Protocol of the Session on June 18, 2020

(Dr. Ralf Stegner)

stein so attraktive Konditionen hatte, dass sich die Diskussion verlagerte und viele Unternehmen sich wünschten, auch zu diesen Bedingungen einen Mittelstandsfonds zu bekommen. Diese Konditionen, fünf Jahre zins- und zwei Jahre tilgungsfrei, werden als attraktiv wahrgenommen, und es wurde gesagt, dass sie die KfW-Konditionen in einer Form veredelten, die sie sich so als Hilfe ebenfalls wünschen und die sie selbst so als Hilfe gerne annehmen würden. Das war ein wichtiger Schritt, der wirklich schnell in diesem Land funktioniert hat. Auch das ist gelungen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Herr Dr. Stegner, Sie haben es eben schon ausgeführt, aber ich möchte es noch einmal sehr deutlich sagen. Wie in jeder Krise gab es auch hier Geschmackslosigkeiten - Geschmacklosigkeiten im Sinne von Betrügereien. In NRW ging das so weit, dass die Homepage des Ministeriums nachgebaut wurde, um Daten von Antragsstellern abzufischen, um anschließend mit diesen Unternehmensdaten einen Antrag zu stellen und die Auszahlung auf ein anderes Konto zu lenken. Auch in Schleswig-Holstein gab es eine Vielzahl von gefälschten E-Mails, die versucht haben, genau diese Daten abzugreifen, um dann mit einer anderen Kontonummer für ein real existierendes Unternehmen deren Corona-Soforthilfe umzuleiten. Wer in derart perfider Bosheit in einer Krisensituation Unternehmen und unbürokratische Vorgänge schädigt, sollte schnell und hart bestraft werden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Auch hier hat die Landesregierung und in diesem Fall die IB.SH sehr schnell gehandelt. Auf den Seiten der Investitionsbank Schleswig-Holstein wurden tagesaktuell Warnungen veröffentlicht, welche Betrugsmaschen gerade en vogue sind und mit welcher Betrugsmasche versucht wird, an die Daten zu kommen. Hier wurde schnell reagiert, und ich bin wirklich sehr zufrieden, wie das lief.

Coronakrise hin oder her, wenn man dann eigentlich in großer Gemeinsamkeit mit der Opposition das eine oder andere Thema auf den Weg gebracht hat, dann ist das natürlich auch logisch, dass die Opposition irgendwann anfängt, das Haar in der Suppe zu suchen. Ich weiß nicht, ob es der gelungenste Aufschlag war, medial hat das sicherlich ganz gut funktioniert, den verkaufsoffenen Sonntag herauszugreifen. Das ist möglicherweise der ideologische Unterschied in der Herangehensweise zwi

schen Opposition und Landesregierung. Die Landesregierung hatte in der Coronakrise nie vor, den Menschen das eigenständige Denken und das eigenverantwortliche Handeln abzunehmen.

(Beifall CDU und FDP)

Die Landesregierung hatte einzig und allein vor, den Menschen Möglichkeiten zur Entzerrung der Einkaufsströme zu bieten, bevor es zu einem weitergehenden Lockdown kommt. Denn man musste Sorge haben, dass jetzt alle in die Geschäfte stürmen, weil sie befürchten, in den nächsten Tagen nichts mehr zu bekommen. Man erinnere sich an die Klopapier-, Hefe- und Mehlorgien im Einzelhandel, die ich bis heute nicht verstanden habe.

Nach der flächendeckenden Schließung folgte für unsere Landesregierung und uns alle aber der nächste Akt, der keineswegs leichter war: die Lockerungsübungen. Es ging um die Frage: Wer darf wann wieder was? Auch insoweit kann man der Landesregierung ein gutes Zeugnis ausstellen. Rechtmachen konnte man es in dieser Phase eigentlich niemandem so richtig. Das ist ein bisschen wie in der Fahrschule: Das Abwürgen ist einfacher als das Anfahren.

