nutzt aber nichts - und deshalb machen wir es hier zum Gegenstand der Diskussion -, dass Vorschläge erhoben werden, solange man nicht ernsthaft daran geht, diese Vorschläge zu realisieren. Denn dann sind es reine politische Leerverkäufe. Das ist die Frage, die wir insbesondere auch dem Ministerpräsidenten stellen müssen.
Es ist wunderbar, wenn auf der einen Seite gesagt wird, wir brauchen einen höheren Spitzensteuersatz, und wenn auf der anderen Seite gesagt wird, wir brauchen eine Luxussteuer. Warum nicht? Die Vorschläge sind durchaus bekannt und geläufig. Aber wie soll das realisiert werden? Das Problem ist, dass Sie diese Vorschläge machen, wohlwissend, dass Sie in der eigenen Landeskoalition dafür keine Mehrheit haben, und wohlwissend, dass Sie auch in der Bundeskoalition keine Mehrheit haben. Deshalb nenne ich es politische Leerverkäufe. Die Bevölkerung hört das, fühlt sich aber mehr oder weniger auf den Arm genommen, weil es heißt, es passiert doch nichts. Es sind Presseerklärungen, die eine gewisse Resonanz haben, aber das war es dann auch. Darum geht es nicht.
Wir sind in einer Situation, in der die Demokratieverdrossenheit immer mehr zunimmt. Man braucht nur auf die Wahlbeteiligung zu schauen. Wenn wir dieses Paket behandeln, indem Forderungen von einem Teil erhoben werden, in diesem Falle von Ihnen als Ministerpräsident des Saarlandes, die in der Sache begründet und richtig sind, bei denen man aber weiß, der Ministerpräsident ist in Zwängen gefangen, einmal in der Landeskoalition und zum Zweiten als Bundespolitiker in der Bundeskoalition, wo dies überhaupt keine Realisierungschance hat, dann ist das eine Vorgehensweise, die dazu beiträgt, dass die Menschen immer überdrüssiger werden. Deshalb sollten Sie dazu einmal Stellung nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung zur Aktualität dieser Aktuellen Stunde. Die SPD-Landtagsfraktion hat heute einen Entschließungsantrag eingebracht, der regulär auf die Tagesordnung gesetzt wurde und in dem wir all die Dinge, die Sie, Herr Lafontaine, eben genannt haben, auch noch einmal diskutieren. Aktuelle Stunden sind eigentlich für Themen gedacht, die nach der Festlegung der Plenartagesordnung entstehen.
So ist diese Aktuelle Aussprache aber gerade nicht entstanden, dennoch führen wir selbstverständlich die Debatte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die öffentlichen Finanzen sind in einer schwierigen Situation. Sie sind im Übrigen nicht nur durch die Weltwirtschaftskrise gebeutelt, sie waren auch vorher dadurch geprägt, dass wir auf allen Ebenen keine ausgeglichenen Haushalte hatten. Dies konnte und kann in Verantwortung für künftige Generationen so nicht fortgeführt werden. Nun haben die Weltwirtschaftskrise und die Finanzkrise die Lage ganz massiv verschärft. Es bestand Einigkeit zwischen allen Parteien und allen staatlichen Ebenen, dass es nicht möglich ist, der Krise gleich in einem ersten Schritt entgegenzusparen, sondern es war klar, dass wir im Gegenteil umfangreiche Konjunkturpakete auflegen müssen, um gegen die Krise anzukämpfen.
Dazu gehörten eine Reihe von neuen Subventionen und Rettungsaktionen für die Banken. Dazu gehörten aber auch umfangreiche Maßnahmen für die Bürger, die den Konsum ankurbeln sollten, und Steuersenkungen, gerade für kleine und mittlere Einkommen. Selbstverständlich konnte und kann dies auf Dauer nicht so weitergehen, weil wir unsere öffentlichen Haushalte überstrapazieren würden. Deswegen ist es wichtig, dass sowohl der Bund als auch die Länder die öffentlichen Haushalte beziehungsweise die Neuverschuldung Schritt für Schritt zurückfahren. Daran führt kein Weg vorbei.
Dieser Weg ist auch notwendig, damit wir in Zukunft Währungsstabilität wahren können. Gerade dies ist für die kleinen Leute wichtig. Sie brauchen nur mit den Bürgern auf der Straße zu reden, um zu erfahren, dass die Inflationsangst enorm ist. Diese Angst würden wir immer weiter schüren. Wir würden auch die reale Gefahr einer Inflation weiter schüren, wenn wir europa- und weltweit eine immer laxere Politik fahren und permanent in die weitere Verschuldung laufen würden. Deshalb besteht die absolute Notwendigkeit, die Haushaltspolitik wieder restriktiver zu fassen.
