Protocol of the Session on February 10, 2010

Wir reden hier also über ein Gesetz, das von den Wählerschaften aller Parteien breit getragen wird, das in der Breite der Wählerschaft gewollt ist. Dieses Ergebnis ist durchaus nachvollziehbar, wenn man sich die realen Zahlen in der Bevölkerung vor Augen hält: Wie viele Menschen rauchen? Wie viele Menschen rauchen nicht? - 75 Prozent aller Menschen in diesem Lande rauchen nun einmal nicht, nur 25 Prozent der Menschen in diesem Lande rauchen.

(Anhaltendes Sprechen.)

Das heißt aber auch - und das ist die positive Botschaft an alle Gastronomen; das wissen aber auch viele unter den Gastronomen -, dass der Pool der Menschen, die zusätzlich gastronomische Betriebe aufsuchen, wenn es ein Rauchverbot gibt, deutlich größer ist als der Pool der Menschen, die den gastronomischen Betrieben fernbleiben. Das entspricht auch der Erfahrung, die man in all jenen Ländern gemacht hat, in denen konsequente Rauchverbote eingeführt wurden. Nach einer gewissen Zeit plädiert übrigens auch die Masse der Raucher für ein Rauchverbot, aus ganz nachvollziehbaren Gründen. Das ist also nicht wirklich ein Problem.

Das wirkliche Problem, über das wir ernsthaft reden müssen, ist das Passivrauchen. Die diesbezüglich vorliegenden Zahlen sind ja wirklich erschreckend! Eine Zahl wurde schon genannt: Wir haben rund 3.300 Tote pro Jahr durch das Passivrauchen. - Dieser Wert bezieht sich allerdings nur auf das Passivrauchen im privaten Bereich. Noch nicht eingerechnet ist das Passivrauchen an der Arbeitsstätte, noch nicht eingerechnet ist auch das Passivrauchen

in der Kneipe. Die reale Zahl der durch das Passivrauchen verursachten Todesfälle ist also noch bedeutend höher.

Vergleichen wir einmal: Wir haben 4.500 Verkehrstote pro Jahr. Was tut das Land nicht alles dafür - zu Recht! -, um die Zahl der Verkehrstoten weiter einzudämmen! Aber bei diesem Thema, Frau Hoffmann-Bethscheider - und damit bin ich bei der etwas seltsamen Moral, die Sie in dieser Debatte an den Tag legen -, bei diesem Thema diskutieren wir darüber, ob es vielleicht hie und da zu einem Umsatzeinbruch kommen könnte.

(Zuruf des Abgeordneten Jost (SPD).)

Ich habe von Ihnen kein Wort gehört zu den Gesundheitsgefahren, kein Wort mit Blick auf die Menschen, die durch das Rauchen zu Tode kommen!

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Nicht? „Prävention ist der beste Nichtraucherschutz!“)

Frau Hoffmann-Bethscheider, hören Sie zu: Kein Wort zu den Menschen, die durch das Rauchen zu Tode kommen!

(Weitere Zurufe der Abgeordneten Hoffmann- Bethscheider (SPD) sowie des Abgeordneten Pauluhn (SPD). - Unruhe und Sprechen.)

Es gibt dazu einen interessanten Wert; den hat man mittlerweile festgestellt für viele Länder, in denen konsequente Rauchverbote bestehen: Binnen eines Jahres geht bei konsequentem Rauchverbot die Zahl der akuten Herzinfarkte um durchschnittlich 19 Prozent zurück. 19 Prozent nach einem Jahr!

(Weiterhin Unruhe und Sprechen.)

Das sind harte Argumente, die Sie einfach nicht hören wollen!

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Die werden sonstwo rauchen!)

Sie reden nur über irgendwelche Umsätze. Sie rechnen also Menschenleben gegen Umsätze!

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Das ist ja unglaublich!)

Liebe Frau Hoffmann-Bethscheider, so kann man diese Diskussion nicht führen! Es ist mehr als unredlich, so zu verfahren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Pauluhn (SPD) : Der ist nicht besser wie der Borger!)

Man muss ja auch mal die Menschen zu Wort kommen lassen,

(Minister Dr. Hartmann von der Regierungsbank: Dann seien Sie doch froh, dass er mit Ihnen nicht koalieren möchte! - Abg. Pauluhn (SPD) : Ja, das stimmt)

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

die professionell mit diesem Thema befasst sind. Das sind insbesondere die Mediziner aus den Krebsforschungszentren, nicht nur aus den Zentren in diesem Land, sondern auch aus den Zentren in anderen Ländern. Ich will einen bekannten Mann zitieren, nämlich Prof. Dr. Wiebel. Er ist der Vorsitzende des ärztlichen Arbeitskreises „Aktionsbündnis Nichtrauchen“. Er hat dieses Gesetz, das wir hier im Saarland vorgelegt haben, als zeitgemäß, zielführend, verhältnismäßig und vor allem auch als praxisnah bezeichnet. Vor allem hat er auch noch einmal deutlich gemacht, dass es keine ökonomischen Verluste verursachen wird. Auch das ist ein wichtiges Argument für dieses Gesetz!

Es ist zu erwarten, dass nach Einführung dieses Gesetzes auch im Saarland die Zahl der Krankenhausaufnahmen zurückgehen wird. Das Gesetz wird viele andere gesundheitliche Vorteile bringen.

