Protocol of the Session on February 11, 2015

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Frau Ministerin, ich will Ihrer Analyse gar nicht im Einzelnen widersprechen. Aber Ihnen ist doch auch bekannt, dass der Einstieg in den Cannabiskonsum in aller Regel das ganz normale Rauchen ist. Wenn logisch sein soll, was Sie sagen, dann müssen Sie doch früher ansetzen und das Rauchen verbieten, was ich jetzt nicht fordern würde. Aber das wäre logisch. Insofern hat Ihre Argumentation keine innere Logik, Sie setzen an einem viel zu späten Zeitpunkt an. Sehe ich das richtig?

(Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Wenn vor einigen Jahren, als es noch erlaubt war, jemand versucht hat, in einem öffentlichen Raum eine Zigarette zu rauchen, waren Sie derjenige, der gerne ein Verbot gefordert hat. Gleichzeitig wollen Sie die Legalisierung von Drogen ermöglichen, und das ist ein Widerspruch, Herr Ulrich.

(Lachen des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜ- NE). - Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU). Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE). Sprechen, Unruhe.)

Vielleicht sollten wir bei diesem Thema aufhören zu plärren, wie es in Köln geschehen ist, und dem Redner, der am Pult steht, einmal zuhören. Wir reden nämlich über die Menschen, die dringend unsere Hilfe brauchen. Wenn man sich, wie ich das schon

getan habe, einmal für einige Stunden im Drogenhilfezentrum umschaut und sieht, wie die Männer und Frauen, wie die Jugendlichen morgens um neun Uhr zitternd vor der Tür stehen, weil das Zentrum erst ab einem bestimmten Zeitpunkt geöffnet hat, weil sie wissen, dass man dort Hilfe bekommt, und sie diese Hilfe fast nicht mehr abwarten können, dann haben wir uns - da gebe ich Ihnen gerne recht - aus gesundheitlichen und vielen anderen Gründen um diese Menschen zu kümmern. Aber wir dürfen nicht im Landtag herumplärren, sondern müssen versuchen, einen Weg der Prävention und der Hilfe für diese Menschen zu finden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD.)

Deshalb ist es gut, dass es eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen zur Drogenpolitik und zu den Auswirkungen von Verboten gibt. Es sind Argumente, die lange bekannt sind, die immer wieder auf den neuesten Stand gebracht werden. Aus diesem Grund brauchen wir zurzeit keine besondere wissenschaftliche Untersuchung.

Zweitens. Schwerpunkt meines Ministeriums wird deshalb die Weiterentwicklung der Suchtkrankenhilfe in Zusammenarbeit mit dem Suchtbeirat und dem Abschluss von Leistungsvereinbarungen zur Qualitätsverbesserung und Transparenz der Einrichtungen noch in diesem Jahr sein.

Drittens. Wir werden im Saarland weiterhin - da bin ich diesem Parlament sehr dankbar - an der bewährten Form der Suchtkrankenhilfe mit Prävention, Beratung und Substitution festhalten. Dazu gehört auch die Repression von Drogenmissbrauch.

Viertens. Wir werden im Saarland der nationalen Strategie der Bundesregierung von 2012 folgen, die neben Prävention Maßnahmen zur Schadensregulierung und der Repression eine zentrale Bedeutung beimisst. Ziel ist die Weiterentwicklung der Suchtprävention und der Hilfesysteme.

Fünftens. Wir verfügen bereits über ein differenziertes, gut ausgebautes Hilfezentrum für die Menschen mit substanzbezogenen Störungen beziehungsweise Risiken. Es existieren sowohl ambulante als auch viele stationäre niedrigschwellige und ausstiegsorientierte Hilfen sowie ein großes Präventionsangebot.

Der letzte Punkt. Dass dieser Weg der richtige ist, bestätigt auch die Evaluation durch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) und die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensuchtfragen, eine gemeinsame Beobachtungsstelle von DHS, IFT-Institut und BZgA, die den jährlichen Bericht zu aktuellen Entwicklungen im Bereich illegaler Drogen erstellt. Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg finden, wie wir diesen Menschen helfen können, am besten schon im Vorfeld. - Ich danke Ihnen.

(Ministerin Bachmann)

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Prof. Dr. Heinz Bierbaum von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe mich erstens noch mal zu Wort gemeldet, weil ich denke, dass eine Klarstellung notwendig ist. Zum Zweiten möchte ich sagen, dass das, was die Frau Ministerin Bachmann eben dargestellt hat, den Kern des Problems nicht trifft.

