Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie. Die Angelegenheiten, die von vornherein nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids sein können, sind abschließend in Absatz 4 des § 24 a KSVG aufgezählt.
In der Begründung zu § 24 a KSVG, der mit dem Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften Drucksache 11/675 am 03. April 1996 von der saarländischen Landesregierung in den Landtag eingebracht worden ist, hieß es - Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis aus dem Gesetzentwurf der Regierung Lafontaine -: „Die in Absatz 4 aufgestellten Angelegenheiten können nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids sein, weil sie entweder aus Rechtsgründen von vornherein einer Bürgerentscheidung entzogen sind oder weil eine bürgerschaftliche Mitwirkung ihrer Natur nach oder aus ordnungspolitischen Gründen nicht zweckmäßig ist.“
(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Merken Sie sich einmal, ich habe das nicht persönlich gemacht. Es gab 25 Leute, die das gemacht haben. Das hat das Kommunalreferat im Innenministerium gemacht und so entschieden.)
Herr Lafontaine, auch wenn das Kommunalreferat das so gemacht hat - Sie sind Politiker, Sie können sich darüber hinwegsetzen und frei und selbstständig entscheiden! Aber Sie haben das damals eingebracht und sich zu eigen gemacht.
(Teilweise Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Ich? - Abg. Spaniol (DIE LINKE): Das war die SPD-Landesregierung.)
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind seit 1997 demnach über folgende Bereiche unzulässig: die innere Organisation der Gemeindeverwaltung, die Rechtsverhältnisse der für die Gemeinde ehrenoder hauptamtlich Tätigen, die Haushaltssatzung, Wirtschaftspläne, das Haushaltssicherungskonzept sowie die kommunalen Abgaben, den Jahresabschluss, die Entlastung des Bürgermeisters und der Beigeordneten, Planfeststellungsverfahren oder förmliche Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung, die Aufstellung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen, Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten, Angelegenheiten, für die der Gemeinderat und damit die Gemeinde keine Zuständigkeit hat, Anträge, die ein gesetzeswidriges Ziel verfolgen, und Angelegenheiten, über die innerhalb der letzten beiden Jahre bereits ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist.
Meine Damen und Herren, ich habe dies deshalb aufgezählt, um einfach mal deutlich zu machen, dass das Kernbereich dessen ist, was nach Auffassung der Regierung Lafontaine aus übergeordnetem
(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Der Mehrheit des saarländischen Landtages! Argumentieren Sie vernünftig!)
Nun, achtzehn Jahre später beantragt die DIE LINKE-Landtagsfraktion und ihr Fraktionsvorsitzender Oskar Lafontaine die Änderung derselben Themenbereiche. Warum der Gesetzentwurf? Die Anfrage der Abgeordneten Schramm und Georgi vom 05.06.2013 thematisierte hauptsächlich die Windkraftanlagen und verband Windkraft mit den Rechtsgrundlagen von Bürgerentscheiden. Bei der Begründung zum heutigen Gesetzentwurf verfährt DIE LINKE-Landtagsfraktion ähnlich.
Es ist vor Ort in den Kommunen gewiss nicht immer einfach, mit der Windkraft umzugehen. Ich habe Verständnis dafür, dass Bürgerinnen und Bürger sich damit schwertun. Wir erfahren auch immer wieder, dass im Hinblick auf die optische Wirkung der Windräder die Gesamthöhe und die Entfernung der Windenergieanlage entscheidend sind für Zustimmung und Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger. Unsere Kommunen haben sich dieser schwierigen Aufgabe gestellt. In geordneten Verfahren, die eine breite Beteiligung der Bevölkerung und eine interkommunale Abstimmung gewährleisten, versuchen sie in oftmals schwierigen Einzelfällen, durch umfangreiche Abwägung zu angemessenen Ergebnissen zu kommen.
Herr Lafontaine, warum wollen Sie dann im Kommunalrecht Bürgerentscheide pauschal zulassen, und zwar nicht nur für den Ausbau der Windkraft, sondern für sämtliche Vorhaben, für deren Zulassung ein Planfeststellungsverfahren oder ein förmliches Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist, für sämtliche Bauleitpläne, ihre Aufstellung, ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung? Warum gibt es denn keinen Bürgerentscheid bei Bauleitplänen? Weil eine vielschichtige Entscheidung wie die Aufstellung eines Bauleitplanes, die eine umfassende Berücksichtigung einer Vielzahl von Belangen erfordert, nicht stark verkürzten Fragestellungen in einem Bürgerentscheid überlassen werden soll. Bei einer Entscheidung über einen Bauleitplan sind komplexe Abwägungsprozesse erforderlich und es ist deshalb angemessen und zweckmäßig, diese dem Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorzubehalten.
