Protocol of the Session on August 28, 2020

(Minister Jan Philipp Albrecht)

danken möchte, vor allem bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des zuständigen Ministeriums, die eine sehr gute Arbeit geleistet haben.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die Umsetzung im kommunalen Bereich wurde der IT-Verbund Schleswig-Holstein gegründet, welcher die Umsetzung in den einzelnen Kommunen betreut. Hier setzen wir gemeinsam mit den Kommunen ein absolutes Zukunftsprojekt um.

Erfolgreich wird das Projekt aber nur sein, wenn es auch anwenderfreundlich gestaltet wird. Die Bürgerinnen und Bürger müssen es annehmen wollen. Das funktioniert in der Regel nur, wenn die Plattform verständlich gestaltet ist und vor allen Dingen zuverlässig funktioniert.

Zudem - auch das ist ganz wichtig - hat die IT-Sicherheit einen hohen Stellenwert. Denn nur sichere Plattformen schaffen bei den Nutzern Vertrauen, was gerade zwischen dem Staat und seinen Bürgern ganz wichtig it. Deswegen hat IT-Sicherheit höchste Priorität.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Meine Damen und Herren, mit dem OZG gestalten wir in Echtzeit im laufenden Betrieb Zukunft und entwickeln eine neue Welt von Verwaltung.

Auch wenn auf dem Weg dahin noch viel zu tun ist, bin ich mir sicher, dass die Digitalisierung der Verwaltung ein Erfolg wird.

Neben all der Hoffnung und dem Enthusiasmus für Digitalisierung und Fortschritt möchte ich noch auf eine wichtige Sache eingehen: Wir müssen immer darauf achten, dass wir auf dem Weg nach vorne niemanden zurücklassen und uns stets unserer sozialen Verantwortung in der Digitalisierung bewusst sind, einer Verantwortung, die wir für all diejenigen übernehmen, die sich in der digitalen Welt nicht zurechtfinden. Das gehört auch dazu. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Professor Dr. Heiner Dunckel.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, zunächst vielen Dank

für Ihren Bericht. In der Tat, die Coronapandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung auch von Verwaltungsleistungen ist und welchen Nachholbedarf wir insoweit noch haben. Ich hoffe auch, dass durch die Pandemie die Bereitstellung effizienter digitaler Bürgerdienste auf allen Ebenen einen weiteren Push erhält.

Auch in Schleswig-Holstein - Sie haben es bereits gesagt - möchte ein Großteil der Menschen Anträge bei Behörden online stellen, ob es die Anmeldung oder Ummeldung des Wohnsitzes, das Kindergeld, der neue Personalausweis und so weiter und so fort sind, alles das soll online geschehen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass etwa die Hälfte der Menschen den direkten Kontakt zu ihrer Verwaltung nicht missen mag. Vor gut einem Jahr habe ich schon an dieser Stelle festgestellt, dass die Umsetzung des Gesetzes mehr als schleppend verläuft. Die Überschriften kennen Sie. Auch jetzt ebbt die Kritik nicht ab, auch wenn sie sich etwas verschoben hat. Untersuchungen und Berichte stellen fest, dass die Kommunen verunsichert sind, sich nicht mitgenommen und sich nicht ausreichend in die Landes- und Bundesaktivitäten einbezogen fühlen, klare Absprachen und verlässliche Zusagen vermissen und die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, kurz OZG, für wenig bürgerfreundlich halten.

Ein zentrales Problem scheint aber zu sein, dass das Personal, die Menschen in den Kommunen, die das OZG ja tagtäglich umsetzen sollen, nicht mitgenommen werden. Die Zahlen für Schleswig-Holstein sind noch nicht konkretisiert, aber ich befürchte, dass das Bild nicht großartig anders ist.

Dem Minister ist darin Recht zu geben, dass Digitalisierung im Allgemeinen und das OZG als Teil davon nicht nur eine technische Maßnahme sind, sondern, wie Sie immer gesagt haben, bedeutet, dass wir unsere Art, zu leben, zu wirtschaften und den Staat verwalten, nicht nur radikal hinterfragen, sondern auch tatsächlich ändern werden.

Digitalisierung wie auch die Umsetzung des OZG ist eine soziotechnische Maßnahme, die umfassende Transparenz, Beteiligung und Akzeptanz insbesondere der Beschäftigten sowie der Bürgerinnen und Bürger verlangt. Hier besteht das größte Manko. Zumindest in Ihrem Bericht habe ich dazu nur wenig gehört. Genau genommen war es lediglich ein technischer Bericht.

Meine Skepsis wird auch durch entsprechende Veröffentlichungen genährt. Sehen Sie sich das Vorgehensmodell des ITVSH an: Dies ist nun wahrlich ein technisch getriebenes Vorgehensmodell, das in

(Ole-Christopher Plambeck)

Formulierungen wie „fabrikmäßige Umsetzung einfacher Antragsprozesse“ gipfelt.

