Protocol of the Session on January 21, 2015

Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1215 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1215 einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Schienenverkehr in Großregion stärken - Interregionale Zusammenarbeit ausweiten! (Drucksache 15/1220)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Hubert Ulrich das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Zusammenwachsen der SaarLorLux

(Minister Commerçon)

Region wird von der Landesregierung immer wieder als wichtiges Ziel genannt. Das ist auch richtig, das ist ein wichtiges Ziel, das kann man eigentlich nur unterstützen. Es ist eine Sache, Dinge als Ziel zu formulieren, es müssen aber auch konkrete Schritte folgen. Gerade der Schienenverkehr, der Nahverkehr wie der Fernverkehr, spielt bei diesem Zusammenwachsen eine besondere Rolle.

Wenn man die Sache einmal konkret betrachtet, sieht es leider nicht sehr gut aus. Denn es fehlen ganz einfach grundlegende Instrumente, um ein solches Zusammenwachsen zumindest beim Schienenverkehr zu realisieren. Deshalb haben wir heute einen Antrag eingebracht, der neben anderen Themen auch diesen Aspekt bewusst aufgreift. Wir fordern ganz konkret in unserem Antrag, eine Plattform zu schaffen, um eine interregionale Zusammenarbeit in Sachen Schienenverkehr zu ermöglichen und damit die gesamte Thematik auf eine neue Basis zu stellen.

Das ist auch dringend notwendig. Denn wenn man einmal in die Details einsteigt, fallen einem viele Ungereimtheiten auf. Die Fachleute haben uns zum Beispiel gesagt, dass wir grenzüberschreitend noch nicht einmal - genauso wenig wie die französische oder die luxemburgische Seite - eine vernünftige Datenbasis haben für den grenzüberschreitenden Verkehr. Zwar gibt es hier und da partielle Daten, aber eine Datenbasis, mit der etwas anzufangen wäre, ist nicht vorhanden.

(Vizepräsidentin Spaniol übernimmt den Vorsitz.)

Oder nehmen wir die Signal- und Sicherungstechnik. Auch das ist ein großes Problem beim grenzüberschreitenden Verkehr. Das ist teuer, aber auch deshalb so teuer, weil es keine deutsch-französischen Standards gibt. Um solche Standards verhandeln zu können, spielt natürlich Berlin wieder eine große Rolle. Aber es wäre eine Aufgabe unserer Landesregierung, zumindest entsprechende Vorstöße in Berlin zu machen - vielleicht gemeinsam mit den beiden immer so viel gepriesenen schwarz-roten Bundesministern -, um auch hier ein Stück voranzukommen und auch zu konkreten Vereinbarungen für die Unternehmen zu kommen, die das umsetzen müssen.

Aber wie läuft es konkret? Die Ministerpräsidentin stellt erst einmal eine öffentlichkeitswirksame Forderung auf, um eine Verbindung von Luxemburg nach Frankfurt zu schaffen. Sie tut dies aber ohne jede Kenntnis in der Sache, ohne dass es dafür eine reale Grundlage gibt, was natürlich zur Folge hat, dass dieser Vorschlag ruck, zuck wieder in der Schublade verschwindet unter vielseitigem Schmunzeln. Und am Ende widerspricht ihr sogar noch der eigene Koalitionspartner in Gestalt von Verkehrsministerin Rehlinger, die an dieser Stelle das Gegenteil dessen sagt, was Annegret Kamp-Karrenbauer wollte, und

hat ihre Chefin damit auch noch im Regen stehen lassen.

Oder nehmen wir die Debatte über den Schienenverkehr Richtung Rheinland-Pfalz. Auch da sieht es nicht sehr gut aus. Im Jahr 1997 - diese Zahlen haben wir uns bewusst herausgesucht - hatten wir noch 16 Verbindungen pro Tag zwischen Saarbrücken und Mannheim. Damals dauerte die Fahrt eine Stunde und 20 Minuten und es gab noch einen Halt in Homburg. Heute haben wir gerade mal noch 5 ICE-Verbindungen plus die Rest-ICs, die Fahrt dauert eine Stunde und 18 Minuten, in aller Regel ohne Halt in Homburg und nur selten in St. Ingbert. Also auch hier haben wir eine deutliche Rückentwicklung dieser Verbindung.

Das Problem geht noch weiter. Man hat - auch das ist ein klares Versagen der Landesregierung - bis heute nicht wirklich etwas angepackt, es gibt noch nicht einmal vernünftige Übergangstarife zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz. Die gibt es gerade mal im Grenzbereich zwischen den drei Landkreisen St. Wendel, Neunkirchen und Saarpfalz. Wenn ich zum Beispiel von Saarlouis aus eine Fahrkarte nach Kaiserslautern lösen will, bekomme ich keine Verbundkarte, weil es sie schlichtweg nicht gibt. Nach Trier ist es genau dasselbe. Auch hier wäre einiges zu verbessern, wäre einiges nachzuverhandeln, insbesondere mit Blick auf Übergangstarife. Das sind jetzt einige Details, die ich mal ganz bewusst exemplarisch genannt habe, um die Probleme ein wenig deutlicher zu machen.

