Protocol of the Session on February 27, 2025

(Beifall)

Tim Jänke von der Zentralen Ansprechstelle LSBTIQ* der Landespolizei Schleswig-Holstein

(Beifall)

sowie Danny Clausen-Holm, Florian Wieczorek und Jonas Listing für den Landesvorstand der Schwulen und Lesben.

(Beifall)

Alle anderen, die dabei sind, heiße ich auch herzlich willkommen zur jetzt folgenden Debatte.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Sicherheit und Gleichberechtigung für queere Menschen in Schleswig-Hostein: Entschlossene Maßnahmen gegen Diskriminierung und Gewalt

Antrag der Fraktionen von FDP, SPD und SSW Drucksache 20/2940 (neu)

Sicherheit und Gleichberechtigung queerer Menschen in Schleswig-Holstein schützen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 20/3002

Wir das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Heiner Garg von der FDP.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 25. Juni 2015 saß ich im Flieger in die USA und flog zu meinem damaligen Freund und heutigen Ehemann nach New York. Das erzähle ich Ihnen nicht, um einmal ein bisschen meine Reisepläne oder meine Reisegeschichte kundzutun,

(Zurufe: Oh! – Zuruf CDU: Jetzt wird es spannend!)

sondern weil am 26. Juni 2015 der Supreme Court in den Vereinigten Staaten mit einer 5:4‑Entscheidung den Weg für die Ehe für alle freigemacht hat. Der 26. Juni war ein Freitag, und am Samstag haben dort, wo gefühlt alles begann – nämlich in der Christopher Street beim Stonewall –, Tausende oder Zigtausende Menschen genau diesen Tag gefeiert.

(Beifall ganzes Haus)

Ich komme aus einem anderen Bundesland – das ist kein Geheimnis –, bin schon ein paar Jahre älter und habe mich im Alter von 14 Jahren geoutet. Das war im tiefschwarzen Baden-Württemberg damals nicht immer nur die reine Freude. An diesem Samstag auf der Straße mit Zigtausend Leuten – ich glaube, es waren nie mehr so viele – dachte ich aber: Wir haben etwas geschafft. Wir haben etwas erreicht. Wir sind jetzt genauso wie die anderen.

Am 17. Juni 2017 hat der Deutsche Bundestag mit Mehrheit die Ehe für alle beschlossen. Das trat am 1. Oktober 2017 in Kraft beziehungsweise wurde möglich.

Jetzt spulen wir die Zeit ein wenig vor und lassen mich einmal sein. 2025 erhält der Probst des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf einen Drohbrief durch eine sogenannte Sturmfront SchleswigHolstein beziehungsweise den Patriotischen Untergrund der AfD mit Unterstützung der Bauernschaft:

„Denken Sie immer daran: Wir wissen, wo Sie wohnen, und kennen Ihren Partner. …

Fühlen Sie sich nirgendwo sicher, solange bis wir die Lage mit Hilfe der parteigetreuen Unterstützer unter Kontrolle haben.“

Ich weiß, dass sich sowohl diese Partei als auch selbstverständlich der schleswig-holsteinische Bauernverband davon distanziert haben. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist 2025 die Realität für viele, um nicht zu sagen, für die meisten von uns, und das nicht nur in Schleswig-Holstein.

Bedrohungen durch bundesweit vernetzte Neonazis; Mitarbeitende von lambda::nord werden bei einem Infostand in der Berufsschule in Lübeck mit den Worten bedroht: Von queer habe ich zum letzten Mal bei Himmler gelesen.

Es gibt Morddrohungen gegen queere Jugendliche. Ein junger Mensch wird nach dem Besuch des Jugendzentrums an einer Bushaltestelle bedroht: Wenn ich dich hier noch einmal sehe, bringe ich dich um.

Es gibt noch ganz viele weitere Vorfälle – zum Beispiel die Zerstörung von Rainbow Flex –, ich will das gar nicht weiter aufzählen. Das ist unsere Realität im Jahr 2025.

Deswegen bin ich allen Kolleginnen und Kollegen, die sich unserem Antrag angeschlossen haben, und genauso den Koalitionsfraktionen dankbar, dass wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag hier gemeinsam ein Stoppschild hinstellen, dass wir diese Art und Weise des gesellschaftlichen Umgangs mit Menschen nicht akzeptieren, nicht tolerieren und niemals akzeptieren werden.

(Lebhafter Beifall ganzes Haus)

Weil jeder die Anträge gelesen hat, spare ich mir jetzt, irgendwelche Einzelheiten daraus vorzutragen. Mir ist aufgefallen, dass beispielsweise im Koalitionsantrag kein Bekenntnis oder noch kein Wille zu erkennen ist, die Landesverfassung an entsprechender Stelle zu ändern. Ich habe aber das Signal bekommen, dass wir beide Anträge im Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend im Sozialausschuss beraten können. Möglicherweise können wir sogar etwas Gemeinsames auf den Weg bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür sage ich Danke. Ich sage aber auch, dass es höchste Zeit ist, dass wir uns mit konkreten Taten genau diesem Mob entgegenstellen.

(Beifall ganzes Haus)

Abschließend möchte ich mich bei den Vereinen, Verbänden – bei allen, die heute da sind und uns zuhören – und bei der Ansprechperson Tim Jänke ganz herzlich für die Arbeit bedanken, die Sie jeden Tag mit großem Engagement leisten, und dafür,

dass Sie für Akzeptanz und Respekt in der Gesellschaft werben, weil wir – ehrlich gesagt – ganz genauso wie ihr auch seid.

Wir streiten uns darüber, wer die Spülmaschine ausräumen soll.

