Protocol of the Session on May 19, 2010

Deswegen hören Sie jetzt zu! Sie reden selbst von dummem Geschwätz. Dann lassen Sie es doch einfach sein mit dem dummen Geschwätz! Dann führen wir hier die Debatte in aller Ruhe.

(Vizepräsidentin Ries)

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Abstimmung am 27. November haben 7 von 14 Mitgliedern für Brender gestimmt. Die erforderliche Mehrheit kam damit nicht zustande, sodass der Ende März 2010 ausgelaufene Vertrag des ZDF mit Herrn Brender nicht verlängert wurde. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Vorgehen von Ministerpräsident Koch und der anderen Ministerpräsidenten fügt dem Ansehen des unabhängigen Journalismus in Deutschland und dem Ansehen der Rundfunkfreiheit in Deutschland einen schweren Schaden zu. Es ist ein gravierender, ein schwerwiegender Vorgang, der im letzten Jahr festzustellen war.

Es gab dann trotzdem den Versuch, das Ganze politisch zu lösen. Es gab die Initiative des rheinlandpfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, gemeinsam mit Roland Koch einen Entwurf zu machen, den ZDF-Staatsvertrag zumindest für die Zukunft so zu verändern, dass derartige Eingriffe nicht mehr stattfinden können. Leider ist das an der Mehrheit im Verwaltungsrat, ich meine an der Mehrheit in der Ministerpräsidentenkonferenz, gescheitert. Das ist jetzt nicht lustig, man kann sich einmal versprechen, Herr Ministerpräsident. Man sollte nur nicht falsche Versprechungen abgeben, das sollten Sie sich einmal merken!

(Zuruf aus der CDU. - Beifall bei den Oppositi- onsfraktionen.)

Die Causa Brender, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat gezeigt, dass der ZDF-Staatsvertrag dringend verändert werden muss. Ich bin sicher, in diesem Hause gibt es dafür theoretisch eine Möglichkeit, wenn sich einige so trauen würden, wie ihr Gewissen ihnen das vorgibt, wie ihre eigene Überzeugung das vorgibt. Um in Zukunft den interessengeleiteten Zugriff auf Personalentscheidungen und damit mittelbar auf die Inhalte des Senders zu verhindern, bedürfte es dringend einer Änderung der Zusammensetzung des Verwaltungsrates.

Umso bedauerlicher ist es, dass an dieser Stelle leider die Initiative von Herrn Beck nicht erfolgreich war. Es war nicht möglich, sich politisch darauf zu einigen, diesen Staatsvertrag so zu ändern, dass man in Zukunft solche Vorgänge nicht mehr erleben muss. Als Herr Beck als Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates eine Änderung des Staatsvertrages vorgelegt hat, nach der künftig nur noch mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit eine Ablehnung des Vorschlags des Chefredakteurs hätte ermöglicht werden können, war es leider so, dass die Ministerpräsidentenkonferenz sich darauf nicht geeinigt hat.

Damit - das brauchen wir heute nur noch festzustellen - ist zunächst der politische Weg einer Änderung des Staatsvertrages durch den Gesetzgeber selbst

vorerst gescheitert. Die Union hat damit die Chance vertan, den ZDF-Staatsvertrag politisch auf eine verfassungsfeste Grundlage zu stellen und damit unabhängigen Journalismus und das Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt zu stärken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich möchte nur noch in Zitaten vorlegen, was Verschiedene gesagt haben. Frank Schirrmacher, sicherlich nicht im Verdacht, der Sozialdemokratie besonders nahe zu stehen, hat in der FAZ am 09. März dieses Jahres unter der Überschrift: „Angriff auf das ZDF“ von einer „Entmündigung der Öffentlichkeit“ gesprochen. Herr Schirrmacher schreibt weiter: „Der Journalismus wird zum Beute- und Kompromissobjekt politischer Parteien, in einer völlig neuartigen Weise“.

