Protocol of the Session on February 27, 2025

Einen wunderschönen guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle sehr herzlich.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass einige Abgeordnete krankheitsbedingt abwesend sind. Das sind von der CDU-Fraktion der Abgeordnete Hauke Göttsch, von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordneten Anna Langsch, Bina Braun und Jan Kürschner, von der SPD-Fraktion die Abgeordnete Sandra Redmann, von der SSW-Fraktion die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering und von der Landesregierung Ministerin Aminata Touré. Wir wünschen gute Besserung.

(Beifall)

Von der Landesregierung ist heute Minister Dirk Schrödter in der Zeit von 16 bis 17 Uhr abwesend, und nach § 47 Absatz 2 Geschäftsordnung haben sich die Abgeordnete Uta Wentzel für den Nachmittag und die Abgeordneten Werner Kalinka und Serpil Midyatli für den ganzen Tag abgemeldet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute ein Geburtstagskind unter uns. Ich möchte ganz herzlich Ulrike Täck zum Geburtstag gratulieren. Alles Gute!

(Beifall)

Begrüßen Sie bitte mit mir gemeinsam auf der Tribüne zum einen Nicole Knudsen vom Landesverein pflegender Angehöriger Schleswig-Holstein „wir pflegen!“ und zum anderen die Auszubildenden von der Bereitschaftspolizei Schleswig-Holstein. – Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 25 auf:

Pflege muss bezahlbar sein

Antrag der Fraktionen von SPD und SSW Drucksache 20/2944 (neu)

Pflegebedürftige Menschen finanziell entlasten und Pflegeversicherung nachhaltig reformieren

Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 20/2994

6150 Schleswig-Holsteinischer Landtag (20. WP) – 82. Sitzung – Donnerstag, 27. Februar 2025

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache, und das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls. – Bitte schön.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen!

(Zurufe: Guten Morgen!)

Frau Petersen ist 90 Jahre alt und schafft es zu Hause nicht mehr alleine. Ihre kleine Wohnung im zweiten Stockwerk ist ohne Fahrstuhl, und sie verlässt sie kaum noch. Sie wohnt dort schon sehr lange und bezahlt deshalb eine geringe Miete. Eine seniorengerechte Wohnung kann sie sich nicht leisten. Kinder hat Frau Petersen keine. Sie hat sich viele Jahre um ihren kranken Mann und die pflegebedürftigen Eltern gekümmert, weshalb sie wenig gearbeitet hat. Sie bekommt mit der Witwenrente ihres Mannes insgesamt 1.000 Euro Rente; das sind knapp 400 Euro weniger als die Durchschnittsrente bei Frauen, die in Schleswig-Holstein bei 1.366 Euro liegt. Bei den Männern sind es im Durchschnitt 1.806 Euro.

Der Pflegedienst kommt zwar regelmäßig, aber das reicht nicht mehr aus, weil Frau Petersen mittlerweile auch etwas vergesslich wird und im Alltag nicht mehr wirklich gut zurechtkommt. Frau Petersen möchte in ein Pflegeheim. Die Gesamtkosten für einen vollstationären Platz bei Pflegegrad 3 betragen in Schleswig-Holstein 3.900 Euro. Sie setzen sich aus dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil, also den Pflegekosten, den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie den Investitionskosten zusammen, und außerdem kommt noch ein Ausbildungszuschlag hinzu. Von der Pflegeversicherung erhält sie 1.319 Euro. Ihr Eigenanteil beträgt somit 2.581 Euro; der durchschnittliche Eigenanteil in Schleswig-Holstein laut Verband der Ersatzkassen e. V. – vdek – am Anfang des Jahres liegt mittlerweile bei 2.778 Euro. Und das bei einer Rente von 1.000 Euro! Frau Petersen muss also die Hilfe zur Pflege beim Sozialamt beantragen. Das fällt ihr besonders schwer, weil besonders diese Generation den Gang zum Amt scheut, oder Frau Petersen bleibt eben schlecht versorgt in ihrer eigenen Wohnung.

