Protocol of the Session on May 4, 2010

Allein die Auslagerung von Sondervermögen und Schattenhaushalten wird in diesem Jahr - Kreditermächtigungen von Landesbetrieben eingerechnet eine Größenordnung von fast 600 Millionen Euro erreichen. Der nunmehr zu beratende Haushalt, den wir morgen aller Voraussicht nach verabschieden werden, ist jedoch schon jetzt Makulatur, denn wir werden im Laufe dieser Woche eine Steuerschätzung vorgelegt bekommen - an der einen oder anderen Stelle ist sie ja bereits in den Medien zur Kenntnis gebracht worden -, der zufolge die für die kommenden Jahre ursprünglich erwarteten Steuermehreinnahmen jetzt schon abgeschrieben werden können, was beispielsweise dazu führt, dass die zu erwartenden Strukturdefizite im Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung noch größer sein werden. Ich sage ganz bewusst: Wir stehen hier vor einem Abgrund, und das, was man sieht, lässt einen mehr als schwindlig werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Die Hilflosigkeit, die Perspektivlosigkeit, aber auch die Untätigkeit der Landesregierung unter Ministerpräsident Müller in der Vergangenheit rächen sich jetzt. Ab 2011 werden jährliche strukturelle Einsparungen in einer Größenordnung von 80 Millionen Euro fällig. Das strukturelle Defizit, das es abzubauen gilt, liegt bei 800 Millionen Euro. Nach Aussage

(Abg. Jost (SPD) )

des Finanzministers - das macht die ganze Dramatik deutlich - liegt das disponible Volumen, wenn man so will, also das, was wir im Haushalt selbst gestalten können, bei gerade einmal 400 Millionen Euro. Dies macht deutlich, vor welch einer Herausforderung wir stehen. Es geht nicht mehr darum, das eine oder andere Pölsterchen Fett, das man auf den Rippen hat, wegzuschneiden, sondern es geht hier wirklich um einen Einschnitt bis auf die Knochen. Ich erwarte, dass man im Haushalt auf das, was auf das Land zukommt, Antworten gibt, statt nebulöse Taktiken wie Auslagerung von Schattenhaushalten und so weiter anzuwenden. Der vorliegende Haushalt ist nichts anderes als Makulatur und soll die wahre Situation verschleiern.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben keine Antwort auf die Einsparungen, die das Land in den kommenden Jahren zu erbringen hat. Stattdessen gibt es Sondervermögen und Ausgliederungen aus dem Haushalt. Man muss sich das allein am Konjunkturstabilisierungsfonds noch einmal deutlich machen. Dieser Fonds, der im laufenden Jahr aufgelegt wird, hat ein eigenständiges Kreditvolumen von bis zu 300 Millionen Euro. Er ist zeitlich nicht befristet, das heißt, er wird in den kommenden zehn Jahren für das Land zusätzliche Kreditvolumen von bis zu 3 Milliarden Euro mit sich bringen - und dies nur gerechnet für den Fall, dass sich die wirtschaftliche Situation unseres Landes nicht noch einmal aus welchen Gründen auch immer verschlechtert. Das ist die Wahrheit in diesem Land. Wir sprechen dann über zusätzliche Milliardenverschuldungen außerhalb des regulären Haushalts. Das ist aus meiner Sicht so nicht hinzunehmen. Es ist eine Verschleierung der wirklichen Lage unseres Landes und letztendlich auch der Versuch, seine Bevölkerung an der Nase herumzuführen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Diese zusätzlichen Verschuldungsrahmen müssen ja irgendwann zurückgeführt werden - sollte man meinen. Wenn man sich jedoch ansieht, was im Haushalt steht und wie diese zusätzlichen Milliardenkredite außerhalb des Haushalts zurückgeführt werden sollen, dann findet man keine Antworten. Es heißt lediglich, dass mit der Tilgung ab 2015 begonnen werden soll. In welcher Größenordnung, in welchem Rahmen, dazu steht nichts. Das Einzige, was als sehr ambitioniertes Ziel - um es einmal vorsichtig auszudrücken - festgestellt werden kann, ist, dass ab dem Jahr 2020 die dann zu erwartenden Haushaltsüberschüsse des Landes zur Hälfte in den Konjunkturstabilisierungsfonds eingezahlt werden. Ich hoffe ja inständig, dass wir tatsächlich zu einer solchen Situation kommen, aber es ist doch etwas nebulös und vage formuliert. Eine geordnete Finanzund Wirtschaftspolitik in einem Haushaltsnotlage