Der ehemalige Intendant des Südwestrundfunks Peter Voss trat nach 35 Jahren aus der CDU aus und warf ihr Verfassungsbruch und einen „Angriff auf die Unabhängigkeit des Senders“ vor. Prof. Dr. Thomas Gruber, Intendant des Bayerischen Rundfunks, sagte im SPIEGEL vor wenigen Wochen, er sehe jetzt schon „Kollateralschäden am System“. Er hoffe, dass die Politik noch rechtzeitig erkennt, dass sie hier zu weit geht und nicht das Verfassungsgericht bemüht werden muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, all diese Chancen sind leider vertan worden. Sie sind vertan worden mit Zustimmung dieses Ministerpräsidenten auf der Ministerpräsidentenkonferenz. Das ist ein politisches Scheitern und deswegen hilft nur noch der Weg zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe. Das ist die einzige Chance, noch mal das herzustellen, was wir dringend brauchen, nämlich das Gebot der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland außerhalb jeden Zweifels zu stellen. Ein anderer Weg ist heute leider nicht mehr gegeben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Es gab aber auch aus der Politik Bewertungen, nicht nur von SPD-Seite. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, die FDP-Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, die im Zusammenhang mit diesen Einmischungsversuchen, wie sie es selbst genannt hat, sagte: „Die Parteien sind gut beraten, sich weitestgehend zurückzunehmen.“ GRÜNEN-Chef Cem Özdemir, auch ZDF-Fernsehratsmitglied, sagte öffentlich: „Wenn das durchgeht, ist endgültig klar, dass künftig die Unions-Staatskanzleien und das Kanzleramt das ZDF führen und eine unabhängige Berichterstattung damit gefährdet ist.“ Der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn fordert: „Wir müssen den Einfluss der Staatskanzleien im öffentlich-rechtlichen System zurückdrängen.“

Ich komme noch mal zur FDP. Lieber Kollege Hinschberger, eigentlich sind wir in vielen medienpo

(Abg. Commerçon (SPD) )

litischen Fragen auf einer Wellenlänge. Ich wüsste gar nicht, an welcher Stelle Sie nachher eine Begründung finden können, unserem Antrag nicht zuzustimmen. Ihr ehemaliger Innenminister Gerhart Baum hat in der Causa Brender sogar eine Causa Grundgesetz ausgemacht. Ich spreche Sie auch persönlich an. Wir haben gemeinsam an einer öffentlichen Diskussionsrunde teilgenommen, in der wir uns weitgehend einig waren, wo wir uns sogar in der Frage einig waren - wenn ich mich recht erinnere -, dass, wenn dieser Vertrag nicht politisch überarbeitet wird - was jetzt leider gescheitert ist -, letztlich nur noch der Weg nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht helfen würde. Ich zitiere auch dazu aus der Saarbrücker Zeitung, die dankenswerterweise über diese Podiumsdiskussion, an der wir gemeinsam teilgenommen haben, berichtet hat. Da heißt es: „Offen für ein entsprechendes Vorgehen zeigten sich auch Hinschberger und Passek“, - das war der Vertreter der GRÜNEN in dieser Runde „ohne sich konkret auf eine Unterstützung festzulegen. CDU-Vertreter Theis nannte eine Überprüfung des Staatsvertrages ebenfalls sinnvoll, selbst wenn er im Fall Brender nicht die große Katastrophe für die Rundfunkfreiheit erkennen könne.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen. Eigentlich besteht hier im Hause eine große Einigkeit darüber - zumindest nach den Äußerungen, die viele Mitglieder dieses Hauses in der Öffentlichkeit gemacht haben -, dass alleine schon, um künftig den Eindruck zu vermeiden, dass an dieser Stelle die Staatsferne eventuell gefährdet sein könnte, uns nichts anderes übrig bleibt, als den Weg nach Karlsruhe zu gehen. Ich weiß, dass die FDP auf Bundesebene das im Prinzip genauso sieht wie die GRÜNEN, die ebenfalls angekündigt haben, dass sie eine Normenkontrollklage anstreben.