(Birte Pauls [SPD]: Das findet bei uns nicht statt! – Heiterkeit)

Wenn Joe dem Hund morgens Spiegeleier gibt, gebe ich ihm Schinken. Das ist genauso wie bei euch, und genauso möchten wir auch behandelt und respektiert werden.

(Beifall ganzes Haus)

Das Wort hat Marion Schiefer für die CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für einen Antrag gibt es immer einen Grund und einen Anlass. Ein Anlass war hier sicher – so steht es auch im Text – der Vorfall auf der Türschwelle des queeren Jugendzentrums in Lübeck und der von Heiner Garg zitierte Drohbrief; uns alle hat das besorgt gemacht, und es hat viele Fragen aufgeworfen.

Der Grund, warum wir den Schutz vor Diskriminierung und die Verfolgung LSBTIQ*-feindlicher Gewalt in den Blick nehmen müssen, ist die allgemeine Beobachtung einer schwindenden Akzeptanz für die Sichtbarkeit und für die Lebensweise queerer Menschen, die in einer zunehmenden Zahl von Individualattacken zum Ausdruck kommt. Das erschreckt uns.

Es braucht staatliches Handeln und Fürsorge, damit der Schutzraum für die Freiheit und für die eigene Lebensgestaltung verstärkt wird. Das liegt im übergeordneten Interesse aller im Landtag vertretenen Fraktionen. Deshalb sage ich vielen Dank an die FDP für ihre Antragsinitiative.

(Beifall ganzes Haus)

Dennoch haben wir es nun im Ergebnis mit zwei unterschiedlichen Anträgen zu tun. Ich will begründen, warum wir als Koalitionsfraktionen einige Aspekte aus Ihrem Antrag, liebe FDP, SPD und SSW, anders als Sie bewerten und deshalb im Detail zu anderen Beschlussvorschlägen kommen. Wir haben im Ergebnis eine wichtige gemeinsame Schnittmenge, und wir sehen ein paar Dinge, die wir derzeit im Detail noch nicht ganz zu Ende gedacht finden.

(Dr. Heiner Garg)

Die wesentlichen neuen Vorgaben für Polizeihandeln im Bereich queer haben wir schon vor ein paar Jahren auf den Weg gebracht – zum Glück. Wie wichtig sie sind, zeigt sich heute. Was bereits implementiert ist und in der Aus- und Fortbildung eine immer weitere Ausdehnung findet, wirkt nun fort. Die Polizei darf in ihrem Bemühen um mehr Queer-Bewusstsein und Queer-Sensibilität auf keinen Fall nachlassen. Das tut sie aber auch nicht. Das ist bereits ihre Aufgabe geworden – und ihr Selbstverständnis.

Die Polizei verstärkt den Schutz von Veranstaltungen, Organisationen und Personen dort, wo er aufgrund der Sicherheitslage verstärkt werden muss. Wir haben doch gerade nach den Vorfällen in Lübeck gesehen, dass es Gespräche mit den Verantwortlichen von Polizei und lambda::nord gab, um den konkreten Einsatzverlauf nachzubesprechen und einrichtungsseitig und polizeiseitig Schlussfolgerungen für künftige Fälle zu treffen.

Ich will als Innenpolitikerin allgemein den besonderen Schutz besonders vulnerabler Gruppen. Aber jede Gruppe, die ich strukturell priorisiere, setzt eine andere vulnerable Gruppe und setzt auch alle anderen nicht besonders, sondern allgemein vulnerablen Kriminalitätsbetroffenen von den Kapazitäten her zurück. Deshalb sage ich: Die Polizei muss hinreichend sensibilisiert sein, aber sie muss auch die Möglichkeit behalten, ihre Einsätze abhängig vom Gefahrengrad durchzuführen.

Zur PKS: Die PKS ist für eine Motivationsanalyse ungeeignet. Sie erfasst keinen Rassismus, keinen Antisemitismus, keine Frauenfeindlichkeit. Und das soll auch so bleiben. Bei jedem Delikt die Unterkategorie „und davon gegen queer“ zu bilden, gehört da nicht hin. In dem Fall, dass eine Tat queerfeindlich ist, wurde mit der jüngeren Änderung bezüglich der Strafverschärfungsgründe eine ganz wichtige Kategorie gefunden. Ich fände es schwierig, wenn wir eine Erhebungspflicht – damit dies in der PKS verlässlich auftaucht – dahin gehend normieren würden, dass ein Vernehmungsbeamter verpflichtet ist, jeden Opferzeugen zu fragen, ob er queer ist. Es soll vielmehr dabei bleiben, dass die Polizei die Zahlen für ihr internes Lagebild beim KPMD-PMK erhebt und wir von den Einzelfällen im Verfassungsschutzbericht lesen können.

Im Verfassungsschutzbericht finden wir die Rubriken „Queerfeindlichkeit“ und „Straftaten, die sich gegen die sexuelle Orientierung und/oder geschlechtsbezogene Diversität“ richten, bereits jetzt, heruntergebrochen auf die einzelnen Delikte und auf besondere Einzelfälle. Es erschließt sich mir

im Moment nicht, worin der Mehrwert liegen soll, einer zu eigenen Wertungen der Phänomenbereiche befähigten Institution vorzugeben, daraus einen eigenen Themenkomplex zu machen.

So viel zu unserem differenzierten Ansatz. Ich möchte aber auch einige Gemeinsamkeiten betonen, vor allem in der Grundhaltung. Wir sind uns nämlich bei der Weiterentwicklung des Landesaktionsplans und bei der Bundesratsinitiative einig.