Protocol of the Session on March 19, 2014

schauen müssen. Der große Punkt Seniorenbeirat, Seniorenbeauftragte ist natürlich auch für uns ein Herzensthema. Wir hatten selbst bereits einen entsprechenden Antrag im Plenum gestellt, der damals abgelehnt wurde. Auch da möchten wir uns in den Ausschussberatungen genau anschauen, wie die Ausgestaltung sein kann, welche sinnvolle Ausgestaltung vor Ort möglich ist, um die älteren Menschen in diesen Entscheidungsprozess einzubinden.

Kritisch sehen wir die Änderungen bezüglich des Überschuldungsverbotes, Herr Kollege Bierbaum hat es eben ausführlich dargestellt. Das Problem ist, wenn eine Gemeinde nicht über auskömmliche Mittel verfügt, dann kann man noch so viel an den Spielräumen ändern, es kommt trotzdem nicht zu einem runden Paket. Wir sehen momentan auch die Gefahr, dass mit der Einführung des Sanierungshaushaltes bei den Gemeinden der Druck wächst, sich quasi vom Tafelsilber zu trennen, um dieser Eigenkapitalisierung entgegenzukommen und Privatisierungen einzugehen, die vielleicht nicht im Sinne des Bürgers sind, aber dazu führen könnten, dass es in den Bilanzen besser aussieht. Das halten wir aufgrund der Kürze der Zeit für diesen Antrag für sehr kritisch. Wir werden uns der weiteren Beratung im Ausschuss nicht verschließen, werden uns aber jetzt in Erster Lesung enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion der GRÜNEN Herr Abgeordneter Klaus Kessler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorab zu sagen, wir werden dem Gesetzentwurf heute in Erster Lesung zustimmen und in den weiteren Beratungen im zuständigen Ausschuss entsprechende Änderungsvorschläge machen.

Einige Anmerkungen zum Gesetzentwurf, zum Sanierungshaushalt. Mit dem vorliegenden Entwurf soll das Instrument des Sanierungshaushaltes neu eingeführt werden. Es ist richtig, dass einigen Gemeinden, bei denen die Überschuldung bevorsteht, die Möglichkeit eingeräumt wird, langfristig dieser Überschuldung zu entfliehen. Richtig ist auch, dass am grundsätzlichen Überschuldungsverbot festgehalten wird. Allerdings sind wir skeptisch, ob mit dem neu eingeführten Instrument des Sanierungshaushaltes wirklich ein substanzieller Fortschritt für die Gemeinden erreicht wird.

Es war eben die Rede von dem Kommunalen Entlastungsfonds KELF. Wir haben immer gesagt, dieser sei ein Tropfen auf den heißen Stein. Dabei bleiben wir, er nützt relativ wenig. Wir erinnern auch daran,

dass die Umsetzung des KELF nach den Auflagen des Stabilitätsrates gesetzlich vollkommen neu geregelt werden muss. Ursächlich für die missliche Lage der Kommunen sind eigentlich die immer weiter steigenden Sozialausgaben und natürlich auch die zunehmenden Aufgabenüberweisungen aus dem Bund. Insofern bin ich dem Kollegen Jung dankbar, dass er mit Blick auf die Große Koalition im Bund darauf hingewiesen hat, dass zumindest die im Koalitionsvertrag zugesagte Übergangsmilliarde ab dem Jahr 2014 bis zu einer Neuregelung der Eingliederungshilfe endlich in den Haushalt eingestellt werden muss. Meines Wissens ist das noch nicht passiert. Diese Milliarde Euro darf für die Übergangszeit in diesem Jahr keineswegs mit der bereits von Schwarz-Gelb beschlossenen Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund verrechnet werden. Das geht gar nicht. Ich bitte die Landesregierung, entsprechenden Druck auf den Bund auszuüben.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ich komme zum zweiten Bereich, das sind die besseren Beteiligungsmöglichkeiten. Wir sind dafür, Senioren und behinderte Menschen besser zu beteiligen und die Beteiligungsmöglichkeiten auszuweisen. Wir werden im Ausschuss aber auch auf bessere, erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche sowie für Migranten bestehen. Bei den Migranten wollen wir eine Soll-Regelung anstatt der bisher formulierten Kann-Regelung. Für Jugendbeiräte gibt es bislang überhaupt keine Regelung, wir werden Vorschläge in diese Richtung machen. Es ist völlig klar, dass wir auch dafür sind, dass Arbeitnehmer in der Verwaltung als Ortsvorsteher entsprechend gewählt werden können. In diesem Punkt gibt es wohl keinen Dissens.

