Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als seinerzeit bekannt wurde, dass bundesweit 62 Filialen des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof geschlossen werden sollen, war dies natürlich ein Schlag ins Kontor für die Beschäftigten und die Menschen, die dort arbeiten und deren Existenzen davon abhängen. Wohl wissend, dass sich der Konzern bereits lange vorher in einer wirtschaftlichen Schieflage befunden hat, hat die Coronakrise die Situation natürlich noch einmal immens verschlechtert.
Für Schleswig-Holstein bedeutet das nun, dass vier der insgesamt fünf Filialen geschlossen werden sollen, die Niederlassungen in Flensburg, Neumünster, Lübeck und Norderstedt.
Für die betroffenen Städte ist dies natürlich ein erheblicher Einschnitt, schließlich hat das Auswirkungen auf die entsprechenden Standorte. Als Flensburger weiß ich: Karstadt ist immer noch ein Einkaufsmagnet und prägt das Bild der Ladenstraße. Dieses würde erheblich beeinträchtigt werden,
Daher hat es mich überrascht zu erfahren, dass die betroffenen Standorte in Schleswig-Holstein in die kritischen Cluster Eins und Zwei gewertet wurden, was die Lage natürlich nicht einfacher macht. Mir ist bekannt, dass im Wirtschaftsausschuss bereits im Juni unter anderem von der Landesregierung zur Situation berichtet wurde. Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei der Landesregierung bedanken, dass sie zeitnah das Gespräch mit den Betroffenen gesucht hat.
Aber das darf jetzt auch nicht das Ende des Engagements sein, das muss auch ganz klar sein! Der Konzern befindet sich seit Juli 2020 im Insolvenzverfahren, und jetzt muss es darum gehen, einen Rettungsplan aufzustellen, der auch den Beschäftigten eine Perspektive bietet.
Damit sind wir auch schon beim Antrag der SPD. Wir unterstützen den ersten Punkt des Antrags, denn eines dürfte deutlich geworden sein: So einfach lassen sich die Filialen nicht retten. Das heißt, für den Fortbestand der von der Schließung bedrohten Filialen brauchen wir individuelle Lösungsansätze, um sie dann auch nachhaltig retten zu können. Die zaubert man aber nicht mal eben so aus dem Hut; dafür müssen sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Das ist kein unmögliches Unterfangen, denn mittlerweile wurden bundesweit einige Filialen von der Schließungsliste gestrichen. Das ist ein Erfolg intensiver Verhandlungen zwischen der Unternehmungsleitung, dem Generalbevollmächtigten und der Gewerkschaft ver.di. Diese Chance sollten wir auch für die Filialen in Schleswig-Holstein wahrnehmen.
Auch Punkt zwei des SPD-Antrages findet die Unterstützung des SSW. Dies ist seinerzeit im Ausschuss auch eine Bitte der Gewerkschaft an die Politik gewesen. Durch die Coronakrise haben auch andere Unternehmen wirtschaftlichen Schaden davongetragen. Das heißt, für die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof wird es nicht einfach, wieder in ein vergleichbares Beschäftigungsverhältnis gerade im Einzelhandel zu kommen. So ehrlich sollten wir dabei schon sein. Aber gerade darum
wäre es richtig und wichtig, den Beschäftigten eine längere Übergangsphase zu gewähren, um ihnen bessere berufliche Perspektiven bieten zu können.
Nun zum Knackpunkt des SPD-Antrages und weshalb wir uns bei der Abstimmung enthalten werden: Wir teilen nicht den Ansatz, dass das Land mit einem Sofortprogramm den Städten und Kommunen zur Seite springen soll, um Ladenleerstände in der Folge der Coronapandemie zu verhindern. Wir sehen gerade darin die Gefahr, dass leerstehende Ladenlokale zu Spekulationsobjekten werden und die Kommunen und Städte auf diesen Immobilien dann teuer sitzenbleiben.
Wir wissen, dass in manchen Städten die Mieten und Pachtpreise für Ladenlokale zum Teil immens hoch sind. Das hat auch Galeria Karstadt Kaufhof zu spüren bekommen. Daher sehen wir auch die Notwendigkeit für eine größere Verhandlungsbereitschaft vonseiten der Vermieter. Sie haben zum Teil mit überteuerten Mieten über Jahre gut verdient, und daher sehen wir auch diese in der Verantwortung mitzuhelfen, dass die Innenstädte nicht aussterben.