Bei der Verkürzung auf eine Ja-Nein-Fragestellung kann eben nicht gewährleistet werden, dass die Vielzahl der zu berücksichtigenden öffentlichen und pri
vaten Interessen angemessen abgewogen wird. Ein Bürgerentscheid mit seiner mit Ja und Nein zu beantwortenden Frage beinhaltet bereits eine konkrete Planungsentscheidung, die kein Eingehen mehr auf berührte Belange etwa durch Kompromisse, Ausgleichsmaßnahmen oder Planänderungen ermöglicht.
Diese Bedenken spielen übrigens auch eine Rolle in den Bundesländern, die entsprechende Ausschlusstatbestände nicht kennen. Auch dort stellt sich die Frage, wie sich Vorentscheidungen in Bürgerentscheiden mit den Anforderungen etwa des § 1 Abs. 7 Baugesetzbuch vereinbaren lassen. Dieser verlangt bundesweit bei der Aufstellung der Bauleitpläne, dass öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Im Übrigen sind Bürgerentscheide, die unmittelbar die Aufstellung eines Bauleitplanes mit einem bestimmten Inhalt verfolgen, mit dem Abwägungsgebot des § 2 Abs. 3 Baugesetzbuch nicht vereinbar. Dieser schreibt vor, dass bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, zu ermitteln und zu bewerten sind. So viel zu den Bauleitplänen.
Aber warum kein Bürgerentscheid bei Planfeststellungsverfahren und Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung? Diese förmlichen Verfahren finden immer mit Beteiligung der Bürger statt. Eine durch Bürgerentscheid herbeigeführte gegenläufige Entscheidung ist daher nicht zielführend. Zwei Bürgerbeteiligungen, die sich widersprechen, wären kontraproduktiv. Die hier vorgetragene Gesetzesänderung beschränkt sich auch nicht nur auf Windkraftanlagen. Sie betrifft zugleich den Ausbau der Stromnetze, der volkswirtschaftlich zwingend erforderlich ist, wenn wir das gesamtstaatliche Ziel der Energiewende erreichen wollen.
Bei Planfeststellungsverfahren reden wir eben nicht nur vom Ausbau der Windkraft, sondern von allen Netzen - von Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmetrassen. Wir reden auch von Straßen nach dem Bundesfernstraßengesetz, von Bahnlinien und Wasserstraßen wie der Saar. Wir reden auch in diesem Zusammenhang von Flughäfen. Der Standort Saarland braucht den Flughafen Saarbrücken. Die Initiative „Flughafen erhalten - Infrastruktur sichern" ist genau der richtige Ansatz und ein wichtiges Bekenntnis im Interesse unseres Landes.
Sehr geehrter Herr Lafontaine, der Gesetzentwurf Ihrer Fraktion betrifft jegliche Infrastrukturmaßnahme in unserem dicht besiedelten Industrie- und Energieland Saarland, zum Beispiel auch den Masterplan Industrieflächen, also jene wenigen Industrieflächen im Land, an denen überhaupt noch größere Ansiedlungen erfolgen können. So viel zu den Gründen, warum das im Negativkatalog steht.
Die Grundvorstellung der CDU im Hinblick auf das Verhältnis des Bürgers zu seiner Gemeinde orientiert sich am Bild eines aktiven Bürgers, der an Entscheidungen beteiligt ist, der eingebunden ist, der Entscheidungen mitträgt. Wir sind aber genauso der Auffassung, dass die plebiszitären Elemente direkter Bürgerbeteiligung die gewählten kommunalen Gremien nicht von ihrer Verantwortung entbinden können. Es darf nicht dazu kommen, dass volkswirtschaftlich notwendige Maßnahmen, zum Beispiel der Netzausbau für die Energiewende, nicht mehr gewährleistet werden können. Neben Rechtsgründen sind es daher auch ordnungspolitische Gründe, die uns an dem bestehenden Negativkatalog, den die Regierung Lafontaine eingeführt hat, festhalten lassen.
