Protocol of the Session on August 24, 2011

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich bin immer noch bereit, mit Ihnen irgendwohin zu fahren und mir bestimmte Dinge anzukucken; vielleicht habe ich ja etwas übersehen. Das kann ja sein. Die Einladung steht nach wie vor. Ich würde gerne die Leitinvestitionen besichtigen, aber bitte bringen Sie mich nicht nach Gondwana oder zum Museum.

(Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)

An einer Stelle möchte ich Ihnen ein Kompliment machen - das haben sie sehr geschickt gemacht, Frau Ministerpräsidentin, das haben Sie im Laufe Ihrer langen Amtszeit als Ministerin gelernt -, Sie haben gleich Ihre Mitschuld am Museum angesprochen. Kompliment! Es ist in der Tat so: Man kann nicht die Regierungsverantwortung tragen und dann so tun, als sei die Verantwortung für die Fehlentwicklung dort, von 9 Millionen auf jetzt 30 Millionen wo der Spaß endet, weiß niemand -, nur beim Museum zu suchen. Nein, die letzte Verantwortung liegt bei der Landesregierung und den verantwortlichen Ministerinnen und Ministern.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich will ein paar Vorschläge machen, wie das Ganze sich gestalten könnte. Der Kollege Maas hat bereits darauf hingewiesen. Wir haben einmal gesagt, wir wollen die Informatik zum Schwerpunkt entwickeln. Das kann man für richtig oder falsch halten. Die Begründung war, dass wir gute Voraussetzungen vorfanden, die eine Regierung aus sich heraus alleine nicht schaffen kann. Dass wir mit Professor Hotz einen Wissenschaftler hatten, der eine ganze Generation von Informatikern herangezogen hat, dass wir einen Professor Wahlster bekamen, einen Professor Scheer und so weiter, das kann eine Regierung nicht programmieren. Sie kann aber einen solchen Prozess verstärken und damit, wenn man so will, eine Leitinvestition in die Infrastruktur des Landes setzen.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Deswegen habe ich besonders auf das geachtet, was Sie zum Forschungsbereich gesagt haben. Das war wirklich sehr dünn, Frau Ministerpräsidentin. Sie haben sogar Sparmaßnahmen angekündigt. Ich bin zu der Einsicht gekommen - und meine Partei hat das im Landtagswahlkampf auch vorgeschlagen -, dass wir versuchen sollten, in der Medizintechnik einen neuen Schwerpunkt zu suchen. Alternativ haben wir diskutiert, ob man nicht bei der Energietechnik, insbesondere mit dem Gewicht auf erneuerbare Energien, solche Schwerpunkte setzen könnte. Wir müssen uns aber konzentrieren. Wir können nicht alles machen, das Land ist finanziell viel zu schwach -

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ich komme gleich noch drauf, Herr Spargelbauer.

(Beifall bei der LINKEN. - Heiterkeit und Zurufe.)

Das war scherzhaft gemeint, ich wollte Sie nicht kränken, Herr Kollege. Ich komme gleich noch drauf. - Die Frage ist, ob man hier einen Schwerpunkt setzt -

(Weiterer Zuruf.)

Also, Windräder sind nicht so neu. Ich wollte sagen, die Frage ist, ob wir einen Schwerpunkt setzen bei der Energieforschung oder bei der medizinisch-technischen Forschung. Ich meine, da müsste man doch eine Entscheidung treffen und hier etwas dazu sagen. Diese Alternativen liegen doch auf der Hand! Aber wenn man sich für eine Alternative entscheidet, muss man auch Maßnahmen in die Wege leiten, um dieses Projekt nach vorne zu bringen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Dann entstehen nach zehn Jahren vielleicht neue Arbeitsplätze. Ich sage es Ihnen noch einmal, auch wenn es Ihnen nicht passt: Die Wirkungsverzögerung regionaler Strukturpolitik beträgt mindestens fünf, wenn nicht sogar zehn Jahre. Auch wenn Ihnen das nicht passt. Ihre Entscheidung werden wir in zehn Jahren zur Kenntnis nehmen und dann werden wir darüber urteilen können.