(Heiterkeit)

Jetzt stehen wir da, und man erlebt den einen oder anderen, der sagt: Lockert doch noch mehr; die Infektionszahlen sind so niedrig; das muss noch viel weiter gehen. - Das hört man zum Teil auch von der Opposition. Zum Teil hört man aber sowohl von der gleichen Opposition als auch aus der Bevölkerung eine große Sorge vor zu großen Lockerungen. Es wird gefragt, was dann passiert.

Die Landesregierung hat weder das eine noch das andere gemacht. Es wurde nicht verantwortungslos gelockert, was nicht hätte gelockert werden sollen, sondern es wurde stets und ganz konkret an Einzelfällen geschaut, welche Lockerung sich wie auswirkt, wie das Infektionsgeschehen ist. Hierbei ist ein sehr verantwortungsvoller und sicherlich nicht einfacher Weg beschritten worden. Ihr habt es gut gemacht, und dieser Weg wird weiter beschritten.

Mit großem Verantwortungsbewusstsein wurden auch Branchenspezifika betrachtet. So hat man zum Beispiel die Öffnung von Blumenläden bei den allgemeinen Lockerungen vorgezogen, weil das Ostergeschäft anstand, das für Blumenläden ein großes Geschäft ist, und weil man sich im Blumenladen normalerweise nicht 45 Minuten aufhält und sich mit allen anderen Kunden unterhält, sondern nur einen kurzen Kauf tätigt. Auch solche Branchenspe

(Lukas Kilian)

zifika hat die Landesregierung also ganz genau im Blick behalten. Sicherlich kann man sagen, dass einzelne Branchen vielleicht einen Tag früher oder einen Tag später hätten berücksichtigt werden können. Aber dafür, dass das die erste Coronakrise für die Landesregierung und für uns alle war, muss man auch im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern sagen, dass es hier in einem geordneten und sehr verantwortungsbewussten Verfahren abgelaufen ist.

(Beifall CDU und FDP)

Es gibt einen Gradmesser, an dem man feststellen kann, dass das auch in der Schleswig-Holsteinischen Bevölkerung so wahrgenommen wurde. Im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern gab es gegen unsere Landesverordnung viel weniger verwaltungsgerichtliche Eilverfahren. Es gab also hier im Vergleich zu anderen Bundesländern viel weniger Menschen, Betriebe, Unternehmen, die sich gerichtlich gegen die Landesverordnung gewehrt und versucht haben, bestimmte Dinge durchzusetzen. Selbstverständlich gab es auch hier Verfahren; aber wenn man sich anschaut, was zum Teil in anderen Bundesländern vor Verwaltungsgerichten abging und in welchen Massenverfahren diese Entscheidungen treffen mussten, so hat auch dies wunderbar geklappt.

Gerade das Anfahren der Gastronomie stellt jetzt jedoch alle vor größere Herausforderungen. Bei der einen oder anderen Anfrage beziehungsweise dem einen oder anderen Interview hatte ich das Gefühl, dass manche Gastronomen am Thema Eigenverantwortung in dieser Krisenzeit kein sonderlich großes Interesse hatten. Es wirkte fast so, als hätte der Wirtschaftsminister den Tischplan in den einzelnen Restaurants persönlich abzunehmen und die Tischordnung aufzustellen.

Sehr bezeichnend fand ich in diesem Kontext ein Interview bei NDR Info, in dem sich ein Gastronom lautstark darüber beklagte, dass in unserer Coronaverordnung stehe, er dürfe jetzt keinen Alkohol an erkennbar betrunkene Gäste ausschenken. Das sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, das sei eine absolute Katastrophe, und die Landesregierung müsse endlich Klartext reden. - Ich habe leicht geschmunzelt, weil dieser Mann das nach § 20 des Gaststättengesetzes noch nie durfte. Darin stand schon immer, dass man an erkennbar betrunkene Gäste keinen Alkohol ausschenken darf.

(Heiterkeit und Zurufe FDP)

Aber gut. So nutzt der eine oder andere die Coronakrise auch, um sich zu allgemeinen Themen zu positionieren.

