Protocol of the Session on May 4, 2010

Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Oppositionsführer - oder einer der beiden oder wer auch immer, zumindest war es der Fraktionsvorsitzende der SPD - hat eben zu Herrn Ulrich gesagt, in der Regierungsverantwortung könne man doch nicht etwas anderes sagen als vorher in einer anderen Funktion, und hat Wahrhaftigkeit und Verantwortlichkeit beschworen. Die SPD wird natürlich immer dasselbe sagen, egal in welcher Position sie sich befindet.

Jahrelang hat man uns gesagt, der Bergbau ist unverzichtbar in diesem Land, die Landesregierung macht den Bergbau platt, wie kann man nach dem Erdbeben so reagieren und den Bergbau in einem Feld stilllegen? Die SPD hat kurz vor der Wahl noch ein bisschen die Kurve gekriegt. Aber auch DIE LINKE hat nach der Wahl festgestellt, ach Gott, es gibt Verträge und sehr wahrscheinlich können wir doch nichts mehr ändern! Vor der Wahl ist man noch vor die Bergleute getreten und hat den dicken Max gemacht! Ist das Wahrhaftigkeit? Ist das Ehrlichkeit? Ist das Verantwortlichkeit? Ist das womöglich in Vorbereitung auf die Regierung anderes Handeln als in der Opposition?

(Zurufe und Sprechen bei den Oppositionspartei- en.)

Als ob Sie vorher die Verträge nicht gekannt hätten!

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Ihr habt die Leute beschissen, die Bergleute!)

Herr Linsler, die Verträge waren Ihnen vor der Wahl bekannt und dennoch sind Sie vor die Leute getreten und haben gesagt, bei uns bleibt die Grube auf!

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Die Wähler haben Ihnen die Quittung gegeben!)

So ein Unsinn, Sie haben sich gegenüber Ihren Wählern unverantwortlich verhalten.

(Beifall bei den Regierungsparteien. - Anhaltende Zurufe von der LINKEN.)

Heute stellt sich zum Beispiel bei Jagdthemen die SPD vor die Jäger und tut so, als wäre sie die Vertreterin der Jagdrechte. Frau Rehlinger lässt sich dort beklatschen. Ich frage die SPD-Fraktion: Ist man plötzlich doch für die Ausbildung des Jagdhundes an der lebenden Ente? Ist man vielleicht doch für die Fallenjagd? Sie tun vor den Jägern so, als ob die Jamaika-Regierung schrecklich wäre. Hat sich an den SPD-Positionen irgendetwas geändert, gilt dort immer noch der Tierschutz oder sagt man das einfach nicht mehr?

(Abg. Rehlinger (SPD) : Wie ist das mit den Jägern, werden sie aus Führungspositionen entfernt?)

Vor der Wahl hat Herr Braun hier Gesetze eingebracht, um an den Schulen ein Rauchverbot zu erlassen. Es konnte gar nicht weit genug gehen. Die SPD hat verlangt, dass man das Ganze auf Spielplätze ausdehnt. Uns ist vorgeworfen worden, wir hätten viel zu laxe Gesetze in allen Bereichen. Frau Spaniol hat sich hier echauffiert.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Was habe ich gemacht?)

Nach der Wahl machen wir ein Rauchverbot, und auf einmal war unser Gesetz vorher ganz hervorragend! Vor der Wahl haben Sie längeres gemeinsames Lernen verlangt. Herr Braun hat uns x-mal vorgehalten: „Wir wollen ein Zwei-Säulen-Modell!“ Jetzt setzen Sie sich vor Demonstrationszüge und warnen vor G 7. Sie warnen jetzt davor, dass das Gymnasium beschädigt werden könnte. Erzählen Sie uns bitte nichts von Wahrhaftigkeit und Verantwortlichkeit, und ob man vor einer Wahl so und nach einer Wahl anders redet.

(Beifall von den Regierungsparteien.)