Und weil Sie mich gerade darauf angesprochen haben, komme ich jetzt zu den Fragen der Energiepolitik. Ich bin dafür, dass wir die erneuerbaren Energien ausbauen. Selbstverständlich! Aber ich bin auch gegen die Verspargelung der Landschaft und halte Ihre Entscheidung, den Gemeinden freizustellen, ob und wo sie Windräder aufstellen, für grundfalsch. Das sage ich nicht, weil ich unbedingt etwas gegen Ihre Entscheidungen habe, aber Landesplanung und Raumplanung haben doch einen Sinn. Und nun an Sie gerichtet, Herr Kollege Ulrich, Landschaftsschutz umfasst auch die Schönheit der Landschaft. Wer dafür keinen Blick hat, den sollte man im Grunde nicht investieren lassen in diesem Land. Ich will Ihnen ein

mal ein Beispiel nennen, vielleicht können Sie das nachvollziehen. Sie kennen sicherlich die Skulpturenstraße in Merzig. Ich halte das für eine beachtenswerte künstlerische Einrichtung, die dort geschaffen wurde. Wenn dort die Türme von Cattenom sichtbar werden, ist das nicht gerade eine ideale Kombination. Nun ist dieses Gebiet wegen der Windstärke dort auch ideal geeignet, um Windräder hinzustellen. Wollen Sie tatsächlich in diese Richtung gehen und wollen Sie, dass es keine Landschaften mehr gibt, die frei sind von solchen technischen Anlagen? Ich sage ja zur Windkraft, aber man sollte bitte auch die Schönheit der Landschaft im Auge haben. Eine Verspargelung der Landschaft auf diese Art und Weise wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern kritisch gesehen und wir lehnen diese Vorgehensweise ab.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich kann Ihnen ein weiteres Beispiel nennen. Sie wollen ja Alternativen hören. Wenn man durch die Städte und Gemeinden fährt, sieht man, dass immer mehr Hauptstraßen der Dörfer durch leere Verkaufsflächen gekennzeichnet sind. Hat man dazu irgendetwas gehört? Wir haben hier vorgeschlagen, diesen Trend durch eine landesweite Verordnung zu stoppen, um Verkaufsflächen außerhalb der Zentren zu begrenzen. Das ist im Übrigen keine Maßnahme, die allein von der LINKEN vorgeschlagen worden ist. Diese Maßnahme wird aus der Geschäftswelt heraus seit vielen, vielen Jahren vorgeschlagen. Sie haben dies einfach abgelehnt. Das hat auch etwas zu tun mit dem ästhetischen Eindruck von Städten und Gemeinden. Wenn Sie durch Hauptstraßen fahren, in denen Sie nur leerstehende Geschäftsflächen haben, ist das nicht gerade ein angenehmes Wohnumfeld. Wir schlagen nach wie vor vor, diese Regelung zu erlassen. Sie würde unser Land nach vorne bringen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Abgesehen von den Leitinvestitionen zur regionalen Wirtschaftspolitik haben wir Ihnen vorgeschlagen, einen neuen Weg zu gehen. Ich will ihn noch einmal hier darstellen. Als ich mit Karl Schiller - der eine oder andere von Ihnen weiß noch, wer das ist - meinen ersten Wahlkampf 1969 gemacht habe, sah er folgendes Problem.

(Zuruf.)

Ein erfolgreicher Wahlkampf übrigens, da können Sie noch etwas lernen, junger Mann! - Damals hat er als Problem angesehen, dass wir öffentliche Steuergelder in der regionalen Wirtschaftsstruktur aufwenden und damit das Vermögen einzelner Privater erhöhen. Er sagte damals in diesem Gespräch, das ist ungerecht, ich habe aber noch keine richtige Lösung dafür. Nun haben wir gesagt, lasst uns doch hier einen Neuanfang versuchen, dass wir, wenn Steuer

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

gelder eingesetzt werden und wenn Belegschaften zu Beiträgen erpresst werden, den Weg der Belegschaftsbeteiligung gehen, um die Wirtschaftsstrukturen endlich grundsätzlich im demokratischen Sinne zu erneuern und neu zu gestalten.