Wir befinden uns hier in einem Spannungsverhältnis Basisdemokratie und Handlungsfähigkeit des Staates sowie im Spannungsverhältnis Basisdemokratie und repräsentative Demokratie. Nach meiner festen Überzeugung darf es auch in Zukunft nicht zu einer scheibchenweisen Aushöhlung der repräsentativen Demokratie kommen.
Der Gemeinderat darf nicht in seiner Stellung als das zur Entscheidung und Verantwortung berufene Gremium geschwächt werden. Wir sollten unsere mehr als 5.000 kommunalen Mandatsträger in den Orts- und Gemeinderäten in ihrer Verantwortung für die grundlegenden Angelegenheiten, die sie für unser Gemeinwesen und eine faire und solidarische Gesellschaft freiwillig und ehrenamtlich übernehmen, stärken und nicht schwächen. Dieses Engagement auf kommunaler Ebene ist auch ein großer Wert für unser Land und muss in unseren Entscheidungen ebenso Berücksichtigung finden.
Meine Damen und Herren, diese Landesregierung ist eine kommunalfreundliche Landesregierung. Demokratie ist immer schwierig und es lohnt sich, täglich für sie zu kämpfen. Wir treten deshalb aus Überzeugung ein für eine starke kommunale Selbstverantwortung und für einen unverzichtbaren Kernbereich repräsentativer Demokratie auch auf kommunaler Ebene. Unseren Gemeinden mit ihren vielfältigen komplexen Planungs- und Gestaltungsaufgaben im dicht besiedelten Industrie- und Energieland Saarland werden Sie mit diesem Gesetzentwurf nicht gerecht. Deshalb lehnt ihn die CDU-Landtagsfraktion ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim vorliegenden Gesetzentwurf geht es grundsätzlich um mehr Bürgerbeteiligung. Das ist etwas, wo man normalerweise die PIRATEN mit im Boot hat. Bei dem, was jetzt gesagt wurde, kann ich mich bei mehreren Punkten durchaus anschließen, zum Beispiel wenn es um den Negativkatalog geht. Da gebe ich Ihnen insofern recht, als dass es in den Ländern, in denen der Negativkatalog nicht so groß ist wie hier, mehr Bürgerentscheide gibt. Ich kann mich auch anschließen, dass man den Negativkatalog durchaus mal genauer überprüfen sollte. Ob das dann auf das hier vorgestellte Ergebnis hinausläuft, wage ich zu bezweifeln, aber man sollte den durchaus mal überprüfen. Auch gegen entsprechende Informationsveranstaltungen sage ich nichts, das ist eine unserer Forderungen und genau der Transparenzteil, für den wir nun mal stehen.
Leider gibt es bei dem Gesetzentwurf eine deutliche Diskrepanz zwischen dem eigentlichen Gesetzentwurf und der Begründung. Darauf möchte ich jetzt eingehen, Teile davon hat auch Herr Gläser schon angesprochen. Sie haben das am Beispiel mit den erneuerbaren Energien festgemacht. Es hätte so viele so schöne Beispiele gegeben, und die erneuerbaren Energien sind gerade kein gutes. Ich möchte selbst mal ein Beispiel nennen, die Neubausiedlung am Franzenbrunnen in Saarbrücken, wo es auch eine Bürgerinitiative gibt, die dagegen mobil macht. Dem hat auch die Saarbrücker Zeitung am 05. Februar 2014 einen Artikel gewidmet und ein Interview geführt mit Professor Michael Voigtländer vom Institut für deutsche Wirtschaft in Köln. Die Schlagzeile sagt schon alles: „Für Neubaugebiete braucht es gute Gründe.“ In Zeiten mit immer größeren Leerständen ist es durchaus fraglich, wie sinnvoll es ist, ein Neubaugebiet zu bauen. Das ist eine Sache, bei der es möglich wäre, einen Bürgerentscheid durchzuführen, wenn man eben genau diesen Ausnahmetatbestand herausnimmt, so wie in ihrem Gesetzentwurf. Das wäre ein meines Erachtens durchaus gutes Beispiel gewesen. Die Windenergie ist gerade nicht geeignet, denn da haben wir ein Problem. Sie würden sich wundern, wie viele Bürgerinnen und Bürger für erneuerbare Energien sind.
