtsausfall aufgrund schulinterner Sachverhalte, also aufgrund der Weiterbildungen, der Prüfungsmaßnahmen, der Klassenfahrten und Elternsprechtage. Ich glaube, darüber müssen wir uns hier nicht lange unterhalten, denn das ist ja nicht im klassischen Sinne Unterrichtsausfall, sondern betrifft Maßnahmen, die aufgrund der Unterrichtsgestaltung erforderlich sind. Der Unterricht fällt ja nicht einfach nur aus, sondern wird durch anderes ersetzt. Das ist also nicht der entscheidende Punkt.

Kurzfristige Abwesenheiten von Lehrkräften können wir in der Regel schulintern lösen und über Vertretungsregelungen abdecken. Hinsichtlich längerer Abwesenheiten haben wir wieder zwei Fälle zu unterscheiden, einen Fall bilden die krankheitsbedingten Unterrichtsausfälle. Damit bin ich auch beim dritten übergeordneten Punkt angelangt: Neben dem strukturellen Unterrichtsausfall und den schulinternen Sachverhalten gibt es natürlich auch immer wieder krankheitsbedingten Unterrichtsausfall. Ich möchte Ihnen aber etwas Grundsätzliches zu den Krankheitstagen in Deutschland sagen: Bereits er

wähnt wurde, dass sich bundesweit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchschnittlich 14 Tage pro Jahr krankmelden. In Sachsen sind die Lehrerinnen und Lehrer im Durchschnitt 13,5 Tage pro Jahr krank, in Mecklenburg-Vorpommern 18 Tage, in den Schulen in Berlin sind es durchschnittlich 39 Tage pro Jahr. Und nun halten Sie sich fest: Im Saarland sind es 10 Tage im Jahr! Es wird deutlich, dass wir auch zu diesem Problemkreis ein viel geringeres Problem als viele andere Bundesländer haben.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Es ist also völlig verfehlt, eine bundesweite Umfrage beziehungsweise eine bundesweite Stellungnahme heranzuziehen. Wenn schon, dann wählen Sie bitte den Vergleich! In diesem Vergleich steht das Saarland richtig gut da, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Nichtsdestotrotz müssen wir uns natürlich auch um dieses Problem kümmern. Die mobile Lehrerinnenund Lehrerreserve ist eine der Maßnahmen in diesem Kontext, auf zwei weitere Maßnahmen werde ich gleich noch eingehen. Zunächst zur mobilen Lehrkraftreserve, und auch hierzu sei ein Vergleich genannt: An den Grundschulen haben wir, noch aus der Amtszeit von Herrn Kessler resultierend, 122 Lehrkräfte in der Reserve vorgefunden, mittlerweile sind es bis zu 180. Wir haben die Reserve also um 58 Stellen erhöht, das entspricht einem Mehr von 47,5 Prozent unter Kessler als unter Commerçon - unter Commerçon als unter Kessler.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Nein, nein, das Erste war schon richtig!)

Bei den Gemeinschaftsschulen hatten wir zu Zeiten von Herrn Kessler 82 Stellen in der Reserve, diesen Wert haben wir um 45 auf 127 angehoben. Das entspricht einer Steigerung um 55 Prozent, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜNE). - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE): Vor uns war das aber der Keller! Bei uns vom Keller in den ersten Stock!)

Im Bereich der Gymnasien gab es eine Steigerung um 45 von 27 auf nunmehr 62 Stellen, das entspricht einer Aufstockung um 166 Prozent in dieser Legislaturperiode. Alles in allem haben wir also die Zahlen in der Lehrerreserve von 231 auf 389 gesteigert, also um 72 Prozent. Reden Sie also bitte nicht davon, Herr Kessler, früher sei alles besser gewesen! Das Gegenteil ist der Fall. Heute ist alles besser, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Lachen des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜNE).)