Das Verständnis einer soziotechnischen Systemgestaltung mit wesentlichen Komponenten wie Beteiligung, Quantifizierung oder Personalmanagement fehlt weitgehend. Auch in Ihrem Bericht habe ich dazu nur wenig gehört.

Nun frage ich es doch: Wo wird das in Ihrem Konzept thematisiert? Wo werden die Bürgerinnen und Bürger, die Kommunen und die Beschäftigten radikal beteiligt? Die Bürgerinnen und Bürger haben es verdient, deutlich besser informiert und beteiligt zu werden, wenn es denn um eine, wie Sie sagen, radikale Veränderung unserer Art geht, zu leben und zu wirtschaften.

(Beifall SPD)

Aus der Software- und Technikentwicklung kennen wir seit Jahren, seit Jahrzehnten Beteiligungskonzepte und -verfahren. Von diesen habe ich von Ihnen nichts gehört.

Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin noch einmal aus dem Vorgehensmodell des ITVSH zitieren:

„Für die fabrikmäßige Umsetzung werden einige wenige kommunale Mitarbeiter benötigt, um die strukturellen Verschiedenheiten (Organisation, Fachverfahren) widerzuspiegeln.“

Sehr geehrter Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, Beteiligung der Beschäftigten sieht wahrlich anders aus. Was wir aber bei der Digitalisierung der Verwaltung brauchen, ist die Akzeptanz der Beschäftigten sowie der Bürgerinnen und Bürger. Ich hatte schon bei der Debatte im letzten Jahr gesagt, die Bürgerinnen und Bürger müssen sich einen Überblick darüber verschaffen, wie sie die digitalen Angebote nutzen können, sie müssen eine Haltung entwickeln können und die Vorteile sehen. Die Coronapandemie hat hier sicherlich einiges beschleunigt. Aber das entledigt Sie nicht, weiter für Transparenz, Beteiligung und Akzeptanz zu sorgen.

(Beifall SPD)

Was wir unbedingt brauchen: Wir müssen die Beschäftigten nicht nur mitnehmen, sondern wir müssen sie auf allen Ebenen beteiligen. Um es konkret zu machen: Wir müssen auf allen Ebenen ein Management haben, das für das Verständnis bezüglich der digitalen Prozesse wirbt. Wir brauchen eine ordentliche Projektplanung. Wir brauchen Iterationsrunden, nutzerzentriertes Vorgehen, Reflexionsrunden und Retros. Wie gesagt, diese Verfahren kennen

wir alle. Sie sind bekannt. Sie müssen nur gemacht werden. Ich denke, wir sind gut beraten, im Innenund Rechtsausschuss darüber zu beraten, wie wir die Bürgerinnen und Bürger und die Beschäftigten bei der digitalen Revolution mitnehmen und beteiligen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Joschka Knuth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, in der Tat, die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes ist nicht profan. Und ja, es ist ein sehr spezifisches Thema. Dabei geht es uns doch alle an. Wir haben das anhand der Beispiele, die hier genannt wurden, schon gesehen. Ich glaube, man kann nicht oft genug betonen, wie relevant das ist und wie relevant die Tatsache, dass es uns alle angeht, auch hinsichtlich der Komplexität der Umsetzung ist; denn zwischen der Umsetzung des OZG nach reinem Gesetzestext und dem, was für uns Bürgerinnen und Bürger am Ende tatsächlich ein Fortschritt ist, auch was die Interaktion mit der Verwaltung und die Erleichterungen für die Verwaltung angeht, gibt es wirklich meilenweite Unterschiede. Deshalb ist dieses Verfahren so interessant.

Ich habe mit dem Kollegen Tietze in der Mittagspause über die Beantragung einer Ersatzgeburtsurkunde diskutiert. Das ist ein ganz schönes Beispiel. Wenn Sie eine Ersatzgeburtsurkunde bestellen wollen, können Sie das nur in der Gemeinde tun, in der Ihr Kind oder Sie selber auch geboren worden sind. Sie füllen da dann den Antrag auf Ausstellung einer Ersatzurkunde aus und müssen sie im Regelfall auch noch selber physisch abholen. In Zukunft wird es nach der Lösung im Gesetz so sein, dass Sie online einen Antrag stellen und Ihnen das zugesandt wird. Aber die optimale Umsetzung des OZG würde so aussehen - das ist das, worauf wir immer hinauswollen -, dass Sie ein Online-Bürgerkonto haben, in der die Geburtsurkunde drin ist, sodass Sie sie jederzeit bei Bedarf herunterladen können und das Ersatzdokument haben.