Es geht dann um das Sankt-Florians-Prinzip, dass viele für erneuerbare Energien wären, aber eben nicht vor der eigenen Haustür. Genau das möchte ich nicht noch befüttern.
Deshalb möchte ich die Sache herausgreifen, die schon Herr Gläser genannt hat, nämlich, dass ein Bürgerentscheid nur eine Ja-Nein-Entscheidung sein kann. Es kann dort keine Abwägung zwischen
verschiedenen Interessen geben, also denen von Bürgern, die gegen Windräder sind, von Bauern, die feststellen, dass sie mehr Gewinn machen, wenn sie ein Windrad aufstellen, anstatt irgendetwas anzubauen, vor allem in Zeiten, in denen Milch teilweise billiger ist als Wasser, und den Interessen des Landes, das nun einmal bei der Umsetzung der Energiewende voll involviert ist. Eine solche Abwägung kann dort nicht stattfinden. Es kann nur eine JaNein-Entscheidung herbeigeführt werden. So, wie Sie es dargestellt haben, ist es eine Ja-Nein-Entscheidung mit dem Ziel, dass Bürger bei sich ein Windrad ablehnen können. Damit haben wir genau den Fall des Sankt-Florians-Prinzips: Insgesamt will man die Energiewende, aber in jedem einzelnen Ort lehnt der Ort das Windrad vor seiner Tür dann ab. So etwas können wir nicht befürworten.
Jetzt gibt es allerdings eine andere Erkenntnis dazu. In dem Moment nämlich, in dem man die Bürger nicht nur bei der Entscheidung beteiligt, sondern im Falle von Windrädern auch monetär - dass sie also am Gewinn der Stromerzeugung aus der Windkraft beteiligt werden -, sind sie dann plötzlich dafür, dann funktioniert es. Dafür gibt es mehrere Beispiele. An der Stelle muss ich gerade Ihnen als Fraktion DIE LINKE sagen: Die Forderung nach monetärer Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ist eine, die Ihrer Fraktion gar nicht so schlecht zu Gesicht stünde. Man könnte das mit Ihrer Fraktion durchaus in Verbindung bringen. Aber nein, genau das fordern Sie eben nicht.
(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Doch. Alle Bürger sind beteiligt, nur die sozial Schwachen sind am schlimmsten monetär beteiligt. Das sollte Ihnen zu denken geben.)
Dementsprechend muss ich sagen: Es gibt zwei stabile Zustände. Es gibt den Status quo mit wenig Bürgerbeteiligung. Den halten wir selbst für nicht erstrebenswert. Deshalb möchten wir auch davon weg. Es gibt den zweiten stabilen Zustand, indem man die Leute eben nicht nur bezüglich Mitspracherecht beteiligt, sondern auch monetär. Dahin wollen wir. Aber Sie gehen eben nur den halben Weg. Genau das führt in den instabilen Zustand, den ich schon mehrfach genannt habe: Eine Mehrheit der Bevölkerung ist für die Energiewende, aber die einzelnen Projekte werden dann doch durch Bürgerentscheide abgelehnt. Dementsprechend können wir dem nicht zustimmen. Wenn Sie so etwas machen wollen, dann gehen Sie bitte den ganzen Weg. Dann sind wir dabei, aber so nicht. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stehe heute nicht zum ersten Mal am Rednerpult, wie mancher andere hier auch, und rede über Bürgerbeteiligung und Volksbegehren. Ich darf daran erinnern, dass wir als GRÜNE es waren, die dieses Thema recht intensiv auf die Agenda dieses Parlamentes gesetzt haben, nämlich während unserer Regierungsbeteiligung im Jahr 2009. Es ist damals mit Unterstützung der Christdemokraten, die sich damit lange schwergetan haben, und mithilfe der beiden damaligen Oppositionsparteien gelungen, Volksentscheide überhaupt in die saarländische Verfassung aufzunehmen. Ich glaube, 2010 haben wir es gemacht. Jetzt kann man überhaupt einmal davon reden, dass wir hier die Möglichkeit eines Volksentscheids haben, weil das, was wir an gesetzgeberischen Möglichkeiten hatten, äußerst bescheiden war; es hat uns an den Schluss der bundesweiten Debatte katapultiert. Es ist ein wenig besser geworden, leider Gottes noch lange nicht so, wie es eigentlich sein sollte.