Sie haben eben gesagt, wir bräuchten dann die Opposition, wenn wir unpopuläre Entscheidungen treffen würden. Ich kann Ihnen aus der Vergangenheit

(Abg. Maas (SPD) )

nur sagen, in der letzten Legislaturperiode haben wir, wie allgemein bekannt, alleine regiert. Bei aller unterschiedlicher Bewertung der Maßnahmen, die wir damals ergriffen haben - auch unter den jetzigen Koalitionspartnern -, die mussten wir ganz alleine durchziehen und haben auch dafür gestanden. Wir haben uns prügeln lassen für die Kürzungen im öffentlichen Dienst, beim Weihnachtsgeld der Beamten, bei der 40-Stunden-Woche. Wir haben das Blindengeld gekürzt, es gab Demonstrationszüge wegen Kürzungen beim Staatstheater, wir haben Grundschulen schließen müssen, wir haben den Wassercent wieder eingeführt und haben Studiengebühren eingeführt. Man kann diese Maßnahmen bewerten, wie man will, aber man kann uns wirklich nicht vorwerfen, dass wir nicht zu unseren Maßnahmen gestanden und nicht die Verantwortlichkeit besessen hätten, diese alleine durchzuziehen. Dafür haben wir auch damals keine Opposition gebraucht! Wegducken tun wir uns nicht!

(Beifall von der CDU.)

Wir haben jetzt eine Haushaltsstrukturkommission angeboten, es geht dabei nicht um Wegducken oder Verwischen von Verantwortlichkeiten; Entscheidungen werden hier im Parlament getroffen. Es muss angesichts der Lage, die wir im Land haben, zumindest den Versuch gemacht werden, eine Gemeinsamkeit herzustellen, Strukturen umzukrempeln, mit Hilfe wissenschaftlicher Begleitung zu untersuchen, wo noch Potenziale sind, sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite. Das Angebot steht, ich bin dankbar, dass die SPD-Fraktion es angenommen hat.

Herr Lafontaine hat gesagt, man könnte auf der Ausgabenseite gar nichts tun. Dann frage ich mich, warum während seiner Regierungszeit Versuche unternommen worden sind, auch auf der Ausgabenseite zu sparen? Selbstverständlich muss immer die Ausgabenseite in den Blick genommen werden, obwohl wir wissen, dass damit alleine der Haushalt nicht saniert werden kann. Selbstverständlich, das hat der Ministerpräsident eben schon gesagt, müssen wir auch die Einnahmenseite in den Blick nehmen. Soweit es um Steuern geht, hat es in der Vergangenheit Zustimmungen des Saarlandes nicht nur zu Steuersenkungen, sondern auch zu Steuererhöhungen gegeben.

Nehmen wir einmal das Stichwort Reichensteuer, so populistisch es auch ist. Dem hat das Saarland zugestimmt. Auch bei der Schließung von Steuerschlupflöchern - ich nenne ein paar Dinge wie Schiffsbaubeteiligungen oder Abbau der degressiven AfA im Mietwohnungsbau - hat das Saarland überall zugestimmt. Bei unpopulären Maßnahmen wie der Mehrwertsteuererhöhung hat das Saarland überall zugestimmt. Es ist nicht so, als hätten wir in den letzten zehn Jahren nur eine Folge von Steuer

senkungen gehabt, es gab auch ganz unpopuläre Beschlüsse auf Bundesebene, denen sich das Saarland im Bundesrat gestellt hat und wo es seiner Verantwortung gerecht geworden ist. Nur kann man an der Steuerschraube nicht unendlich drehen. Es ist richtig, wir müssen über eine Beteiligung derjenigen reden, die die Krise mitverantwortet haben. Dazu gehören solche Themen wie Bankenabgabe, die wir national regeln wollen. Dazu gehören auch Dinge wie eine Börsenumsatzsteuer, die meines Erachtens nur europaweit Sinn macht. Aber über diese Dinge kann man reden oder diskutieren.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das hat der Ministerpräsident alles schon erzählt. Etwas Neues jetzt!)

Ich sage Ihnen jetzt noch etwas. Man kann sogar über das Thema Vermögenssteuer diskutieren, man muss nur eines wissen: Wenn man sie einführt, hat man einen Riesenerhebungsaufwand, weil alles Vermögen in dieser Republik neu bewertet werden muss.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Das sagt der Bund der Steuerzahler schon seit 20 Jahren.)

Zweitens. Wenn man die Kleinen und die Häuslebauer schonen will, dann braucht man große Freibeträge. Wenn man nur die wirklich Reichen packen will, dann bekommt man vielleicht einen symbolischen Beitrag zusammen, aber keinen Beitrag, der ernsthaft den saarländischen Haushalt auch nur ansatzweise sanieren könnte.