Auch die Qualität der neuen Regionalexpresse ist nicht so, wie sie sein könnte mit Blick auf die Konkurrenzsituation mit dem ICE oder dass sie die ICs ersetzen sollen. Das ist eine Frage des Marketings und das führt am Ende dazu, dass die Fahrgastzahlen sinken und man nicht alle Menschen erreicht, die man erreichen könnte, wenn man hier eine konsequentere Politik verfolgen würde.

Auch den Koalitionsvertrag scheint man in Sachen ÖPNV nicht sehr ernst zu nehmen. Dort ist zum Beispiel vereinbart, dass die Nahestrecke auf der rheinland-pfälzischen Seite durchgängig elektrifiziert werden soll. Von konkreten Verhandlungen haben wir zumindest bis heute nichts gehört. Auch das scheint man auf die lange Bank zu schieben oder man scheint die eigenen Vereinbarungen nicht sonderlich ernst zu nehmen.

Ein weiteres Thema ist die Hochwaldbahn, die stillgelegt wurde. Das ist bedauerlich insbesondere vor dem Hintergrund, dass in diesem Jahr der grenzüberschreitende Nationalpark Hunsrück-Hochwald startet. Es wäre nicht verkehrt, wenn wir auch eine Bahnverbindung zu diesem Nationalpark hätten. Auch manches Unternehmen in dieser Region wäre froh, wenn dort eine Bahn betrieben würde. Aber

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

auch hier geht die Entwicklung leider in die entgegengesetzte Richtung. Deshalb haben wir in unserem Papier eine ganze Reihe von Forderungen erhoben, nicht in der Hoffnung, dass die Landesregierung darauf eingeht - wir wissen auch aus anderen Bereichen, dass sie da nicht sehr diskussions- und entscheidungsfreudig ist -, aber wir wollen zumindest das Thema wieder auf die Agenda setzen, um sie an das eine oder andere zu erinnern, was man machen könnte.

Den Aktionsplan für eine schnelle und nachhaltige schienengebundene Verkehrsanbindung haben wir als ersten Punkt formuliert. Eine gemeinsame Plattform für den grenzüberschreitenden Verkehr müsste dringend geschaffen werden. Die gemeinsame Elektrifizierung haben wir bewusst hineingeschrieben, damit angegangen wird, was Sie vereinbart haben. Das betrifft auch entsprechende Verhandlungen mit der Deutschen Bahn, um mehr Eigenmittel für den Netzausbau im Saarland zur Verfügung zu stellen. Das alles könnte man tun und anpacken, aber dazu müsste der Schienenverkehr einen deutlich anderen Stellenwert in der Verkehrspolitik der saarländischen Landesregierung haben als er das hat. Unser Anliegen ist, das Thema in stärkerem Maße in den Fokus zu bringen. Deshalb haben wir diesen Antrag heute gestellt. Ich bitte um Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Kollegin Elke Eder-Hippler für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen, ich habe selten so viel Unsinn auf so wenig Papier gesehen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Das war jetzt ein fundierter Beitrag. Er lässt mich erzittern.)

Ungefähr so fundiert wie das, was Sie zu sagen hatten. - Im September letzten Jahres waren wir uns noch alle einig, dass das Thema Fernverkehr für das Saarland von erheblicher Bedeutung ist.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wer war das alles? Sie und Ihr Mann?)

Wir alle waren uns einig, dass wir den Bund daran erinnern müssen, dass er einen Versorgungsauftrag hat und wir dessen Erfüllung einfordern müssen. Mit ihrem heutigen Antrag verkündet die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nunmehr, dass die Landesregierung die alleinige Schuld für negative Veränderungen im Schienenverkehr trage. Sie verstei

gen sich gar zu der Aussage, dass „sich die Landesregierung zusammen mit Bahnchef Rüdiger Grube und SNCF-Chef Guillaume Pepy darauf einigte, zwei Bahnverbindungen zwischen Paris und Saarbrücken einzustellen.“ Das klingt dann so, als ob die Landesregierung um die Einstellung dieser Verbindung geradezu gebeten hätte. Das ist an Absurdität nicht mehr zu übertreffen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Tatsache ist vielmehr, dass die DB AG Ende Mai 2014 angekündigt hatte, ab 2016 das fünfte Zugpaar auf der Verbindung Frankfurt-Saarbrücken-Paris zu streichen und stattdessen auf dem Südast der POS einzusetzen. Als Reaktion hierauf haben im September 2014 auf Initiative von Verkehrsministerin Anke Rehlinger Kammern, Verbände, Gewerkschaften und Hochschulen sowie die Landtagsfraktionen in Resolutionen auf den wachsenden Missstand hingewiesen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Mit großem Erfolg. Mit großem Erfolg.)