(Beifall bei der LINKEN.)

Es hätte mir durchaus Vergnügen bereitet, mit dem chinesischen Investor darüber zu reden, ob Belegschaftsbeteiligungen nicht doch ein Weg wären, um eine neue Wirtschafts- und Sozialstruktur aufzubauen. Denn wenn Sie über Politikverdrossenheit reden, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen Sie sehen, dass die Arbeitnehmer, wenn sie feststellen, dass sie von einem Investor zum anderen geschoben werden, natürlich politikverdrossen sind, weil sie merken, es greift überhaupt niemand mehr ein. Es setzt ja niemand ein Stoppsignal. Wir haben hier einzelne Betriebe, die von Heuschrecke zu Heuschrecke weitergereicht worden sind. Und gerade in der Ära der Heuschrecken - ich benutze dieses populäre Wort - wäre es doch geboten, Steuergelder nicht an Heuschrecken zu geben, sondern an die Belegschaften. Das ist unser Vorschlag, den ich hier noch einmal wiederholen möchte.

(Beifall bei der LINKEN.)

Auch der Niedriglohnsektor ist keine Grundlage einer erfolgreichen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Und was mich wirklich überrascht hat war, dass Sie jetzt mehrfach öffentlich gesagt haben, dass Sie für einen gesetzlichen Mindestlohn seien. Nun stellt sich die Frage, warum fehlte das hier in Ihrer Regierungserklärung? Nun kann man sagen, wir haben einen Koalitionspartner und der Koalitionspartner wehrt sich dagegen. Das mag ja sein. Sie haben eine schwierige Koalition und Sie hatten einen schwierigen Start. Herr Kollege Meiser hat sich hier redlich bemüht, diesen Eindruck zu verwischen, aber Sie haben eine schwierige Koalition und natürlich haben Sie dort kaum Spielräume. Sie können sich kaum bewegen. Aber es ist doch bedauerlich, dass Sie noch nicht einmal in der Lage waren, hier den gesetzlichen Mindestlohn als erklärtes Ziel Ihrer Regierung vorzugeben und damit vielen Saarländerinnen und Saarländern eine andere Perspektive zu eröffnen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich habe gerne gehört, dass Sie sich hier zu den Traditionen des Bergbaus bekannt haben. Ich bin nicht in der Lage vorauszusagen, wie sich die Energiemärkte in den nächsten Jahren entwickeln werden, aber ich sage es noch einmal fürs Protokoll. Wer glaubt, er habe zuverlässige Prognosen, der möge hier aufstehen und ich werde ihm achselzuckend gegenübertreten. Aber dass die Kohle in der Weltenergiewirtschaft eine enorme Rolle spielt, das kann ja niemand bestreiten. Dass wir nicht nur in den nationalen Kategorien denken dürfen, wurde

hier einmal gesagt. Ich habe dann gefragt, gilt das auch für die Energiepolitik? Ich möchte für meine Fraktion hier sagen, dass wir die Entscheidung, das beschleunigte Ende des Bergbaus durchzusetzen, nach wie vor für falsch halten. Wenn man keine neuen Arbeitsplätze hat, sollte man alte Arbeitsplätze, die noch Beschäftigungseffekte haben, nicht abbauen. Wir halten dies nach wie vor für falsch.

(Beifall bei der LINKEN.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch ein Wort zur Schulpolitik. Es hat mich gefreut, Herr Kollege Meiser, dass Sie den gefundenen Kompromiss in der Verfassung als eine große Leistung der Jamaika-Koalition dargestellt haben.

(Zuruf.)

