Wir wollen eine bedarfsgerechte und gerichtsfeste Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs. Ich bitte um Ausschussüberweisung in den Innen- und Rechtsausschuss und in den Finanzausschuss. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, zuerst muss ich noch mit ein paar Legenden aufräumen:
Darüber hinaus stellt das Urteil bei einer ganzen Reihe weiterer angegriffener Bestandteile des FAG klar, dass diese verfassungsgemäß Bestand haben,
zum Beispiel … die Nichtberücksichtigung der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die Berücksichtigung der Bedarfe für Theater und Orchester, die Verwendung fiktiver - nicht differenzierter Hebesätze, … der Soziallastenfaktor einschließlich all seiner Bestandteile,“
Das waren die Kritikpunkte und die Manipulationspunkte, nicht die Fragestellung, ob die Bedarfe nicht ausreichend ermittelt worden sind. Das ist übrigens in den Urteilen zum FAG in ganz Deutschland ein Novum gewesen.
Da Sie gerade hier so kritische Worte gefunden haben, Herr Koch: Die Worte stammen nicht von mir, sondern sie stammen aus Ihrem eigenen Gesetzentwurf. Ich bin Herrn Nowotny sehr dankbar für diese sehr nüchterne Analyse.
Herr Koch, was haben Sie hier getobt: mit dem Soziallastenausgleich werde zugunsten der kreisfreien Städte und natürlich zu Dithmarschen manipuliert. Mein werter Kollege Kumbartzky bekam damals an der Stelle ein kleines Problem. Das Verfassungsgericht hat gesagt: Das ist in Ordnung, nur über den Bedarf muss man reden.
Natürlich gab es auch Teile, die nicht das Wohlwollen des Landesverfassungsgerichtes gefunden haben. Das habe ich eben dargestellt.
Bei der Bestimmung der kommunalen Bedarfe nicht rein über die Ausgaben zu gehen, ist eine schwierigere Aufgabe, als man geglaubt hat und als Sie erfüllt haben. Nicht umsonst haben Sie hier eben darauf hingewiesen, dass Sie sich eigentlich gefreut hätten, wenn die Kommunen das untereinander ausgehandelt und Ihnen einen Vorschlag gemacht hätten. Das haben Sie eben zugegeben. Ist das eine Bedarfsorientierung? Das ist doch keine bessere Bedarfsorientierung, als sich die Ausgaben anzugucken.
Um diese ambitionierten Anforderungen zu erfüllen, haben auch Sie ein Gutachten in Auftrag gegeben. Der Gutachter versuchte, die Bedarfe mit Hilfe eines sogenannten Fünf-Sterne-Systems zu ermitteln. Bis zu den vier Sternen beruhen die statistischen Auswertungen übrigens auf den Ausgaben nur mal so nebenbei. Die Gutachter haben sich aber bemüht, an mehr Informationen zu kommen und die entscheidenden Variablen mit Hilfe von Regressionsanalysen zu ermitteln. Da gibt es aber ein grundsätzliches Problem: Auch mittlere bis hohe Bestimmtheitsmaße allein garantieren nicht, dass der Zusammenhang tatsächlich so da ist, er ist nur mathematisch erklärbar.
Wir haben ein aktuelles Beispiel: Mit einem Bestimmtheitsmaß von 100 % bedeuten parlamentarische Beratungen des FAG den Rücktritt des Innenministers.
Das ist in Schleswig-Holstein bewiesen. Das würde man, wenn man das statistisch auswertet, dabei herausfinden. Wir wissen aber dennoch alle, dass das nicht so ist.
Es ist auch seit über 100 Jahren ein großer Spaß, statistisch immer wieder die Theory of the Stork zu belegen, indem man eine Korrelation zwischen der Zahl der Babys und der Störche nachweist. Man kann zum Beispiel den Rückgang der Störche mit der Zahl der Babys in Niedersachsen korrelieren. Das heißt, man kann das dynamisch nachweisen. Auch der Test, den Sie übrigens auch gemacht haben, eine Variable einfach auf null zu setzen, übersteht die statistische Überprüfung. So gibt es eine Veröffentlichung von 2004, die feststellt, dass es zwar in Berlin praktisch keine Störche gibt, wohl aber Babys. Nimmt man aber die in Storchenflugnähe wohnenden Störche Brandenburgs hinzu, wählt also den Betrachtungsraum richtig, stellt man
fest, das statistisch 50 % aller Hausgeburten in Berlin mit der Zunahme Brandenburger Störche zu erklären sind. Die pendeln dann halt zur Arbeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Milliardenbeträge in fehlinvestierte Kinderbetreuung - die Störche müssen wir fördern!
Ohne eine fachwissenschaftliche Realitätsprüfung ist es sehr schwer bis unmöglich, eine Scheinkorrelation zu erkennen, schon gar nicht bei diesen Streuungen. Gut, beim Babymachen braucht man die wohl nicht, aber bei allen anderen Fachaufgaben doch. Deshalb reicht es nicht aus, nur Statistiker zu befragen.
