Aus diesem Grund halten wir es für absolut notwendig, dass die neue Bundesregierung die vorliegenden Ergebnisse aufnimmt und umsetzt. Die Land- und Ernährungswirtschaft braucht keine neuen Diskussionsrunden oder Abstimmungsprozesse. Die Ergebnisse sind da. Sie sind hart erarbeitet und allgemein anerkannt. Wenn wir nun wieder bei null anfangen oder kostbare Zeit verstreichen lassen, werden wir die ehrgeizigen Ziele und den Strukturwandel in der Landwirtschaft nicht weiter befeuern.
Dass aktuelle Entwicklungen in die Maßnahmen einfließen müssen, ist selbstverständlich. Dass sich einige Empfehlungen der ZKL durch technischen Fortschritt selbst überholt haben, liegt dabei in der Natur der Sache. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass im ersten Abschlussbericht die Stoffstrombilanz zur Erfassung der Nährstoffflüsse enthalten ist. Bei der Überarbeitung wurde schon klar, dass diese nicht den erwünschten Effekt in Verbindung mit hohem Aufwand für die Betriebe bringt. Aus diesem Grund ist die Forderung der FDP in dieser Hinsicht nachvollziehbar.
Schaut man aber auf die bundesrechtlichen Entwicklungen, ist eine Evaluierung, wie von der FDP gefordert, nicht mehr notwendig. Auch dieses wäre unnötiger bürokratischer Aufwand. Daher können wir dem Antrag nicht zustimmen.
Vielmehr haben wir durch das Landesprogramm ENDO‑SH bereits eine Möglichkeit geschaffen, diese Stoffströme zielgenauer und effektiver darzustellen. Wir halten dieses Programm für mit den
Anforderungen aus dem EU-Recht als Monitoringsystem kompatibel. Für die Anwendung des Verursacherprinzips in roten Gebieten, um die gewässerschonend wirtschaftenden Betriebe zu entlasten, könnte ENDO‑SH um ein Modul erweitert werden. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, um unsere Betriebe wirklich zu stärken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Was wollen wir, was brauchen wir, was wollen wir erreichen mit und für eine zukunftsfähige Landwirtschaft? So oder so ähnlich kann die Frage gelautet haben, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ZKL beantworten sollten.
Als lange praktizierender Landwirt weiß ich, wie wichtig klare Rahmenbedingungen, Verlässlichkeit in der Politik und Planungssicherheit für Betriebe sind. Der Abbau von Bürokratie – nicht zu verwechseln mit dem Abbau von Umweltauflagen – und die Akzeptanz in der Gesellschaft gehören dazu.
Darum habe ich es sehr begrüßt, dass die Zukunftskommission Landwirtschaft mit Vertreterinnen aus Landwirtschaft, Wirtschaft, Verbraucher und Verbraucherinnen, Umwelt, Tierschutz, Entwicklungszusammenarbeit und Wissenschaft noch von Angela Merkel ins Leben gerufen wurde. Hier wurde ein neuer Weg beschritten, um unterschiedliche Positionen und Meinungen, wie wir das im Moment in der ganzen Gesellschaft spüren, aus verschiedenen Gruppen zusammenzubringen und mit Praktiker_innen und der Wissenschaft dazu in langen Diskussionen einen Konsens zu erarbeiten.
Die Transformation der Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels, des drohenden Verlustes an biologischer Vielfalt und weiterer ökonomischer, ökologischer und sozialer Herausforderungen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Es ist trotz der unterschiedlichen Interessen gelungen, dass sich die verschiedenen Akteure auf eine gemeinsame Linie und eine konkrete Empfehlung an die Politik geeinigt haben – erstmals vorgelegt in 2021, wir hörten das gerade, und noch einmal bekräftigt und konkretisiert im November des letzten Jahres. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist ein Weg aufgezeigt, der begehbar ist und der unserer Ansicht nach unbedingt weitergegangen werden sollte.