Ich kann deshalb nur an die Vertreterinnen und Vertreter von FDP und GRÜNEN in diesem Hause appellieren: Hören Sie an dieser Stelle auf das, was Ihre Kolleginnen und Kollegen nicht nur in Berlin sagen, sondern was auch Ihre Vertreterinnen und Vertreter im Saarland in einer Diskussionsveranstaltung öffentlich gesagt haben. Stimmen Sie unserem Antrag zu und sorgen Sie dafür, dass das Saarland entweder dem angekündigten Normenkontrollverfahren des Landes Rheinland-Pfalz beitritt oder eben das soll mir auch recht sein - ein eigenes Normenkontrollverfahren in Karlsruhe anstrengt. Damit können wir wirklich etwas für die Glaubwürdigkeit der Politik gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk tun. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Birgit Huonker das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gründung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland ist ganz eng verbunden mit einem Namen: Hugh Carleton Greene. Er war britischer Chief-Controller und später der erste Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks. Als Greene 1948 sein Amt an Adolf Grimme übergeben hat, betonte er in seiner Abschiedsrede, wie wichtig es sei, dass der Rundfunk unabhängig von parteipolitischen Einflüssen sei. Nachdem sich Greene nach seiner Rede wieder hingesetzt und neben dem damaligen Hamburger Bürgermeister Platz genommen hatte, beugte dieser sich er zu ihm und raunte ihm zu: Es wird Ihnen nicht gelingen, Mr. Greene, es wird Ihnen nicht gelingen.

Meine Damen und Herren, ich finde, dem damaligen Bürgermeister der Hansestadt kann man durchaus hellseherische Fähigkeiten attestieren. Man schaue sich nur die seit Langem andauernden heftigen Debatten um den ZDF-Staatsvertrag an. Man blicke nach Berlin und von dort zum Bayerischen Rundfunk nach München; ich komme darauf später zurück.

In Artikel 5 Grundgesetz heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Das Bundesverfassungsgericht hat aus dieser knappen Bestimmung durch seine Rundfunkurteile weitgehende Anforderungen an die Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland abgeleitet. So soll der vom Rundfunk vermittelte Meinungsbildungsprozess in der Bevölkerung frei und ungesteuert ablaufen können. Daher darf sich der Staat nicht in die Funktion des Rundfunks einmischen, den Rundfunk beeinträchtigen, instrumentalisieren oder gar beherrschen. Es geht also um eine weitgehende Staatsferne, die eine freie Meinungsbildung in der Bevölkerung ermöglichen soll. Doch genau dieser Grundsatz ist bei der gescheiterten Wiederwahl von ZDF-Chefredakteur Brender im November 2009 nicht zum Tragen gekommen, im Gegenteil.

(Zuruf von der CDU.)

Sie dürfen sich nachher gerne zu Wort melden. Was ist passiert? Eine überregionale Zeitung schrieb am 06. Mai, und jetzt hören Sie mir einfach

(Abg. Commerçon (SPD) )

mal zu! Falls sie so etwas nicht gelesen haben sollten, leiste ich jetzt gerne etwas Nachhilfeunterricht.

(Zuruf des Abgeordneten Meiser (CDU).)

Dort heißt es: „ZDF-Intendant Markus Schächter wurde unter Druck gesetzt, ZDF-Chefredakteur Brender wegen seiner drastischen Kritik an Merkel zurückzupfeifen. Brender war im Kanzleramt da schon unten durch, und seine Kritik, bei der Kanzlerin gehe es wie bei Hofe zu, wurde als undiplomatische Art getadelt. Die Quittung kam im November. Wie erwartet, scheiterte Brenders Vertragsverlängerung im von Union dominierten ZDF-Verwaltungsrat. Über Brender zu Gericht saß unter anderem Medien-Staatsminister Bernd Neumann (CDU). Und einer der Drahtzieher im Hintergrund war der unter Journalisten so beliebte Ulrich Wilhelm.“

Wer ist Wilhelm? CSU-Ministerpräsident Stoiber holte ihn 1991 ins bayerische Innenministerium. Und Wilhelm folgte ihm später als Sprecher in die bayerische Staatskanzlei. Das ist aber nur Teil 1. Teil 2: Später wurde Ulrich Wilhelm Regierungssprecher und gilt auch als Vertrauter von Angela Merkel. Anfang dieses Monats, am 06. Mai, wurde er Intendant einer der größten öffentlich-rechtlichen Medienanstalten in Europa, des Bayerischen Rundfunks. Ich konnte es kaum fassen. Die Verflechtung von Medien und Politik hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Rigoros wurde eine Position besetzt, die zur Machtabsicherung wichtig ist.