Damit sind wir auch beim zweiten Antrag der SPD, in dem es um die Verödung der Innenstädte geht. Richtig ist, dass die Innenstädte bereits gelitten haben, nachdem die ersten großen Einkaufparks auf der grünen Wiese am Rande der Stadt gegründet wurden. Das konnten wir zuletzt auch in Flensburg verzeichnen, nachdem beispielsweise der CITTIPARK ausgeweitet wurde. Das Angebot dort ist ausgewogen, Parkplätze sind genügend vorhanden, und der Kunde erspart sich die Fahrerei in die Innenstadt mit all ihren potenziellen Unannehmlichkeiten, nämlich auch der Parkplatzsuche. Das müssen wir auch ehrlich so sagen.
Das haben die Ladenbesitzer in der Flensburger Innenstadt durchaus zu spüren bekommen. Das ist ein zentraler Punkt der Problematik. Um das klar zu sagen: Ich rede hier nicht gegen die Einkaufszentren auf der grünen Wiese, aber wir können sie eben auch nicht außer Acht lassen. Das heißt, bei neuen Konzepten und Managementplänen für die Innenstädte müssen wir sie mitdenken.
In Flensburg gibt es einen Workshop zum Thema Innenstadt-Management. Dort werden die Probleme herausgearbeitet wie der genannte Fall mit der grünen Wiese. Weiter wurde festgestellt, dass die Ein
zelhandelsflächen in der Innenstadt teilweise zu groß sind und damit am Bedarf vorbeigehen. Natürlich spielen Onlinehandel und Mieten auch eine Rolle. Die Problemfelder sind also vielfältig. Daher ist es gut und richtig, dass die Städte damit anfangen, Konzepte zu entwickeln, wie sie ihre Innenstadt planen und gestalten wollen. Dafür muss aber der Wille aller Beteiligten vor Ort vorhanden sein, eventuell neue Wege und Möglichkeiten zu denken. Dies ist in erster Linie eine kommunale Aufgabe, bei dem das Land Hilfestellung leisten kann. Es ist aus unserer Sicht jedoch nicht erforderlich, dass sich dies im FAG widerspiegelt.
Der Antrag der SPD hat viele gute Lösungsansätze, die es wert sind, im Ausschuss vertieft zu werden. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den Kurzbeiträgen. Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Özlem Ünsal.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liege Kolleginnen und Kollegen! Vorab vielleicht eine kleine Anmerkung in Richtung meines geschätzten Kollegen Joschka Knuth: Ich möchte ausführen, dass Arbeitsplätze eben keine Handelsware sind, die sich gut eignet, jetzt irgendwie gegen die Mobilitätswende oder den Klimawandel und sonstige Prozesse in der Innenstadtentwicklung aufgewogen zu werden. Das möchte ich hier ausdrücklich einmal ansprechen.
Auch noch der Hinweis: Ich habe jetzt tatsächlich relativ wenig von Ihnen dazu gehört, was Ihre Alternativen zu den Innenstadtentwicklungskonzepten und zu unseren Vorschlägen sind, auch wenn Sie ständig den Hinweis gegeben haben, dass wir es im Ausschuss debattieren.
Dennoch glaube ich, dass die Rettung unserer Innenstädte möglich und dringend angezeigt ist. Wir haben - Frau Midyatli hat es vorgestellt - unterschiedliche Punkte aufgeführt. Aber es braucht eben auch ein starkes Netzwerk. Das ist einer der Kernpunkte, die ich gern noch einmal herausstellen möchte. Es braucht auch schon die Möglichkeit für die Kommunen - auch wenn es viele von Ihnen anders sehen -, Leerstände zu koordinieren, aufzukaufen und einer eigenen Nutzung zuzuführen. Wir
All das erfordert sicherlich auch Einschnitte, aber nicht nur seitens der öffentlichen Hand. Wir brauchen eben auch geringere Mieten. Da sind insbesondere die Immobilieneigentümer ganz entscheidende Akteure, die wir an dieser Stelle noch stärker als bisher in die Innenstadtentwicklung einbauen müssen.