Den letzten Punkt, die Beteiligung der Kommunen an Projekten der erneuerbaren Energien, also eine Erweiterung der wirtschaftlichen Beteiligungsmöglichkeiten der Kommunen, kommentiere ich mal so: Die Große Koalition hat sich bewegt! Wir sind erfreut, dass in diese Richtung zumindest eine kleine Bewegung hineinkommt, um Gemeindeverbänden oder Kooperationen die Möglichkeit einzuräumen, in den Ausbau der erneuerbaren Energien im Sinne einer wirtschaftlichen Betätigung zu investieren. Im Gesetzentwurf sind natürlich typische Kompromissformulierungen zwischen CDU und SPD erkennbar. Das ist ihr gutes Recht, aber es ist auch unser gutes Recht, an dieser Stelle zu sagen, wir werden weitere Vorschläge im zuständigen Ausschuss machen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hier ist relativ mutlos, dies geht uns eigentlich nicht weit genug! Wir wollen eine Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen in Projekte der erneuerbaren Energien nicht nur für die Landkreise, sondern auch für einzelne Kommunen

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

möglich machen. Hierzu muss man § 108 im KSVG ändern, ob Sie das jetzt einsehen oder nicht; die Debatte ist noch zu führen. Auch da haben Gespräche mit dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindetag gezeigt, dass diese Verbände das im Grundsatz auch für richtig halten.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Wir brauchen echte Möglichkeiten zur Umsetzung der dezentralen Energieversorgung in den Kommunen. Dazu werden wir entsprechende Vorschläge im Ausschuss machen. Wir stimmen aber heute dem Gesetzentwurf in Erster Lesung zu, weil er ein kleiner Fortschritt gegenüber der bisherigen Regelung ist, und freuen uns auf die weiteren Beratungen im zuständigen Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/819 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Sport ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/819 in Erster Lesung einstimmig angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der GRÜNEN, bei Enthaltung der LINKEN und der PIRATEN.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit treten wir in die Mittagspause ein. Ich unterbreche unsere Sitzung für eine Stunde, wir treffen uns wieder um 13.00 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Appetit.

(Die Sitzung wird von 12.02 Uhr bis 13.02 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, noch eine Ergänzung zu heute Morgen, zu Punkt 12 der Tagesordnung, der Nachwahl für die Vertreterversammlung der Arbeitskammer. Durch ein Versehen wurde ein früherer Wahlvorschlag als Drucksache 15/828 ausgegeben. Den aktuellen Wahlvorschlag des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit finden Sie als Drucksache 15/828 - neu - auf Ihren Plätzen vor.

Wir fahren nun fort und kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes (KSVG) - Bürgerentscheid bei Planfeststellungsverfahren und Bauleitplänen (Druck- sache 15/818)

Zur Begründung erteile ich Frau Abgeordneter Dagmar Ensch-Engel das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bürger würden gerne mitentscheiden. So hat eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung ergeben, dass 78 Prozent der Bevölkerung für direkte Beteiligungsformen wie Volksbegehren oder Volksentscheide sind. Für Bürgerentscheide und Bürgerbegehren für bedeutsame Infrastrukturmaßnahmen, wie etwa Bauprojekte, sind 68 Prozent. Lediglich 29 Prozent haben keinerlei Interesse an diesen Abstimmungen.

Diese Entwicklung und die Forderungen der Bevölkerung wurden durchweg von den politischen Parteien wahrgenommen und thematisiert. Alle, so scheint es, sind für mehr Bürgerrechte und Mitbestimmung. Allein mangelt es an der Umsetzung. Ein bedeutendes Beispiel für Fehlentscheidungen am Bürger vorbei ist wohl Stuttgart 21. Ein Bürgerentscheid vor Beginn der Baumaßnahmen hätte zu weniger Protesten und Verzögerungen geführt, weniger Ärger und Kosten verursacht.

Seit 1997, mit Änderungsgesetz vom 23. April, wurden im Saarland Bürgerbegehren und Bürgerentscheide als zentrales Element direkter demokratischer Mitwirkungsformen in das Kommunalselbstverwaltungsgesetz aufgenommen. Anstelle des Gemeinderates könnten hierdurch die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde in Sachfragen über wichtige kommunal- und landespolitische Themen unmittelbar entscheiden.

Das Eingreifen beziehungsweise Mitwirken von Bürgerinnen und Bürgern ist jedoch alles andere als einfach. Im Saarland wie auch in den übrigen Bundesländern existiert ein Negativkatalog an solchen Themen, für die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide unzulässig sind. Der Negativkatalog für das Saarland findet sich im § 21 a Abs. 4 des KSVG. Die Hürden liegen hier hoch.

Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, was spricht dagegen, unsere Mitbürger mitbestimmen zu lassen? Warum sollen unsere Mitbürger nicht mit mehr Kompetenz ausgestattet werden? Warum sollen sie nicht maßgeblich über die Gestaltung ihres Lebensraumes mitentscheiden sollen? Eigentlich sollten wir

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

das unseren Bürgern zugestehen, ihnen diese Freiheit gewähren. Das müsste eigentlich ganz selbstverständlich sein.