(Vereinzelt Lachen bei CDU und B 90/GRÜNE.)

Es wurde eine Position mit jemandem besetzt, auf den man sich verlassen kann. Dreister geht es kaum. Von Staatsferne kann hier keine Rede mehr sein. Man könnte auch sagen: Kritiker einer Partei werden mundtot gemacht, Parteivasallen hingegen werden in Schlüsselpositionen gehievt, meine Damen und Herren. Man stelle sich mal vor, der SPDFraktionspressesprecher würde SR-Intendant. Den öffentlichen Aufschrei mag ich mir gar nicht vorstellen. Es hätte Aufstände gegeben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Und doch zeigt das Beispiel Wilhelm auch sehr schön, wie sehr es die Politik geschafft hat, die Medien zu beherrschen. Wehret den Anfängen, kann ich da nur sagen. Mit diesem Votum nimmt die Staatsnähe von ARD und ZDF ein gefährliches Maß an, eine neue Dimension in der medialen Beeinflussung durch die Politik ist entstanden. Medien - und dazu gehören auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF - haben die Aufgabe, die Politik zu kritisieren und zu kontrollieren - und nicht umgekehrt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN.)

Doch vor der Causa Wilhelm kam die Causa Brender. Die war so heftig, dass sich der Medienbeauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa genötigt sah, in einem Schreiben an die Bundesregierung seine Sorge um die politische Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auszudrücken. Zu Recht, meine Damen und Herren. Am 27. November 2009 hat der ZDFVerwaltungsrat auf Betreiben des hessischen Ministerpräsidenten Koch verhindert, dass ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender eine Vertragsverlängerung erhält. Das ist ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Daraufhin ist aus Protest - Kollege Commerçon hat es schon gesagt - Peter Voss aus der CDU ausgetreten, Kurt Biedenkopf hat sich lautstark beschwert und der medienpolitische Sprecher der FDP attestierte Koch eine parteipolitische Testosteronattitüde, die dem Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Schaden zugefügt habe. Der hessische Ministerpräsident habe mal wieder brutalstmöglich darüber aufgeklärt, dass ihm die Rundfunkfreiheit und die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks egal seien. Wahre Worte eines FDP-Politikers.

Man könnte jedoch Koch dafür dankbar sein, dass er brutalstmöglich klar machte, wer das Sagen hat und wie stark die ZDF-Gremien parteipolitisch besetzt sind. Zur Erinnerung für die Kolleginnen und Kollegen, die vielleicht nicht so tief im Thema drin sind: Wir haben einen Verwaltungsrat aus 14 Mitgliedern. Er besteht aus vier amtierenden Ministerpräsidenten, einem ehemaligen Ministerpräsidenten, einem Vertreter der Bundesregierung; acht Vertreter wählt der Fernsehrat. Im Fernsehrat sitzen 77 Mitglieder: drei Vertreter vom Bund, 12 Vertreter von den Parteien im Bundestag - ich verkürze es ein wenig -, 16 Vertreter aus den Ländern, 25 Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern und so weiter. Sie haben lediglich ein Vorschlagsrecht. Sie dürfen zwar jeweils drei Namen nennen, die Ministerpräsidenten suchen sich aber einen aus. 16 weitere Vertreter aus dem Bereich Erziehungs- und Bildungswesen und so weiter werden der Einfachheit halber von den Ministerpräsidenten gleich selbst bestimmt. Lediglich die fünf Vertreter der Religionsgemeinschaften dürfen ihre Vertreter selbst entsenden.

