Protocol of the Session on November 30, 2011

Kollege Jacoby, es tut mir leid. 70 Millionen pro Jahr, sagt er. Das Problem ist doch, dass wir jetzt schon hinter dem sind, was wir eigentlich nach Deubel machen müssten. - Jetzt sagt er Nein. - Ich zitiere aus einer Rede von Professor Deubel bei den Wirtschaftsjunioren Saarland am 24.10.2011. - Er sagt, er kapiert es nicht. - Der Kollege Deubel hat Ihnen in diesem Zusammenhang Folgendes gesagt:

(Abg. Schmitt (CDU) : Das ist doch nachweisbar!)

Der Projektion liegt die Annahme zugrunde, dass alle Länder ihre Ausgangsdefizite der Jahre 2010 bis 2020 in gleichen Schritten zurückführen. Dafür müsste das Saarland im Jahr 2012 seine neuen Kredite auf 511 Millionen Euro - 771 Millionen Euro abzüglich 260 Millionen Euro Konsolidierungshilfen reduzieren. Tatsächlich nehmen wir 2012 aber 592 Millionen auf. Wir haben in dem Zusammenhang laut Deubel festzustellen, dass die Verwaltungsvereinbarung für das Saarland 738 Millionen Euro zulässt. Da dieser Betrag nach dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2012 vollständig ausgeschöpft werden soll, besteht die Gefahr, dass der Maßstab sogar noch weiter - nämlich von 92 auf 90 Prozent zurückgeht. Das sagt Herr Deubel.

(Zuruf: Zeitraum?)

Ich sage es noch einmal. Das war am 24.10.2011, also vor knapp einem Monat. Sie können sich nachher noch einmal melden.

(Zurufe von der CDU. - Sprechen.)

Jetzt kommt es: Bei Verzicht auf Konsolidierung oder zu geringen Konsolidierungsanstrengungen in den nächsten Jahren sind, so Deubel, aufgrund der sehr großzügigen Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund und der aktuell sehr guten Steuerentwicklung

die hat er damals schon vorausgesehen - zunächst nur Ermahnungen im Stabilitätsrat, aber keine ernsthaften Konsequenzen zu erwarten. Er geht davon aus, dass uns ansonsten in dieser ganzen Angelegenheit nach 2015 die Realität einholt. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Sie picken sich immer nur das raus, was Ihnen genehm ist. Das, was unangenehm ist, kehren Sie unter den Tisch. So macht man keine verantwortungsvolle Finanzpolitik in diesem Land!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich will das auch bei einem anderen Punkt deutlich machen. Der Kollege Meiser hat eben darauf hingewiesen, noch nie sei der kommunale Finanzausgleich so hoch gewesen wie jetzt. Da hat er recht. Andererseits sage ich, dass die kommunale Verschuldungskrise und die kommunalen Kassenkredite noch nie so hoch waren und die Not bei den Kommunen noch nie so groß. Auch das muss man sehen! Es nützt nichts, wenn man die Realitäten nur auf einem Auge wahrnimmt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Sie picken sich immer nur die guten Dinge heraus. Das, was unangenehm ist, lassen Sie hinten herunterfallen. Beim Thema Haushaltsstrukturkommission haben wir festgestellt, dass wir bei den Kosten der politischen Führung 30 Millionen Euro mehr haben. Das ist ein Anstieg um 20 Prozent in den letzten Jahren. Wir erwarten schlicht und einfach, dass Sie den Mut aufbringen, hier mit bestem Beispiel voranzugehen und weniger für Staatssekretäre und Minister auszugeben. Ich mache es einmal am Haushalt fest: Wir brauchen keine Familienfeste oder ein Landesfest oder einen Tag der Nachhaltigkeit. Wer hier mit dem Geld der Bürger nicht sparsam umgeht, dem glaubt man doch nicht, wenn er es von anderen verlangt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich erspare mir Ausführungen über den Zustand der Einnahmeverwaltung; darüber werden wir nachher noch diskutieren. Aber ich will noch auf etwas anderes eingehen: den Umgang mit Krisen und Problemen und insbesondere das Thema Untersuchungsausschuss. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem ich dieser Regierung schlicht und einfach nichts mehr glaube. Wenn ich beim Thema Untersuchungsausschuss - wie beim letzten Plenum, als wir ihn eingesetzt haben - eine konkrete Frage aus dem Parlament an die Ministerpräsidentin höre und diese nicht in der Lage oder willens ist, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen, jedoch nach der Debatte den Journalisten ihre Sicht der Dinge erklärt, dann ist das schon peinlich genug.

(Zuruf.)

