Protocol of the Session on September 22, 2023

Dann geht es um die Frage des Haushaltsentwurfs 2024 und der ZuLaMi. Natürlich werden wir als Ministerium, als Landesregierung alles dafür tun, dass diese Mittel für 2024 verstetigt werden.

(Annabell Krämer [FDP]: Bestätigt oder verstetigt?)

Das Entscheidende ist aber, dass wir diese Mittel, wenn wir zusätzliche Mittel für den Bereich der Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen haben wollen, im FAG festsetzen. Dazu sind wir in einem intensiven Austausch mit dem Innenministerium. Wir alle gemeinsam haben bei den letzten Verhandlungen zum FAG – das gesamte Parlament gemeinsam mit der Regierung – intensiv dafür gekämpft und dafür gesorgt, dass die Mittel im Frauenhausbereich steigen und um 2,5 Prozent dynamisiert werden. Wir können uns an der Stelle gegenseitig loben, dass wir uns gemeinsam dafür eingesetzt haben, dass das passiert. Es ist bei Weitem nicht so, dass man in dem Bereich nichts getan hätte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, Sybilla Nitsch [SSW] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Wir werden das in den kommenden Monaten natürlich im Rahmen der Haushaltsberatungen besprechen, so wie wir das bei jedem Verfahren machen. Von daher bin ich mir sicher, dass auch dieses Thema eine große Rolle spielen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist bitter, dass es die Notwendigkeit gibt, Frauen überhaupt zu schützen. Dass es notwendig ist, hat vor allem ein Fall in der letzten Woche wieder schmerzlich gezeigt. Dazu gehört, dass wir den Fokus weiter auf Präventionsarbeit, Opferberatung und Täterarbeit setzen. Aber ich sage in aller Deutlichkeit: Es braucht schärfere Instrumente.

Wir haben ein gutes Gewaltschutzgesetz, wir haben Maßnahmen wie die Wegweisung oder Näherungsverbote; aber man stellt immer wieder fest, dass all das oftmals nicht reicht. Deshalb finde ich die Fußfessel als schärfere Maßnahme völlig richtig und begrüßenswert. Ich persönlich bin es leid, dass Gewalt gegen Frauen bittere Realität ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, Sybilla Nitsch [SSW] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Wir müssen unsere Bemühungen verstärken, damit all das an Strukturen überhaupt nicht mehr notwendig ist. Ehrlicherweise muss das das politische und gesellschaftliche Ziel sein. Bis es soweit ist, ist es unsere gesellschaftliche und staatliche Verantwortung, geschlechtsspezifische Gewalt einzudämmen. Ich bin froh, dass wir das in Schleswig-Holstein im Schulterschluss tun. – Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, Sybilla Nitsch [SSW] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Ministerin hat die Redezeit um 52 Sekunden verlängert. Die stünden theoretisch den Fraktionen noch zur Verfügung, das wird aber nicht in Anspruch genommen.

Ausschussüberweisung ist, wenn ich es richtig sehe, nicht beantragt worden. Dann komme ich zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktionen von FDP, SSW und SPD, Drucksache 20/1225 (neu) – 2. Fassung – abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die antragstellenden Fraktionen von FDP, SSW und SPD. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Alternativantrag abgelehnt.

Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 20/1187 (neu), abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich frage noch einmal nach: Gegenprobe? – Enthaltungen? – Es ist einstimmig. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Ausweisung sicherer Herkunftsstaaten

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 20/1359 (neu)

Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten bestimmen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 20/1412

(Ministerin Aminata Touré)

Faire Rechtswege für alle Asylsuchenden

Alternativantrag der Fraktion des SSW Drucksache 20/1435

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann erteile ich zunächst dem Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion, dem Kollegen Christopher Vogt, das Wort.

Lieber Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben aktuell eine äußerst angespannte Lage, was den Migrationsdruck angeht. Das sehen wir in verschiedenen Teilen Europas. Das sehen wir ganz besonders in Deutschland. Unsere Kommunen, auch in Schleswig-Holstein, stehen unter massivem Druck und haben bereits eine gemeinsame Überlastungsanzeige an das Land gestellt.

Der gestiegene Migrationsdruck hat verschiedene Gründe. Ein Punkt ist: Die Türkei und auch Tunesien halten sich offenbar nicht an die Migrationsabkommen mit der EU; ich glaube, das kann man so feststellen.

Besonders große Sorge macht uns, dass Russland und Belarus wieder ein perfides Spiel mit Menschen in Not betreiben, indem sie Menschen einreisen lassen und dann Richtung Polen und Deutschland schicken, um uns unter Druck zu setzen. Wenn man ehrlich ist, ist das nichts anderes als eine Form der hybriden Kriegsführung auf dem Rücken von Menschen in Not, die wirklich ekelhaft ist und der wir begegnen müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP, CDU, SPD, und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es braucht verschiedene Instrumente, um dieser Situation angemessen begegnen zu können.

„Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich“,

hatte Joachim Gauck bereits 2015 als amtierender Bundespräsident zutreffend formuliert. Am vergangenen Wochenende hat sich Joachim Gauck im ZDF erneut mahnend zu Wort gemeldet: Er forderte notwendige Korrekturen in der Flüchtlingspolitik, um der Bevölkerung die Handlungsfähigkeit des Staates zu dokumentieren und damit dem Rechtsruck im Land zu begegnen. Wir bräuchten Zuwanderung, aber eben keine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme. Gauck verwies dabei auch auf Dä

nemark. Darüber kann man ja streiten, aber dort ist es gelungen, die Rechtspopulisten wieder extrem klein zu machen. Das sollte unser Ziel sein.

