Protocol of the Session on June 17, 2020

können: In dieser Zeit wurden Hotels und Geschäfte geschlossen; es gibt für Saisonarbeiter Regelungen für die Unterbringung von Arbeitnehmerinnen und -nehmer, aber in der Fleischindustrie wird so weitergemacht wie zuvor. Das ist ein Menschenbild der Verantwortlichen gegenüber den Werkvertragsarbeitnehmern, das zynisch und infam ist. Es ist so etwas von verantwortungslos, dass man dort nach dem Motto vorgegangen ist: Raffgier vor dem Schutz des Lebens und der Gesundheit dieser Menschen. Das ist infam, das muss beendet werden, und das ist schnell zu beenden, weil diese Zustände so nicht haltbar sind.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Es gibt seit 2017 auch in diesem Bereich die Nachunternehmerhaftung. Im Vergleich zur Bauindustrie hat sich hier dadurch aber nicht viel verbessert. In der Bauindustrie ist die Nachunternehmerhaftung mittlerweile ein Erfolgsmodell und hat die Zustände nachhaltig verbessert. Das wird von den Arbeitgebern der Bauindustrie auch anerkannt. Für den Bereich der Fleischindustrie zeigt dies aber: Es fehlt an Kontrollen, denn dort, wo nicht kontrolliert wird, muss auch niemand haften. Insofern müssen wir die Kontrollen verstärken, und zwar so, dass sich die Bedingungen nachhaltig für alle verbessern. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und vereinzelt SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zur Wort gemeldet, obwohl viele meiner Kolleginnen und Kollegen hier schon kluge Dinge gesagt haben, weil der Kollege Kilian hier aufgetreten ist. Ich muss sagen: Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Das, was Sie als Koalition hier heute geboten und teilweise vorgetragen haben, war bunte Vielfalt und erschreckende Einfalt.

(Werner Kalinka [CDU]: Eine Unverschämt- heit ist das! Belegen Sie das doch mal!)

Ich sage Ihnen einmal etwas, was die Vielfalt angeht. Da stellen Sie sich hier hin und die CDU beklatscht alles das, was Berlin Millimeter für Millimeter verändert. Deswegen dauert es doch solange, die Dinge durchzukriegen. Sie beklatschen alles, was Sie dort verhindern.

(Beifall SPD)

Was die Werkverträge angeht, will ich Ihnen erklären, warum diese ein Problem sind. Ich finde es wunderbar, was der Sozialminister hier zitiert hat. Ich glaube, er hat dieses Zitat auch nicht dementiert. Wenn es richtig ist, was er gesagt hat, dann darf man hier nicht so reden wie der Kollege Richert. Dann muss man kapieren, dass Subsubsubunternehmer das Problem sind, weil niemand für die Missstände haftet. Das ist der Punkt, um den es hier geht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Der Kollege Richert, um bei dem zweiten Teil meiner Bemerkungen zu bleiben, redet davon, man dürfe hier natürlich auch nicht den Zugang zu Wohnungen ermöglichen, weil dann in Privateigentum eingegriffen werde. Wenn Sie mit solchen Reden kommen, dann ist es klar, warum Sie den vorhin gemachten Vorschlag nicht gut finden.

Und, Herr Kollege Kalinka, wenn Sie sagten „Belegen Sie das doch mal“: Was brauchen Sie denn noch alles an Belegen? Schauen Sie sich doch einmal den NDR-Bericht an; da muss doch der Staatsanwalt tätig werden, und zwar sofort - um das klar und deutlich zu sagen.

(Beifall SPD - Zuruf Werner Kalinka [CDU])

Noch etwas muss ich ganz ehrlich sagen: Wenn die FDP jetzt sagt, wir sollten die Arbeitszeit stärker kontrollieren, dann frage ich: Wer hat denn von bürokratischen Monstern gesprochen, als wir sagten, die Arbeitszeiten müssten mehr kontrolliert werden? - Das könnten wir doch schon seit Jahrhunderten tun.

(Beifall SPD)

Lieber Herr Kollege Kilian, Sie sind ja ein sehr einfühlsamer Mensch. Deswegen habe ich auch bemerkt - Sie sind ja sehr zart besaitet -, wir sollten doch die osteuropäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht Lohnsklaven nennen. Wissen Sie, das Problem ist nicht die Bezeichnung, sondern das Problem ist der Umstand, dass das so ist. Dagegen müssen wir doch etwas tun, Herr Kollege. Die haben nichts davon, wenn wir immer nur darum herumreden.

(Beifall SPD)

Insofern sage ich Ihnen ganz ehrlich: Zu dem Thema sind der Worte genug gewechselt. Jetzt müssen Taten folgen, und zwar nicht nur im Bund, wo wir das tun und Ihre Leute alles blockieren, sondern auch im Land, wo Sie nun die Möglichkeit haben,

(Thomas Hölck)

unseren Anträgen zuzustimmen, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat jetzt der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, von der Ideologiedebatte ein bisschen wegzukommen und zu gucken, ob es nicht doch Gemeinsamkeiten gibt.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sehr schön!)