(Abg. Jost (SPD) )

Aber dann höre und lese ich, dass sie am 16. November vor Journalisten Folgendes gesagt hat: „Zuerst halte ich fest: Ich habe am vergangenen Mittwoch in der Kulturausschusssitzung alle mir gestellten Fragen ausführlich beantwortet.“ In dieser Sitzung war auch der Artikel aus der SZ vom 05. November bekannt. Da ging es um den Vorwurf, dass auf Anweisung der Politik die Kosten künstlich heruntergerechnet worden seien. Dazu sagte die Ministerpräsidentin: „Zu diesem Komplex ist mir keine einzige Frage gestellt worden, nicht vonseiten der Sozialdemokraten, nicht vonseiten der LINKEN.“ Jetzt zitiere ich mich selbst aus dieser Sitzung; dies sei mir gestattet. Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Herr Marx in der Öffentlichkeit behauptet hat, es sei jedem klar gewesen, dass die Baukosten deutlich über dem lägen, was nach außen dargestellt werde, und dass man in diesem Zusammenhang die Kosten auf Wunsch der Politik schöngerechnet habe. Es wurde also der Vorwurf erhoben, dass die Politik die Kosten heruntergerechnet habe. Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, Sie haben es in dieser Angelegenheit nicht für notwendig gehalten, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen, und dann haben Sie auch noch versucht, die Presse und die Öffentlichkeit zu belügen. Das ist schäbig, das ist schändlich, aber es steht für Ihre Politik.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zurufe der Abgeordneten Meiser (CDU) und Commerçon (SPD). - Weitere Zurufe.)

Das Wort hat die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es scheint heute der Tag der hoch spannenden und dramatischen Fragen zu sein, und es ist der Tag der Antworten, die diese Fragen als genau das entlarven, was sie sind: pure Verleumdung und pure Polemik.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Eine solche Antwort hat vorhin der Kollege Jacoby gegeben, als er sich mit der Frage von Herrn Lafontaine zu den Deubel-Äußerungen auseinandergesetzt hat. Ich will eine solche Antwort mit Blick auf den Komplex geben, der hier ebenfalls angesprochen worden ist.

In der Saarbrücker Zeitung, aus der vorhin zitiert wurde, ist mir gegenüber ein Vorwurf erhoben worden, der auf Behauptungen im Rahmen eines Dokuments basiert, das mir persönlich nicht vorliegt, das ich nicht kenne und von dem ich auch nicht weiß,

unter welchen Umständen es angefertigt worden ist. Dieser Vorwurf - das ist eben gesagt worden - war in der Tat bereits in der Sitzung des Kulturausschusses bekannt. In dieser Sitzung, sehr geehrter Herr Kollege Jost, ist mir zu diesem konkreten Vorwurf, der in der Saarbrücker Zeitung gestanden hat, keine einzige Frage gestellt worden. Da bleibe ich bei meiner Auffassung; Sie haben es auch nicht widerlegt.

(Lebhafte Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Und insbesondere ist mir keine Frage vonseiten der LINKEN gestellt worden.

(Abg. Jost (SPD) : Sie lügen schon wieder! - Weitere Zurufe.)

Frau Ministerpräsidentin, einen Augenblick bitte. Herr Kollege Jost, ich will Sie darauf hinweisen, dass das Wort „lügen“ unparlamentarisch ist. Ich würde Sie bitten, es zurückzunehmen.

(Erneute Zurufe.)

Das Wort hat die Ministerpräsidentin.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, dieser Vorwurf ist nicht nur unparlamentarisch, er ist auch falsch. Hätte ich nämlich auf eine Frage, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, angeblich gestellt haben, wirklich nicht geantwortet, dann ist die Tatsache, dass Sie noch nicht einmal eine Nachfrage gestellt haben, eigentlich Beweis genug dafür, dass Sie jetzt im Nachhinein etwas hervorkramen, das so nicht richtig ist. Es gab also im Kulturausschuss insbesondere vonseiten der LINKEN keine Frage zu dieser Angelegenheit. Im Übrigen hat die LINKE in der betreffenden Kulturausschusssitzung keine einzige Frage gestellt. Auch das sei nur am Rande bemerkt.

(Zurufe.)

Stattdessen hat der Kollege Prof. Dr. Bierbaum in der Landtagssitzung eine Frage gestellt, und in derselben Landtagssitzung ist mit den Stimmen aller Fraktionen ein Untersuchungsausschuss eingesetzt worden, dessen Aufgabe es ist, im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes alle anstehenden Fragen zu beantworten. Der Untersuchungsausschuss ist auch für mich der Ort, an dem ich in Zukunft Fragen beantworte.

(Weitere Zurufe.)