In der damaligen Landtagsdebatte ging der Kollege Ulrich auch auf das Fernverkehrssicherstellungsgesetz ein und zitierte aus der Begründung der Bundesratsinitiative aus dem Jahr 2008: „Ohne ein Eingreifen der Bundesregierung ist der Gewährleistungsauftrag des Bundes im Schienenpersonenfernverkehr in Artikel 87e Abs. 4 Grundgesetz nicht mehr sichergestellt. Die Länder könnten gezwungen sein, durch die Bestellungen zusätzlicher Leistungen im SPNV einen Ausgleich herzustellen.“ Dann fuhr er fort: „Das ist genau das, was in unserer Regierungszeit im Saarland gemacht wurde.“ Herr Kollege Ulrich, ich könnte Ihnen nun vorwerfen, dass das Handeln der grünen Verkehrsministerin zu Zeiten der Jamaika-Koalition zur heutigen Situation geführt hat. Tue ich aber nicht.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Haben wir ein Glück. - Sprechen und Lachen.)

Es stimmt zwar, dass Simone Peter damals die Nahverkehrszüge bestellt hat, von denen die Bahn heute behauptet, sie blockierten die Trasse für den Fernverkehr beziehungsweise machten diesen unwirtschaftlich. Die Bahn erwägt deshalb, diesen einzustellen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Man muss auch nicht jeden Unsinn glauben.)

Aber jeder andere verantwortlich handelnde Verkehrsminister hätte vermutlich genauso gehandelt. Kollege Ulrich, deshalb mache ich Ihnen das damalige Handeln von Simone Peter nicht zum Vorwurf.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Jetzt kann ich wieder schlafen.)

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

Das freut mich. - Genauso klar weise ich aber auch die Vorwürfe in Ihrem Antrag auf das Schärfste zurück. Anke Rehlinger ist es gelungen, in einem Gespräch am 05. Dezember 2014 mit dem rheinlandpfälzischen Infrastrukturminister Roger Lewentz und dem Vorstandsvorsitzenden der DB Fernverkehr Huber zum Thema Fernverkehr auf der SaarpfalzStrecke der DB AG die Zusage abzuringen, dass sieben Fernverkehrsverbindungen ab und nach Saarbrücken langfristig gesichert werden. Vier Verbindungen in Richtung Paris und Frankfurt sowie die beiden Fernverkehrsverbindungen von Saarbrücken in die Richtungen Graz und Leipzig/Dresden bleiben bestehen. Außerdem wurde erreicht, dass zukünftig im Fernverkehr ein Zugpaar auf der Strecke zwischen Saarbrücken und Stuttgart angeboten wird. Diese neue Verbindung Stuttgart-Mannheim-Kaiserslautern-Saarbrücken kompensiert in der gleichen Fahrlage den von der Bahn im letzten Mai angekündigten und mit ihrem Partner SNCF vereinbarten Wegfall eines Zugpaares zwischen Frankfurt und Paris ab 2016. Ich glaube, das ist eine Kompensation. Das ist ein Applaus für Anke Rehlinger wert.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Anke Rehlinger hat außerdem erreicht, dass die drei Fernverkehrszugpaare, zu denen die neuen RE-Züge seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 parallel fahren, von der Bahn vorerst weiter angeboten werden. Die DB wird die Auslastung dieser Züge 2015 beobachten und dann auf der Basis der Fahrgastzahlen eine Entscheidung über den Fortbestand der Züge treffen. Sie sehen also, die saarländische Landesregierung kämpft auch weiterhin für gute Fernverkehrsverbindungen, selbst wenn das nicht einfach ist. Deshalb wird Verkehrsministerin Anke Rehlinger auch in diesem Jahr ihre Gespräche mit der DB Fernverkehr fortsetzen.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Von dieser Stelle wünsche ich ihr für diese Gespräche in unser aller Interesse viel Erfolg und Durchsetzungsvermögen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Was Ihnen, werte Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wohl entgangen ist, ist die Tatsache, dass sich das Saarland gemeinsam mit anderen Ländern für ein Fernverkehrssicherstellungsgesetz des Bundes einsetzt.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wie gut, dass wir Sie haben. Ich bin so froh. - Abg. Waluga (SPD): Dann zeige es auch. - Fortdauerndes Sprechen.)

Hierzu wurde von einer Arbeitsgruppe der Länder bereits ein Gesetzentwurf erarbeitet, der in der nächsten Verkehrsministerkonferenz diskutiert wird.

- Darf ich Hubert Ulrich um Ruhe bitten, Frau Präsidentin?

Kein Problem. Ich komme dem gerne nach. Das hätte ich sofort gemacht. Ich bitte um Ruhe für die Kollegin Eder-Hippler. Ich bitte auch, sich mit Zwischenrufen zurückzuhalten.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)