Wie wissenschaftliche Studien belegen, ist die Anwendungshäufigkeit von Bürgerentscheiden beziehungsweise Bürgerbegehren in den Bundesländern am höchsten, die den Negativkatalog möglichst gering halten. In Bayern beispielsweise sowie mit Einschränkungen auch in Hessen sind Bürgerentscheide zu Bauleitplanungen und Planfeststellungsverfahren möglich, also in den Bereichen, die, sofern nach dem jeweiligen Landesrecht zulässig, hauptsächlich durchgeführt werden.

Um den Bedürfnissen der Bürger vor Ort Rechnung zu tragen, muss dieses direktdemokratische Verfahren auf kommunaler Ebene gestärkt werden und das Planfeststellungsverfahren muss vom Negativkatalog gestrichen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der CDU-Politiker Heiner Geißler hat kürzlich festgestellt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: „Basta-Politik von oben nach unten und vor allem nach rein ökonomischen Gesichtspunkten funktioniert nicht mehr!" Nach dem bisherigen Recht kommt der Bürger nicht mehr ausreichend zu Wort. Heiner Geißler bezieht sich hierbei hauptsächlich auf Großmaßnahmen, die die Energiewende betreffen, und warnt davor, die Bedenken und Proteste der Bürger zu ignorieren. Ich kann seine Aussagen in vielen Punkten nur begrüßen und unterstreichen. Man kann Projekte in dieser Art nur mit Akzeptanz der Bevölkerung durchsetzen.

(Beifall von der LINKEN.)

Wenn ich mich recht erinnere, liebe Kolleginnen und Kollegen, waren wir uns bei dem Punkt Akzeptanz alle einmal einig. Unser heutiger Antrag betrifft auch die Belange von Bürgerinnen und Bürgern, die mit Standorten von Windrädern nicht einverstanden sind. An vielen Orten fehlt nämlich gerade die Akzeptanz. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auf die Vorkommnisse in Blieskastel hinweisen, wo offensichtlich nicht einmal mehr das Votum des Rates berücksichtigt wurde.

(Minister Jost: Sie reden Unsinn! Das ist absolu- ter Unsinn!)

Das können Sie uns ja gleich darstellen, Herr Minister, kein Problem. Wir hören uns das gerne an.

Herr Minister, Zwischenrufe von der Regierungsbank sind nicht erlaubt.

(Große Heiterkeit. - Beifall von den Oppositions- fraktionen. - Abg. Meiser (CDU) : Das hast du ja so gewollt! - Abg. Pauluhn (SPD): Das hast du jetzt davon!)

Empörte Bürger gründen Bürgerinitiativen -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das Mikrofon geht nicht! - Weitere Zurufe: Mikrofon! - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Alles noch einmal herunterfahren und neu starten! Bitte alles noch einmal von vorne, wir haben es nicht gehört. - Heiterkeit.)

Bei dir ist mir das klar: Du hast Probleme mit dem Infraschall, dann hört man nicht mehr gut.

(Heiterkeit. - Vereinzelt Beifall bei der LINKEN und den Regierungsfraktionen.)

Empörte Bürger gründen Bürgerinitiativen und wehren sich. Viele würden es begrüßen, in ausreichendem Maße gehört zu werden und ein Mitspracherecht zu erhalten. Wir jedenfalls sehen keinen Sinn darin, solche wichtigen Entscheidungen am Bürger vorbei treffen zu wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können unter Umständen auch unangenehm sein. Das ist mir klar. In erster Linie aber sorgen sie für Transparenz und mehr Bürgernähe. Deshalb sollten sie stets mit entsprechenden Infoveranstaltungen begleitet werden. So wird Politik mit Sicherheit auch für unsere Mitbürger wieder wichtig und glaubwürdig. Alle reden von mehr gelebter Demokratie. Heute haben wir alle die Möglichkeit, den Weg für mehr Demokratie zu öffnen. Ich bitte um Zustimmung für unseren Gesetzentwurf und Überweisung an den zuständigen Ausschuss. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Christian Gläser von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich auf das eingehen, was die Kollegin gesagt hat. Heiner Geißler hat ein mehrstufiges gesetzlich geregeltes Beteiligungsverfahren auf Bundesebene vorgeschlagen und fordert vom Bundesumweltministerium außerhalb des bisherigen Bau- und Planungsrechts eine Gesetzesnovelle. Das ist etwas völlig anderes als das, was Sie in Ihrem Gesetzesantrag vorgeschlagen haben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. La- fontaine (DIE LINKE) : Was soll denn das?)

Herr Lafontaine, ich trage es vor, dann verstehen Sie das. Um Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Verantwortung der Gemeinde einzubeziehen, eröffnet unsere saarländische Gemeindeordnung die

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) )