Sie müssen sich doch noch daran erinnern, dass genau damit alle in der Anhörung zu Ihrem Gesetz vor zwei Jahren ein Problem hatten: die Elternvertretungen, die Lehrerverbände, die GEW, natürlich der Landkreistag - es ist klar, warum -, der Hauptpersonalrat und so weiter. Die Quittung gibt es leider heute. Sie mussten in einer Antwort auf die Anfrage der Kollegen der GRÜNEN zugeben, dass nicht nur, wie in der Öffentlichkeit kommuniziert, fünf Schulen auf der Kippe stehen, sondern dass letztlich mindestens 16 Gemeinschaftsschulen gefährdet sind.
Schauen Sie in Ihre eigene Antwort auf die Große Anfrage. Dort lesen Sie es schwarz auf weiß. - Wir sagen deshalb heute das, was wir schon vor zwei Jahren gesagt haben: Gebt den Gemeinschaftsschulen mehr Zeit! Wer eine neue Schulform einführt, der kann nicht schon nach zwei Jahren mit der Schließung drohen; das ist das Ende. Das ist auch ein Bekenntnis. Das wollen wir auf keinen Fall den Eltern und den Schülern hier im Land zumuten.
Ich appelliere nochmals an Sie: Die Schulen brauchen Zeit, um ein attraktives Profil zu entwickeln und aufzubauen. Das ist ein wichtiges Zeichen für die Eltern, denn die fragen sich doch, wer ein Kind auf eine Schule schickt, die vielleicht schon nächstes Jahr nicht mehr existiert oder die für die nächsten Jahre auf dem Prüfstand steht. Da beginnt der Teufelskreis und darum muss man sich kümmern. Das ist das Schräge an der Argumentation: Schulen, die einen schwächeren Zulauf haben, sind doch nicht per se schlecht oder schwach oder haben zu wenig Profil. Ganz im Gegenteil, sie haben nur zu wenig Zeit, dafür werben zu können, was sie vor Ort leisten. Das ist der Knackpunkt und da muss man rangehen.
Ich nenne zwei Beispiele, ich nenne aber nicht die Namen, weil es dann für die Schulen immer noch schlimmer wird, obwohl bekannt ist, was gemeint ist. Ich nenne eine kleine Gemeinschaftsschule im äußersten Winkel des Bliesgaus, nah am Regionalverband: Hier wurde viel getan. Es wurde vor allen Dingen viel investiert und es wurde ein eigenständiges, gutes Schulprofil erarbeitet. Die haben sich echt angestrengt und die Schule hat es verdient, dass sie weiter bestehen bleibt.
Nein, Herr Schmitt, ich greife das noch mal auf, weil Sie das auch im Ausschuss immer andersherum darstellen. Es ist Unfug zu sagen, dass da so wenig Schüler hingehen, weil die Schule so schlecht ist. Das ist ja ein Witz! Das ist ein Schlag ins Gesicht der Schulen, die sich anstrengen. Das geht überhaupt nicht, das kann man so nicht stehen lassen!
Eine weitere kleine Gemeinschaftsschule im Kreis Saarlouis hatte zum Stichtag nicht die Schülerzahl erreicht, zum Schulbeginn aber doch. Dieses ständige Auf und Ab -
Natürlich war das so, der Schulleiter hat sich doch in der SZ geäußert! - Das ist doch lächerlich, dieses ständige Auf und Ab um die Schulen. Die drohende mögliche Schließung wegen falscher Rahmenbedingungen, all das schadet doch ganz enorm und trägt sicher nicht zu dem Schulfrieden bei, den sich alle wünschen.