Ein wesentlicher Punkt, wo wir über Einnahmen reden, ist der, wie wir möglichst schnell wieder zu Zuständen kommen, wie wir sie vor der Krise hatten, nämlich in der Wirtschaftskraft. Dass das etwas bewirkt und mit Einnahmen zu tun hat, zeigt doch die Tatsache, dass wir zu wirtschaftlich guten Zeiten, im Jahr 2007, hier im Land nur 380 Millionen Euro Neuverschuldung hatten. Wir haben doch in der Zwischenzeit nicht die Ausgaben um etwa 700 Millionen Euro gesteigert, sodass wir jetzt auf diesen Haushalt und diese Neuverschuldung kommen, uns sind doch die Steuereinnahmen weggebrochen! Das zeigt, selbst ohne Steuererhöhungen und ohne Steuersenkungen ist ein unendlich großer Spielraum vorhanden je nachdem, wie die Wirtschaft sich entwickelt. Deshalb muss es uns allen gemeinsam gelingen, dass wir wieder zu Verhältnissen kommen, wie wir sie vor der Krise hatten, deutschlandweit und auch im Saarland.

Dieser Verantwortung, dort Impulse zu setzen, stellt sich auch und gerade dieser Haushalt. Sie sagen, es liegen von uns keine Vorschläge vor. Unser Vorschlag ist dieser Haushalt und was sich darin wiederfindet. Dieser Haushalt setzt Akzente. Er setzt Akzente an der Universität, an den Hochschulen und an den Forschungsinstituten. Ich nenne einmal als Stichworte das Helmholtz-Institut, das neu dazuge

(Abg. Schmitt (CDU) )

kommen ist und finanziert werden muss, die Erweiterungsbauten, die an der Universität stattfinden, die zusätzlichen Mittel, die wir in den Bereich Klimaschutz investieren. Auch die kommen letztendlich Unternehmen und der Wirtschaft und damit Arbeitnehmern zugute. Ich nenne das Thema Bildung, wo wir zusätzlich investieren und das Land zusätzlich attraktiv machen.

Die Wahrheit ist, wir haben in diesem Haushalt mehr Lehrerstellen als im letzten. Wir haben immer noch weitaus mehr Lehrerstellen im Haushalt als zum Ende der Regierungszeit von der SPD und Herrn Lafontaine. So viel zum Thema der Bildungskompetenz der LINKEN und der SPD.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir müssen also Rahmenbedingungen verbessern, damit wir wieder zu gesunden wirtschaftlichen Strukturen und damit auch zu vernünftigen Haushalten kommen. Das wird uns nicht von heute auf morgen gelingen. Das kann das Saarland nicht alleine bewältigen. Aber die Zahlen und die Unterschiede, die ich eben genannt habe, beweisen, wie wichtig es ist, dass wir durch bessere Wirtschaftskraft wieder unsere Einnahmesituation verbessern. Dazu gehört es, dass wir die Krise überwinden.

Bei allen negativen Zahlen, die Herr Maas eben vorgelesen hat, halten sich die Arbeitslosenzahlen im Moment recht stabil. Ich will nicht sagen, dass jeder Arbeitslose nicht einer zu viel wäre. Aber wir liegen im Moment unter 40.000. Das waren zu weniger krisenhaften Zeiten schon deutlich mehr. Das heißt, die Anstrengungen, die auf Bundes- und auf Landesebene getätigt worden sind, um die Krise zu bewältigen und Arbeitsplätze zu sichern, greifen. Sie beginnen zu greifen. Wir haben die Krise noch nicht überwunden, aber sie beginnen zu greifen.

In dieser Situation wäre es deswegen falsch gewesen, einen rigorosen Sparhaushalt mit Einsparungen von mehreren 100 Millionen Euro vorzulegen, weil wir dann der Krise hinterhergespart hätten. Auch das muss einfach anerkannt werden. Das ist in allen anderen Bundesländern und im Bund genauso gelaufen. Wir haben in diesem Haushalt gesagt, wir können noch nicht so rigoros sparen. Wir müssen Akzente setzen und investieren, damit wir aus der Krise möglichst zügig herauskommen. Selbstverständlich wird sich das in Zukunft in diesem Ausmaß so nicht fortsetzen lassen. Ab nächstem Jahr wird die Schuldenbremse greifen. Dann werden noch härtere Maßnahmen auf uns zukommen. Aber in der jetzigen Situation, für diesen Haushalt waren es die richtigen Maßnahmen und für diesen Haushalt haben wir die richtigen Vorschläge gemacht.