Ich habe auf die Frage des Kollegen Bierbaum in der Landtagssitzung die entsprechende Antwort gegeben. Das ist im Protokoll nachzulesen. Deswegen sage ich heute an dieser Stelle: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen insbesondere der LINKEN, es ging und geht Ihnen nicht um Wahrheitsfindung und

(Abg. Jost (SPD) )

Aufklärung - und darum wird es Ihnen wahrscheinlich auch in Zukunft nicht gehen -, sondern einzig und allein um Diffamierung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dieses Spiel, liebe Kolleginnen und Kollegen, werde ich nicht mitmachen. Deswegen an dieser Stelle voller Gelassenheit, einmalig, letztmalig auf die Frage Ja oder Nein ein klares Nein.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die zweite Diffamierung kam vorhin noch einmal vom Kollegen Jost. Er hat Herrn Professor Deubel aus einer Veranstaltung vom Oktober dieses Jahres zitiert.

(Abg. Meiser (CDU) : 2010. - Weitere Zurufe.)

Oktober 2010. Sehr geehrter Herr Kollege Jost, ich darf dann vielleicht eine mir vorliegende Aussage des Kollegen Deubel vom 24. November dieses Jahres zitieren - mit Blick auf diese Veranstaltung und Ihr Zitat. Er sagt am 24. November 2011 - ich kann es mit Erlaubnis des Präsidenten wörtlich zitieren -: „Es konnte sich bei diesen Aussagen natürlich nicht um eine Beschreibung oder gar Kritik an der konkreten Haushaltspolitik des Saarlandes im Konsolidierungszeitraum handeln, sondern nur um eine aus meiner Sicht notwendige Bedingung zur Realisierung der Vorgaben der Schuldenbremse bis zum Jahr 2020.“ Auch an dieser Stelle kann ich sagen: Diffamierung versucht, Diffamierung misslungen. Die Tatsachen sprechen gegen Sie.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Genau das hat sich ja heute Morgen an anderer Stelle auch noch einmal gezeigt, auch bei der einen oder anderen Äußerung des Kollegen Maas und seiner Rede zum Landeshaushalt. Da sind einige Vorwürfe erhoben worden, unter anderem im Zusammenhang mit meinem Interview zur Schuldenbremse. Klaus Meiser hat schon darauf hingewiesen. Ich sage hier noch einmal ganz deutlich: In der Sache ist an diesem Interview überhaupt nichts zurückzunehmen. Das werde ich auch nicht tun. Sehr geehrter Herr Kollege Maas, vielleicht ist dies der Unterschied zwischen uns beiden: Ich mache mir nicht in die Hose, wenn ein stellvertretender Vorsitzender meiner Bundestagsfraktion meint, er müsse meine Äußerungen kritisieren. So viel Selbstbewusstsein muss man als saarländische Ministerpräsidentin haben, und das habe ich, sehr geehrter Herr Kollege Maas.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Bei der Bundeswehrreform halte ich Ihnen zugute, dass Sie nicht in der Lage waren, mit irgendwelchen Entscheidungsträgern zu verhandeln.

(Abg. Jost (SPD) : Höre sich das einer an! Das ist unglaublich!)

Sonst wüssten Sie nämlich, was eigentlich mit Blick auf die Bundeswehr geplant war, und Ihnen wäre bekannt, dass wir in den Verhandlungen, die bis in die Nacht hinein gedauert haben, das Schlimmste mit verhindert haben. Dies wird deutlich, wenn man sich anschaut, was in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und den anderen Bundesländern abgebaut wird. Aber eines ist auch klar: Wenn es irgendjemanden gibt, der bei der Bundeswehrreform keine Krokodilsträne vergießen darf, dann sind es die politischen Kräfte, die seit Jahr und Tag nichts anderes tun, als die Abschaffung der Wehrpflicht zu fordern und die Bundeswehr an anderer Stelle zu diffamieren, etwa mit Blick auf ihren Einsatz in Afghanistan.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Und dann ein Riesenskandal: Diese Landesregierung hat unterschiedliche Auffassungen. Es ist ja wirklich unerträglich! Es gibt Infrastrukturprojekte, die unterschiedlich gewertet werden. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte das für Normalität und im Übrigen für etwas, was sich bei „Stadtmitte am Fluss“ genauso abspielt. Wir haben gesagt - und das gilt für „Stadtmitte am Fluss“ genauso wie für die Nordsaarlandstraße -, bevor etwas entschieden wird, gibt es Planungen und Prüfungen, und zwar genauso, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben sind. Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, dann wird entschieden. Wir werden sicherstellen, dass diese Prüfungen - sowohl mit Blick auf das Projekt in Saarbrücken, als auch mit Blick auf das Projekt Nordsaarlandstraße - nach Recht und Gesetz und objektiv vorgenommen werden. Das ist etwas, was vollkommen normal ist.