Der Zweidrittelmehrheit, vielen Dank! Es ist ein Beispiel dafür, dass das Angebot, man wolle sachlich miteinander umgehen, zumindest von dem Gedanken geleitet sein muss, dass dann, wenn andere ein Argument haben oder einen Vorschlag machen, dies nicht schon deshalb falsch sein muss, weil der Vorschlag von den anderen gemacht wurde. Wir haben diesem Vorschlag zugestimmt, weil wir ihn für richtig gehalten haben, und sind nicht der Versuchung erlegen, der Jamaika-Koalition hier ans Schienbein zu treten. So einfach ist der Zusammenhang.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich fasse zusammen, da hier die rote Lampe leuchtet. Sie haben eine brave Regierungserklärung abgegeben. Ich habe es im Interesse des Landes wirklich bedauert, Frau Ministerpräsidentin, dass Sie nicht einen nachhaltigen Akzent gesetzt haben. Wenn Sie diese Arbeit so fortsetzen - also das was bisher war, ich habe zur Wirtschaftspolitik und zu der Erklärung des Wirtschaftsministers einiges gesagt -, dann wird das auch so weitergehen wie bisher. Angesichts der Größe der Aufgaben, die Sie geschildert haben - wir stehen vor besonders großen Herausforderungen -, sind Sie leider gefordert, besondere Leistungen zu erbringen. Mit dem Durchschnitt wird es nicht mehr genügen.

(Anhaltender Beifall bei den Oppositionsfraktio- nen.)

Das Wort hat für die FDP-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Christian Schmitt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem wir eben erfahren haben, wie Regierungserklärungen in den Achtzigerjahren geschrieben wurden, Zulieferung vom Haus und dann ein bisschen geglättet, bin ich umso stolzer auf unsere Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karren

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

bauer, die die Probleme des Landes wirklich ernsthaft und mit gebotener Tiefe angesprochen hat.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es geht in den nächsten Jahren - und das wurde klar angesprochen - um die Eigenständigkeit und die Zukunft des Saarlandes. Dafür müssen wir auf uns schauen und die Probleme vor Ort lösen. Auch wenn weltpolitische Diskurse mit Sicherheit interessant wären, zuerst müssen wir unsere Hausaufgaben machen. Und das wurde hier klar angesprochen. Die Themenfelder Demografie und Landesfinanzen müssen angepackt werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dabei beginnt der demografische Wandel nicht erst jetzt. Wir sind mitten in der Phase des demografischen Wandels. Bis 2020 wird die Bevölkerung im Saarland auf 950.000 Einwohner schrumpfen. Bis zum Jahr 2030 wird es sogar weniger als 900.000 Saarländer geben. Die Zahl der Erwerbstätigen wird entsprechend sinken. Diese dramatische Veränderung erfordert Lösungen. An dieser Stelle war die Regierungserklärung mutig.

(Zurufe von den Oppositionsfraktionen: Hört, hört!)

Wir wollen den Bevölkerungsrückgang begleiten und seine Bewältigung mit Maßnahmen, beispielsweise durch Umstellung der Förderinstrumente im kommunalen Bereich, unterstützen. Es kann nicht sein und das wurde in der Regierungserklärung klar benannt -, dass jeder Landkreis seinen Zoo erhält, dass jede Gemeinde ein Schwimmbad hat oder jeder Ort eine Veranstaltungshalle. Es wurde diesbezüglich klar darauf abgestellt, dass die Förderung kommunaler Projekte künftig in interkommunaler Zusammenarbeit durchgeführt werden muss. An dieser Stelle war die Regierungserklärung mutig, denn das bedeutet einen Wandel hin zu mehr Zusammenarbeit. Das ist der für dieses Land richtige Schritt.

Um weiterhin Strukturen gerade im ländlichen Raum offenzuhalten, ist eine gezielte Förderung, aber eben auch ein Engagement der Bürgerinnen und Bürger notwendig. Das ehrenamtliche Engagement, das als Chefsache begriffen wird, wird gerade im Zuge des demografischen Wandels weiterhin an Bedeutung gewinnen. Das bürgerliche Engagement ist und bleibt das Fundament dieser Gesellschaft. Auch diesbezüglich war die Regierungserklärung sehr mutig.