Über einen Personenkreis haben wir noch gar nicht gesprochen: Was ist denn mit den in der Gastronomie Beschäftigten? Sie sind gezwungen, in Räumen zu arbeiten, in denen geraucht wird. Das ist nun einmal so! Dieser Aspekt wird völlig auf die Seite geschoben. Vor drei Jahren haben wir darüber noch intensiv diskutiert, und insbesondere haben auch die lieben Sozialdemokraten das so gesehen. Davon war heute auch kein Wort mehr zu hören! Es ist aber doch nun einmal ein großer Unterschied, ob ich mein Geld verdienen und deshalb an einen solchen Ort gehen muss oder ob ich freiwillig dorthin gehe.

Nur noch einen Satz - und damit komme ich auch zum Schluss - zu den abgegrenzten Nebenräumen. Gerade auch von der Opposition gab es die Vorschläge, das Rauchverbot doch grundsätzlich mit abgegrenzten Nebenräumen zu „garnieren“. Man hat aber leider festgestellt, dass diese „abgegrenzten Nebenräume“ tatsächlich gar keine abgegrenzten Nebenräume sind. Derjenige, der sich in der saarländischen gastronomischen Szene auskennt, weiß das auch. Gehen Sie doch mal auf dem St. Johanner Markt ins ORO! Dort gibt es einen solchen „abgegrenzten Nebenraum“. Die Tür steht aber immer offen! Die ganze Bude riecht nach Rauch! Und das ist nicht nur im ORO so, das ist in den allermeisten gastronomischen Betrieben im Saarland so, weil man sich nicht daran hält. Real bringen diese Räume also gar nichts.

Was würde es aber bedeuten, wenn sie richtig gehandhabt würden? Die Gastronomen müssten horrende Investitionen tätigen. Eine einfache Tür reicht eben nicht; man braucht vielmehr eine Schleuse, man braucht Ablufteinrichtungen und noch anderes. So viel Geld investiert kein Gastronom. So viel Geld kann auch gar kein Gastronom investieren! Es gibt ganz wenige Ausnahmen, die das gemacht haben. Also auch vor diesem Hintergrund ist es klug, dieses Gesetz konsequent ohne Ausnahmen zu machen.

Meine Redezeit ist leider zu Ende.

(Abg. Pauluhn (SPD) : Leider?)

Wir als GRÜNE stehen zu unserem Gesetzentwurf, wir halten ihn für richtig. Ich glaube, wir bringen hier einen Gesetzentwurf ein, der von der Mehrheit der Menschen im Saarland auch so gewollt wird. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Christian Schmitt, FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mir bleibt nur wenig Zeit. Trotzdem will ich sie nutzen, um zunächst auf den Brief zu sprechen zu kommen. Frau Hoffmann-Bethscheider, Sie haben den Brief hier gezeigt. Es ist wohl nicht zu leugnen, dass Herr Hartmann Wirtschaftsminister und FDP-Vorsitzender ist.

(Lachen bei der SPD.)

Er ist darüber hinaus noch Landtagsabgeordneter und Stellvertretender Ministerpräsident. Das darf er ja wohl noch erwähnen. Ich verstehe Ihr Verhalten hier überhaupt nicht.

Ich möchte auch noch auf den Inhalt des Briefes zu sprechen kommen. In dem Brief steht auch nichts Falsches drin.

(Lachen des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Da steht einfach drin, dass es kein Gesetz gibt. Hier steht: "Gesetzentwurf". Das ist ein Unterschied!

(Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Spre- chen.)

Dann wurde verhandelt, und es gibt einen Abänderungsantrag. Da hat er auch recht, denn wir haben da einiges hineinverhandelt, das können Sie sich anschauen. Sie müssen schon bei der Wahrheit bleiben. Sie legen das falsch aus. Sie legen es so aus, wie Sie es wollen. Das können Sie gern machen. Das interessiert hier aber niemanden. Die Mehrheit wird gegen Sie stimmen. Da können Sie machen, was Sie wollen!

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD). Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Commerçon, Sie können so laut schreien, wie Sie wollen. Das interessiert hier niemanden. Sie werden sowieso gleich verlieren. Akzeptieren Sie doch die Niederlage. Beweisen Sie Größe!

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD). Starke Unruhe. - Abgeordneter Pauluhn (SPD) tritt ans Saalmikrofon.)

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

Herr Abgeordneter, lassen sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Pauluhn zu?

Dann tut es mir leid, Herr Pauluhn.

(Lautes Sprechen bei der Opposition. - Zuruf der Abgeordneten Hoffmann-Bethscheider (SPD).)

Es ist definitiv so, dass es bei solch einem Vorhaben zu Kompromissen kommt. Wir haben eine Koalition, und eine Koalition besteht nun einmal aus Kompromissen. Die FDP hat hier Federn lassen müssen. Herr Lafontaine ist jetzt leider nicht da, sonst könnte er uns sagen, was er den GRÜNEN alles versprochen hat. Er sollte sich dazu äußern.

(Lachen bei der LINKEN. - Beifall von den Regie- rungsfraktionen. - Mehrere Zurufe von der Oppo- sition. - Sehr starke Unruhe.)

Er hat uns doch dazu getrieben! Wir hatten am Ende die Verantwortung für die Saarländer in dieser Frage. Wir haben größeren Schaden von den Saarländern abgewendet. Wir haben immerhin einen Bestands- und Vertrauensschutz in dieses Gesetz hineinverhandelt. Das können Sie ganz sicher nicht von der Hand weisen.