Protocol of the Session on November 18, 2009

Sie haben viel zum Thema Bildung gesagt. Das ist auch notwendig, weil Bildung das große Megathema ist. Das haben wir in den letzten zehn Jahren immer wieder gehört. Sie haben hier gesagt, dass in Zukunft Bildung unabhängig sein soll vom Geldbeutel der Eltern. Ich erinnere mich aber an die letzten zehn Jahre. Die Schulpolitik und die Bildungspolitik, die Sie gemacht haben - insbesondere aber nicht nur beim G 8 -, hat doch dazu geführt, dass die Nachhilfeinstitute aus dem Boden gesprossen sind. Viele Kinder mussten diese Nachhilfeinstitute besuchen, um die Defizite Ihres Bildungssystems auszugleichen. Und das führte zu dem Ergebnis, dass diejenigen, die sich das leisten konnten - egal ob sie intelligent oder fleißig waren -, das getan haben und diejenigen, die sich das nicht leisten konnten, davon ausgeschlossen waren. All das, was Sie hier angekündigt haben, ist allenfalls das Bekämpfen der Probleme, die Sie in den letzten zehn Jahren geschaffen haben. Und deshalb setze ich hinter alles ein

Fragezeichen. Auch in der Bildungspolitik sind Sie nicht sehr glaubwürdig.

(Beifall bei der SPD.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir orientieren uns bei all den bildungspolitischen Diskussionen, die es hier geben wird, an dem, was wir für richtig halten, an dem, was nach unserer Auffassung für die Schülerinnen und Schüler und die Kinder gut ist. Wir sind jetzt nicht plötzlich gegen Ganztagsschulen nur weil Sie sich dazu entschlossen haben, Ganztagsschulen einzurichten. Wir sind jetzt nicht für Studiengebühren, weil Sie sie abschaffen. Für uns gilt das, was wir vor der Wahl gesagt haben. Wir sind ja nicht die CDU! Und deshalb werden wir alle Initiativen, die es im Bildungsbereich gibt, kritisch aber auch konstruktiv begleiten.

Ich möchte noch etwas sagen zu einem Punkt, über den wir hier ja wohl reden müssen. Dies betrifft das Thema Verfassungsänderung. Wir sind auch für ein längeres gemeinsames Lernen. Wir waren es immer und sind früher von Ihnen dafür beschimpft worden: „sozialistischer Einheitsbrei“, „Gleichmacherei“, „Nivellierung zu Lasten aller Kinder“. - Jetzt geht das! Und deshalb ist das ein Thema, über das wir reden können - auch in Zusammenhang mit einer Verfassungsänderung. Aber ich sage Ihnen auch: Wir verstehen uns nicht als die Erfüllungsgehilfen Ihres Koalitionsvertrages. Wenn Sie uns als Verhandlungspartner ernst nehmen, werden wir über alles reden können. Ich sage Ihnen aber auch vorneweg: Die fünfjährige Grundschule, also die Verlängerung der gemeinsamen Lernphase um zwölf Monate, wird die erziehungswissenschaftlichen Effekte, die das längere gemeinsame Lernen hat, nicht ergeben. Dafür ist die Zeit zu kurz.

Meine Damen und Herren, Sie wollen eine Verfassungsänderung, bei der alle Schulformen aus der Verfassung herausgestrichen werden, etwas, was man für richtig halten kann. Trotzdem sollen aber über die Hintertür, nämlich über einen Briefwechsel wie das verfassungsrechtlich gehen soll, ist mir auch noch ein Rätsel -, die Gymnasien abgesichert werden. Das ist reichlich inkonsequent. Wir werden auf jeden Fall nichts mitmachen, wonach die Schullandschaft im Saarland so aufgeteilt wird, dass es anschließend Kinder erster Klasse und Kinder zweiter Klasse geben wird. Das wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei der SPD.)

Insofern sind wir gespannt auf die Diskussionen, die uns hier noch bevorstehen. Herrmann Hesse hat einmal geschrieben: „jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“.

(Lachen und Zurufe bei der SPD.)

Das sollte man eigentlich erwarten, wenn ein so einzigartiges modellhaftes Projekt wie diese Jamaika

(Abg. Maas (SPD) )

Koalition hier entsteht. Meine Damen und Herren, dieses Zitat stammt aus dem Gedicht „Stufen“. Ich würde nach Ihrer Regierungserklärung, Herr Müller, das Gedicht einfach gerne fortführen und eine andere Stelle zitieren. Sie lautet: „Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen“. - Schönen Dank!

(Anhaltender Beifall bei SPD und der LINKEN.)

Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDULandtagsfraktion hält den Koalitionsvertrag und als Ergebnis dessen die heutige Regierungserklärung für eine hervorragende Grundlage, um die Zukunft unseres Landes in den kommenden fünf Jahren positiv zu gestalten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir unterstützen ausdrücklich die in der Regierungserklärung formulierten Ziele. Wir wollen ein wirtschaftlich starkes Land - das ist natürlich wichtig für die Arbeitsplätze - und ein ökologisch vorbildliches und sozial gerechtes Land. Der Koalitionsvertrag ist eine faire Grundlage für eine Zusammenarbeit. Es gibt bei genauem Hinsehen keine Gewinner und keine Verlierer. Jede Partei hat ihre Identität gewahrt, ist in Grundsatzfragen nicht über die Grenzen dessen gegangen, was zumutbar ist. Ich will das Stichwort einer neuen Gemeinsamkeit aufgreifen. Heiko Maas hat es richtig formuliert. Koalitionen ohne Kompromisse gibt es nicht. Ich denke, es ist wichtig, wenn Kompromisse geschlossen werden, dass man daraus etwas Positives macht, nämlich die Chance ergreift, eine größere Gemeinsamkeit, eine größere gesellschaftliche Akzeptanz und breiteren Konsens zu erreichen. Ich werde bei Einzelthemen darauf zurückkommen.

Es besteht ganz klar Einigkeit, dass der Weg des Strukturwandels mit dem Erhalt und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in innovativen Branchen fortgesetzt werden muss, dass wir unser Konjunkturprogramm, das nachhaltig und energetisch positiv angelegt ist, fortsetzen müssen, und - jetzt bin ich schon an einer ersten Nahtstelle - es besteht Einigkeit, dass das Saarland ein Industrieland ist und auch bleiben muss. Wir sind beispielsweise Exportland im Bereich Energie. Und deshalb halte ich es für einen wichtigen Kompromiss, dass es möglich sein wird, Kraftwerksblöcke in einer Größenordnung von 500 MW zu bauen. Ich will an dieser Stelle auf eines hinweisen: Wenn es um die Frage geht, wer

Positionen geräumt hat, dann sollten Sie hier mit etwas Demut auftreten.

(Beifall bei der CDU.)

Wir haben beispielsweise zum Punkt Studiengebühren offen gesagt, dass uns das weh tut, dass wir aber die Position der Qualitätssteigerung an den Hochschulen nicht aufgeben und dass wir diese 10 Millionen Euro jetzt eben aus anderen Bereichen finanzieren müssen. Wir haben gesagt, dass wir uns über das strikte Nichtrauchergesetz nicht freuen, dass es aber Grundlage einer Koalition ist, auch solche Positionen verändern zu dürfen. Wir haben aber nicht zu denjenigen gehört, die über Jahre - insbesondere in den letzten Monaten und mit Schaum vor dem Mund - den Bergleuten erklärt haben, welche Verbrecher in der CDU sind, wie sie von den LINKEN und der SPD umsorgt werden und wie man ihnen helfen wird.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wer dann die Geschwindigkeit erlebt hat - das war atemberaubend! -, mit der die LINKE - - Nicht die SPD! Die SPD war klug genug, über den designierten Wirtschaftsminister Knauber diese Positionen schon vor den Wahlen still und leise zu räumen. Aber von einem der LINKEN hat man drei Tage nach der Wahl gehört: Wenn die Fakten so sind, dann müssen wir die Verträge mal lesen, und dann müssen die Bergleute ja doch nach Ibbenbüren, und dann müssen wir uns um sie kümmern. - Das muss man sich mal vorstellen! Vor den Wahlen offensichtlich ahnungslos hinsichtlich dieses Themas! Das war aber doch alles öffentlich bekannt!

Der verantwortliche Kurs, den die Landesregierung eingeschlagen hat, war völlig klar. Und mit genau dieser Offenheit und Klarheit haben wir auch in den Koalitionsverhandlungen den GRÜNEN und der FDP gesagt, dass wir Vereinbarungen, die getroffen sind, nicht brechen werden. Ich sage es hier auch ein weiteres Mal öffentlich: Die Position „sozialverträgliches Auslaufen des Bergbaus“ wird von uns beibehalten, nicht preisgegeben. Das heißt im Klartext: Wenn beispielsweise die Überprüfung des Auslaufens 2014 ergeben würde, dass es zu betriebsbedingten Kündigungen für saarländische Bergleute kommt, die an die Ruhr wechseln mussten - und ich befürchte, dass das so sein wird -, wird dieses Datum nicht zu halten sein. Deshalb sage ich hier und heute ganz öffentlich: Im Bereich „Bergbau“ gibt es eine Partei, die zuverlässig war, ist und bleibt - das ist die CDU Saar.

(Beifall von der CDU. - Lachen bei der LINKEN.)