(Beifall FDP und Rasmus Vöge [CDU])

Uns bereiten nicht nur die Lage in unseren Kommunen, sondern auch der Rechtsruck, gerade im Osten mit Blick auf die Wahlen, massive Sorgen – wobei ich deutlich sagen will, dass es für den Rechtsruck noch mehr Gründe gibt, aber die Flüchtlingspolitik spielt eine zentrale Rolle.

Die Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsstaaten ist nur ein Instrument, um irreguläre Migration zu reduzieren, aber sie ist ein wichtiges Instrument. Der Beschluss der Bundesregierung zur Ausweisung von Moldau und Georgien als sichere Herkunftsstaaten ist richtig, und Schleswig-Holstein darf diesem Beschluss im Bundesrat nicht die Zustimmung verweigern.

Wir haben dies bereits bei der Landtagstagung im Juni 2023 gefordert, zumal der Ministerpräsident dem Vorhaben auf einer Ministerpräsidentenkonferenz im Mai 2023 bereits zugestimmt hatte. Die CDU verwies im Juni 2023 jedoch noch wie die Grünen darauf, dass man sich im Bundesrat enthalten werde, da man sich nicht einig sei. Die Grünen erklärten sogar, dass das Vorhaben der Bundesregierung gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Menschenrechte verstoße – sehr zu unserem Erstaunen. Ministerin Touré erneuerte kürzlich die Ankündigung, dass man sich im Bundesrat enthalten werde.

Ich habe mich schon im Juni 2023 darüber gewundert, wie der Ministerpräsident den Menschen erklären will, dass seine Union zwar immer wieder – und zwar zu Recht – erhebliche Korrekturen in der Flüchtlingspolitik fordert, er dann aber der Bundesregierung bei der nächsten Gelegenheit die Unterstützung versagt, obwohl er hier im Parlament kurz vor der absoluten Mehrheit steht und es im Landtag dafür eine Mehrheit gibt.

(Beifall FDP)

Insofern geht es hier auch ganz konkret um die Glaubwürdigkeit des Ministerpräsidenten und seiner Partei. Das muss Daniel Günther kürzlich – mit Blick auf den Kalender und den bevorstehenden CDU-Landesparteitag – auch aufgefallen sein. Das war schon ein ziemlich robustes Manöver gegenüber dem Koalitionspartner, als er dann erklärte, dass er sich nicht mehr vorstellen könne, dass man die Regelung im Koalitionsvertrag einhalte

(Vizepräsident Peter Lehnert)

und sich bei diesem Thema im Bundesrat enthalten werde.

Ich finde das in der Sache richtig, es entspricht ja unserer inhaltlichen Forderung. Aber das ist natürlich ein Vorgang, wie wir ihn in den letzten Jahren nicht erlebt haben. Die Grünen haben sich der Ansage des Ministerpräsidenten erstaunlich schnell und kleinlaut gebeugt und sich gegen ihre Überzeugung und für die weitere Regierungsbeteiligung entschieden. Der Koalitionsvertrag von SchwarzGrün ist damit endgültig Makulatur geworden. Eine solche Aktion wird nicht ohne Folgen bleiben, auch wenn CDU und Grüne jetzt etwas anderes beteuern.

Meine Damen und Herren, es wird in der Migrationspolitik weitere Maßnahmen brauchen. Auch die drei Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko sollten aus unserer Sicht als sichere Herkunftsstaaten ausgewiesen werden. Das fordern wir heute in unserem Antrag.

(Beifall FDP)

Zudem soll aus unserer Sicht der EU-Asylkompromiss umgesetzt werden. Es braucht weitere Abkommen und mehr Druck auf bestehende Partner, siehe Tunesien und Türkei. Die EU-Außengrenze muss besser gesichert werden, gerade auch mit Blick auf Polen und Belarus. Es braucht konsequentere Rückführungen von Menschen ohne Bleibeperspektive. Es braucht mehr Anreize für freiwillige Ausreisen. Es sollte über Sach- statt Geldleistungen und darüber gesprochen werden, wie die Leistungen insgesamt ausgestaltet sind. Das fordern auch die Kommunen und der Deutsche Landkreistag in den letzten Tagen.

Es braucht einen Pakt zwischen Bund und Ländern, also zwischen den vier großen staatstragenden Parteien in Deutschland, beim Thema Migrationspolitik, um dem Rechtsruck in unserem Land zu begegnen und den Problemen Herr zu werden. Länder werden mit den Kommunen weitere Maßnahmen umsetzen müssen. Schleswig-Holstein sollte dabei eine konstruktive Rolle spielen. Das ist auf jeden Fall unser Wunsch, das ist der Wunsch der Menschen in unserem Land. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Kollegin Seyran Papo das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon einmal über die Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten gesprochen, und ich habe schon einmal das Folgende gesagt.

Der Kern der Idee der sicheren Herkunftsstaaten ist, dass denen geholfen wird, die am hilfsbedürftigsten sind. Wir sind in einer Situation, in der unsere Kapazitäten begrenzt sind und in der wir Entscheidungen treffen müssen. Diese Situation ist ein Stück weit paradox, weil Entscheidungen, die uns menschlich schwerfallen, dennoch richtig sein können. Genauso geht es mir und – ich glaube – auch vielen anderen bei der Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten.

Die Gründe von Menschen aus Georgien und Moldau, die einen Antrag auf Asyl stellen wollen, werden wir nicht relativieren. Jeder einzelne Mensch mit seiner Geschichte zählt.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])