Zusammengefasst heißt das für mich: Von 77 Mitgliedern im Fernsehrat sind 72 von der Politik ausgesucht. Von Staatsferne kann spätestens hier keine Rede mehr sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Alle wichtigen Dinge zur Verteidigung der Rundfunkfreiheit in Deutschland wurden übrigens vom Bundesverfassungsgericht entschieden und leider nicht von der Politik in Gang gebracht, sondern im Gegenteil: Gegen den Widerstand der Politik.

(Abg. Huonker (DIE LINKE) )

Ich möchte gerne an dieser Stelle an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1991 erinnern. Das Bundesverfassungsgericht hat damals angemahnt, die Kontrollgremien sollen nicht der Repräsentation von organisierten Interessen und Meinungen dienen, sondern der Sicherung der Meinungsvielfalt.

(Zuruf: Aha.)

Die Kontrollgremien sollen der Allgemeinheit dienen und nicht Partei- oder Politikinteressen. Rundfunk muss nicht politikfrei sein, aber Rundfunk muss staatsfern sein. Das Bundesverfassungsgericht sagt sogar, staatsfrei. Der ZDF-Staatsvertrag sollte eigentlich einvernehmlich zwischen den Länderregierungen unter Beteiligung der Länderparlamente geändert werden, sodass er künftig den Grundgesetzanforderungen genügen kann.

Ich möchte Folgendes in Erinnerung rufen, was der Kollege Commerçon schon angesprochen hat. Wir hatten am 08. März dieses Jahres eine Podiumsdiskussion. Ich hatte bereits damals meine erheblichen Zweifel geäußert, dass es den Ministerpräsidenten gelingen würde, diese Vorschläge zur Änderung des ZDF-Staatsvertrages einvernehmlich zu erarbeiten. Leider habe ich recht behalten. Ich bin auch der Meinung: Nun hilft nur noch ein Normenkontrollverfahren.

Die Bundestagsfraktion der GRÜNEN hat ein Normenkontrollverfahren initiiert, das von der LINKENFraktion unterstützt wird. Es fehlen noch 12 Bundestagsabgeordnete anderer Parteien, die sich diesem Verfahren anschließen müssten. Damit wäre der Weg nach Karlsruhe frei. Es wäre so einfach.

Herr Commerçon hat vorhin die Saarbrücker Zeitung zitiert. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Hinschberger zitieren. Er hat gesagt: „Es ist nichts Unanständiges, wenn man in einem Land wie dem unseren ein Verfahren gerichtlich überprüfen lässt. Das halte ich in diesem Fall für notwendig. Deshalb sind wir diejenigen, die bereit sind zuzustimmen.“ Auf Nachfrage, wenn jetzt ein Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion sagen würde, wir schließen uns der Initiative von GRÜNEN und LINKEN an, würden Sie sagen, okay, verstehe ich, finde ich in Ordnung, haben Sie, Herr Hinschberger, gesagt: „Ich bin damit einverstanden.“ In diesem Fall gehe ich davon aus, dass sich die FDP-Landtagsfraktion unserem Antrag anschließen wird oder sich wenigstens der Stimme enthält. Das wäre glaubwürdig. Von den GRÜNEN erwarte ich das Gleiche. Es kann meines Erachtens auch nicht sein, dass sich die Bundestagsabgeordneten der GRÜNEN dem Normenkontrollverfahren anschließen, die Landtagsfraktion der GRÜNEN sich auf Landesebene einem Normenkontrollverfahren jedoch verweigert.

Die Bevölkerung des Saarlandes hat wie in den anderen Bundesländern auch ein Anrecht auf eine unabhängige Presse, um sich frei von Staat und Parteien unbeeinflusst eine eigene Meinung bilden zu können. Wir möchten kein Berlusconi-Fernsehen. Die Bevölkerung hat ein Anrecht auf einen staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dafür zahlt sie Rundfunkgebühren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Die Bevölkerung hat daher ein Anrecht, dass der ZDF-Staatsvertrag dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt wird. Wenn sich dafür keine Bundestagsabgeordneten finden, müsste die Landesregierung des Saarlandes diese Initiative übernehmen. Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)