land sieht anders aus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist so wirklich nicht hinnehmbar.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wenn man ein Haushaltsnotlageland ist, wenn man schon dazu übergehen muss, aus dem regulären Haushalt Kreditvolumina in Milliardenhöhe auszugliedern, dann sollte man eigentlich meinen, dass man mit den vorhandenen Mitteln vernünftig umgeht und sparsam haushaltet. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Da wird nach dem Motto gelebt: Wir versaufen unser’ Oma ihr klein Häuschen.

Es ist wohl völlig egal, was danach kommt. Eine neue Regierung wird gebildet. Anstatt sparsam zu sein, werden neue Staatssekretärsstellen und neue Ministerien gebildet. Insbesondere im höheren Dienst werden den neuen Ministerien im Dutzend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugeführt. Das ist alles andere als einer Haushaltsnotlage geschuldet. Das ist Geld verprasst und rausgeschmissen, wo das Land das Geld doch an anderer Stelle dringend braucht. So macht man sich unglaubwürdig.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Es wird darauf hingewiesen, dass man an anderer Stelle spart und nur noch jede dritte frei werdende Stelle neu besetzt. Es nutzt aber nichts, wenn man zum Beispiel in der B 8 neue Staatssekretäre oder in der B 4 oder B 5 Abteilungsleiter einstellt, auf der anderen Seite aber nur ein oder zwei Stellen in A 8 oder A 9 weggestrichen werden. Unter dem Strich sind das zusätzliche Belastungen. Man glaubt, man könne den Leuten ein X für ein U vormachen. Man verdummbeutelt die Leute. Das ist das Letzte, was wir in diesem Land brauchen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Am Ende steht der völlige Ruin der Finanzen unseres Landes. Angesichts der Tatsache, dass wir zu Anfang der Regierungszeit von Ministerpräsident Müller das große Versprechen hatten, keine Hilfe von außen zu brauchen, dies sei unser Ziel, man wolle unabhängig sein -

(Zuruf von Ministerpräsident Müller.)

Nein, das hat Ministerpräsident Müller in seiner Regierungserklärung 1999 gesagt. Herr Müller, von dem, was Sie früher einmal als Aufsteigerland bezeichnet haben, ist mittlerweile nur noch das Aufschneiderland übrig geblieben. Ich bin gerne bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie sich davon absetzen wollen.

(Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Ihre Art, Politik zu machen, das Davonlaufen, die Tatsache, dass Sie sich vor der Verantwortung drücken und dass Sie nirgends mehr sind, außer es

(Abg. Jost (SPD) )

kommt irgendein Botschafter, ist alles andere als das, was das Land braucht. Machen Sie endlich das, wofür Sie bezahlt werden! Werden Sie als Ministerpräsident aktiv, damit dieses Land tatsächlich wieder Hoffnung auf eine Perspektive hat. Was Sie machen, ist nichts anderes, als das Land hängen zu lassen. Das ist das Letzte, was wir brauchen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Es rächt sich auch die Hemmungslosigkeit Ihrer Politik der letzten Jahre gegenüber den Städten und Gemeinden. Nachher wird der eine oder andere bestimmt sagen, der Städte- und Gemeindetag habe erklärt, es sei ein kommunalfreundlicher Landeshaushalt.

(Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Das hat kein Bürgermeister der SPD gesagt, sondern das hat „Käptn Iglo“ aus Völklingen, Herr Lorig, gesagt.

(Lachen und Beifall bei den Oppositionsfraktio- nen.)

