Protocol of the Session on August 27, 2020

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und: Wir haben beste Aussichten, am Ende als Pioniere davon wirtschaftlich zu profitieren und langfristige Ansiedlungen von Zukunftstechnologien zu erreichen. Der große Erfolg, dass wir das Wasserstoffreallabor Deutschlands an beziehungsweise in das Land holen konnten, zeigt: Wir sind bestens für eine radikale Vorreiterposition vorbereitet.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Diese gilt es nun auch beherzt zu ergreifen. Deshalb werden wir in den kommenden Wochen die Wasserstoffstrategie des Landes auf den Weg bringen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört!)

Wir wollen Vorreiter beim grünen Wasserstoff werden. Damit dies gelingt, müssen wir natürlich auch die erneuerbaren Energien ausbauen, insbesondere die Windenergie. Dazu ist der heute gefasste Beschluss ein wichtiger nächster Schritt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

In richtige, zukunftsweisende Technologien beherzt einzusteigen heißt aber auch, sich von den falschen, den Wandel blockierenden Technologien zu verabschieden und entsprechende Fehlanreize konsequent zu beseitigen.

Meine Damen und Herren, ich war in diesem Sommer mit meinen Kindern ein paar Tage auf Pellworm und habe mit ihnen die Spuren Rungholts erkundet. Als die Menschen in dieser vor 660 Jahren noch blühenden Hafenstadt von den Wassermassen überrascht wurden, hatten sie wenig Möglichkeiten, sich gegen ein solches Ereignis zu wappnen. Wir allerdings wissen bis ins letzte Detail genau, was auf uns zukommt und was wir tun müssen, um Schlimmstes zu verhindern.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Das ist doch nicht wahr! So ein Unsinn!)

Wir tragen hier und heute Verantwortung, unseren Kindern ein dramatisches Schicksal zu ersparen. Dieser Verantwortung wollen und müssen wir in Schleswig-Holstein gerecht werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Deshalb bin ich froh, dass wir uns als Jamaika-Koalition klar dazu bekannt haben, alle notwendigen Schritte zu ergreifen, um die Pariser Klimaziele für Schleswig-Holstein einzuhalten. Ich bin froh, dass wir uns einen ambitionierten Klimaplan vorgenommen haben, der den Weg der Energiewende bis zum Jahr 2040 beschreibt und damit die Vorreiterposition unseres Landes bei den Klimaschutzbemühungen manifestiert.

Ich bin auch froh, dass wir mit dem bundesweit einzigartigen und vorbildlichen Programm zum biologischen Klimaschutz einen enormen Beitrag zur Stärkung unserer natürlichen Treibhausgassenken, vor allem der Moore und der Wälder im Land, leisten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Sandra Redmann [SPD])

Wir werden damit unserer besonderen Rolle als landwirtschaftlich geprägtes Land gerecht, das auch langfristig zu den Emittenten gehören wird, weil die Nutzung von Böden immer eine Treibhausgasquelle bleiben wird.

Klar ist aber, dass wir gerade in der Landwirtschaft unsere Emissionen erheblich werden senken müssen. Unsere Landwirtinnen und Landwirte werden wir in Zukunft daher auch für ihre Tätigkeiten als Klimawirtinnen und Klimawirte entlohnen. Aber auch das kann nur ein Baustein von vielen sein, um die Ziele beim Klimaschutz tatsächlich zu erreichen.

Deshalb, meine Damen und Herren, werde ich in den kommenden Wochen und Monaten im Zuge einer Evaluation und Novelle unseres Klimaschutzund Energiewendegesetzes eine Reihe von weiteren Maßnahmen präsentieren, damit wir die von Paris gesteckten Ziele auch tatsächlich erreichen. Dazu gehört auch, dass es notwendig werden kann, die im Gesetz vorgesehenen Reduktionsziele von 55 % bis 2030 und 70 % bis 2040 anzuheben und unsere Maßnahmen bereits jetzt an einem ambitionierteren Reduktionspfad auszurichten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden als Klimaschutzministerium in diesem Sinne gemeinsam mit den anderen Ressorts einen umfassenden Klimaschutzplan für Schleswig-Holstein erarbeiten. Gerade im Lichte der Coronapandemie ist es doch entscheidend, dass wir die Notwendigkeit eines echten Generationenpaktes anerkennen. Ohne Zweifel ist es notwendig und richtig, in einer nie dagewesenen Mobilisierung von finanziellen Mitteln auch auf Kosten künftiger Genera