(Minister Commerçon)

Eine Maßnahme haben wir dabei noch gar nicht erwähnt, Sie haben wohl nicht mehr dran gedacht. Diese Maßnahme hat mich viel Mühe und Überzeugungskraft beim Finanzminister gekostet; ich möchte mich dafür, dass uns das gelungen ist, beim Finanzminister ausdrücklich bedanken. Wir hatten ein Problem, ich habe es einmal als „strukturelle Schwangerschaftsvertretung“ bezeichnet. Wir hatten immer das Problem - eigentlich ist es ja kein Problem, eigentlich ist es eine gute Sache -, dass Lehrerinnen auch schwanger werden, dadurch fallen sie aber natürlich aus. Durch das gute Zusammenwirken mit dem Finanzministerium ist es gelungen, für jede Lehrkraft mit einer Elternzeit von mehr als sechs Monaten eine Ersatzkraft im Beamtenverhältnis einzustellen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hilft in unseren Schulen enorm. Das hilft vor allem in unseren Grundschulen, wo dieses Problem sehr häufig auftritt. Dieses Problem gelöst zu haben, auch darauf kann diese Große Koalition mehr als nur stolz sein!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Gerne nehme ich Ihre Anregung auf, Herr Kollege Kessler, dass wir das im Bereich der weiterführenden Schulen effizienter gestalten sollten. Mit Entschiedenheit aber weise ich die Vermutung zurück, dass wir an den Gemeinschaftsschulen eine Überpersonalisierung hätten. Ja, wir haben eine Lehrkraftreserve, aber ich bitte Sie wirklich, künftig nicht mehr von Überpersonalisierung zu sprechen. Ich musste das beim Finanzminister gleich noch einmal klarstellen und erklären, damit man dort nicht auf die Idee kommt, wir hätten eine Überpersonalisierung an unseren Schulen. Wir haben eine Reserve, die brauchen wir auch. Es ist gut, dass es diese Reserve gibt. Es ist gut, dass die Große Koalition dafür gesorgt hat, dass wir diese Reserve haben, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dann kommt aber der entscheidende Punkt: Wie können wir dafür sorgen, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer eben nicht krankheitsbedingt ausfallen, dass genau dieser Fall nicht eintritt? Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften - das war ein wichtiges Thema bei den Gesprächen über die Zukunftssichere Landesverwaltung; ich schaue den Kollegen Eugen Roth an -, uns auf den Weg zu machen, das Thema Gesunde Schule Saarland nach vorne zu bringen und damit vor allen Dingen die Lehrerinnenund Lehrergesundheit zu stärken. Das ist jetzt der nächste Schritt! Wir haben die Lehrerreserve aufgebaut, jetzt müssen wir dafür Sorge tragen, dass unsere Lehrerinnen- und Lehrergesundheit verbessert wird, dass wir gesunde Schulen in unserem Saarland haben, dass wir ein entsprechendes Gesundheitsmanagement aufbauen, dass wir ein betriebli

ches Eingliederungsmanagement auf den Weg bringen, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer, unsere Schülerinnen und Schüler ein gesundes Umfeld haben. Das ist jetzt der nächste wichtige Schritt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und dazu, muss ich Ihnen sagen, habe ich im Ministerium nichts vorgefunden.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Dafür habe ich keine Stellen abgebaut.)

Ich finde aber, das nach knapp drei Jahren so gut auf den Weg gebracht zu haben, ist eine gute Leistung. Wir werden das in den nächsten zwei Jahren umsetzen und an dieser Stelle die nächsten Fortschritte machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Lassen Sie mich ganz am Schluss noch ein kleines Erlebnis zum Besten geben. Ein Thema ist von Ihnen allen nicht angesprochen worden, nämlich der Unterrichtsausfall infolge defekter Heizungsanlagen.

(Heiterkeit.)

Es spielt auch in der Tat nur eine marginale Rolle. Manchmal gibt es Beschwerden, weil Unterricht ausfällt. In den letzten Wochen hatte ich viel häufiger die Beschwerde von Eltern - erst gestern wieder -, dass das doch nicht gehe, dass wir Unterricht nachholen, weil an einem Gymnasium in Saarbrücken der Unterricht wegen einer defekten Heizungsanlage ausgefallen war. Natürlich müssen wir insbesondere in den Abiturklassen dafür sorgen, dass die Abiturientinnen und Abiturienten gut vorbereitet in die Prüfung gehen. Auch das werden wir hinbekommen. An solchen Stellen können wir es also sogar schaffen, Unterrichtsausfall nachträglich auszugleichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben noch einiges vor an dieser Stelle, aber wir sind auf einem sehr guten Weg und schon wichtige Schritte vorangekommen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion Drucksache 15/1250. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion Drucksache 15/1254. Wer für die Annahme dieses

(Minister Commerçon)