Ich glaube, sich ideologisch darauf festzulegen und zu sagen, Werkvertragsarbeitsverhältnisse darf es grundsätzlich nicht mehr geben, hilft uns nicht weiter.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will Ihnen ein kleines Beispiel nennen, meine Damen und Herren. Wenn Sie morgen in den Baumarkt oder zu Ihrem Baustoffhändler gehen und sagen, Sie hätten gern fünf Türen für Ihr Haus und möchten diese auch gern einbauen lassen, dann haben Sie damit bereits ein Werkvertragsverhältnis ausgelöst, wenn der Baustoffhändler die entsprechenden Leute für den Einbau nicht hat und sich an den nächsten Tischler wendet, der für ihn diese Arbeit verrichtet. Ich glaube, niemand wird etwas dagegen haben, dass solche Arbeitsverhältnisse auch weiterhin bestehen bleiben.

(Beifall CDU und FDP)

Bei der ganzen Geschichte geht es doch im Grunde darum, dass im Bereich der Schlachthöfe tatsächlich Missstände herrschen. Diese sind auch mit solchen Arbeitsverhältnissen verbunden. Deshalb stellt sich für uns die Frage: Was müssen wir tun, damit die Beschäftigten in Zukunft dort vernünftige Arbeitsverhältnisse vorfinden? Insoweit gibt es für mich vier Punkte:

Erstens. Die Regeln müssen kontrolliert werden. Wir haben hierfür Gesetze; das Spiel hat Regeln, die einzuhalten sind. Also müssen wir auch kontrollieren.

Zweitens. Die Menschen, die dort beschäftigt sind, die nicht von hier und auch der Sprache nicht mächtig sind, brauchen sprachliche Hilfen, sie brauchen Ansprechpartner und sie brauchen viel

leicht auch die notwendigsten Informationen über Rechte, die sie haben, damit sie diese überhaupt ausüben können.

Drittens. Die Leute müssen ein Recht bekommen, bei Personalvertretungen mitzubestimmen,

(Beifall SSW)

damit sie auch repräsentiert sind, damit sie nicht vergessen werden.

Der vierte Punkt ist ein ganz wichtiger Punkt. Das ist der Punkt, dass die Tarife für die Beschäftigten, die dort normal beschäftigt sind, für Leiharbeiter und auch für Werkvertragsbeschäftigte dieselben sein müssen. Dann gibt es überhaupt keinen Anreiz für den Unternehmer mehr, sich irgendwelche Gedanken darüber zu machen, mit welchen Konstruktionen er insoweit arbeiten kann; vielmehr muss er dann immer die gleiche Kohle bezahlen. „Gleiche Arbeit - gleiches Entgelt“ sollte auch hier gelten, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun noch ein Letztes, das ebenfalls ganz wichtig ist - das bisherige Thema betraf die arbeitsrechtliche Seite -, es betrifft die Wohnraumsituation, die in vielen Bereichen wirklich eine Katastrophe ist. Meine Kollegin Waldinger-Thiering hat ja schon auf die Drucksache hingewiesen. Wir hatten hier ja seinerzeit ein Wohnraumschutzgesetz eingebracht, das keine Mehrheit gefunden hat. Ich glaube, jetzt merkt man immer mehr, dass es vielleicht doch noch einmal notwendig ist, darüber nachzudenken.

Ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Es geht nicht nur um die Leute, die in Schlachthöfen beschäftigt sind, sondern es geht auch um die Leute, die dort drüben wohnen, auf der anderen Seite der Förde, die unter katastrophalen Bedingungen arbeiten, die nichts mit Arbeitsschutz zu tun haben, bei denen nicht ein Arbeitsschutzgesetz ihren Arbeitsschutz in irgendeiner Art und Weise verbessert. Auch an diese Leute müssen wir denken.

Jeder Mensch muss hier eine vernünftige Wohnung haben. Deswegen brauchen wir nach wie vor ein Wohnraumschutzgesetz. Wir sind bereit für entsprechende gemeinsame Aktionen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Joschka Knuth.

(Dr. Ralf Stegner)

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich habe mich zu Wort gemeldet, weil es doch einige Punkte gibt, zu denen ich mich äußern möchte.

Erstens. Der Zwischenruf, der immer wieder kommt, dass in der letzten Legislaturperiode doch die Grünen für das Umweltministerium zuständig gewesen seien und deswegen hätten etwas tun können, passt überhaupt nicht. Das Umweltministerium ist weder in der laufenden Legislaturperiode noch war es in der letzten Legislaturperiode für den Arbeitsschutz auf den Schlachthöfen zuständig.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Zweitens. Mitnichten distanzieren wir uns in unserem Antrag von den Vorschlägen des Bundes. Wir sagen eindeutig:

„Der Landtag begrüßt, dass sich die Bundesregierung jetzt des Themas annimmt, und bittet die Landesregierung, das Vorhaben konstruktiv zu unterstützen...“

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten Eickhoff-Weber?

Ja, gern.