Ich sage Ihnen noch einmal: Fünf Jahre wären eine Chance zum Aufbau, insbesondere für die Gemeinschaftsschule. Es wäre ein Bestandsschutz. Und richten wir den Blick auf den zeitlichen Rahmen, dann sehen wir, dass selbst unter der Jamaika-Regierung fünf Jahre möglich waren, dank dem Kollegen Kessler, auch das muss man an dieser Stelle einmal sagen. Damals waren Sie sich alle einig. Frau Rink, Sie haben den Fünfjahreszeitraum hier gelobt, Sie waren begeistert. Sie haben hier gesagt, dass die neue Schule genau das brauche, nämlich fünf Jahre Zeit. Und heute ist nach zwei Jahren Schluss. Das kann nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich will nicht en détail die gesamte Schuldebatte der vergangenen Sitzungen gerade in diesen Punkten hier Revue passieren lassen und den Spiegel vorhalten, das wäre zu einfach. Es ist einfach so, lesen Sie es selbst nach. Die Rechtfertigungen, die jetzt gleich kommen werden, bringen den betroffenen Schulen, Eltern und Schülern sehr wenig. Die Unsicherheit besteht weiter.
An ein Versprechen in der Debatte von 2012 will ich dann doch noch erinnern. Frau Kollegin Rink sagte ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -:„Keiner in diesem Haus, vor allem nicht die Große Koalition, hat ein Interesse daran, Schulschließungen durchzuführen.“ Jetzt ist allen klar, was das heißt: Das
sollen nämlich die Kreise erledigen, denen wird das aufgebürdet und die können das überhaupt nicht leisten. Da haben Sie die Verantwortung hingeschoben, Sie haben mit Ihrer Zweijahresfrist dafür den Boden bereitet. Das kann es nicht sein. Damit ist Ihr Gesetz leider kein Schulschließungsverhinderungsgesetz mehr, so, wie es einst angepriesen wurde. Schaffen Sie deshalb keine vollendeten Tatsachen. Geben Sie den Schulen mehr Zeit, sich zu entwickeln, um neue Schüler zu werben, um für sich als Schulstandort zu werben. Schaffen Sie die passenden Rahmenbedingungen und vor allem Schulsicherheit.
Noch einmal: Sinkende Schülerzahlen müssen immer für Qualitätsverbesserungen genutzt werden, nicht um Schulen zu schließen. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, jeder Debatte tut es gut, wenn sie sachlich geführt wird. Was im Vorfeld der heutigen Beratung zum Gesetzentwurf der DIE LINKE-Landtagsfraktion in Presseerklärungen der Opposition zu lesen war, hat allerdings wenig zur Versachlichung der Debatte beigetragen. So äußert sich beispielsweise Klaus Kessler in seiner Pressemitteilung zur Gemeinschaftsschule - ich zitiere -: „(…) des von der Landesregierung unnötig verschärften Schulordnungsgesetzes“.
Herr Kollege Kessler, das Schulordnungsgesetz wurde 2012 durch die Große Koalition eben nicht verschärft, im Gegenteil: Die Kriterien zum geordneten Schulbetrieb wurden entschärft, und das in einem erheblichen Umfang. Nach dem Schulordnungsgesetz in der vorher geltenden Fassung war ein geordneter Schulbetrieb noch gewährleistet, wenn Erweiterte Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien wenigstens drei Klassen je Klassenstufe aufwiesen. Ein Kriterium, das viele, sehr viele der weiterführenden Schulen 2012 schon nicht mehr erfüllten. Zur Sicherung der Schulstandorte von Gemeinschaftsschulen und Gymnasien wurde mit der Novelle von 2012 das Zügigkeitskriterium durch die Mindestzahl von 220 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 9 ersetzt.
Diese Novelle sieht auch ein geregeltes Verfahren für den Fall vor, dass diese Mindestvorgabe unterschritten wird. In § 9 Abs. 5 Schulordnungsgesetz heißt es: „Schulen, die die Anforderungen des Ab
satzes 2 in zwei aufeinanderfolgenden Schuljahren unterschreiten, können im Einvernehmen mit dem Schulträger und im Rahmen der Schulentwicklungsplanung mit anderen Schulen zusammengelegt oder geschlossen werden.“ Es ist nach meiner Auffassung nicht in Ordnung, Frau Spaniol, wenn Sie hier sagen, die Große Koalition hätte die Entscheidung abgedrückt. Wir haben keine Entscheidung abgedrückt. Klargestellt ist, dass eine Entscheidung über die Zusammenlegung oder Schließung von Schulen im Einvernehmen mit dem Schulträger erfolgen wird. Die Schulträger haben immer verlangt, in die Schulentwicklung und die Standortplanung stärker eingebunden zu werden.