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dieses kleine Beispiel kann man jetzt über alle mehr als 7.000 - oder sind es über 6.000? - Verwaltungsverfahren und -leistungen deklinieren, die es am Ende geben wird. Ich glaube, wir haben mittler

(Dr. Heiner Dunckel)

weile fast 1.000 OZG-Leistungen, und bei den LeiKa-Leistungen sind es deutlich mehr.

Wenn Sie sich dann vorstellen, was es für ein Aufwand für die deutsche Verwaltung ist, dieses Verfahren über alle Bundesländer, über die Bundesverwaltung und über alle kommunalen Verwaltungen zu legen und sich zu überlegen, wie man diesen Prozess im besten Sinne im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, der Verwaltung, aber auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit auf den verschiedenen Verwaltungsebene digitalisieren kann, dann zeigt sich, weshalb das nicht profan und weshalb es meiner Meinung nach auch eines der spannendsten politischen Vorhaben unserer Zeit ist.

Damit ist es auch eines der Verfahren, die am meisten Chancen bergen; denn nicht nur hinsichtlich der Geburtsurkunde kann ein solch einfaches Verfahren gewählt werden, sondern auch bei vielen anderen Vorgängen, beispielsweise bei der Abgabe zum Deutschen Weinfonds. Auch das ist ein sehr interessantes Beispiel. Da gibt es ein echtes Problem in der Interaktion zwischen den Gemeinden. Jeder Mensch, der einen Weinberg hat oder auf einem Weinberg etwas anbaut, muss nämlich eine Meldung an die deutsche Weinbaukartei beziehungsweise an die europäische Weinbaukartei vornehmen. Das findet sogar in Schleswig-Holstein statt, da es auch hier Weinanbau gibt.

Diese Meldung wiederum löst zweierlei aus: Erstens muss derjenige oder diejenige, die den Berg hat, Gebühren für den Berg entrichten. Aber vor allen Dingen muss der- oder diejenige eine Abgabe an den Deutschen Weinfonds leisten. Der Deutsche Weinfonds - wir haben davon in den letzten Wochen in den Medien öfter gehört - ist eine Instanz, die dafür da ist, für den deutschen Weinbau Werbung zu betreiben. Das Spannende ist jetzt: Diese Meldung zur europäischen Weinbaukartei geht über die Länder an die Europäische Kommission. Die Berechnung der Abgabe erfolgt allerdings in den seltensten Fällen über die Länder, sondern im Regelfall sogar über die Gemeinden, insbesondere in Rheinland-Pfalz. Das führt dazu, dass die Informationen zwischen den Verwaltungen kompliziert hinund hergeschickt werden müssen beziehungsweise von denjenigen, die den Berg in Rheinland-Pfalz haben, doppelt gemeldet werden müssen, obwohl das doch Informationen sind, die die öffentliche Hand längst hat.

Dieses Beispiel zeigt, dass wir beim OZG nicht nur an das Digitalisieren von für die Bürgerinnen und Bürger offensichtlichen Verfahren denken müssen, sondern dass sich aus dem OZG ein ganz spannen

der Handlungsauftrag für uns alle ableitet: Wir müssen die Zusammenarbeit, den Informationsaustausch zwischen den Verwaltungsbehörden und zwischen den Behörden und den Bürgerinnen und Bürgern neu denken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dennys Bornhöft [FDP])

Damit komme ich zu dem entscheidenden Punkt. Das ist genau das, was wir hier in Schleswig-Holstein machen, wobei uns die Strukturen nicht nur im beim MELUND angesiedelten ZIT sehr erfolgreich unterstützen, sondern wobei uns vor allen Dingen auch die Struktur des ITVSH sehr hilft; denn der ITVSH bündelt die kommunalen Erfahrungen und Kompetenzen. Das ist eine in Deutschland einmalige Konstruktion. Jetzt muss ich den ITVSH nicht verteidigen, weil es keine Landesinstitution, sondern ein kommunaler Zusammenschluss ist. Nichtsdestotrotz halte ich es für ein gutes Gremium, bei dem wir immer wieder merken, zu welchen Effizienzen im System das führt.

Da können wir überhaupt nichts gegen die fabrikartige Produktion von Leistungen sagen; denn das Einmalerstellen der Leistungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger erfolgt in sehr komplizierten und ausführlichen Beteiligungsformaten, und da werden die Erfahrungen der einzelnen Kommunen gebündelt. Dass man, um diese Leistung in die Mehrfachnutzung für alle anderen Kommunen in SchleswigHolstein zu bringen, diese fabrikartig produziert und reproduziert, ist doch genau richtig, um diese Effizienzen zu heben.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Ich hoffe sehr, dass wir das ganze OZG-Verfahren im Sinne des Hebens von Effizienzen, was die Zusammenarbeit der Verwaltung und insbesondere die Kommunikation der Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürger angeht, weiter diskutieren und vor allen Dingen weiter bearbeiten. Ich finde, wir sind hier unheimlich gut aufgestellt, und freue mich auf die weitere Debatte. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)