Ich sehe allerdings keine Notwendigkeit, dass wir jetzt darauf verzichten sollten, unsere Waren und Dienstleistungen ins Ausland zu exportieren. Davon leben wir in Deutschland. Dadurch haben viele Menschen in Deutschland ihre Arbeit und ihr Brot. Wer so daherredet, muss gerade der Exportindustrie im Saarland sagen, dass sie zurückgefahren werden muss. Dass wir dann nicht mehr stärker exportieren dürfen, gilt zum Beispiel auch und gerade für die Stahlindustrie.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Der Wirtschaftsexperte hat gesprochen.)
Sie werden doch wohl nicht bestreiten wollen, dass wir im Saarland eine besonders exportabhängige Industriestruktur haben! Um das zu wissen, muss ich kein Wirtschaftsexperte sein, Herr Linsler.
Meine Damen und Herren, was wir heute gehört haben, wer an der Wirtschaftskrise schuld sei, ist erstaunlich. Ich habe in dieser Form noch nicht gehört, dass Deutschland, weil es zu viel exportiert, die Krise verursacht haben soll. Ich war bisher immer der Meinung, eine laxe Geldpolitik in den USA, die ohne entsprechende Sicherungen ungehemmt Kredite vergeben haben, hätte dies mit verursacht. So war es bisher auch einhellige Expertenmeinung.
Wir sind für ein Sparpaket, wir sind für Sparmaßnahmen auf Bundes- und Landesebene, aber wir sind für ausgewogene Sparmaßnahmen. Wir tragen große Teile des Sparpaketes auf Bundesebene mit, aber wir sind der Meinung, dass es in Gänze, in der jetzigen Zusammensetzung noch nicht ausgewogen genug ist.
Ich will Ihnen Details nennen. Kritisch sehen wir unter anderem die Kürzung des Elterngeldes für Hartz4-Empfänger.
Wir sind auch der Ansicht, dass bei allen positiven Ansätzen, zum Beispiel zu einer Bankenabgabe, zum Beispiel zu einer Finanzmarktstransaktionssteuer, die höheren Einkommen ein Stück weit stärker belastet werden sollten.
Deshalb ist auch die CDU-Landtagsfraktion der Meinung, dass das derzeitige Sparpaket zwar dem Grunde nach zu begrüßen ist, aber im Detail noch Verbesserungen braucht. Das ist unsere Haltung zum Sparpaket der Bundesregierung. - Herzlichen Dank.
krise war hier die Rede. Ich sage einmal: Eigentlich war das eine Zockerkrise; denn sie wurde ausgelöst durch hohe, risikoreiche Spekulationen. Wenn man einigen Berichten Glauben schenken darf, gibt es mittlerweile Vermögende und Banken, die nach der Krise reicher sind als vor der Krise. Insofern muss da wohl etwas grundlegend schiefgelaufen sein.
Die Politik hat reagiert. Sie hatte auch noch Geld. Für Banken und Vermögende haben wir einen Rettungsschirm von 480 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Und wir hatten Geld - unabhängig von der Krise für ein Wirtschaftswachstumsbeschleunigungsgesetz. Da haben wir den Vermögenden und Besserverdienenden 8,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, allein 1 Milliarde für Hoteliers. Niemand, der hier beklagt, dass dieses Paket unausgewogen sei, kann diese 1 Milliarde so lassen. Die müssen wir erst wieder zurückhaben, dann haben wir schon einen kleinen Punkt gesetzt. Wer aber hier beklagt, dass wir kein Geld haben, und auf der anderen Seite all das Geld hat, ist verlogen. Das ist sozial unausgewogen und deshalb müssen wir das ganz schnell korrigieren.
Wenn es dann in dieser Situation ums Sparen geht, denkt man zunächst einmal, okay, wir belasten die, die diese Krise verursacht haben. Bei der Bundesregierung Fehlanzeige! Da gibt es einen lapidaren Sparbeitrag, der aber sehr vage gehalten ist. Wenn man dann weiter denkt, wir müssen sozial gerecht sparen, würde man sagen, wir sparen einmal bei denen, die mehr haben als die Armen, oder fordern dort noch einen Beitrag ein. Fehlanzeige bei dieser Bundesregierung! Nein, diese Bundesregierung kam auf die glorreiche Idee, bei den Armen und Langzeitarbeitslosen zu sparen! Bei denjenigen, die in Deutschland Hilfe am nötigsten haben, sparen wir, um das auszubaden, was die Reichen und die Banken in Deutschland verursacht haben. Das ist doch nicht sozial gerecht, das ist absolut unausgewogen!