Am Ende sind neben Vielfalt und Qualität, wie wir heute gehört haben, Handel, Gastronomie, kultureller Bereich und Wohnen die entscheidenden Faktoren. Wir müssen aber auch sehr genau gucken, dass wir die exklusiven, stadtbelebenden Angebote hervorziehen. Ich weiß auch aus unseren vielfältigen Debatten in den Kommunen, dass da sehr gute Konzepte vorliegen, die aber eben nicht aus dem eigenen Bestand heraus realisiert werden können, insbesondere, weil die finanziellen Mittel fehlen, aber auch, weil die Netzwerke viel besser koordiniert werden müssen. Da kann sicherlich auch das Land einen aktiven Beitrag leisten.
Wir müssen insgesamt - alle Beteiligten zusammen - viel mehr miteinander reden. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es Mieteinbußen geben wird. Ich glaube, das ist ein ganz elementarer Punkt bei dieser Debatte. Deswegen dürfen wir in dem Bereich, was unsere Partner vor Ort angeht, nicht rumpokern, die höchsten Mieten vor Ort zu kriegen, sondern alle, die ein Interesse daran haben, dass die Innenstädte noch gerettet werden können und nicht veröden, müssen genau diesen Punkt gemeinsam hervorbringen: Mieteinbußen in Kauf zu nehmen, in der Perspektive aber etwas zu generieren, was wieder zu mehr Konsum, zu mehr Einkauf und zu einer Aufwertung der Innenstädte und folglich auch zu mehr Boom innerhalb der Wirtschaft führt.
Insgesamt möchte ich anmerken, dass alle Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass eben auch Innenstadtentwicklung ein Teil der Gemeinwohlökonomie und des Gemeinwohls werden muss. Darüber möchte ich gerne mit Ihnen intensiver an den richtigen Stellen diskutieren - ob es im Ausschuss oder bei anderen Gelegenheiten ist.
Deshalb lassen Sie uns gemeinsam in diesem Sinne diskutieren und die Innenstädte stärken! Am Ende wollen wir starke Städte und starke Ortszentren. Dazu braucht es diese Debatte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Lehnert hat gerade behauptet, dass die Zeit der Kaufhäuser alter Prägung zu Ende gehe. Kollege Knuth hat sogar festgestellt, dass die Konzepte verstaubt seien.
Lieber Kollege Knuth: Ich hätte großen Spaß, mit Ihnen zusammen in Flensburg mit den Kolleginnen und Kollegen, dem Betriebsrat, den Beschäftigten, den Bürgerinnen und Bürgern, den Gewerkschaften darüber zu diskutieren, dass die Konzepte verstaubt sind. Wir kommen gleich noch einmal dazu.
Wir haben in Flensburg in der Tat viele Gespräche mit den Beschäftigten, mit dem Betriebsrat, den Gewerkschaften, aber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern geführt. Wir konnten feststellen: Erstens, das Haus in Flensburg schreibt schwarze Zahlen.
Wir konnten zweitens feststellen, dass es Konzepte gibt, die vom Betriebsrat in Kooperation mit der lokalen Filialleitung erstellt wurden, die aber leider von der Konzernleitung nicht zur Kenntnis genommen worden sind. Diese Konzepte sind es durchaus wert, einmal vernünftig geprüft zu werden.
Kollege Dirschauer hat es gerade gesagt: Wir haben festgestellt, dass Karstadt in Flensburg durchaus nach wie vor ein Publikumsmagnet für die Touristinnen und Touristen aus Dänemark ist. Das ist vielleicht auch der Grund, warum dort schwarze Zahlen geschrieben werden.
Wir fordern, dass die Schließungen wenigstens verschoben werden, damit diese Konzepte der Beschäftigten und Gewerkschaften überhaupt zur Kenntnis genommen und geprüft werden können.
Ich kann nur noch einmal feststellen: Das ist mit hohem Engagement der Beschäftigten - auch in ihrer Freizeit - gemacht worden. Sie wollen nämlich ihre Arbeitsplätze und Karstadt in Flensburg erhalten. Wir konnten uns davon überzeugen. Dazu gehört natürlich auch, dass die Städte ihren Beitrag
leisten. Zumindest für Flensburg kann ich feststellen, dass sich die Stadt auf den Weg gemacht hat. Sie kennen die Diskussion um eine Veränderung der Verkehrsführung, das ist nicht so ganz ohne, geschieht aber genau mit dem Blick auf Karstadt.
Es ist Christian Dirschauer durchaus zuzustimmen: Wir brauchen für die verschiedenen Standorte individuelle Lösungen. Zumindest für Flensburg sind sie möglich. Ich glaube, das gilt auch für die anderen Standorte. - Vielen Dank.