Sie möchten mit Ihrem Antrag jetzt eine Frist von fünf Jahren einführen. Ich sage Ihnen aber, das bringt den Schulen nicht mehr Sicherheit. Das würde im Gegenteil eine Unsicherheitsphase für kleinere Schulen mit sich bringen. Wir können doch nicht die Augen davor verschließen, dass im letzten Jahrzehnt von Jahr zu Jahr immer weniger Schülerinnen und Schüler unsere Schulen besuchten und dass wir auch in Zukunft nach allen Prognosen mit einem Rückgang der Schülerzahlen rechnen müssen. Die Zahlen können Sie der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der GRÜNEN entnehmen. Die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler seit dem Schuljahr 2003 bis heute entspricht einem Rückgang von 118.876 auf 91.748 Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen insgesamt. Bis zum Schuljahr 2020/21 wird in der Antwort ein weiterer Rückgang auf rund 82.600 prognostiziert. Wer jetzt auch noch bereit ist, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir im Saarland 63 Gemeinschaftsschulen und 35 Gymnasien in öffentlicher Trägerschaft haben, dem muss doch klar sein, dass eine wohnortnahe Schule gesichert ist!
Nicht alle Standorte werden bei rückläufiger Schülerzahl als selbstständige Standorte erhalten bleiben können, das aber völlig unabhängig davon, wie lange die Frist für eine mögliche Profilschärfung ist. Klar ist, der Jamaika-Entwurf, der nie Gesetz wurde, sah eine Frist von fünf Jahren vor. Den Schulen wäre nach meiner Auffassung aber damit nicht geholfen.
Der damalige Bildungsminister hatte 2011 die Diskussion geführt, die er heute auch als Oppositionspolitiker führt, aber eigentlich wollte er die Diskussion nur auf die Zeit nach der nächsten Landtagswahl verschieben.
Darüber haben wir uns ja auch schon unterhalten. Die Große Koalition war aber 2012 bereit, mit ihrem Schulordnungsgesetz die Diskussion transparent
Wenn ein Standort das Kriterium 220 Schülerinnen und Schüler erheblich unterschreitet, wie zum Beispiel Bous - Bous wurde bereits in der Pressemitteilung von Klaus Kessler genannt -, wo es zurzeit 148 Schülerinnen und Schüler gibt, dann wird dieser Standort auch mit einer Profilschärfung die Mindestzahl nur sehr, sehr schwer erreichen.
Für das Kriterium der Mindestzahl gibt es einen guten Grund. § 9 Abs. 1 des Schulordnungsgesetzes besagt, dass Schulen eine Größe haben sollen, die eine fruchtbare Unterrichts- und Erziehungsarbeit gewährleistet, eine Differenzierung des Unterrichts erlaubt und einen zweckmäßigen und wirtschaftlichen Einsatz von personellen und sächlichen Mitteln sichert. Dies ist die Definition für geordneten Schulbetrieb. Schülerinnen und Schüler an Schulen, die erheblich von der Mindestschülerzahl abweichen, würden benachteiligt werden. Eine Entfaltung individueller Interessen, Begabungen und Befähigungen der Schülerinnen und Schüler zum Beispiel durch ein Angebot im Wahlpflichtbereich wäre nur eingeschränkt möglich. Das kann nicht im Interesse der Schülerinnen und Schüler sein. Einerseits dürfen Schulchancen nicht vom Schulweg abhängen, das ist ganz klar, sie dürfen aber auch nicht davon abhängen, wie viele Schülerinnen und Schüler die Schule besuchen. Die Schülerzahl ist für eine Schule nur sehr begrenzt steuerbar, sei es in zwei oder in fünf Jahren. Im Ergebnis würde damit - ich wiederhole es - nur die Zeit der Unsicherheit verlängert. Das kann weder im Interesse von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern noch im Interesse der Schulträger sein.