Er ist Ihr Vormann für wirtschaftliche Betätigung, der nun glaubt, mit Ihrer Genehmigung einen wirtschaftlichen Quatsch ruinöser Art für die Stadt Völklingen auf den Weg bringen zu müssen. Manchmal hat man wirklich den Eindruck, Ihnen ist völlig egal, was in diesem Land geschieht, mit welchen Mitteln und wie mit Ihrem Zutun die Städte und Gemeinden in diesem Land ruiniert werden.

Es ist schlimm genug, dass Sie den saarländischen Städten und Gemeinden in den letzten Jahren 300 Millionen Euro durch Sanierungsbeiträge aus der Tasche gezogen haben, mit der Folge, dass Sie denjenigen, die die Hauptstützen von öffentlichen Aufträgen waren und sind, das dringend benötigte Geld weggenommen haben, nur um es in Ihrem Haushalt versickern zu lassen. Denen sagen Sie jetzt auch noch, das habt ihr brav gemacht, aber wartet einmal ab, was im nächsten Jahr kommt. Genau das ist der Punkt, der auch beim Städte- und Gemeindetag mitschwingt. Wir warten einmal ab, aber wir haben größte Befürchtungen, was ab 2011 auf uns niederprasseln wird. Denn Sie haben durch Ihre desaströse Politik der letzten Jahre jedes Vertrauen bei den Städten und Gemeinden verspielt. Ich sage ganz bewusst, wer so schamlos wie Sie den Städten und Gemeinden in den letzten Jahren das Geld aus der Tasche gezogen hat, darf sich nicht wundern, wenn er an anderer Stelle nicht mehr als verantwortlicher Partner wahrgenommen wird. Das ist Ihr Problem.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Geld, das Sie den Städten und Gemeinden aus der Tasche gezogen haben, fehlt dort für Straßendeckensanierungen. Es fehlt für Schulen und Kin

dertagesstätten. Das hat mit dazu geführt, dass bei den kommunalen Finanzen mittlerweile die Kassenkredite zur Finanzierung laufender Ausgaben herangezogen werden. Allein 1,4 Milliarden Euro an Kassenkrediten sind bei den saarländischen Städten aufgelaufen. Im Vergleich zu allen anderen Bundesländern ist das die höchste Zahl. Allein daraus resultierend müssen jedes Jahr 100 Millionen nur an Zinsen gezahlt werden. Wer den Städten und Gemeinden so den Strick um den Hals gelegt hat, wie Sie das in den letzten Jahren getan haben, darf sich nicht wundern, dass sie keine Luft mehr bekommen. Auch das ist ein Stück traurige Wahrheit in diesem Land.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wir fordern Hilfe statt Tatenlosigkeit. Man kann nicht, wie Sie das in den vergangenen Jahren getan haben, auf Bundesebene mit dem Hinweis auf die kommunale Finanznot im Saarland die Hand aufhalten. Sie sind mit Geld aus Berlin zurückgekommen, nach dem Motto: Wir brauchen Geld, weil wir auch die kommunale Finanzsituation im Saarland verbessern müssen. Nachher hatten Sie aber nichts für die Kommunen übrig. Wir fordern deshalb ganz deutlich, dass wir auch die Kommunen an den Zinskostenhilfen beteiligen müssen. Alles andere wäre unredlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Bemerkungen machen. Die erste betrifft die Arbeit der Haushaltsstrukturkommission. Wir werden uns nächste Woche in der ersten Sitzung mit diesem Thema auseinandersetzen. Ich sage als Vorsitzender des Haushaltsausschusses, dass ich mich an der Kommissionsarbeit beteiligen werde. Ich sage aber auch, dass diese Haushaltsstrukturkommission nicht die Arbeit des Parlamentes ersetzen darf. Die Haushaltspolitik wird auch weiterhin im Parlament zu erledigen sein. Wer glaubt, eine Kommission dazwischenschieben zu können, um sich seiner Verantwortung zu entziehen, hat sich geschnitten. Dafür stehen wir nicht bereit und dafür geben wir unsere Arbeit und unseren Namen nicht her.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zu meinem zweiten Punkt. Beim Haushaltsbegleitgesetz ist das Thema des Erwerbs weiterer Anteile der SaarLB aufgeführt. Wir werden als Sozialdemokratie den Weg, den wir Anfang letzten Jahres gegangen sind, gemeinsam mit Ihnen zu Ende gehen, aber nicht in der Gewissheit, nachher zu einer eigenständigen, zu wie viel Prozent auch immer im Landesanteil befindlichen SaarLB zurückzukehren, sondern wir wollen weiterhin einen starken dritten Partner. Das soll unser Ziel sein. Dafür geben wir Ihnen die Hand und wollen gemeinsam daran arbeiten. Ich hoffe, es ist ein ehrlich gemeintes Angebot Ihrerseits, sodass wir das Ganze gemeinsam zum

