Protocol of the Session on October 14, 2014

Das erklärte Ziel ist, die Eigenständigkeit unseres Bundeslandes dauerhaft zu sichern und zugleich das Saarland zu einer Modellregion im Herzen Europas zu machen. Das ist unser Ziel. Und es gilt, die Finanzen des Saarlandes zu konsolidieren und gleichzeitig in Zukunftsperspektiven zu investieren. Herr Hilberer, ich wollte die Leitinvestitionen, die Sie genannt haben, eigentlich mitschreiben, ich habe es aber dann doch gelassen.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) : Schade.)

Wir sind kurz vor Weihnachten. Es war wie ein Wunschzettel. Wenn Sie aufgepasst hätten, würden Sie vieles davon hier im Haushalt wiederfinden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Vorschlag: Machen Sie doch einen Eintrag ins Klassenbuch, weil er nicht aufgepasst hat.)

Hören Sie bitte zu, Herr Ulrich. Sie haben gleich noch die Chance, Ihre Konzepte hier darzulegen. Wir sind gespannt. Wir hören dann auch aufmerksam zu.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es ist eine Gratwanderung, die umsichtiges Planen, aber auch beherztes Handeln erfordert, und sie erfordert schlicht Mut, Herr Ulrich. Auch den Grat einer Bergkette erwandert man nicht unbedacht und nicht mit Leichtfertigkeit. Wir stellen heute die Weichen für ein zukunftssicheres Saarland für die nachfolgenden Generationen. Diesem Ziel sieht sich der vorliegende Haushaltsentwurf verpflichtet. Betrachtet man nämlich die Ausgangslage der nüchternen Zahlen und Fakten, in deren Rahmen sich die finanzielle Situation des Saarlandes bewegt, dann erkennt man sehr wohl Licht und Schatten.

Einen ganz wesentlichen Rahmen setzt hier die verfassungsrechtlich vereinbarte Schuldenbremse, nach der das Land verpflichtet ist, bis zum Jahr 2020 die jährliche Neuverschuldung auf null zu fahren, und das ist wichtig. Auch der mit dem Stabilitätsrat vereinbarte Konsolidierungspfad legt an das Handeln des Landes einen strengen finanziellen Maßstab an. Die Neuverschuldung - das hat der Kollege Finkler schon erwähnt - beträgt 75 Millionen Euro weniger als im vorigen Jahr. Das ist gut, das ist ein wichtiges Signal nach Berlin, dass wir hier im Saarland unseren finanzpolitischen Pflichten nachkommen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es ist in mehrfacher Hinsicht ein wichtiges Signal. Das Saarland kann nicht auf die 250 Millionen Euro an Konsolidierungshilfen verzichten. Auch in den laufenden Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nach 2019 stärken unsere bisherigen Konsolidierungserfolge unsere Verhandlungsposition gegenüber dem Bund ebenso wie gegenüber den anderen Bundesländern. An der bloßen Summe der Neuverschuldung wird aber auch deutlich, dass wir hier im Land noch einige schmerzhafte Schritte auf einem steinigen Weg vor uns haben. Herr Dr. Bierbaum, auch hier werden wir unsere Anstrengungen weiter verstärken. Wir werden auch hier nicht nachlassen. Es ist uns sehr wohl bewusst, dass sehr große Anstrengungen erforderlich sind, aber wir haben alle ein gemeinsames Ziel.

Positiv wirkt sich die konjunkturelle Entwicklung aus. Das Saarland entwickelt sich in der Wirtschaft solide mit guten Wachstumsraten insbesondere in der Industrie. Das haben auch die neuesten Zahlen ergeben. Während das Wachstum in Deutschland schwächelt, ist es hier im Saarland doch stabil und entwickelt sich durchaus positiv. Auch das muss einmal gesagt werden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es zeigt sich, dass die Landesregierung hier die richtigen Impulse gesetzt und Weichen gestellt hat, damit sich Industrie und Arbeitsmarkt solide und zuverlässig entwickeln können. Auf diesem Pfad wollen und müssen wir weiter voranschreiten. Wir haben - wenn auch jüngst etwas eingetrübt - durch die positive konjunkturelle Entwicklung im Saarland auch erfreulich hohe Steuereinnahmen. Auch für 2015 prognostiziert die Steuerschätzung bislang noch ein leichtes Plus. Abzuwarten bleibt allerdings, wie es sich in der Zukunft gestaltet, wenn sich die Konjunktur vielleicht auch hier abschwächt. Auch dazu hat der Finanzminister gestern schon gesagt, dass man das im Auge behalten muss. Auch hier stellen wir uns der Verantwortung.