Ich fasse zusammen. Insgesamt fünf Schulen erfüllen in den Schuljahren 2013/2014 und 2014/2015 sowie nach Prognosen auch in den weiteren Schuljahren die Kriterien zur Aufrechterhaltung des geordneten Schulbetriebes nicht. Zurzeit führen Bildungsministerium und Schulträger Gespräche über eine einvernehmliche Lösung, wie sie auch die Novelle des Schulordnungsgesetzes vorsieht. Abgeschlossen sind diese Gespräche noch nicht. Letztendlich wäre als Alternative die Weiterführung der Schulen unter Kostenbeteiligung der Kreise möglich. Wenn man die Diskussion auf weitere Standorte ausweitet, die nach den Prognosen die Kriterien zur Aufrechterhaltung nicht erfüllen werden - das kann man ebenfalls der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der GRÜNEN entnehmen -, so ist auch klar, dass sich durch die Aufgabe eines Standortes Schülerströme verändern werden. Die Aufgabe eines Standortes führt automatisch zur Stabilisierung des Nachbarstandortes.
Meine Damen und Herren, wir werden den Gesetzentwurf aus den genannten Gründen ablehnen. Wir sind der Auffassung, dass wir mit der Novelle des Schulordnungsgesetzes vom Juni 2012 die richtige Entscheidung auch im Interesse von Schülerinnen und Schülern, von Lehrerinnen und Lehrern, aber auch im Interesse der Schulträger getroffen haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute darüber, ein Gesetz zu ändern, das in der derzeit geltenden Fassung nicht aus grauer Vorzeit stammt, sondern das bereits in dieser Legislaturperiode geändert wurde. Das war ganz zu Beginn, es handelt sich um die Landtagsdrucksache 15/23. Die Protagonisten sind im Wesentlichen dieselben. Frau Rink hatte noch nicht das Wort, aber ich denke, sie hat sich ebenfalls gemeldet. Es gibt eine Ausnahme: Da die Kollegin Maurer heute krank ist, muss ich sie vertreten. Ansonsten sind die Protagonisten dieselben. Es ist interessant, das Protokoll dieser Sitzung zu lesen. Es stehen dort Begriffe wie „potenzielles Schulschließungsgesetz“. Dieser Begriff stammt vom Kollegen Ulrich. Auch die Kollegin Spaniol hat von potenziellen Schulschließungen gesprochen.
Das Protokoll vermerkt an dieser Stelle ein Kopfschütteln des damals wie heute zuständigen Ministers Ulrich Commerçon. Ich halte es mittlerweile für einen Pawlowschen Reflex, den man mit dem Amt erbt. Jemand sagt „Schulschließung“ und der jeweils zuständige Bildungsminister reagiert mit Kopfschütteln.
Herr Commerçon, seitdem sind nicht - wie Kollegin Spaniol sagte - zwei Jahre, sondern eher zweieinhalb Jahre vergangen. Jetzt ist es so, dass wieder der Begriff der Schulschließung im Raum steht. Das geht nicht auf irgendeinen paranoiden Verschwörungstheoretiker zurück, sondern fußt auf einer Antwort der Landesregierung. Sie werden vermutlich Verständnis dafür haben, dass man sich als Opposition schon Sorgen macht, wenn in einer Antwort der Landesregierung 5 respektive 16 Schulen als von Schließung bedroht dargestellt werden. Wir hatten schon damals für die Fünfjahresregelung plädiert. Es gelten derzeit die besagten zwei Jahre. Das hat die Kollegin Spaniol bereits ausgeführt. Ich will es
nicht wiederholen, möchte aber einen anderen Aspekt hineinbringen. Die Gemeinschaftsschule gibt es nicht schon seit Jahrzehnten. Sie braucht eine gewisse Zeit, um sich zu bewähren. Gerade im Saarland, wo jeder jeden kennt, geht viel über Mund-zu-Mund-Propaganda. Man fragt in der Nachbarschaft: Auf welchen Schulen waren eure Kinder? Welche Schule könnt ihr empfehlen? - Eine Schule, die es erst wenige Jahre gibt, kann auf diesem Wege keine Empfehlung kriegen. Das ist einfach ein Problem.
Die Schule braucht also eine gewisse Zeit, um sich zu bewähren. Diese Zeit hatte noch keine einzige Gemeinschaftsschule. Deshalb halten wir einen Fünfjahreszeitraum gewissermaßen als Bewährungsfrist für das Mindeste.