Ich möchte es einmal ganz konkret an Zahlen festmachen. Im sozialen Bereich sollen bis 2040 37 Prozent gespart werden, das sind 30 Milliarden Euro. Bei den Banken sollen 7 Prozent gespart werden. 7 Prozent, gleich 6 Milliarden Euro, sollen bei denjenigen gespart werden, die die Krise verursacht haben. Im sozialen Bereich hat man ganz konkrete Kürzungsvorschläge: Heizkostenzuschuss, Elterngeld, Arbeitsmarktpolitik. Und bei den Banken? Da soll es vielleicht eine Steuerung geben, aber das ist alles recht vage gehalten, eigentlich kann man es nicht durchsetzen. Das ist eine Schieflage.
Herr Müller, ich muss Ihnen eines sagen. Es geht hier nicht um Wortakrobatik von Ihnen. Wenn Sie wirklich etwas tun wollen, auch für das Saarland, für
die Menschen hier - vor allem die, die es am nötigsten haben -, dürfen Sie nicht nur beklagen, dass es so etwas gibt, und Vorschläge machen, nein, Sie müssen Widerstand leisten und müssen mit uns vom saarländischen Landtag aus Initiativen starten, damit das anders geregelt wird, damit die Schieflage in Deutschland beseitigt wird.
So kann man sagen, dass diese Krise in Deutschland nicht jedermanns Krise ist. Die Verlierer sind die Armen, die Langzeitarbeitslosen, und - wie uns von Ökonomen des DIW auch bestätigt worden ist, das nicht unbedingt linkslastig ist - die Mittelschicht. Die Mittelschicht in Deutschland hat Angst. Ich kann Ihnen sagen, wovor die ganz konkret Angst haben. Die haben Angst davor, dass wenn sie arbeitslos werden, sie schnell in Hartz 4 abrutschen. Es geht die Angst um, dass die Normalverdiener abrutschen, dass die Schieflage in Deutschland immer größer wird, dass der Keil zwischen Armut und Reichtum in Deutschland größer wird.
Jeder Ökonom, der sich mit dieser Frage beschäftigt hat, hat gesagt: Dieses Sparpaket wird genau diesen Trend noch weiter verschärfen. Deshalb ist es nicht nur sozialer, sondern auch wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Wahnsinn, was Sie mit diesem Sparpakt machen. Es kann nicht sein, dass in einer Krise diejenigen, die hohe Einkommen haben, nicht belastet werden, und diejenigen, die geringe Einkommen haben oder gar keines, stärker belastet werden.
Ich will noch etwas zur Binnenkonjunktur sagen. Den Export haben Sie angesprochen, aber wir leben auch von der Binnenkonjunktur und dazu habe ich bisher nichts gehört. Dieses Sparpaket - das sagen auch Ökonomen, nicht nur die Sozialdemokraten wird die Binnenkonjunktur in Deutschland noch weiter abwürgen. Davon hat niemand etwas.
Deshalb kann ich nur sagen: Es ist viel geredet worden. Sie haben vielleicht gedacht, dass bei denjenigen, wo Sie jetzt sparen, am wenigsten Widerstand zu erwarten ist. Aber dass nur noch 12 Prozent in Deutschland der Ansicht sind, dass das, was Sie in der Regierung machen, ordentlich ist, liegt zu einem großen Teil auch am Sparpaket. Allein das sollte Sie langsam einmal zum Umdenken bringen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sagen, so kann es nicht weitergehen. Wir müssen sozial ausgewogen handeln, wir dürfen nicht bei den Ärmsten anfangen zu sparen und bei den Reichsten drei Augen zumachen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über das Sparpaket der Bundesregierung, ein Sparpaket, das angeblich unsozial sein soll. So die Stimmen der Kritiker. Aber wir sollten bedenken: Immer dann, wenn die Sparvorschläge konkret auf dem Tisch liegen, werden die Stimmen der Nörgler laut. Wir sind uns doch alle einig: Wir müssen sparen und den sprichwörtlichen Gürtel enger schnallen. Doch jeder zieht und zerrt am liebsten am Gürtel der anderen, bloß nicht am eigenen.
Trifft es einen selbst, nennt man das Wort dafür „unsozial“. - Wenn Sie eine Zwischenfrage haben, lieber Herr Kollege Pauluhn, erlaube ich es, wenn es die Geschäftsordnung hergibt.
Okay, dann reden wir nachher drüber. Ich frage Sie: Was ist sozialer als solide Staatsfinanzen? Länder wie Griechenland sollten uns belehren, was passiert, wenn wir mehr ausgeben, als wir haben. Dann ist es wie nach einer mit griechischem Wein durchzechten Nacht - man wacht mit einem mörderischen Kater auf, statt mit einer Katze.