(Abg. Jost (SPD) )

Wohle unseres Landes und der SaarLB zu Ende führen, besser als dies mit dem Landeshaushalt, den Sie vorgelegt haben, möglich ist. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verabschiedung des Haushalts 2010 unseres Landes steht unter schwierigen Rahmenbedingungen. Wir haben die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu verkraften und zu verarbeiten. Es ist unstreitig, dass wir bis zu Beginn dieser Krise in unserem Land auf einem guten Weg waren. Sie wissen, dass wir uns 2007 mit der Nettoneuverschuldung unter 400 Millionen Euro bewegt haben, mit der guten Hoffnung, dass sie sich bei einer Weiterentwicklung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes - wie damals geschehen - in Richtung null hätte bewegen können.

Das Ganze hatte auch seinen Niederschlag am Arbeitsmarkt. Ich will die alten Zahlen nicht mehr aufrufen. Es ist jedoch unstreitig, dass wir in der guten Phase eine Arbeitslosenzahl unter 40.000 erreicht haben. Das Jahr 2010 zeigt, dass der Arbeitsmarkt im Saarland stabil ist. Das ist sehr erfreulich. Wir hoffen alle, dass dies so bleibt. Auch derzeit bewegen wir uns immer noch unter 40.000. Seien wir jedoch so ehrlich zu sagen, dass niemand von uns sich gewundert hätte, wenn angesichts der Bankenund Finanzkrise die Arbeitslosigkeit massiv gestiegen wäre. Dort können wir also hoffen. Wir haben im Saarland zwar die Branchen, die am anfälligsten für die Krise sind, aber der Weg könnte zurück in die Erfolgsspur führen. Ich denke jedenfalls, das ist ein sehr gutes Zeichen für eine stabile Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt im Saarland.

Ein Zweites ist auch unstreitig. Der Kollege Jost dramatisiert hier die Finanzprobleme des Bundes und der Länder. Ich will nicht mit Statistiken arbeiten nach dem Motto „Alles nicht so schlimm“, aber bei der Frage, ob dieses Land genug tut oder ob wir Fehler machen, darf sicher der Vergleich gezogen werden. Da zeigt sich, dass der Bund mit über 80 Milliarden dabei ist - Hessen mal vier, SchleswigHolstein mal drei. Das heißt im Klartext, dass diese Krise und die damit verbundenen Probleme den Bund und alle Länder gleichermaßen erreicht haben.

Die Opposition mag es mir erlauben, einmal unter die Lupe zu nehmen, was bei diesem Haushalt an Änderungsanträgen in Richtung Sparvorschläge gekommen ist. Ich muss offen sagen: Substanziell nichts!

(Zuruf von der SPD: Wo sind denn eure Vor- schläge?)

Das nehme ich keineswegs negativ mit, sondern das nehme ich als positive Aussage dahingehend, dass die Landesregierung, dass die Fraktionen der Koalition offensichtlich die Maßnahmen, die denkbar und möglich sind, um Einsparungen zu erzielen, ergriffen haben.

(Beifall bei CDU und bei B 90/GRÜNE.)

Ich darf an der Stelle ein Weiteres würdigen. Die Mehrausgaben in Millionenhöhe, die an verschiedenen Stellen vorgeschlagen worden sind, waren - zumindest im Ausschuss, in der Vorlage für heute steht nichts mehr drin - insbesondere durch globale Minderausgaben in Millionenhöhe dargestellt.

(Abg. Jost (SPD) : 240 Millionen!)