(Minister Jan Philipp Albrecht)

tionen die Folgen der Pandemie abzudämpfen und wirtschaftliche Erholung zügig zu ermöglichen. Aber ebenso ist es ohne Zweifel notwendig und richtig, jetzt die Weichenstellung zu einer vollständig treibhausgasneutralen Wirtschaft und Gesellschaft vorzunehmen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um die gesetzten Klimaziele in jedem Fall zu erfüllen und damit massive Folgeschäden für künftige Generationen abzuwenden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns verhindern, dass vielleicht schon die Kinder unserer Kinder fragen müssen, warum wir gegen diese absehbare Katastrophe so wenig unternommen haben.

Diese Anstrengung werden wir nur gemeinsam mit allen demokratischen Kräften erreichen. Klimaschutz ist längst keine Frage der Parteifarbe mehr. Das Erreichen der Klimaschutzziele ist eine existenzielle Frage, die uns alle angeht und von uns allen Handeln erfordert, übrigens auch von den Wissenschaftsleugnern der Rechten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Danke schön für die Wahrheit!)

Deshalb haben wir dies in unserer Koalition auch als klares Ziel verankert, und deshalb bitte ich Sie: Lassen Sie uns diesen Weg in einem gesellschaftlichen Konsens im Land, gemeinsam und mit Verve gestalten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, der Minister hat die vorgesehene Redezeit mehr als verdoppelt. Jeder Fraktion stehen jetzt 12 Minuten zu.

(Heiterkeit)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Heiner Rickers.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Heute geht es mal wieder um das uns alle einende Thema Klimaschutz und um die Frage: Wie gehen wir damit in der Welt um, um auch für zu

künftige Generationen ein doch erträgliches Leben nicht nur hier in Schleswig-Holstein, sondern auch global zu gewährleisten? Deswegen bin ich Ihnen und Ihrem Hause dankbar, Herr Minister, dass wir heute nicht nur zwei Berichte aus Ihrem Hause haben entgegennehmen dürfen, sondern nun auch versuchen können, Ihnen aus parteipolitischer Brille in der Jamaika-Koalition einige Dinge mit auf den Weg zu geben, die wir durchaus auch noch kontrovers diskutieren dürfen und sollten.

Klimaschutz geht uns alle an und Klimaschutz ist das hat mir mit am besten in Ihrer Rede gefallen parteiübergreifend geeint. Das Ziel im Klimaschutz ist auch allen klar. Das sind nicht nur das Pariser Klimaschutzabkommen und die darin festgelegte Erderwärmung um höchstens 1,5°C, die wir bis 2100 nicht überschreiten wollen. Vielmehr ist es tatsächlich so, dass wir sogar noch darüber hinaus gehen wollen, wodurch uns im täglichen Leben diese wirklich brisante Entwicklung immer wieder deutlich gemacht wird.

Nehmen Sie die letzten zehn Jahre, nehmen Sie auch die letzten 30 Jahre, nennen Sie es Wetter in den zehn Jahren oder Klima in den 30 Jahren - auch für Schleswig-Holstein in der Aufzeichnung -, und Sie werden feststellen, dass jeder persönliche Erfahrungen gemacht hat, die eher negativ waren, was die Wetterveränderung oder die Klimaveränderung angeht. Das ist festzustellen. Dieses müssen wir politisch aber nicht nur bewerten, sondern wir müssen darauf auch reagieren.

Höchstens 1,5°C Erderwärmung als Zielvorgabe bis 2100 - und nicht drüber - sind nur schwer zu erreichen. Deswegen sind wir dankbar für den Energiewende- und Klimaschutzbericht zu den schleswigholsteinischen Zielen und Maßnahmen. Es wird ein Monitoring geben, und gleichzeitig ist eine Lösung der Probleme hier in Schleswig-Holstein angedacht. Wie halten wir es mit dem biologischen Klimaschutz? Wie helfen uns also, indem wir politisch reagieren, die Natur oder die Bewirtschaftung in Schleswig-Holstein, diese Ziele biologisch, durch Organik mit zu erreichen?