Ich will ein weiteres Thema ansprechen: das Thema „Bildung“. Sie alle wissen - auch wenn Sie, Herr Maas, das heute gerne anders darstellen -, dass die CDU Saar erstens den Weg hin zu mehr Wahlfrei

(Abg. Maas (SPD) )

heit längst beschritten hatte, zweitens im Wahlprogramm klare Ziele formuliert hat, und dass wir letztlich zu diesem Thema offen und ehrlich gesagt haben: Wir müssen Kompromisse schließen, wir wollen das auch tun, wir werden aber unsere Identität nicht preisgeben.

Deshalb stimmt nach wie vor das, was wir vor den Wahlen gesagt haben: „Zwangstagsschulen“ wollen wir nicht, sondern Wahlfreiheit. - „Wahlfreiheit“, das ist das Stichwort. Verpflichtend soll es dort sein, wo dies von Eltern, Lehrern und der Gesellschaft gewollt ist, und freiwillig soll es eben dort sein, wo dies von ihnen gewollt ist. Wir wollen also Wahlfreiheit, und das ist der entscheidende Unterschied zu Ihnen.

Sie werden es hinsichtlich des Bereiches „Bildung“ erleben: Einerseits haben die GRÜNEN mit der sogenannten zweiten Säule stärker ihre Vorstellungen bezüglich des längeren gemeinsamen Lernens verwirklicht, andererseits konnten wir, die CDU, bei der Säule „Gymnasium“ die Qualität erhalten und mit den gemeinsamen, den zentralen Prüfungen auch Qualitätsmerkmale festschreiben.

(Zuruf: Es gibt also eine schwarze und eine grü- ne Säule. - Weitere Zurufe.)

Gerade an diesem Beispiel, Kollege Maas, will ich eines festmachen: Ihr Auftreten am heutigen Tage ist für mich schon etwas erstaunlich.

(Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Ich nehme an, dass die von Ihnen erwähnte Zeile bei sr-online schon gelöscht ist und nunmehr dort steht: Maas vor schwierigen Zeiten.

(Abg. Linsler (LINKE) : Das steht dort aber nicht! Zuruf der Abgeordneten Hoffmann-Bethscheider (SPD).)

Denn man muss sich das einmal vorstellen: Da stellt sich der Landesvorsitzende der SPD, der das Wahlergebnis seiner Partei innerhalb von zehn Jahren halbiert - halbiert! - hat, der Landesvorsitzende der SPD Saar, der das schlechteste Wahlergebnis seiner Partei seit Bestehen des Saarlandes eingefahren hat, hier hin und leitet in anmaßender und peinlicher Art und Weise

(Weiterer Zuruf der Abgeordneten Hoffmann- Bethscheider (SPD) )

gegenüber dem Landesvorsitzenden der CDU Saar, der immerhin 34,5 Prozent erreicht hat,

(Abg. Spaniol (LINKE) und weitere Abgeordnete der LINKEN: Das sind 13 Prozent weniger! 13 Prozent minus!)

Ansprüche aus dem Wahlergebnis ab! Wenn ich richtig rechne, bedeuten 34,5 Prozent doch wohl mehr als ein Drittel der Wähler; die SPD hat nicht einmal ein Viertel der Wähler erreicht!

(Abg. Schramm (LINKE) und Abg. Huonker (LIN- KE): Minus 13 Prozent!)

Da der Landesvorsitzende der SPD daraus Ansprüche ableitet und das heute in der gehörten Weise kommentiert, erlaube ich mir doch, ihm mitzugeben: Er möge doch mal darüber nachdenken, ob nicht etwas Demut und Bescheidenheit heute besser zu Gesichte stünden!

(Beifall von der CDU. - Lachen bei den Oppositi- onsfraktionen. - Abg. Linsler (LINKE) : Unglaublich!)

Ich will hierzu ein Zweites sagen: Wer den Wahlabend erlebt hat,

(Abg. Linsler (LINKE) : Ja, war schön!)

der würde das heute, wenn er sich das noch einmal anschaut, als Panoptikum empfinden.

(Abg. Linsler (LINKE) : Ja.)

Die CDU Saar hat, wie es auch sachlich gerechtfertigt war, gesagt:

(Abg. Linsler (LINKE) : 13 Prozent verloren!)

Wir sind zwar mit 34,5 Prozent klar stärkste Partei geblieben, wir haben aber - und das werden wir nie in Abrede stellen! - mit minus 13 Prozent schmerzliche Verluste erlitten. Das ist so. Punkt.

Hat man aber den Landesvorsitzenden der SPD Saar erlebt, den mit dem schlechtesten Wahlergebnis nach dem Kriege, den mit der Halbierung seit 1999,