Jetzt kommt das Konjunkturprogramm des Bundes. Es bietet nicht nur einen Anschub der Konjunktur, sondern auch einen enormen Innovationsschub für unser Land, was die Themen Elektromobilität, Batteriezellenforschung und Wasserstoff angeht. Auch hier steigt unsere Landesregierung mit einem Programm in Höhe von 184 Millionen € ein, um das Bundesprogramm so abzubilden, dass wir hier nicht nur Ansprüche stellen, den Finger heben und sagen: „Lieber Bund, wir hätten gerne …“, sondern dass wir auch bereit sind, Geld zur Verfügung zu stellen, um die Maßnahmen umzusetzen. Auch das ist ein richtiger Schritt, den wir so schnell gehen mussten, um im Zweifel Bundesmittel schnell und gut für unser Land abgreifen zu können. Vielen Dank, dass das möglich war.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns jetzt aber nicht nachlässig werden. Nur weil die Sonne scheint und Urlaubsgefühle aufkommen, ist das Virus nicht weg. Wir alle müssen im Alltag weiterhin vorsichtig sein; denn sonst geht der ganze Mist wieder los. Wenn wir jetzt zu nachlässig werden, dann kommt es im Zweifel sogar zu einem Lockdown, den wir alle verhindern wollen, und dann wäre auch unser Konjunkturprogramm für die Katz. Deshalb lautet das höchste Gebot immer noch, das Virus ernsthaft zu beachten und die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten.

Für unsere schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger habe ich auch noch eine Empfehlung. Auch insoweit möchte ich mich meinen Vorrednern anschließen. Überlegen Sie sich bei der nächsten Bestellung im Internet, ob Sie die Ein-Klick-Bestellung brauchen oder ob Sie im Buchladen um die Ecke ein Buch kaufen, ob Sie vielleicht im Reisebüro in Ihrem Ort eine Reise buchen oder aber im Landgasthof essen gehen.

Was das Essengehen angeht, möchte ich noch kurz auf die Coronaprofiteure eingehen. Der eine oder andere von uns bestellt häufig, gemütlich auf dem Sofa sitzend, mit dem Handy. Das ist ja auch einfach. Bestellen Sie bitte direkt. Rufen Sie das Unternehmen direkt an. Denn die Internetanbieter, die die Bestellung für Sie nach Hause bringen, verlangen zum Teil bis zu 40 % Provision vom Gastwirt und profitieren enorm von der Coronakrise, nur weil sie eine Homepage haben, auf der man eine Pizza auswählen kann, die man auch durch einen

(Lukas Kilian)

einfachen Anruf bei der Pizzeria bekommen könnte. Gehen Sie also direkt zu Ihren Lokalen.

Herr Abgeordneter!

Ich bin froh, dass wir in der Coronakrise in Schleswig-Holstein leben, dass wir in Deutschland leben, und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages den Vorsitzenden des DGB Nord, Uwe Polkaehn. - Herzlich willkommen bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Joschka Knuth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Gäste! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Frage, ob jemand erkennbar betrunken ist, oder das freiwillige Anbieten einer App die großen Probleme sind, über die wir jetzt gesellschaftlich und politisch diskutieren müssen, dann haben wir in dieser Krise vieles richtig gemacht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Von dieser Krise waren viele Betriebe, insbesondere ganz kleine und mittelständische Betriebe in unserem Land, wahrlich krass betroffen. Dies waren vor allen Dingen die Betriebe, die viele von uns kennen: der kleine Beherbergungsbetrieb, dem mit einem Mal das komplette Ostergeschäft weggefallen ist, der kleine Einzelhandelsladen, oftmals inhabergeführt, der Ware beschafft hatte, die dann im Lager ihren Wert verloren hat; die Rechnungen konnten nicht mehr bezahlt werden. Betroffen waren die Künstlerinnen und Künstler, denen alle Auftritte abgesagt wurden und für die damit das komplette Einkommen für diese Saison entfällt, auch landwirtschaftliche Betriebe mit eigener Veredelung, die mit einem Mal ihre Direktvermarktung in der Gastro nicht mehr bedienen konnten und denen

damit zweistellige Prozentsätze ihres Umsatzes wegfallen. Betroffen sind auch der Dienstleistungssektor und das Kreativgewerbe, für die die Aufträge ebenfalls wegfallen.