Auch ansonsten präsentiert das Gutachten uns häufig nur die Ergebnisse der Überlegungen. Ich zitiere:
„Der Auswahlprozess zur Identifikation der bedarfserklärenden Variablen vollzog sich endogen im Rahmen des Testens alternativer Regressionsverfahren. Unter Berücksichtigung der Signifikanz einer Variablen, Korrelationen mit anderen Variablen, Tests der Modellspezifikationen sowie letztlich unter Ausschluss der nicht zuweisungsrelevanten Kontrollvariablen ‚Buchungsart‘ werden letztlich folgende Variablen für die Modellierung des bedarfsgerechten KFA genutzt: …“.
Denn: Diesen Auswahlprozess habe ich im Gutachten gesucht. Ich habe ihn nicht gefunden, ich habe nur das Ergebnis gefunden. Das ist doch das Gegenteil von Transparenz. Was Sie auch einfach hätten machen können - da hätten Sie gar keine Kritik an der Ausgabenorientierung eröffnet -, wäre zu sagen, die Statistiker hätten hineingeschrieben: „Das sind die richtigen Werte, vertraut uns“. Das ist natürlich auch ganz geschickt, um einer richterlichen Kontrolle auszuweichen.
Überprüfen lässt sich das nicht. Sie beschließen nachher eine Blackbox, die irgendwelche Quoten auswirft. Aber selbst an diese Quoten halten Sie sich nicht. Das fängt mit der vertikalen Verteilung an. Wenn Sie Ihre eigene Bedarfsbestimmung ernst nähmen, müssten Sie die kommunale Masse um 186 Millionen € erhöhen. Das tun Sie aber nicht, sondern Sie erhöhen - scheinbar - nur um 54 Millio
Daniel Günther hatte damals nach der Kritik am KFA gesagt: Mindestens 100 Millionen € müssen da hinein. - Ich würde sagen, das wurde verfehlt. Hier wurde auch gesagt, man wolle die Kommunen in die Lage versetzen, ganz auf die Straßenausbaukosten zu verzichten. Da fehlen noch 30 Millionen €. Auf die komme ich auch nicht. Auch die 54 Millionen € sind ein Taschenspielertrick. Sie ziehen diverse Summen, die sich bisher zum Beispiel im § 22 FAG gefunden haben, von vor der Klammer in die Masse hinein. Der systematische Fehler dabei ist, auch was den Ausgleich für Eingliederungshilfe angeht: Das Geld stand den Kommunen ja trotzdem zur Verfügung und diente der Bedarfsdeckung. Ein kommunaler Finanzausgleich muss die Lücke decken. Wenn Sie das Geld aus anderen Posten einfach in die Masse ziehen, haben die Kommunen trotzdem nicht mehr Geld. Herr Koch, Sie wissen selbst: Ein großer Teil Ihrer 54 Millionen € dient nicht der zusätzlichen Bedarfsdeckung. Das ist so, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Das haben Ihnen die kommunalen Landesverbände ins Stammbuch geschrieben. Wenn ich sehr großzügig rechne: Selbst die übernommenen Integrationsmittel, mit denen Sie jetzt kommen werden, sind in der Bedarfsermittlung ja trotzdem dabei gewesen. Es ist ja gut, wenn Sie die übernehmen, aber damit machen Sie eine Bedarfsfehleinschätzung.
Jetzt komme ich dazu: Die 9 Millionen € haben Sie großzügig aufgenommen. Das finde ich gut. Sie haben also großzügig 25 Millionen € an frischem Geld, man könnte auch sagen: 10 Millionen €. Davon ziehen Sie aber gleich 7,5 Millionen € ab, nämlich für die Schwimmbäder. Das ist ja kein zusätzliches Geld, das Sie reingeben.
Es fehlen also noch 150 Millionen € zum Gutachtenergebnis für die echte Bedarfsdeckung, die Sie immer eingefordert haben, Herr Koch. Sie haben aber eine Frau Heinold da sitzen. Als diese das erste Mal davon gehört hat, hat sie wahrscheinlich einen kleinen Herzanfall bekommen. Die Bitten der Kommunalpolitiker, sich da rauszukaufen, scheinen wohl nicht gefruchtet zu haben.
Jetzt lese ich einmal das Ergebnis Ihres großen Rachefeldzugs von angeblich unterbeteiligten Kreisen und solchen Geschichten und von unseren angeblichen Manipulationen vor. Die folgenden quotalen Änderungen machen Sie in Ihrem FAG: Die gemeindlichen Schlüsselzuweisungen ändern sich um
Dafür dieser ganze Aufwand? Und die Empörung über unsere Ungerechtigkeit? - Aus dem Robin Hood ist nicht einmal ein Robin Hütchen geworden, meine Damen und Herren.