Es geht in unserem Antrag nicht darum, eine bestimmte Auffassung im Hinblick auf den Gebrauch von Drogen festzuschreiben oder vom Landtag zu fordern. Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen, und das müssen wir in Rechnung stellen. Wir wollen vielmehr deutlich machen, dass all diejenigen, die mit Drogen zu tun haben, darauf hinweisen, dass wir dringend gesicherte Unterlagen brauchen, um die Drogenpolitik auf eine neue Basis zu stellen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das ist der Sinn der Stellungnahme des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Herr Kollege Hans, wenn Sie diese aufmerksam durchgelesen hätten ich glaube, dass er sie gelesen hat; ich rede von „aufmerksam durchlesen“ -, dann wüssten Sie, dass Ihre Interpretation sehr einseitig ist. Es wird nicht Stellung genommen im Hinblick auf eine bestimmte Drogenpolitik. Dort wird vielmehr geäußert, dass es eine umfassende und begründete Drogenpolitik gar nicht gibt, dass es verschiedene Experimente gibt, denen man nachgehen und sie untersuchen muss. Das ist der Sinn dieser Stellungnahme. Sie können sich das gerne noch einmal anschauen. Das ist auch das Begehr unseres Antrags.

Frau Ministerin Bachmann, es geht doch nicht darum, das zu legitimieren, was hier passiert ist, und zu sagen, dass das alles ganz toll ist. Natürlich sind wir auch für das Drogenhilfezentrum. Wir sind für alle Maßnahmen, was die Betreuung von Suchtkranken angeht und dergleichen mehr. Das wollen wir gerne in Rechnung stellen. Das begrüßen wir auch. Aber es ist doch nicht so, dass wir kein Problem hätten und dass die Maßnahmen, die wir hier durchführen, ausreichen würden. Dem ist doch nicht so! Das ist der Hintergrund, warum wir das in den Landtag eingebracht haben. Die Evaluierung auf der Bundesebene, die wir gerne unterstützen, reicht uns nicht. Wir meinen vielmehr, dass auf der saarländischen Ebene Initiativen ergriffen werden können. Das können wir nicht einfach dorthin abschieben und sagen, bei uns ist alles in Ordnung, lasst den Bund weitermachen, wir werden uns dem schon anschließen.

Wir haben angesichts der Drogenproblematik die Verpflichtung, uns näher damit zu befassen und deswegen entsprechende Untersuchungen zu verlangen.

(Beifall von der LINKEN.)

Sie weisen zu Recht auf die Gefahren der Drogen hin. Ich möchte deutlich sagen, wir wollen die überhaupt nicht verharmlosen. Das gilt auch für Cannabis. Aber das gilt eben auch für Alkohol. Aus dem, worauf Sie hingewiesen haben, wäre die logische Konsequenz, auch Alkohol und Nikotin zu verbieten. Im Übrigen halte ich das nicht für zielführend, genauso wenig wie andere Geschichten. Es geht darum, dass wir uns bei unterschiedlichen Auffassungen um eine gemeinsame Grundlage bemühen. Da wird es immer noch unterschiedliche Interpretationen und Schlussfolgerungen geben. Das ist aber Sinn unseres Antrages. Deswegen sehe ich nicht ein, warum Sie sich dem Antrag nicht anschließen können. Ich bitte Sie, sich doch unserem gemeinsamen Antrag anzuschließen. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1249 - neu - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1249 - neu - mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zu den Punkten 10, 14 und 15 der Tagesordnung

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Unterrichtsausfall an saarländischen Schulen wirksam bekämpfen (Drucksa- che 15/1250)

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Abbau von Lehrerstellen stoppen: Unterrichtsausfall an allen saarländischen Schulen durch eine ausreichende Personalisierung entgegenwirken

(Drucksache 15/1254)

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Unterrichtsausfall an saarländischen Schulen bekämpfen (Drucksache 15/ 1255)

(Ministerin Bachmann)

Zur Begründung des Antrags der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Heike Kugler das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das Thema Unterrichtsausfall stand schon häufig auf unserer Tagesordnung. Das Thema beschäftigt uns nicht nur im Saarland, sondern es zeigt sich, dass sich die Bildungsverantwortlichen bundesweit damit beschäftigen und dies aus gutem Grund. Eine Veröffentlichung der Bundeszentrale für politische Bildung zur sozialen Situation in Deutschland belegt, dass die schulische und berufliche Bildung als wichtiger Teil der persönlichen Entwicklung in besonderem Maße speziell in Deutschland über den beruflichen Werdegang entscheidet. So ist beispielsweise in nur vier von 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union der Zusammenhang zwischen Bildung und Arbeitslosigkeit noch ausgeprägter als in Deutschland.