Das Besondere ist: Es werden nicht Einzelforderungen vorgebracht, die sich untereinander widersprechen, sondern wir haben es mit einem konsensual erarbeiteten und in sich schlüssigen Gesamtvorschlag für ein nachhaltiges Agrar- und Ernährungssystem zu tun.
Dieser enthält aus meiner Sicht sehr viele sehr gute Empfehlungen. Beispiele dafür sind der Umbau der GAP-Zahlung hin zu einkommenswirksamer Finanzierung von Umweltleistungen, die Stärkung der Stellung der Bäuerinnen und Bauern in der Wertschöpfungskette gegenüber den Abnehmern auch bezüglich der Vertragsgestaltung, eine verlässliche Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung, Existenzgründer und Existenzgründerinnen zu unterstützen und solchen mit wenig Land den Einstieg zu ermöglichen.
Insgesamt sind diese Empfehlungen sehr ausgewogen. Daher bin ich bereit, die Teile mitzutragen, die nicht so klingen, als seien sie direkt aus grüner Feder. Denn genau das habe ich am Anfang betont. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Positionen wieder zusammenzubringen, um den gesamtgesellschaftlichen Konsens weiter zu stärken und gemeinsam zukunftsfähige Wege in der Landwirtschaft zu gehen.
Ich hoffe, dass sich die neue Bundesregierung – egal, wie sie aussehen mag; genau das steht ja heute noch nicht fest – die Umsetzung auf die Fahnen schreibt und mit Nachdruck und sie mit weniger regierungsinternem Friendly Fire als in der Ampel voranbringt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zum Antrag der FDP. Die ZKL fordert übrigens nicht die Abschaffung der verpflichtenden Stoffstrombilanz. Tatsache ist aber: Die jetzige Verordnung ist zu kompliziert und zu aufwendig. Die Nährstoffbilan
zierung ist erforderlich, um eine am Verursacherprinzip orientierte Handhabung der Düngeverordnung zu ermöglichen. Das ist besonders wichtig in den stark belasteten, sogenannten roten Gebieten.
Es ist aus meiner Sicht unerlässlich, dass Betriebe, die nachweislich nicht zu den Nährstoffüberschüssen beitragen, entlastet werden.
Dazu bedarf es einer betriebsbezogenen Betrachtungsweise, egal, wie diese Betrachtungsweise heißt. Die Mitglieder des Umwelt- und Agrarausschusses dürften sich auch an den diesbezüglichen eindringlichen Appell Professor Taubes in der Januarsitzung erinnern.
Eine Weiterentwicklung, die auch weniger Arbeit am Schreibtisch bedeutet, ist unbedingt notwendig und mit der voranschreitenden Digitalisierung möglich. Die Empfehlung der ZKL hierzu lautet – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
„Die ZKL empfiehlt daher die Weiterentwicklung einer praxisgerechten gesamtbetrieblichen Nährstoffbilanzierung – im Sinne einer Hoftorbilanz. Aufgrund der komplexen Datenlage … sollte die gesamtbetriebliche Nährstoffbilanzierung als lernendes System schrittweise weiterentwickelt … werden …“
Kurz gesagt: Welche Mengen an Nährstoffen N und P bringe ich auf die Felder? Und welche verlassen den Hof wieder? Das muss ausgewogen sein, um das Grund- und das Oberflächenwasser zu schützen, und das muss nachweisbar sein. Dadurch umgehen wir das angedrohte Strafverfahren der EU. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Der letzte Satz in der Begründung zeigt dann auch die eigentliche Zielrichtung und Aussage. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich:
„Ein landwirtschaftlicher Betrieb muss sich in erster Linie um Produktion und Nachhaltigkeit kümmern können – nicht um eine ausufernde Bürokratie.“
Das aber ausgerechnet an der Stoffstrombilanz – Herr Buchholz – festzumachen, ist typisch FDP und unsinnig.
(Dr. Bernd Buchholz [FDP]: Die Bürokraten sitzen auf der anderen Seite! – Annabell Krä- mer [FDP]: Viel Spaß bei den Koalitionsver- handlungen! – Heiterkeit)