Für die positive Entwicklung der Steuereinnahmen, meine Damen und Herren, spielt auch der entschlossene Kampf gegen die Steuerhinterziehung nach wie vor eine wichtige Rolle. Der Ankauf der Steuer-CDs, wie ihn die SPD stets befürwortet hat, hat zu einem deutlichen Anstieg der Steuereinnahmen geführt, zum einen durch die ermittelten Hinterziehungstaten, zum anderen aber auch durch die Selbstanzeigen und die Nachzahlungen. Die konsequente Bekämpfung dieses einst vermeintlichen Kavaliersdelikts lohnt sich auch für unsere Landeskasse. Auch die Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur strafbefreienden Selbstanzeige, wie sie die Finanzministerkonferenz im Mai auf Betreiben des Saarlandes beschlossen hat, ist der richtige

(Abg. Berg (SPD) )

Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit und mehr Steuerehrlichkeit, sodass am Ende nicht der Ehrliche der Dumme ist, meine Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Für Ihren Einsatz und Ihre Beharrlichkeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung gebührt Ihnen, Herr Finanzminister Toscani, der besondere Dank unserer Fraktion. Sie haben sich hier wirklich verdient gemacht.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es wirken sich derzeit aber auch die historisch niedrigen Zinsen aus. Davon profitiert auch das Saarland im Besonderen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, meine Damen und Herren, auf die wir uns aber nicht für alle Zeiten verlassen können, denn schon geringe Zinsschwankungen wirken sich massiv zulasten des Landes aus.

Positiv wirkt sich aus, dass wir zuverlässig unsere Sparverpflichtungen einhalten. Wie schon erwähnt: Wir können unseren Konsolidierungsbeitrag erbringen. Einen Ausfall dieser Mittel, etwa durch ein Ignorieren der Konsolidierungsvorgaben, können wir uns schlichtweg nicht leisten.

Neben diesen positiven Aspekten gibt es allerdings auch weiterhin große strukturelle Probleme, die wir hier in unserem Land lösen müssen und zu deren Lösung ich auch alle Verantwortungs- und Entscheidungsträger aufrufe - Herr Ulrich, auch Sie.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Ich fühle mich geehrt, Frau Abgeordnete.)

Bitte schön. Aber lesen Sie ruhig weiter. Die Saarbrücker Zeitung ist immer sehr interessant.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : War das etwa Kritik?)

Wir haben ein Problem der Altlasten. Die im Saarland stetig steigenden Versorgungs- und Zinslasten sind erdrückend. Sie stellen eine unabänderliche Belastung des Landeshaushalts dar, bedingt auch durch die demografische Entwicklung. Maßnahmen wie die Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre haben diesen Trend nicht abflachen oder stoppen können. Aus dieser unverschuldeten Notlage, meine Damen und Herren, kommt das Saarland aus eigener Kraft nicht heraus, das hat Herr Bierbaum auch schon zutreffend festgestellt.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Streichen Sie das Wort „unverschuldet“.)

Ich sage Ihnen gleich, warum Herr Ulrich. Hören Sie mir bitte zu.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Ich höre die ganze Zeit zu.)

Diese Erkenntnis ist aber in der saarländischen Politik nicht neu. Sie ist durch das Länderfinanzbenchmarking 2014 der PwC bestätigt worden: Ohne Altlastenhilfe geht es nicht. Deshalb wird es für uns im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen existenziell sein, an dieser Stelle ganz offensiv die Unterstützung durch die Solidargemeinschaft einzufordern. Die Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen darf sich nicht mehr an Himmelsrichtungen orientieren, sondern muss entsprechend der strukturellen und wirtschaftlichen Realitäten erfolgen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ein Fonds für die Tilgung von Altlasten muss Teil des neuen Länderfinanzausgleichs sein. Das gebietet der Solidargedanke, das gebietet die verfassungsrechtlich verbriefte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und das gebietet die Fairness all jener Länder, die selbst über viele Jahre und Jahrzehnte von der finanziellen Solidargemeinschaft profitiert haben. Hier braucht das Saarland nicht gesenkten Hauptes bei Bund und Ländern vorstellig zu werden. Mit Kohle und Stahl hat das Saarland wesentlich zum Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach 1950 beigetragen. Dafür haben die Menschen im Saarland hart gearbeitet, meine Damen und Herren, davon haben Länder wie Bayern erheblich profitiert!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Nun ist eben Solidarität in die andere Richtung gefordert. Wer politischen Anstand besitzt, wird sich dem auch nicht verweigern.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Minister Maas wird das sicher durchsetzen. Reden Sie doch mal mit ihm. Das ist ein Klacks für ihn.)

Da können Sie sicher sein, Herr Ulrich.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Der wird das durchsetzen! - Sprechen.)