Menschen wie Frau Petersen haben wir wirklich viele. Es ist eine Frage der Würde, wie wir mit den älteren Menschen in unserem Land umgehen wollen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Sie waren es, die durch ihr Leben, ihre Arbeit und ihr Engagement maßgeblich zum Wohlstand in unserer Gesellschaft beigetragen haben. Es kann nicht angehen, dass der Dank dafür für die Betroffenen ein Leben auf Sozialhilfeniveau ist, weil sie pflegebedürftig werden. Pflege darf nicht zur Armutsfalle werden!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Das betrifft natürlich nicht nur den stationären, sondern auch den ambulanten Bereich. 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Es kostet viel Geld, wenn man sich die Unterstützung zukaufen muss. Wir begrüßen daher sehr, dass die Bundesregierung mit dem Pflegeunterstützungs- und ‑entlastungsgesetz bereits viele Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auf den Weg gebracht hat. Wir begrüßen auch, dass es endlich eine Tariflohnpflicht in der Altenpflege gibt.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Jo! – Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der Bereich ist wirklich viel zu lange ausgenutzt worden. Es kann aber nicht sein, dass steigende Lohnkosten auf die Bewohner umgelegt werden. Der vdek berichtet, dass der Eigenanteil im Jahr 2024 um elf Prozent gestiegen ist. Die Kosten für das Pflegepersonal sind zum Januar 2025 um weitere sieben Prozent gestiegen, und zum Teil greift ein neuer Rahmenvertrag, der in verschiedenen Bereichen höhere Personalschlüssel vorsieht. Gute Pflege kostet Geld, selbstverständlich, und die Pflegekräfte haben Geld und Entlastung mehr als verdient. Trotzdem muss die Pflege auch für die Pflegebedürftigen bezahlbar sein. Wir dürfen nicht dabei zusehen, wie Menschen in einer ohnehin schon sehr verletzlichen Lebensphase auch noch in finanzielle Not geraten. Der Eigenanteil an den Kosten für Pflegeleistungen muss dringend gedeckelt werden.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Außerdem muss das Land seiner Verpflichtung nachkommen und die Investitionskosten übernehmen. Das wäre eine Entlastung von durchschnittlich 538 Euro im Monat.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Schleswig-Holsteinischer Landtag (20. WP) – 82. Sitzung – Donnerstag, 27. Februar 2025 6151

(Präsidentin Kristina Herbst)

Wir vertreten allerdings die Auffassung, dass Pflege eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist, sodass der Eigenanteil für die Pflegekosten langfristig entfällt. Unterkunft und Verpflegung bleiben selbstverständlich als Eigenanteil erhalten – das muss man auch zu Hause leisten; das ist klar. Die Entlastung bei den Ausbildungskosten würde circa 70 Euro im Monat betragen. Die SPD fordert deshalb eine Pflegevollversicherung, die sicherstellt, dass jeder Mensch die notwendige Unterstützung erhält, die er braucht. Das lässt sich über eine solidarische Bürgerversicherung, in der jeder und jede einzahlt, finanzieren. Das würde nicht nur den Kassen guttun, sondern unserer ganzen Gesellschaft.

Zudem sollten versicherungsfremde Leistungen nicht aus Mitgliedsbeiträgen, sondern aus Steuern finanziert werden.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Pflege darf nicht zur Armutsfalle werden. Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn Pflegebedürftigkeit in einem so reichen Land wie Deutschland zur Existenzfrage wird. Wir brauchen ein solidarisch finanziertes Pflegesystem.

Frau Abgeordnete!

Wir müssen die Pflegeversicherung nachhaltig finanziell stärken, um den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden. – Vielen Dank.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Andrea Tschacher das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pflege betrifft uns alle – als Gesellschaft, als Familien, als Einzelne. Jeder Mensch verdient eine würdevolle Pflege unabhängig vom Geldbeutel. Doch die Realität ist oft eine andere. Pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen stehen vor immer größeren finanziellen Belastungen. Die zu leistenden Eigenanteile in der stationären Langzeitpflege steigen kontinuierlich.

Ist es hinnehmbar, dass immer mehr Menschen zum Sozialamt gehen müssen, um Hilfe zur Pflege zu

beantragen, und dass Pflege für sie unbezahlbar wird? Ich sage ganz klar: Nein, das darf nicht sein.

(Beifall CDU und FDP)

Pflege ist eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit, und es ist unsere Verantwortung, entschlossen und nachhaltig zu handeln. Unser Ansatz ist eine finanzielle Entlastung und die Reform hin zu einer zukunftssicheren Pflegeversicherung. Mit unserem Alternativantrag setzen wir dabei an zwei entscheidenden Punkten an.

Erstens: finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Zweitens: eine nachhaltige Reform der Pflegeversicherung, die soziale und finanzielle Herausforderungen gezielt adressiert. Das sind keine neuen Themen für uns. Wir haben diese Anliegen bereits in zahlreichen Anträgen immer wieder betont.

Warum steigen die Kosten, und wen trifft es besonders? Die steigenden Pflegekosten belasten vor allem ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Angehörige, die sich aufopferungsvoll um ihre Liebsten kümmern. Die Ursachen dafür sind vielfältig – steigende Lebenshaltungs- und Energiekosten, höhere Personalkosten durch Tariftreue und Tarifsteigerungen.

Eine faire Bezahlung der Pflegekräfte ist absolut richtig und notwendig. Aber die Kosten dürfen nicht allein auf den Schultern der Pflegebedürftigen lasten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Heute zahlen Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner beim Einzug oft rund 3.000 Euro monatlich an anfänglichem Eigenanteil. Ein Großteil davon entfällt auf den einrichtungseinheitlichen pflegebedingten Eigenanteil. Aktuell übernimmt die Pflegekasse gestaffelte Anteile dieses Eigenanteils. Diese Regelung mindert das finanzielle Risiko für langjährige Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner.

Was tun wir in Schleswig-Holstein?