Natürlich haben Bürgerentscheide im Saarland trotz der problematischen Gesetzgebung eine gewisse Tradition. Im bekanntesten Fall, Sie kennen ihn alle, hat ein Bürgerentscheid eine Industrieanlage verhindert - keine, die Ihnen so unbedingt gegen die politische Linie geht, Herr Lafontaine -, nämlich das Kraftwerk in Ensdorf. Dort gab es einen Bürgerentscheid, bei dem sich 70 Prozent der Bevölkerung in einem Ort gegen ein Kohlegroßkraftwerk ausgesprochen haben. Herr Lafontaine, ich glaube aber, dass es Ihnen bei Ihrem Vorstoß nicht um Kohlegroßkraftwerke geht.
Insofern ist es im Redebeitrag des Kollegen von der CDU gar nicht so verkehrt gewesen, Sie einmal daran zu erinnern, was Sie in Ihrer Regierungszeit gemacht haben. Sie haben nämlich genau an dieser Problematik nicht das Geringste geändert. Sie haben es gar nicht angepackt. Sie haben nicht einmal versucht es anzupacken. Jedenfalls mir - ich bin schon lange Mitglied dieses Hauses - ist das nicht in Erinnerung. Es war nie in der Debatte, aber jetzt ist es in der Debatte.
Es ist eine sehr durchschaubare Debatte, das ist auch schon angesprochen worden. Ich will es aufgreifen. Worum geht es Ihnen eigentlich? Es geht doch nur darum, erneut eine populistische Strömung aufzugreifen und ein neues Argument gegen Windkraftanlagen ins Feld zu führen. Das ist doch Ihr Ziel.
(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Das ist doch Schwachsinn! Wirklich, das ist das Allerletzte! Sprechen bei der LINKEN.)
Ihnen geht es nicht wirklich um Volksbegehren und Bürgerabstimmungen, denn dann hätten Sie das Ganze anders und viel früher angepackt. Ich hätte mich gefreut, wenn es in Ihrer Regierungszeit Abstimmungen in diesem Land über Kohlekraftwerke und andere Großprojekte gegeben hätte, bei denen es vor Ort immer viel Widerstand gab und die Leute nichts dagegen machen konnten. Herr Lafontaine, da kommen Sie mit Ihrem Vorstoß verdammt spät. Aus diesem Grunde haben wir damit unser Problem, obwohl wir - das will ich ganz klar dazusagen - vom Grundsatz her auch der Meinung sind, dass die Gesetzgebung an dieser Stelle überarbeitet werden muss, insbesondere auf der kommunalen Ebene. Diese beiden Dinge darf man nicht vermischen.
Ich will ein Beispiel nennen. Wir hatten bei uns in der Kreisstadt Saarlouis in den Jahren 2006 und 2007 ein Volksbegehren zum Erhalt unseres dortigen Schwimmbads initiiert. Das hat große Zustimmung gefunden. Die notwendigen Unterschriften, sogar die doppelte oder dreifache Anzahl, kamen zustande. Die Stadtverwaltung, damals mit einer Großen Koalition, und Oberbürgermeister Roland Henz - so viel zum Umgang des Saarlouiser Oberbürgermeisters mit Bürgerbegehren - haben mit fadenscheinigen Begründungen verhindert, dass es zu einer Volksabstimmung kam. Man ging vor Gericht. Die Bürgerinitiative bekam in der ersten Instanz recht und nicht recht in der zweiten Instanz. Damit war das gestorben.
Gegenstand des Streitpunktes war damals, wie die Gegenfinanzierung gemacht werden soll. Das ist also eine andere Problemstellung als bei Bauleitplänen. An solchen Stellen müsste man nachbessern. Dort müsste man ansetzen. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Vorstoß der LINKEN zunächst einmal in den Ausschuss überwiesen werden sollte, damit man einmal über solche Punkte diskutieren kann. Wir sind aber nicht mit der eigentlichen Zielrichtung der LINKEN einverstanden, nämlich nur eine Windkraftverhinderungsgesetzgebung zu schaffen. Darum geht es. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. Wir werden weder ablehnen noch zustimmen, weil wir - das sage ich ganz offen hin und her gerissen sind.