Das Saarland braucht sich aber auch aus einem weiteren Grund nicht wegzuducken. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht! Machen Sie Ihre, Herr Ulrich. Dass es uns auch mit dem vorliegenden Haushalt wieder gelingt, unsere Konsolidierungsbeiträge zu erbringen und Sparvorgaben einzuhalten, liegt daran, dass sich das Land unter der Regierung der Großen Koalition zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik verpflichtet hat, und zwar zu einer Politik, die mit dem Sparen von oben beginnt. Das zeigt sich an der Zahl der Ministerien und Staatssekretäre, einer Anpassung der Versorgungsansprüche, einer strengen Aufgabenkritik, einer kritischen Überprüfung der Förderprogramme, der Landesbeteiligungen, der Investitionsausgaben und dem Abbau von insgesamt 2.400 Stellen ohne Kündigungen. Das sind alles Einschnitte, die das Land vorgenom

(Abg. Berg (SPD) )

men hat und vornimmt, die schmerzhaft sind, die selten Lob einbringen, die aber notwendig sind und die folglich auch den Haushalt für das kommende Jahr prägen.

Wir haben ein weiteres Problem, das Problem der demografischen Entwicklung. Das Saarland schrumpft so schnell wie kein anderes westdeutsches Bundesland durch eine niedrige Geburtenrate und eine hohe Wegzugsquote. Das führt zu vielerlei Nachteilen, von denen ich einen aufgreifen möchte, nämlich den Fachkräftemangel. Dieser ist bei uns schon deutlich spürbar und wächst sich mittlerweile zu einem echten Wettbewerbsnachteil aus. Es gibt verschiedene Wege, dem entgegenzuwirken, beispielsweise durch eine gute Familien- und Bildungspolitik. Allerdings brauchen wir auch hier schnelle, sprich kurzfristig und berechenbar wirkende Maßnahmen. Ich möchte einen Gedanken aufgreifen, den mein geschätzter Kollege Eugen Roth in der vergangenen Woche in die Debatte eingebracht hat, nämlich die Bedeutung der Zuwanderung für das Saarland. Wir erleben derzeit - nicht nur, aber auch im Saarland - einen großen Zustrom von Flüchtlingen aus den zahlreichen Krisengebieten dieser Welt. Neben den Herausforderungen der Integration von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Sprachen bietet die Zuwanderung für uns aber auch eine große Chance.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Angesichts des Bevölkerungsrückgangs auf der einen Seite und der großen Zahl von Menschen auf der anderen Seite, die hier ein neues Leben beginnen wollen und motiviert sind, sich in diesem Land einzubringen und eine eigene Zukunft aufzubauen, müssen wir aus den eingefahrenen Strukturen des Problemdenkens heraustreten. Pro Einwohner, den wir hier im Saarland verlieren, gehen circa 2.300 Euro an Finanzkraft verloren. Neben den humanitären Gründen sollte es unser ureigenes saarländisches Interesse sein, Zuwanderer nicht als Problem, sondern als Chance zum Selbsterhalt des Landes zu begreifen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Die Wege, um das zu realisieren, werden sich auftun, wenn erst einmal der Wille dazu da ist. Dabei ist klar, das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich, dass die Kommunen mit ihren finanziellen Lasten nicht alleine gelassen werden. Wir fordern auch hier die Unterstützung des Bundes für unsere Kommunen ein.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ein weiteres Problem des Saarlandes ist die Randlage, meine Damen und Herren. Das ist vor allen Dingen eine Frage der Perspektive; betrachtet man die

Bundesrepublik alleine, liegt unser kleines Bundesland tatsächlich am Rand. Diese Lage, und auch die geringe Größe des Landes, bringen Belastungen mit sich, insbesondere wegen der hohen Pendlerströme nach und aus Frankreich, Luxemburg und Rheinland-Pfalz. Darauf haben der Kollege Finkler sowie Minister Toscani bereits hingewiesen. Hier gilt es, echte steuerliche Nachteile, die sich ergeben, wieder auszugleichen. Menschen leben und arbeiten hier, zahlen ihre Steuern woanders beziehungsweise bringen steuerliche Vorteile an ihre außerhalb des Saarlandes liegenden Wohnsitze. Hierdurch wird das Saarland überdurchschnittlich belastet. Es zeigt auch deutlich, warum sich das Saarland mit aller Kraft gegen den aktuell diskutierten Steuerföderalismus stellen muss, gegen ein System, nach dem wohlhabende Bundesländer niedrigere und ärmere Bundesländer höhere Steuersätze etwa bei der Einkommenssteuer einführen sollen. Die geringe Größe des Landes in Verbindung mit den vielen Grenzen um uns herum erleichtert massenhaft Steuerflucht in steuerlich attraktivere angrenzende Gefilde, ohne dass eine Erwerbstätigkeit im Saarland zwingend aufgegeben werden müsste. Im Ergebnis würden uns höhere Steuersätze schaden. Es ist zudem wenig überzeugend, international und europaweit gegen Steueroasen zu kämpfen und dann eine auf föderaler Ebene einzuführen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es ist daher richtig und wichtig, dass sich die Landesregierung deutlich gegen die Pläne für mehr Steuerautonomie der Länder ausgesprochen hat. Unsere Unterstützung dafür haben Sie.

(Beifall bei der SPD.)