Sie sagen, wir hätten noch keine Vorschläge für die Zukunft auf dem Tisch liegen. Es wird einen Haushaltsplanentwurf für 2011 geben, den wir noch in

diesem Jahr beraten, und es wird eine Haushaltsstrukturkommission geben, die zu diesem Zwecke zusammenkommen soll. Dort wird es Vorschläge geben, dort werden Vorschläge erarbeitet werden. Zur rechten Zeit, zur nächsten Haushaltsberatung, werden wir diese mit Ihnen diskutieren können. Wenn Sie sagen, es muss gespart werden, bin ich heute schon gespannt, wie Sie sich künftig gegenüber Sparmaßnahmen verhalten werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Professor Dr. Heinz Biermann.

(Zurufe: Bierbaum. - Abg. Lafontaine (DIE LIN- KE) : Biermann war ein anderer. Der singt.)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Bierbaum.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich will jetzt nicht einsteigen mit Philosophie über meinen Namen. Ich glaube, das kann schon einmal passieren. Das nehme ich nicht weiter krumm. Gehen wir auf die inhaltlichen Dinge ein. Zunächst möchte ich mit dem Thema Griechenland beginnen. Herr Ministerpräsident, ich kann vielem zustimmen, was Sie gesagt haben. Auch wir, DIE LINKE, sind der Auffassung, dass etwas getan werden muss. Oskar Lafontaine hat es deutlich formuliert, dass das eine europäische Angelegenheit ist. Ganz wichtig ist uns, dass an dieser Sanierungsmaßnahme in jedem Fall auch der Finanzsektor zu beteiligen ist. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Ich freue mich, dass Sie sich auch in diese Richtung geäußert haben.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE.)

Es gibt allerdings zwei Punkte, die ich etwas anders sehe, und wo ich andere Akzente habe. Das eine ist das Thema internationale Verabredung. Natürlich brauchen wir internationale Verabredungen. Aber der Kollege Maas hat meines Erachtens zu Recht darauf hingewiesen, dass wir europäische Lösungen brauchen, dass wir uns nicht immer dahinter verstecken können, dass das international notwendig sei, zumal die Bundesrepublik Deutschland auch auf der internationalen Ebene nicht unmaßgeblich ist, sondern zu denjenigen gehört, die internationale Rahmenbedingungen mitgestalten. Deswegen hat die bundesdeutsche Regierung eine besondere Verantwortung in dieser Hinsicht.

Der zweite Punkt. Sie haben davon gesprochen, der Stabilitätspakt müsste verschärft werden. Ich glaube nicht, dass das der eigentliche Ansatzpunkt ist. Das Problem ist ein anderes. Das Problem ist die hohe

(Abg. Schmitt (CDU) )

Exportorientierung der Bundesrepublik Deutschland. Das hat natürlich auch etwas mit der Lohnpolitik und mit dem faktischen Lohndumping zu tun. Auch das muss verändert werden. Natürlich wird die deutsche Wirtschaft vom Export abhängen. Aber so, wie sie gegenwärtig vom Export abhängt, ist es eindeutig zu viel und stellt ein Defizit der deutschen wirtschaftlichen Entwicklung dar. Das heißt, wir müssen etwas tun, um die Binnennachfrage zu stärken. Wir brauchen eine andere Einkommenspolitik. Wir brauchen den Kampf gegen prekäre Arbeit. Deswegen ist beispielsweise die Einführung eines Mindestlohns wirtschaftspolitisch notwendig.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Dann, Herr Ministerpräsident, haben Sie auf die Zinssteuerquote verwiesen. Bei solchen Dingen muss man natürlich immer etwas aufpassen und die absoluten Zahlen berücksichtigen. Da sollten Sie sich einmal mit der Zinsentwicklung befassen, da sieht das schon etwas anders aus. Ansonsten lieben Sie sehr die Zahlen. Sie stellen sie immer wieder heraus. Ich habe nichts dagegen, wenn wir auf gute Dinge verweisen können. Aber zum Beispiel mit dem Arbeitsmarkt spielt uns die Statistik doch oft einen Streich, weil wir nämlich die Arbeitsmarktzahlen von heute und von vor 10 Jahren überhaupt nicht miteinander vergleichen können. Nicht wegen der stillen Reserve, sondern weil sich das arbeitsmarktpolitische Konzept und die Statistik verändert haben. Das muss man mit berücksichtigen. Wenn die Zahlen wirklich so gut wären und wirklich eine so gute Realität widerspiegeln würden, dann frage ich mich, warum das beim Wähler nicht so angekommen ist und warum Sie bei der letzten Wahl 13 Prozent weniger bekommen haben.