Für alle diese Unternehmen können wir nicht von heute auf morgen Winterschlaf anordnen. So funktioniert die Wirtschaft nicht, so funktionieren Unternehmen nicht. Wir können sie nicht in den Ruhestand schicken und morgen wieder aufwecken. Deswegen braucht es konkrete Hilfsmaßnahmen. Rechnungen fallen an, Löhne müssen dort bezahlt werden, wo Kurzarbeit keine Alternative ist. Mieten müssen weiterhin bedient werden, Leasinggebühren fallen an, und irgendwie geht es auch noch um das eigene Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer, das gerade in diesen Phasen oftmals mit zusätzlichen privaten Belastungen verbunden ist.

Am Anfang der Krise - der Wirtschaftsminister hat es gesagt - stand eine ganz klare Devise: den Unternehmen in unserem Land das Überleben über die Krise zu ermöglichen. Dafür haben wir eine Vielzahl an Instrumenten ins Leben gerufen, immer in Abstimmung mit den Maßnahmen des Bundes. Wir als Jamaika-Koalition haben genau dort ergänzt und geholfen, wo zusätzliche Hilfe notwendig war. Wir haben die uns begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel mit möglichst großer Wirkung zielgerichtet eingesetzt, zum Beispiel im Mittelstandssicherungsfonds, bei den Hotel- und Gastronomiebetrieben oder mit der Corona-Soforthilfe des Landes, bei der wir eben nicht gesagt haben, wir stocken nur auf, wenn jemand ohnehin schon etwas bekommt, sondern bei der wir die Unternehmen herausgegriffen haben, die bisher herausgefallen waren, und gesagt haben, wir geben diesen das Geld, das uns zur Verfügung steht. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin froh, dass wir daran mitwirken durften.

Die Unternehmen im Land haben in dieser Phase gesehen: Auf diese Regierung und diese Koalition ist Verlass. Nicht nur auf diese Koalition, sondern auch auf die Politik insgesamt ist Verlass. Ich bin sehr dankbar, dass wir als demokratische Parteien hier zusammengestanden haben und koalitions- und fraktionsübergreifend nach Lösungen gesucht haben. - Vielen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit in dieser Phase.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Uns allen war nämlich klar, dass mit jedem Unternehmen, das wir sichern, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Zukunftsfähigkeit in unserem Land gesichert und erhalten werden. Natürlich war der Pro

(Lukas Kilian)

zess der letzten Monate auch mit der einen oder anderen Herausforderung verbunden. Es waren auch Lernprozesse dabei. Das betrifft zum Beispiel die Haftungsfreistellung, insbesondere bei den Angeboten des Bundes.

Wir als Land haben sehr früh und sehr deutlich 100 % Haftungsfreistellung beim Mittelstandssicherungsfonds angeboten. Der Bund hinkte da mit seinem KfW-Programm deutlich hinterher. Das war für die Unternehmerinnen und Unternehmer eine Herausforderung. Ich bin sehr froh, dass wir dafür werben konnten, hier noch Verbesserungen zu erreichen.

Ebenso war es beim Antragsverfahren: Am Anfang waren die Kriterien nicht klar. Es ist selbstverständlich, dass da nachgebessert werden musste, aber das hat gut geklappt. Ich finde, dass die Landesregierung und ihre Behörden gerade hier in dieser Zeit Außergewöhnliches geleistet haben. Dafür gebührt ihnen unser Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Gleiches gilt auch für Kriterien in Bezug auf die Vorfälligkeit und Tilgung von Darlehen. Das gehört in einem solchen Prozess dazu.