Um Ziele zu definieren - das habe ich eingangs gesagt -, muss man auch gemeinsam stark sein und diese Ziele auch deutlich formulieren. Wir haben formuliert: 1,5°C Erderwärmung stoppen, Pariser Klimaabkommen, keine Erderwärmung, wenn möglich, um all die negativen Auswirkungen, die der Minister geschildert hat, auch eindämmen zu können. Wir müssen das Ganze aus der Vergangenheit und aus heutiger Sicht in dem sogenannten Monitoring bewerten und natürlich dann politisch auch

(Minister Jan Philipp Albrecht)

Maßnahmen abstimmen und auf die Bahn bringen, um dem Ganzen so gegensteuern zu können.

Beim Monitoring ist es so, dass wir in SchleswigHolstein durchaus im weltweiten und bundesweiten Vergleich gut dastehen. Das bringen die natürlichen Voraussetzungen mit sich. Ich zitiere mit Erlaubnis der Frau Präsidentin aus einem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums aktuell aus 2019 zu den in Schleswig-Holstein vorliegenden Grunddaten und einer Bewertung, wie die im Bereich des Klimaschutzes und der damit zusammenhängenden politischen Aufgaben Schleswig-Holstein bewegen.

Da wird von einer hohen Windhöffigkeit gesprochen. Wir sind ein ganz hervorragender Windstandort, heute sowohl on- als auch offshore. Wir sind heute schon weit führend. Der Minister sagte, wir haben sogar die Poleposition; wir sind Energiewendeland Nummer eins im Bundesvergleich, also heute schon sehr weit beim Aufbau erneuerbarer Energien.

Wir haben im Bundesdurchschnitt wenig Industrie. Wir haben eine unterdurchschnittliche Bevölkerungsdichte. Wir haben einen Gebäudebestand vieler einzeln stehender Gebäude, Ein- und Zweifamilienhäuser, keine Hochhäuser, kein dicht gedrängter Häuser- oder Gebäudebestand. Wir haben so gut wie keine Flughäfen. Wir haben einen hohen Anteil an der bewirtschafteten Fläche durch Land- und Forstwirtschaft auf sehr ertragsstarken und auch nachhaltig ertragssicheren Böden. Und wir haben wenig Wald in Schleswig-Holstein.

Auf diese Bewertung werde ich im Einzelnen ein Stück weit einzugehen versuchen.

Wir müssen die Systeme, die wir heute sowohl in der Industrie, im täglichen Leben, als auch in Landund Forstwirtschaft betreiben, in einem solchen Monitoring auch im Vergleich zu Systemen bewerten, die wir wissenschaftlich fundiert für besser halten oder die wir aus der Vergangenheit heraus als schlechter bewerten.

Fangen wir mit der Industrie an. Die Industrie hat aus Sicht der CDU-Fraktion einen sehr großen Einfluss auf unser Treibhausgas-Emissionsverhalten. Aber in Schleswig-Holstein ist relativ wenig Industrie vorhanden. Wir haben einige große Player, die wir in jüngster Vergangenheit, in der Gegenwart oder eben auch in absehbarer Zukunft, was die Treibhausgas-Emissionen angeht, verloren haben oder verlieren werden. Das ist zum Beispiel das Kohlekraftwerk in Wedel, das 1,6 Millionen t CO2Äquivalent im Jahr emittiert. Das wäre durchaus

überflüssig, zu ersetzen oder vielleicht auch abzuschalten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zum Vergleich: Wir gehen für das Jahr 1990 von einem Gesamtäquivalent an Treibhausgasen, in CO2 gerechnet, von 35 Millionen t im Jahr aus. Das wären umgerechnet circa 12 t je Einwohner und Jahr in Schleswig-Holstein an Emissionen CO2-Äquivalent in 1990. Wir liegen 2020 in der Prognose bei 20 Millionen t, haben also das 40-Prozent-Ziel so gut wie erreicht. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.

Was wollte ich damit aber sagen? Bei 35 Millionen t im Jahre 1990 ist ein Emittent wie Holcim mit 1 Million t CO2-Äquivalent im Jahr oder auch das Kohlekraftwerk Wedel einer der Hauptemittenten.