Bei einer Unterscheidung nach dem höchsten erreichten Bildungsstand waren laut Eurostat deutschlandweit im Jahr 2012 lediglich 2,4 Prozent der Erwerbsbevölkerung mit einem hohen Bildungsstand arbeitslos. Dem stehen bei der Erwerbsbevölkerung mit einem mittleren Bildungsstand im selben Jahr bereits 5,4 Prozent gegenüber. Schließlich lag die Arbeitslosenquote der Erwerbsbevölkerung mit niedrigem Bildungsstand sogar bei 12,6 Prozent. Also noch einmal: 2,4 Prozent, 5,4 Prozent und 12,6 Prozent. Das heißt, wenn wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen, dann müssen wir unsere jungen Menschen gut ausbilden. Diese Zusammenhänge sind allen Bildungsverantwortlichen hinlänglich bekannt.

Für uns LINKE bedeutet dies, dass wir als Land, das schon heute einen Facharbeitermangel beklagt, frühzeitig im Bildungsbereich investieren müssen, um unseren jungen Menschen eine möglichst hohe Ausbildung zu garantieren. Unsere Wirtschaft braucht diese Menschen ebenso wie auch die jungen Menschen gute Arbeit und einen guten Ausbildungsplatz brauchen. Ich glaube, dass dies Zustimmung über die Grenzen aller Parteien hinweg finden wird.

Betrachtet man nun die Ergebnisse eines Gutachtens, das die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zur Erhebung des Unterrichtsausfalls im Oktober 2013 veröffentlicht hat, so wird dort bei der Analyse der Auswirkungen von Unterrichtsfall darauf verwiesen, dass gerade schwächere Schülerinnen und Schüler am stärksten betroffen seien. „Die internationale Forschung hat (…) deutlich gemacht, dass Unterrichtsausfall für leistungs- und sozialschwächere Schülerinnen und Schüler problematischer in seinen Wirkungen zu sein scheint als für leistungs- und

sozial stärkere Schülerinnen und Schüler.“ Deshalb müssen wir den Unterrichtsausfall reduzieren.

Dies bedeutet für uns LINKE, dass wir hier ansetzen müssen, wenn wir Facharbeitermangel und Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen. Wir müssen den Unterrichtsausfall deutlich reduzieren. Dazu gehört auch, dass es bei der Lehrerreserve eine Aufstockung geben muss.

(Beifall bei der LINKEN.)

Bei unseren Forderungen fühlen wir uns in guter Gesellschaft, denn neben Gewerkschaften, Lehrerverbänden und Elternvertretungen hat sogar die Arbeitskammer eine Überprüfung der Lehrerstelleneinsparungen im Saarland gefordert. Außerdem ist es an der Zeit, endlich konkrete Zahlen zu ermitteln, die belegen, wie groß der tatsächliche Unterrichtsausfall ist. Das Saarland ist neben Hessen und Niedersachsen eines von drei Bundesländern, die diese Zahlen nicht veröffentlichen. Wenn uns die Bildung unserer jungen Menschen wichtig ist, dann brauchen wir genaue Kenntnisse über den Unterrichtsausfall. Nordrhein-Westfalen hat uns dies vorgemacht. Dort wurde im Oktober 2013 die eben zitierte Studie auf den Weg gebracht.

Ich möchte mit der bereits zitierten Studie schließen, die in der abschließenden Bewertung und Empfehlung auf Folgendes verweist: „Schlussfolgerung des hier vorgelegten Gutachten sollte sein, für eine stärkere Gewichtung des Themas qualitativ hochwertige Vermeidung von Unterrichtsausfall in einem umfassenden Sinne in den Schulen zu sorgen, da hier die größten Steuerungswirkungen zu erwarten sind, um das Schülerlernen zu befördern.“

Wir LINKE fordern daher erstens keinen Stellenabbau in den Schulen, zweitens eine massive Aufstockung der mobilen Lehrerreserve in Absprache mit den Schulleitungen, um Unterrichtsausfall zu minimieren, und drittens eine Dokumentation von ausgefallenen Unterrichtsstunden. Transparenz in diesem Bereich sollte gewährleistet sein, um endlich Klarheit zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag und möchte dies mit den Worten von Derek Bok, dem Präsidenten der Harvard University unterlegen. Er sagte: „Wenn du denkst, Bildung ist zu teuer, versuche es mit Dummheit.“ - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zur Begründung des Antrags der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Kessler das Wort.

(Vizepräsidentin Ries)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute einen Antrag zum Thema Unterrichtsausfall an den saarländischen Schulen eingebracht, der im Wesentlichen in die gleiche Richtung geht wie der Antrag der Fraktion der LINKEN. Er legt allerdings noch einmal stärker den Finger in die Wunde des Lehrerstellenabbaus dieser Landesregierung. An dieser Stelle sagen wir ganz klar - und das ist der Unterschied zur Vorgängerregierung -, dass trotz zurückgehender Schülerzahlen so lange keine Lehrerstellen gestrichen werden dürfen, wie diese gebraucht werden

(Beifall von B 90/GRÜNE und bei den PIRATEN)